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Enjoy Electronics Reminder MultiFX Test

Praxis

Arbeiten mit dem Reminder MultiFX

Durch die übersichtliche Bedienoberfläche und die großzügigen Poti-Abstände gestaltet sich der Workflow sehr angenehm und selbstverständlich. Die Anordnung der Regler und Sektionen ist sehr ergonomisch umgesetzt, wodurch es sich intuitiv und schnell arbeiten lässt. Lediglich die Menü-Steuerung ist etwas hakelig und gewöhnungsbedürftig, da sie über lediglich einen Regler mit Druckfunktion gelöst wurde. Da eigentlich alle Klang-Parameter per dezidiertem Poti kontrolliert werden, wird das Menü selten und fast ausschließlich für globale Einstellungen wie etwa Routing oder Input Gain benötigt. 

Klangeigenschaften

Filter, Delay und Reverb sind zweifelsohne die meistgenutzten Effekte in Bezug auf Synthesizer, Klangerzeuger und Musikproduktion. Auf dem Papier vereint der Reminder diese Elemente in einem einzigen Boutique-Pedal, wonach sich viele Produzenten und Sound Designer lange gesehnt haben dürften. Aber neben der tadellosen Verarbeitung und den vielversprechenden Features geht es am Ende vor allem um eines … und da muss ich bei aller Bewunderung für den Reminder leider ehrlich sein: Klanglich haut er mich nicht wirklich um. Das Gerät arbeitet zwar sehr präzise und zuverlässig, aber dem Klang fehlt das, was Hardware eigentlich ausmacht und sie oft von Software unterscheidet: Die Magie und das Eigenleben. Das Delay wiederholt brav die eingehenden Signale und lässt sich durch das Filter und den LFO ein Stück weit manipulieren. Einen separaten Poti für Modulation oder verschiedene Delay-Charakter wie „Analog“ oder „Modulate“ suche ich allerdings vergebens. Derartige Funktionen sind längst Standard bei anderen digitalen Delay-Pedalen wie etwa dem BOSS DD-7 oder dem Strymon Timeline. So bleibt das Stereo Delay leider klanglich nicht mehr als ein cleaner, treuer Sound Repeater. Das ist schade, denn die Möglichkeiten und Features durch Stereo-Delays, Offset und nicht zuletzt auch das Double Pulse Delay sind wirklich innovativ und bieten viel Platz für Kreativität. Gerade mit perkussiven Sounds wie etwa von Drum Machines kann der Reminder sehr gut umgehen und ermöglicht sowohl treibende Rhythmen, als auch komplexe Texturen. Wünschenswert wäre ein stufenloser Delay Time-Modus gewesen, um jenseits von Sync und Groove das Delay in die Selbstoszillation zu fahren und es als eigenständiges Charakter-Instrument zu nutzen, wofür etwa das BOSS RE-20 bis heute gefeiert wird. 

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Stereo-Delay, Double Pulse Delay, Reverb I Stereo-Delay, Double Pulse Delay, Reverb II

Je nach Setting nimmt das Delay die Impulse dann doch etwas zu genau, wodurch unangenehme, digital anmutende Clicks im Delay-Signal vorkommen. Die Filter-Bank arbeitet solide; durch den großen Reglerweg am Frequenz-Poti sind smoothe Filter-Fahrten möglich. Lediglich im unteren Fünftel des Low Pass Bereichs „verschwindet“ der Sound auf einmal sehr schnell, was auf eine etwas unsaubere Kalibrierung hinweist. Außerdem ist der OFF/Null-Punkt vom Regler deutlich hörbar, wodurch nicht fließend zwischen Lo- und Hi-Pass Filter gemorpht werden kann. In Anbetracht der Preisklasse und Ausstattung fehlt mir eine zumindest rudimentäre Distortion/Saturation-Einheit, ohne die das Filter etwas charakterlos und analytisch wirkt. Zumindest in die Nähe von Saturation gelange ich, wenn ich den Input Gain etwas hochschraube. Das ist allerdings nur über das umständliche Display-Menü möglich. 

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Filter-Fahrt von Low Pass, über Null-Punkt bis Hi Pass und zurück Drum Machine mit erhöhtem Input Gain, Filter-Bewegung

Das Filter lässt sich Pre/Post-Delay schalten, wirkt aber in jedem Fall sowohl auf das Dry-, als auch auf das Wet-Signal. Gerade bei Kick Drums ist es für mich ein Standard-Handgriff, dem Delay Wet-Signal einen Hi-Pass Filter zu verpassen. Das ist hier leider nur in einer Send/Return-Nutzung möglich, weil ansonsten auch die trockene Kick im Low-End beschnitten wird. Das gleiche gilt für Keyboard-Sounds, auch wenn es hier etwas weniger problematisch ist. Abgesehen davon wird dank der vielen Delay-Möglichkeiten die Kreativität wirklich reichlich stimuliert und es entstehen inspirierende Rhythmen.

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Piano, Delay und Reverb Synthesizer, Delay und Reverb

Der Reverb des Reminder klingt im Vergleich zum Rest sehr charaktervoll, aber leider nicht auf eine gute Art und Weise. Der Sound ist sehr scharf, kalt, digital und durch das festgelegte Pre-Delay für viele Anwendungen kaum nutzbar. Und vor allem: Der Reverb ist unveränderbar MONO! Beziehungsweise, wenn er Stereo sein sollte, dann mit einer seeehr dünnen Weite. Das lässt sich auch nicht ändern und ergibt für mich in Kombination mit einem STEREO-Delay in 2020 einfach keinen Sinn. Das separate Hi-Pass Filter ist ganz nett, so etwas hätte ich mir persönlich aber eher für das Delay gewünscht. Stattdessen hätte dem Reverb vielleicht eher ein Low Pass Filter gutgetan, um die mitunter sehr scharf und plastisch anmutenden Höhen etwas zu besänftigen. Außerdem habe ich den Eindruck, dass der Reverb ein gewisses Eigenrauschen hat. Denn selbst bei rauscharmen Quellen ist ein deutlicher Noise-Anteil im Reverb-Signal wahrnehmbar. Durch den Size-Regler lässt sich der Hall in eine Art Infinity-Modus fahren, was sich für Ambient/Textur-Sounds anbietet.

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Delay (Wet Only), Reverb Arpeggio durch Reverb, verschiedene Amounts

Ein wirklicher Segen ist, dass sich der LFO sektionsübergreifend routen lässt. Dadurch wird der Reverb schnell mal zum Noise-Lieferanten, der LFO bricht die zugegeben klinische Grundarbeitsweise des Pedals auf und lädt zum Spielen ein.

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White Noise durch Delay, Saw-LFO auf Reverb-Amount Triangle-LFO auf Reverb-Amount
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