„Run For Cover“ ist ein bekannter Fusion-Klassiker aus den 80er-Jahren, dem der Bass-Superstar Marcus Miller durch ein melodiöses Bass-Intro und den markanten Slapgroove seinen sehr eigenen Stempel aufgedrückt hat. Der Titel erschien auf dem 1984er-Album „Straight To The Heart“ des Saxophonisten David Sanborn.

Marcus Miller hat auf diesem Album übrigens nicht nur Bass gespielt, sondern zeichnet auch für die Produktion verantwortlich. 1986 erhielt „Straight To The Heart“ einen Grammy in der Kategorie „Best Jazz Fusion Performance“, was aufgrund der illustren Besetzung nicht weiter verwundert: Im Booklet stößt man auf Namen wie Hiram Bullock, Don Grolnick, Michael und Randy Brecker – und einige weitere Vertreter der damaligen ersten Garde des US-amerikanischen Fusion.
Der Groove
Der eingängige Slapgroove folgt unmittelbar auf die melodiöse Soloeinlage Marcus Millers und gehört noch zur Intro des Titels. Miller spielt hier ein viertaktiges Pattern in E-Moll, welches er einige Male wiederholt und pro Durchgang leicht variiert – hier und da sitzt eine Ghost Note woanders, und einige Töne sind länger oder kürzer als in anderen Durchgängen. Aus slaptechnischer Sicht ist der Groove nicht allzu schwierig. Alle Töne bis zum E auf A-Saite werden mit dem Daumen angeschlagen, alles darüber wird mit dem Zeige- oder Ringfinger angerissen. Das gilt zumindest bis kurz vor Schluss, denn das hohe Lick auf der Zählzeit 3 im letzten Takt wird mit dem Daumen und Pull-Offs der linken Hand gespielt. Ihr slidet vom gerissenen D auf das hohe G, hämmert das zweite G mit dem Daumen auf, zieht mit der linken Hand zum Fis ab, hämmert das zweite Fis mit dem Daumen – und so weiter bis zum Schluss. Die Noten mit dem X-Kopf sind Ghost Notes, die lediglich perkussiv klingen, da die Saiten nicht auf die Bundstäbchen heruntergedrückt werden. Am schwierigsten sind natürlich die Ghost Notes im zweiten Takt; die 32stel müsst ihr schnell nacheinander mit dem Zeige- und Mittelfinger anreißen.
Ich habe für euch den Groove auch noch in Zeitlupe mit 70 bpm aufgenommen, damit ihr die Details besser hören könnt.
Der Sound
Seinen fetten Slapsound generiert Marcus Miller damals wie heute mit seinem Fender Jazz Bass von 1977. Sein Modell besitzt einen schweren Eschekorpus, das klassische Ahorngriffbrett und natürlich die beiden typischen Singlecoil-Tonabnehmer mit dem traditionellen 70er-Spacing. Der hintere Tonabnehmer sitzt hier ungefähr einen Zentimeter näher an der Brücke als bei einem Jazz Bass aus den 60er-Jahren. Dadurch überträgt er mehr Hochmitten und Höhen für Millers crispen Slapsound. Außerdem hat Marcus seinen Bass mit einem Preamp von Roger Sadowsky gepimpt, der einen Bass- und einen Höhenregler umfasst. Miller setzt diesen Preamp durchaus gerne und beherzt ein, damit der Sound gleichzeitig fett und ultra transparent wird.
Meine Ausgangssituation bei den Aufnahmen war suboptimal, denn mir stand lediglich ein passiver japanischer Jazz Bass mit einer 32“-Mensur (Medium Scale) und 60er-Pickupspacing zur Verfügung. Durch die kurze Mensur entwickelt der Bass weniger Obertöne und klingt eher kompakt als drahtig. Zu allem Überfluss waren die Saiten auch bereits ziemlich alt und heruntergespielt. Durch den gezielten und heftigen Einsatz eines guten EQs, mit dem ich die Bässe ordentlich geboostet, die Mitten abgesenkt und schließlich die Höhen deutlich dazugeregelt habe, konnte ich den kleinen Japaner aber doch noch in Richtung Miller-Sound trimmen. Zum Schluss habe ich den Track mit einer transparenten Kompression via Plug-In versorgt, was den Groove etwas dichter und knackiger macht. Die Einstellungen könnt ihr wie immer in den Screenshots sehen.