David Bowie gehört zweifellos zu den ganz großen Genies und Chamäleons in der Geschichte der Pop- und Rockmusik. Ähnlich wie Prince und Madonna hörte der Brite nie auf, sich ständig neu zu erfinden und weiterzuentwickeln. Seine Kunst stand dabei immer im Vordergrund und nicht der kommerzielle Erfolg, weshalb er in seiner Karriere auch ein paar bittere Rückschläge hinnehmen musste. Das hat ihn aber nie daran gehindert, unbeirrt seinen Weg weiterzuverfolgen. Seine kommerziell erfolgreichste Phase lag sicherlich in der Mitte der 80er-Jahre. 1983 erschien das Album “Let’s Dance”, das neben dem Titelsong noch weitere Hits wie “China Girl” und “Modern Love” enthielt und das der Popularität Bowies abermals einen enormen Schub verlieh. Fast 11 Millionen Kopien von “Let’s Dance” gingen bisher über den Ladentisch – Zahlen, von denen Künstler heutzutage nur träumen können!

Gnadenlose Tightness
“Let’s Dance” besitzt eine vorbildliche “Brot und Butter”-Bassline, die aus gerade nur so viel Noten wie nötig besteht. Der Vers wird von einem melodischen Bass und spartanischen Drums dominiert, die restlichen Instrumente spielen nur eine Nebenrolle. Bassist Carmine Rojas und Omar Hakim an den Drums spielen hier unglaublich tight zusammen. Der Groove wirkt durch das Fehlen jeglicher Variationen fast schon steif, was in diesem Fall ganz sicher ein gewollter Effekt ist.
Bewusster Kontrast im Chorus
Im Chorus dreht sich der Spieß um: Der Bass spielt plötzlich fast nur ganze Noten und hat jetzt eher die Funktion einer Fläche als die eines Rhythmusinstruments inne. Das schafft entsprechend Luft und Raum für die nun einsetzenden anderen Instrumente und Bowies unvergleichlichen lasziven Gesang. All diese Aspekte erzeugen eine dynamische Steigerung durch den tollen Kontrast zum Vers – und das Gefühl, dass jetzt musikalisch “die Sonne aufgeht”. Ohne die karge Instrumentierung und “Steifheit” des Verses wäre diese Wirkung lange nicht so stark. Eine echte Meisterleistung des Produzenten Nile Rodgers, den wir auch für seine Arbeit mit Chic, Sister Sledge, Madonna oder Duran Duran kennen.
Da die Bassline eine Doppelung aus Synthie- und E-Bass ist, gehe ich davon aus, dass sie bewusst auskomponiert wurde. Mit wenigen und einfachen Mitteln wird hier das maximale Ergebnis erreicht: Eingängige Melodik, Dynamik, Strukturen und Kontrast. Ganz entscheidend für den Groove ist auch die Wechselwirkung von langen (legato) und kurzen (staccato) Tönen, die hier sehr bewusst und effektvoll eingesetzt wird.
Ich habe euch das Stück bis zum Beginn des zweiten Vers eingespielt. Danach folgen ausschließlich Wiederholungen.
Viel Spaß mit “Let’s Dance” wünscht
Thomas Meinlschmidt