Ist ein Jazz Bass alles, was man braucht, um glücklich zu werden? In der Bass-Szene gibt es zwei Arten von Bassist:innen: Für die einen ist das Thema Equipment und die ständige Suche nach dem „heiligen Gral“ fast ebenso wichtig wie die Musik selbst. Andere verwenden ihr ganzes Leben lang nur ein Instrument, weil sie ja sowieso nur eines spielen können. Heute wollen wir dieses Thema einmal analytisch beleuchten und in einem Experiment herausfinden, ob ein einfacher passiver Jazz Bass (auch: J-Bass oder J Bass) auchreicht, um sich in unterschiedlichen Genres zu behaupten. Zur Gestaltung mehrerer unterschiedlicher Sounds kommen ausschließlich unsere Hände und die absolut notwendige Grundausstattung „Bass/Kabel/Amp“ zum Einsatz. Die große Frage: Reicht ein passiver Jazz Bass aus, um in vielen Stilistiken zu bestehen?

Ein passiver Jazz Bass als Allzweckwaffe?
Als Ausgangsbasis dient uns einer der großen Archetypen: Ein passiver Jazz Bass. Der Hersteller und die Preisklasse spielen dabei keine Rolle. Wenn das Instrument über zwei Singlecoil-Tonabnehmer und eine passive Elektronik (2 x Volume, Tone oder Volume, Volume, Tone oder Volume, Balance, Tone) besitzt, sind die wichtigsten Voraussetzungen erfüllt.

Auch der Unterschied zwischen einem Jazz Bass für 400,- oder 4.000,- Euro reduziert sich in einem Mix mit anderen Instrumenten erfahrungsgemäß auf wenige Prozent und spielt deshalb für uns hier daher keine Rolle.
Der weit verbreitete Jazz Bass ist der ideale Kandidat für unser Experiment. „Partner in crime“ ist ein Bassverstärker mit einem 4-Band-Equalizer, welchen man so oder ähnlich in fast jedem Amp findet. Ansonsten bleiben für unser Experiment lediglich unsere Hände sowie ein oder zwei Hilfsmittel.
Jazz Bass im Pop, Funk, R&B, Gospel
Unsere erste Aufgabe soll ein cleaner Allround-Sound sein, wie man ihn in vielen der genannten Genres findet. Bei Bedarf kann man dies noch dem individuellen Kontext anpassen, zum Beispiel etwas die Höhen anheben, um den Sound knackiger zu machen, etc.
Als Ausgangsbasis funktionieren diese Einstellungen sehr gut:
- Beide Pickups 100%
- Tonblende: 100%
- Position Anschlagshand: Zwischen den Pickups
- Technik: Fingerstyle
- Equalizer: Bass 12 Uhr – Low Mid 1 Uhr – High Mid 11 Uhr – Treble 12 Uhr
- Hilfsmittel: keine

Jazz Bass im Funk (Slapping)

Natürlich wird in einigen dieser Genres auch gelegentlich der Daumen ausgepackt, gerade bei Funk, R&B und Gospel. Dafür modifizieren wir den Sound aus dem ersten Beispiel leicht.
Durch den Anschlag mit dem Daumen geht etwas Low End verloren, welches wir mit dem Bassregler des Equalizers ausgleichen. Für mehr Transparenz und Präsenz nehme ich zudem leicht die Hochmitten zurück und feature gleichzeitig die Höhen.
- Beide Pickups 100%
- Tonblende: 100 %
- Position Anschlagshand: Daumenschlag auf ersten Bund
- Technik: Slapping
- Equalizer: Bass 2 Uhr – Low Mid 1 Uhr – High Mid 10 Uhr – Treble 2 Uhr
- Hilfsmittel: keine

Jazz Bass im Rock
Für klassische Rocksounds eignet sich der Hals-Pickup ganz hervorragend. Für mehr Attack und Aggressivität schlage ich hierbei mit dem Plektrum an. Das Anheben der Hochmitten und der Höhen unterstreicht dieses Klangideal zusätzlich.
- Pickups: Hals-Pickup 100% / Steg-Pickup 0%
- Tonblende: 100%
- Position Anschlagshand: Zwischen den Pickups
- Technik: Plektrumspiel
- Equalizer: Bass 2 Uhr – Low Mid 12 Uhr – High Mid 2 Uhr – Treble 1 Uhr
- Hilfsmittel: Plektrum

Jazz Bass im 60’s Soul / Motown

Wir bleiben beim Halspickup, drehen jedoch dieses Mal die Tonblende der passiven Elektronik weit zurück. Als zusätzliches Hilfsmittel dient ein Schwamm bzw. ein Tuch – oder auch ein beliebiges anderes String Muting Tool, um die Saiten abzudämpfen.
Diese Maßnahmen erzeugen den typischen Sound der 60er- und 70er-Jahre. Natürlich kann man auch am Equalizer noch die Höhen zurücknehmen und ggf. die Tiefmitten etwas boosten.
- Pickups: Hals-Pickup 100% / Steg-Pickup 0%
- Tonblende: ca. 30%
- Position Anschlagshand: zwischen den Pickups
- Technik: Fingerstyle
- Equalizer: Bass 12 Uhr – Low Mid 2 Uhr – High Mid 11 Uhr – Treble 10 Uhr
- Hilfsmittel: Schwamm o.ä. in der Nähe der Brücke unter den Saiten
Jazz Bass im Reggae
Für dieses Klangbeispiel greifen wir am stärksten mit dem Equalizer in das Klanggeschehen ein. Bässe anheben und Hochmitten plus Höhen deutlich senken – das ist hier das Gebot der Stunde! Diesmal sind wieder beide Tonabnehmer am Start. Entscheidend ist die Palm Mute Technik, bei der wir mit dem Daumen anschlagen und gleichzeitig mit dem Handballen die Saiten dämpfen.
- Pickups: Beide Pickups 100%
- Tonblende: 70%
- Position Anschlagshand: Zwischen den Pickups
- Technik: Palm Muting / Daumen
- Equalizer: Bass 3 Uhr – Low Mid 12 Uhr – High Mid 9 Uhr – Treble 9 Uhr
- Hilfsmittel: Handballen dämpft Saiten

Fazit
Dies waren fünf Standardsounds mit einem Jazz Bass, es wären aber natürlich problemlos noch viele weitere möglich. Fest steht: Mit einem J-Bass kann man definitiv nichts falsch machen – es ist garantiert kein Fehler, ein solches Modell zu besitzen!
Mit unseren Händen, verschiedenen Anschlagstechniken und dem Equalizer unseres Verstärkers steht uns bei diesem legendären Bassmodell ein komplettes Klang-Universum zur Verfügung, um in den meisten Genres eine ausgezeichnete Figur zu machen. Da wundert es wenig, dass sich der Jazz Bass auch 60 Jahre nach seiner Geburt noch immer einer derart großen Nachfrage erfreut!
Leider sind „brauchen“ und „wollen“ bekanntlich nicht das Gleiche: Das eigene G.A.S. (Gear Acquisition Syndrome) ganz abzustellen und lediglich mit einem Instrument zu leben und zu arbeiten, wird sicherlich nur den wenigsten dauerhaft gelingen.
Aber das ist ja auch wiederum das Schöne am Musikmachen: Hier geht es eben nicht um blanken Pragmatismus, sondern um Leidenschaft, Emotionen und Kreativität und künstlerischen Ausdruck. Und dafür ist einfach jedes Mittel erlaubt – und jedes Instrument!
Beim nächsten Mal wollen wir unser Experiment noch weiter treiben und versuchen, ob ein Bass mit nur einem Tonabnehmer (Precision Bass) bereits ausreichend klangliche Möglichkeiten für verschiedene musikalische Szenarien bietet.
Bis zum nächsten Mal, euer Thomas Meinlschmidt
nomad-x sagt:
#1 - 28.04.2023 um 17:01 Uhr
Netter kleiner Bericht, der für mich gerade passend erschien, da ich mich im Moment genau mit derselben Problematik beschäftige. Leider finde ich es sehr traurig, dass ihr hier auch diesem blödsinnigen Gender-Wahn verfallen seid. "Gitarrist und Gitarristin" - soviel Zeit sollte schon sein.
Holger sagt:
#2 - 30.04.2023 um 09:57 Uhr
Toller Artikel. Ich spiele seit über 30 Jahren Bass und habe so viele Instrumente ausprobiert. Letzten Endes ist es immer der Jazz Bass für mich. Ich finde es prima, wie der Autor aufzeigt, wie absurd einfach es ist, damit z.B. eine 4-Stunden Coverband Show zu bestreiten, ohne dass etwas fehlt. Danke für die Erdung!
37 Hertz sagt:
#3 - 07.05.2023 um 10:44 Uhr
https://www.youtube.com/watch?v=uTc2vdkPM0w