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Strymon Timeline Test

Bereits im Juli 2010 hatte ich schon einmal das Vergnügen, mit fünf exzellenten Pedalen des amerikanischen Herstellers Strymon einige Tage verbringen zu dürfen. Um so gespannter bin ich auf das Paket, das mir der Postbote eben an der Haustür überreicht hat. Darin sollte sich das Strymon Timeline befinden, ein High End Delay, in dessen Entwicklung das Team von Strymon nach eigenen Angaben jede Menge Zeit und Energie gesteckt hat.

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Bei meinem Testkandidaten sagt der Begriff High End deshalb nicht nur etwas über die Qualität, sondern auch über den Preis. Die Ausgabe von satten 449 Euro für ein Delaypedal will wohlüberlegt sein und ist mit ein Grund dafür, dass wir uns intensiv mit diesem Kandidaten beschäftigen.

Details

Was sich da aus dem Päckchen schält, macht in der Tat einen edlen Eindruck. Verglichen mit dem Freak-Styling von Electro Harmonix oder ZVex kann das Timeline ganz klar mit dem seriösesten Auftritt punkten. Das Pedal kommt in einem dunkelgrau lackierten Gehäuse aus dünnem Stahlblech in dezenter Pultform, auf dessen Oberfläche sich alle Regler und Schalter versammeln.
Im unteren Bereich finden sich die drei Schalter A, B und Tap mit den jeweils dazugehörigen LEDs, links unter dem Display ein Endlospoti mit der Bezeichnung Type, mit dessen Hilfe man einen der 12 Delay-Modi auswählen kann. Deren Namen sind kreisförmig um den Schalter angeordnet, wobei grüne LEDs neben der jeweiligen Bezeichnung darüber Auskunft geben, welcher Modus gerade angewählt ist. Eine weitere Anzeigemöglichkeit bietet das Display, das mit sechs Ziffern die Delay-Zeit, die Nummer der Speicherbank und weitere Parameter anzeigt. Geregelt wird der Effekt mit acht Potis, die zweireihig angeordnet auf der rechten Seite ihren Platz einnehmen. Auf die einzelnen Funktionen werde ich später noch genauer eingehen.

Das Timeline macht einen sehr stabilen Eindruck, die Potis sind fest verschraubt, hier wackelt nichts und auch der versehentliche Tritt eines nicht hundertprozentig orientierten Gitarristen sollte in der Regel keinen großen Schaden verursachen. Das Pedal nimmt für seine komplexen Aufgaben recht wenig Platz in Anspruch, mit den Maßen 172 x 127 x 66 mm (B x T x H) belegt es auf dem Pedalboard in etwa die Fläche von zwei nebeneinander platzierten Boss-Effekten. Auch das Gewicht von 650 Gramm zeichnet es nicht als Schwergewicht aus.
Das Herz unseres Delays ist ein Sharc DSP, der im Ein- und Ausgangsbereich von hochwertigen analogen Bauteilen unterstützt wird. Die A/D-D/A-Wandlung erfolgt mit 24 Bit und 96 kHz, ein Bereich, der normalerweise für Klangqualität bürgt. Eine Röhre ist nicht mit im Spiel, wie es zum Beispiel beim Timeline von Damage Control der Fall war, das man sehr lapidar als Vorgängermodell bezeichnen könnte. Immerhin fusionierten Damage Control und Strymon 2009 und die Entwickler des neuen Delays von Strymon hatten zum Teil schon am alten TimeLine mitgearbeitet. Unser Kandidat wird mit einem 9V-Netzteil (im Lieferumfang) betrieben, wer es in die Stromversorgung mit einem Multi-Netzteil einbinden möchte, der sollte darauf achten, dass Letzteres in der Lage ist, auf jeden Fall die geforderten 300 mA für das Timeline zu liefern. Bei einem so hohen Stromverbrauch ist es klar, dass ein Batteriebetrieb nicht möglich ist.
Wie mittlerweile bei aktuellen Delays üblich, ist auch im Timeline ein Looper integriert, den man entweder vor oder hinter den Delay-Effekt schalten kann. Die maximale Aufnahmezeit beträgt 30 Sekunden, ist also eher für kurze Intros oder Jam-Aktionen geeignet. Aktiviert wird der Looper, indem man die Tap-Taste gedrückt hält, anschließend werden die Aufnahmen und Overdubs mit dem linken Schalter (A) gestartet. Mit dem mittleren Schalter (B) wird der Playback Mode aktiviert und der aufgenommene Loop kann mit dem Tap-Schalter angehalten werden.
Alle Anschlüsse sind an der Rückseite angebracht, die Ein- und Ausgänge (Left In, Right In, Left Out, Right Out) gibt es zweifach, somit ist kompletter Stereobetrieb möglich, auch kann ein Stereo-Pedal (z.B. Chorus, Flanger) davorgeschaltet werden. Die EXP-Buchse wartet auf ein Expression-Pedal, mit dem Parameter in Echtzeit gesteuert werden können. Das Timeline lässt sich auch über MIDI-Schaltbefehle dirigieren, wofür die MIDI In und Out Buchsen zuständig sind. Sind es bei anderen Pedalen oft nur einige wenige Funktionen, meist einfache Umschaltbefehle, geht es hier richtig ins Detail, denn beim Timeline können viele einzelne Parameter per MIDI direkt verändert werden. Die folgende Tabelle (Download) gibt genauere Auskunft darüber, um welche Möglichkeiten es sich konkret handelt.

Die beiden Anschlüsse für das rechte Signal (Right In, Right Out) haben eine Doppelfunktion, die mit einem kleinen Schalter neben den MIDI-Buchsen eingestellt werden kann. Steht der Schalter auf Stereo In/Out, ist alles wie im oben beschriebenen Zustand und man verfügt über zwei Ein- und Ausgänge. Schaltet man um auf Feedback Loop, ist ein interner Effektloop aktiviert, an den man ein weiteres Effektgerät anschließen kann. Der Clou an der Sache ist, dass durch diesen Loop nur die Echowiederholungen laufen. Die eigentlichen Echosounds lassen sich so zum Beispiel mit einem Choruseffekt veredeln oder man kann einen Verzerrer einmal ganz anders klingen lassen. Zum guten Schluss sollte noch der Anschluss für das Netzteil (9V DC) ganz rechts auf der Rückseite erwähnt werden.

Bedienung
Trotz der vielen Möglichkeiten ist die Bedienung des Timeline auf den ersten Blick recht übersichtlich. Das Delay ist komplett programmierbar und jeder Sound kann abgespeichert werden, wobei man mit 200 Speicherplätzen auf jeden Fall für alle Einsätze gerüstet ist. Diese sind auf 100 Bänke mit je zwei Sounds verteilt, die über die Schalter A und B abgerufen werden. Hat man A angewählt und betätigt den Schalter erneut, ist der Effekt ausgeschaltet. Hier kann man in den globalen Einstellungen zwischen True Bypass und Analog Buffered Bypass auswählen. Die Bänke werden umgeschaltet, indem zwei Schalter gleichzeitig gedrückt werden:
Bank Up – A und B
Bank Down – B und Tap

Um veränderte Einstellungen zu sichern, muss der Type-Regler gedrückt werden. Es erscheint Save im Display und bei erneutem Drücken von Type sind die Einstellungen gespeichert. Falls man das Ganze auf einen anderen Speicherplatz sichern möchte, wählt man mit dem Value Regler vorher den entsprechenden Platz aus. Das funktioniert alles recht einfach und schmerzfrei. Zur besseren Übersicht der Delay-Sounds können auch Namen vergeben werden, deren erste sechs Buchstaben im Display erscheinen.
Kommen wir zum Einstellen der Sounds. Zuerst muss einer der 12 Delay Modi ausgewählt werden – bei Strymon spricht man übrigens von Delay Machines. Hier eine kurze Vorstellung dieser „Maschinen“:

ModeBeschreibungDelayzeit
dTAPESimulation eines Bandechos.30 – 1250 ms (Fast)/60 – 2500 ms (Slow)
dBUCKETSimulation eines Delays mit Eimerkettenschaltung.40 – 400 ms (Single)/80 – 800 ms (Double)
DIGITALDigitaldelay.60 – 2500 ms
DUALZwei Delays können entweder hintereinander oder parallel geschaltet werden.60 – 2500 ms
PATTERNEin Delay mit einem bestimmten rhythmischen Pattern.60 – 2500 ms
REVERSEDas Delay wird rückwärts abgespielt.60 – 2500 ms
ICEDem Delaysignal wird ein Harmonizer-Effekt hinzugefügt. Verschiedene Intervalle können ausgewählt werden.60 – 2500 ms
DUCKDas Delay reagiert auf die Anschlagstärke des Gitarrensignals.60 – 2500 ms
SWELLDas Delay wird eingeblendet.60 – 2500 ms
TREMDem Delaysignal wird ein Tremolo-Effekt hinzugefügt.60 – 2500 ms
FILTERDem Delaysignal wird ein synchronisierter Filtereffekt hinzugefügt.60 – 2500 ms
LO-FIDelay mit Lo-Fi Sound. Bit-Tiefe kann verändert, Vinylsound hinzugefügt oder ein Verzerrer auf das Delaysignal gelegt werden.2 – 2500 ms

Mit den Reglern Time, Repeats und Mix werden die Delayzeit, die Echowiederholungen und das Mischungsverhältnis zwischen Original und Echosignal eingestellt. Bei einer Einstellung von 15 Uhr sind beide gleich laut, man hat also etwas mehr Regelweg zur Feineinstellung des Delay-Anteils. Das gefällt mir persönlich sehr gut.
So weit die Standard-Regelmöglichkeiten, weiter geht es mit der zweiten Reihe. Mit Filter und Grit werden die Echowiederholungen in ihrer Klangqualität angepasst. Außerdem lässt sich hier dem Echo noch ein Modulationseffekt hinzugefügen, der mit Speed (Effekttempo) und Depth (Intensität der Modulation) justiert wird. Hörbeispiele dazu gibt es im Praxisteil.
Aber das ist noch nicht alles, denn pro Speicherplatz lassen sich einige Feinheiten regeln, ich nenne sie einfach allgemeine Parameter. Über den Value-Regler werden diese durch Drücken und Drehen ausgewählt und eingestellt. Hier die Liste der Parameter, die bei allen Delay-Typen gleich sind:

Tap Division
Mit Tap Division wird der Notenwert bestimmt, in dem die Echowiederholungen im Verhältnis zum eingetippten Tempo ausgegeben werden. Zur Auswahl stehen Viertel, Achtel, Sechzehntel, punktierte Achtel und Triolen.

Boost
Aktiviert eine Boost-Funktion, die den gesamten Pegel bis zu 3 dB, z.B. für Solosounds, anhebt.

Persist
Wenn man möchte, dass die Echowiederholungen nach Ausschalten des Effekts in natürlicher Art weiter- und schließlich ausklingen, sollte die Persist-Funktion auf On geschaltet werden. Allerdings ist bei dieser Funktion der True Bypass nicht möglich, automatisch wird Analog Bypass angewählt.

Name
Jedes Patch kann hier mit einem Namen versehen werden.

Expression Pedal On/Off
Bei jedem Patch kann die Expressionpedal-Funktion separat aktiviert werden.

Expression Pedal Set
Auch der zu regelnde Parameter kann pro Patch getrennt eingestellt werden. Die Funktion jedes Reglers lässt sich hier auf das Pedal legen und in Echtzeit steuern.

Ausstattungsmäßig kann man bei unserem Kandidaten also tatsächlich aus dem Vollen schöpfen und auch die Bedienung zeigt sich recht unkompliziert. Höchste Zeit, dass wir uns dem Klang unseres Multifunktions-Delays widmen.

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Profilbild von fiestared62

fiestared62 sagt:

#1 - 26.12.2012 um 22:08 Uhr

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extrem geiles Teil; benutze es seit August, knapp 50 Live- Gigs damit gespielt, sehr vielseitig + soundmäßig außer Konkurrenz. Obwohl mein altes Korg SDD 3000 hält noch ganz gut mithält...;)

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