Es gibt ja haufenweise Songs, die man als “Klassiker” der Musikgeschichte bezeichnen kann. Darüber hinaus existiert aber auch noch eine Kategorie höher – und zu dieser gehört ohne Frage James Browns “Sex Machine”. Der Grund: Dieser Song des “Godfather Of Soul” ist sozusagen ein “Groove-Archetyp” und damit bis zum heutigen Tag eine Lehrstunde für alle neugierigen Rhythmusgruppen.

Erschienen ist “Sex Machine” auf dem gleichnamigen Album aus dem Jahr 1970. Mister Brown hatte bekanntlich das eine oder andere Mal kleinere Differenzen mit seinen Musikern, und die Fluktuation war entsprechend hoch. Gutes Personal ist eben schwer zu finden! So kam es, dass er kurz vor den Aufnahmen zu “Sex Machine” unter anderem den damals erst 18-jährigen William “Bootsy” Collins im März 1970 für den Job als Bassisten anheuerte. Dieser war bis dato weitgehend unbekannt und besaß als Instrument eine Sears Silverstone-Kaufhausgitarre im Wert von 29,- Dollar, welche er als Bass umgebaut hatte. James Brown sah in dem jungen Bootsy jedoch so viel Potenzial, dass er ihm umgehend einen Fender Jazz Bass und ein Ampeg SVT-Stack kaufte. Mit dem Drummer Jabo Starks bildete Bootsy dann eine legendäre Rhythmusgruppe, die viele ikonische Grooves schuf, ganz oben auf der Liste steht natürlich “Sex Machine”.
“Sex Machine” – das Original im Video
Hören wir uns doch zum Einstieg kurz noch einmal das Original des Songs an:
Tonmaterial “Sex Machine”
Bis auf eine kurze Bridge verläuft das gesamte Stück die ganze Zeit auf dem Akkord Eb7. Dieser besteht aus den Tönen Eb, G, Bb, und Db. Die zugrunde liegende Tonleiter wäre Eb-Myxolydisch (Eb, F, G, Ab, Bb, C, Db), für die Bassline und Fills ist aber die Pentatonik authentischer.
Interessant: In diesem Fall funktionieren sowohl die Dur- (Eb, F, G, Bb, C) als auch die Moll-Pentatonik (Eb, Gb, Ab, Bb, Db) von Eb. Zweitere bringt etwas mehr Dreck und Funk ins Spiel. Ein Mix aus beiden ist natürlich ebenso denkbar – und war tatsächlich auch Bootsys Wahl beim Entwickeln der originalen Basslinie.
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Ein weiterer Trick, der immer funktioniert, ist die gute alte Chromatik, also das Fortschreiten in Halbtonschritten. In der Bassline zu “Sex Machine” findet man häufig chromatische Annäherungen von der Terz zur Quinte (G, Ab, A, Bb) sowie von der Septime zum Grundton (Db, D, Eb).
Rhythmik “Sex Machine”
Die verwendete Rhythmik sind im wesentlichen Sechzehntel mit mehreren Synkopen, also Akzente auf eigentlich unbetonten Zählzeiten wie der “e” und “te”, also der zweiten und vierten Sechzehntel einer Viertel. Generell werden die Sechzehntel mit einem leichten Swingfeeling gespielt – hier allerdings deutlicher von Jabo Starks als von Bootsy.
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Am auffälligsten ist jedoch die Interaktion zwischen Drums, Bass und Gitarre, welche bis auf die Zählzeit 1 wenig gemeinsame Akzente haben und eher wie Zahnräder ineinandergreifen. Ein Beispiel dafür ist die Zählzeit 3: Hier hat die Gitarre ihren dominantesten Ton im ganzen Takt, während Bootsy und Jabo nichts spielen! Dafür startet die Bassline erneut eine Sechzehntel nach der 3 und endet mit einem Akzent auf der “3 e und te”, während die Bassdrum ihren Akzent auf der “3 und” hat.
So beschrieben klingt das Ganze eigentlich eher nach Anarchie als nach Ordnung – in der Praxis sorgt dieses Konzept aber für die beeindruckende Luftigkeit des Grooves!
Die Bassline von “Sex Machine”
Das Wichtigste gleich vorweg: “Die eine” Bassline zu “Sex Machine” gibt es im Grunde gar nicht, da Bootsy seine Begleitung extrem viel variiert. Das zehnminütige Original erinnert auch mehr an einen Jam als an einen durchstrukturierten Song. Ich habe euch für den Workshop daher den Basisgroove vom Vers und der Bridge aufgenommen und zwei von unzähligen Variationen notiert.
Ich wünsch euch viel Spaß mit “Sex Machine” – bis zum nächsten Mal!
Thomas Meinlschmidt