Fury In The Slaughterhouse ist eines der großen Flaggschiffe deutscher Rock- und Popmusik. Mit dem aktuellen Nummer-1-Album „Hope“ ist die Band diesen Sommer auf der „Fury Live Twenty Five“-Tour. Dies haben wir zum Anlass genommen, um dem Fury-Bassisten Christian Decker ein paar Fragen zu stellen. Christian ist nicht nur seit 1996 Bassist der „Furies“, sondern führt auch mit eigenem Studio, dem Nebenprojekt York sowie vielschichtiger Theaterarbeit in seiner Heimatstadt Hannover ein erfülltes Musikerleben.

“Mittlerweile schätze ich es, manche Dinge erst einmal autodidaktisch anzugehen.”
Hey Christian! Vielen Dank, dass du dir trotz des stressigen Touralltags die Zeit für ein Interview nimmst. Kommen wir gleich zur ersten Frage: Wir alle haben unterschiedliche Wege, die uns zum Bass gebracht haben. Was war es bei dir?
Christian Decker: Ich glaube, das war eher ein Prozess. Ich habe als Kind Klavierunterricht bekommen und als Jugendlicher ein paar Jahre Saxophon gespielt. Irgendwann merkte ich, dass ich mich auf dem Bass sehr wohl fühle. In der Zeit habe ich viel Jazzrock gehört, dann aber zunehmend Popmusik, zum Beispiel The Police oder Crowded House.
Wie sieht dein musikalischer Background aus? Hattest du Unterricht, oder bist du bassmäßig ein Autodidakt?
Christian Decker: Ich habe Unterricht bekommen, den mir meine Eltern dankenswerterweise bezahlt haben. Dadurch wurde mir beim E-Bass – ebenso wie beim Klavier und beim Saxophon – ein fundierter Einstieg in das Instrument ermöglicht. Ich muss allerdings sagen, dass ich es mittlerweile auch schätze, manche Dinge erst einmal autodidaktisch anzugehen. Es hat eben beides Vor- und Nachteile.
Wann hast du dich entschlossen, Musik zu studieren und die Musik ernsthaft als Beruf in Erwägung zu ziehen?
Christian Decker: Die Entscheidung fiel im Grunde bereits als Jugendlicher beim Saxophon. Mein älterer Bruder spielt Gitarre und schlug frühzeitig den Weg zum Profi ein. Dann hörte ich immer mehr Popmusik und der Bass hatte so etwas Substantielles, das mir sehr gefiel. Während des Zivildienstes habe ich den Popkurs in Hamburg gemacht und danach in Hannover Bass studiert.

“Fury funktioniert vor allem live heute besser denn je!”
Du bist seit 1996 Bassist bei Fury In The Slaughterhouse. Erzähl uns doch bitte mal deine Reise vom Einstieg bei Fury über die neunjährige Pause bis hin zur triumphalen Rückkehr auf Platz 1 der deutschen Charts mit eurem Album „Hope“ im Jahr 2023.
Christian Decker: Oh, das ist eine lange Geschichte! 1996 neigte sich mein Studium dem Ende zu und ich spielte in den verschiedensten Projekten. Durch einen Studiotermin mit dem Hannoveraner Songwriter Kürsche lernte ich Rainer Schumann und Christof Stein-Schneider von Fury kennen. Über diesen Kontakt kam ich letztlich zu den Furies. Nach vielen erfolgreichen Jahren löste sich die Band 2008 vorübergehend auf. Dann spielten wir 2013 unser bis dahin größtes Konzert in Hannover, das sollte aber eigentlich eine einmalige Aktion sein. Als wir im Jahr 2017 eine ähnliche Aktion zum 30jährigen Jubiläum planten, folgten an den drei Terminen insgesamt 35000 Zuschauer unserer Konzerteinladung. Damit hatten wir in der Größe wirklich nicht gerechnet! Gleichzeitig hatten wir zu dem Zeitpunkt bereits Holger Hübner vom Wacken-Festival als Manager an Bord – ein sehr wichtiger Faktor. Mit der Plattenfirma „Starwatch“ und Vincent Sorg als Produzent war ein funktionierendes Umfeld komplett, das wir in dieser Form noch nie hatten. Wir produzierten wieder Alben; „Now“ erreichte Platz 2 und der Nachfolger „Hope“ dann sogar Platz 1 der Albumcharts.
Wie fühlt es sich an, Nummer 1 in den Charts zu sein und Gold- und Platin-Auszeichnungen zu bekommen?
Christian Decker: Natürlich großartig! Dazu muss man natürlich wissen, dass die absoluten Verkäufe heute ja tatsächlich deutlich niedriger sind als vor 20 oder 30 Jahren. Und ich bin ja damals bereits in eine sehr erfolgreiche Band eingestiegen. Aber so ein Platz 1 steht immer noch für sich! Darüber hinaus funktioniert Fury vor allem live auch heutzutage besser denn je.

(Bild: Olaf Gebert)
Die Band nähert sich ja in großen Schritten ihrem 40jährigen Geburtstag. Zurzeit seid ihr auf eurer „Fury Live Twenty Five“-Tour. Was dürfen die Fans in Sachen Show und Setlist erwarten?
Christian Decker: Wir haben wieder eine gute Mischung aus alten und neuen Songs dabei. Diesmal sogar noch etwas Unveröffentlichtes, das gab es auch schon länger nicht mehr. Ansonsten möchte ich noch nicht zu viel verraten. Viele Shows sind bereits ausverkauft, die Zuschauer können sich also auf einen tollen Abend freuen!
Begleitet wird die Tour mit eurer Aktion „Hoffnung verändert alles“, die euch sehr am Herzen liegt. Erzähl uns doch mal, was dieser Slogan bedeutet und wie dies an jedem Ort, an dem ihr spielt, in der Praxis aussieht.
Christian Decker: Inspiriert durch den Titel des Albums stellen wir jeden Abend eine NGO (Nicht-Regierung-Organisation bzw. Englisch: Non-Governmental Organization, Anm. d. Red.) vor, die sich, ganz allgemein gesprochen, überall dort einsetzt, wo Hilfe gebraucht wird. Es gibt Informationsstände, wir zeigen auf der Bühne einen Film, und über eine Pfandbecheraktion wird Geld gesammelt – bei der letzten Tour im Jahr 2023 übrigens sogar sechsstellig!

(Bild: Olaf Gebert)
Um alle Fury-Fans zu erlösen: Wird es in absehbarer Zeit auch ein neues Album geben? Arbeitet ihr aktuell an neuen Songs?
Christian Decker: Ja, wir sind wieder im Studio und auch sonst ziemlich kreativ. Eine Veröffentlichung ist für 2026 geplant. Wir machen dazu erstmal gemeinsam Writing-Sessions und sammeln Material. Da ist bereits unser Produzent mit dabei, und wenn es ins Studio geht, gibt es bereits viele Songs mit einer Basis, an der man direkt ansetzen kann. Ablauf und Tempo z. B. stehen dann meist schon. Zudem machen wir immer maximal fünf Tage am Stück, da unser Produzent meint, dass die Bereitschaft, etwas gut zu finden, nach vier Tagen abnimmt. Meiner Erfahrung nach stimmt das total, und man vermeidet zudem einen „Lagerkoller“, der bei wochenlangen Sessions schnell mal auftreten kann.
“Ich liebe es, mich in unterschiedliche Projekte zu stürzen.”
Wie sieht dein musikalischer Alltag aus, wenn Fury In The Slaughterhouse gerade mal nicht im Studio oder auf Tour sind? Im Vorgespräch hast du deine Arbeit am Theater, dein Studio, sowie die Band des Saxophonisten York erwähnt.
Christian Decker: Ich liebe es, mich in unterschiedliche Projekte zu stürzen – ob als Musiker, Produzent oder Komponist. In den letzten Jahren habe ich tatsächlich viel als Theatermusiker gearbeitet. Dort findet man tolle Arbeitsbedingungen, Schauspieler, die auch musikalisch sehr talentiert sind und die spannende Aufgabe, Musik mit einer Handlung zu verbinden. Ich komponiere und produziere Musik, stehe aber auch oft auf der Bühne, alleine oder mit Band. Seit zwei Jahren gibt es das Souljazz-Projekt des Hannoveraner Saxophonisten York, da stehe ich mit tollen Musikern am Kontrabass auf der Bühne. Und mein Studio ist ohnehin stets der Mittelpunkt für viele Produktionen, zum Beispiel habe ich letztes Jahr die Musik für den „ARD Radio Tatort“ komponiert.

(Bild: Sebastian Madej)
Du spielst ja seit 2017 vorwiegend Bässe von Sandberg. Was begeistert dich an diesen Instrumenten und wie kam es zur Zusammenarbeit mit Holger Stonjek und seinem Team?
Christian Decker: Der Kontakt zu Holger entstand über Martin Huch, der auch lange Jahre die Furies mit seiner Fotografie unterstützt hat. Die Instrumente mochte ich schon immer, und der Weg nach Braunschweig war ja nicht weit. Die Firma hat immer neue Ideen und der persönliche Kontakt ist sehr angenehm. Nicht umsonst werden die Instrumente von vielen Basskollegen weltweit gespielt – der Sound und die Bespielbarkeit sind einfach fantastisch!
Sind deine Sandbergs in irgendeiner Weise besonders oder spielst du reguläre Modelle „von der Stange“?
Christian Decker: Ich spiele einen viersaitigen California VS und einen fünfsaitigen California VT. Die kann man auch ganz regulär über den Konfigurator von Sandberg bestellen. Wir haben vor Ort noch ein bisschen probiert, was Hals und Pickups betrifft. Und der Viersaiter ist in der Grundposition passiv, lässt sich aber durch ein Herausziehen des Volumenpotis „aktivieren“, also genau umgekehrt als man das sonst kennt. Ach ja, und dann habe ich auch noch einen sechssaitigen Custom Fretless von Sandberg, der auch ein wunderbares Instrument ist!








“Die große Bassanlage habe ich irgendwann abgeschafft.”
In Sachen Equipment ist die Basswelt ja seit 20 Jahren recht stark im Wandel. Grenzen zwischen dem Studio- und dem Livebetrieb verschwimmen, Amps und Boxen verschwinden zusehends, und In-Ear-Monitoring, kompakte Preamps und/oder Modeller übernehmen den Job. Wie sieht dein persönliches Live-Setup bei der aktuellen Tour aus?
Christian Decker: Ja, da gab es auch bei uns Veränderungen! Seit wir 2017 wieder angefangen haben, live zu spielen, haben wir alle In-Ear-Monitoring von Vision Ears, das ist auf großen Bühnen tatsächlich auch nahezu unverzichtbar. Auch die große Bassanlage habe ich irgendwann abgeschafft, stattdessen generiert das Bassrig-Pedal von Origin Effects meinen Ampsound. Ich habe dann für mich noch je eine Dynacord-Aktivbox am Mikrofon und beim Schlagzeug, um noch etwas „echten Bass“ zu spüren. So eine 8x10er-Box ist natürlich toll, streut aber eben auch über die ganze Bühne, und so funktioniert es sehr präzise und macht trotzdem Spaß beim Spielen. An der guten alten Basswitch von Lehle kann ich die beiden Bässe klanglich anpassen, und der Ibanez TS9B sorgt bei Bedarf für einen etwas griffigeren Sound. Wir haben bei den Proben den Monitorsound für alle Stücke genau angepasst, dennoch klingt jede Bühne natürlich wieder etwas anders. Über den DMS Switcher von Palmer können wir direkt mit unserem Monitormann sprechen, wenn wir während der Show Anpassungen benötigen. Auf dieser Tour spiele ich bei zwei Stücken einen E-Kontrabass von Vektor. Der geht allerdings direkt über die DI und hat mit meinem Board ansonsten nichts zu tun.

(Bild: Christian Decker)












Und wie verhält es sich im Studio? Bist du da eher der analoge Typ, oder arbeitest du viel mit Plugins? Wie sieht deine Lieblings-Signalkette für Bass-Recordings aus?
Christian Decker: Im Studio probiere ich gerne viel aus und benutze dabei zum Beispiel meinen Noble Preamp DI, den Shelford Channel oder auch einen Kemper Profiler. Die Auswahl des Instruments steht natürlich immer am Anfang. Unser Produzent mischt „in the box“ und benutzt viele Plugins, vor allem Waves CLA Bass. Es muss schon beim Einspielen Spaß machen, da darf die Studio-Abhöre auch gerne etwas lauter sein. Am Kontrabass nutze ich einen Balsereit-Pickup, der mischt sich auch im Studio hervorragend mit den Mikrofon-Signalen.
Christian, vielen Dank für diesen spannenden Einblick in dein berufliches Leben als Bassist und viel Erfolg mit der aktuellen Tour mit Fury In The Slaughterhouse!
Fury In The Slaughterhouse – Tourdates 2025
12. Juni 2025 – Sankt Peter‑Ording, StrandGut
20. Juni 2025 – Rostock, IGA Park
21. Juni 2025 – Lingen, Marktplatz (Open Air, Eintritt frei)
26. Juni 2025 – Meersburg, Schlossplatz
27. Juni 2025 – Mannheim, Zeltfestival Rhein‑Neckar (Festival)
28. Juni 2025 – Northeim, Waldbühne
29. Juni 2025 – Uelzen, Open R Festival
4. Juli 2025 – Gelsenkirchen, Amphitheater
5. Juli 2025 – Bremen, Seebühne
11. Juli 2025 – Bonn, Kunst!Rasen
12. Juli 2025 – Sankt Goarshausen, Loreley Freilichtbühne
17. Juli 2025 – Leipzig, Parkbühne
18. Juli 2025 – Leipzig, Parkbühne
19. Juli 2025 – Nürnberg, Lieder am See
25. Juli 2025 – Hamburg, Stadtpark Open Air
26. Juli 2025 – Oranienburg, Schloss Oranienburg
1. August 2025 – Duisburg, Meidericher Stadtpark
2. August 2025 – Anröchte, Bürgerhausvorplatz
26. August 2025 – Geldern, Waldfreibad Walbeck
29. August 2025 – Lübeck, Kulturwerft Gollan
30. August 2025 – Gießen, Kloster Schiffenberg
31. August 2025 – Gießen, Kloster Schiffenberg
Surftipps zum Thema: