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Yamaha YC61 Test

Yamaha lässt die YC-Serie wieder aufleben und das während der Namm 2020 vorgestellte YC61 ist als Stagekeyboard für Live-Keyboarder konzipiert und verbindet eine virtuelle Zugriegel-Orgel mit den Möglichkeiten eines Stagepianos. Für ca. 1.600 € gibt es 61 Waterfall-Tasten, eine intuitive Bedienoberfläche, drei verschiedene Klangerzeugungen, eine umfangreiche Effektsektion, Master EQ und USB-Audio/MIDI. Yamaha tritt mit dem YC61 klar gegen beliebte Stagekeyboards, wie das Nord Electro 6D 61 an. Wirklich gut klingende Orgel-, Piano-  und Synth-Sounds in einem kompakten Gehäuse zu einem vertretbaren Preis. Das sucht eigentlich jeder professionelle Band-Keyboarder!

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Bereits 1969 brachte Yamaha mit der YC-10 die erste Combo-Orgel heraus, gefolgt von Modellen wie der YC-20 oder der YC-30. Die YC-Serie mit Transistortechnik sollte eine für Band-Keyboarder leicht transportable Alternative zu den schweren Hammond-Orgeln sein. Vor fünf Jahren erschien dann mit der Yamaha Reface YC eine sehr kompakte Combo-Orgel mit 37 Mini-Tasten, die zum Verkaufsschlager wurde und das Konzept der Combo-Orgel von Yamaha wieder ins Rampenlicht zurückholte.

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Yamaha launchte 2019 die beiden Stagepianos CP73 und CP88 („CP“ steht für Combo Piano). Sie sind mit dem YC61 stark verwandt, was man vor allem am sehr ähnlichen Bedienfeld erkennt. Während die CP-Serie den Schwerpunkt auf sehr gute Piano-Klänge und eine gewichtete Tastatur legt, steht beim YC61 vor allem die Zugriegel-Orgel im Vordergrund. Im Live-Betrieb muss man schnell auf alle wichtigen Parameter zugreifen können. Ähnlich wie bei Nord hat Yamaha das auch beim Bedienkonzept des YC61 umgesetzt und viele Regler und Schalter eingebaut. Ob das Paket aus Orgel, Piano und Synth aufgeht, zeigt dieser Test.

Details

Erster Eindruck

Das Instrument lässt sich sehr bequem aus dem Karton heben. Mit 7,1 kg ist das YC61 Stagekeyboard sehr leicht und außerdem kompakt. Die Bedienoberfläche ist nahezu vollständig belegt mit Schaltern, Reglern, LED-Anzeigen und natürlich Zugriegeln. Eines lässt sich vermuten: ein YC49 wird es eher nicht geben, da dann zu wenig Platz für die Bedienelemente vorhanden wäre. Trotz des geringen Gewichts macht das mattschwarze Gehäuse einen sehr stabilen Eindruck. Ober- und Unterseite sind aus Metall gefertigt, die Seitenteile aus Kunststoff. Man hat es mit einem robusten Stagekeyboard zu tun. Der rote Wippschalter im Bedienfeld könnte von einem alten Yamaha CS80 Synthesizer stammen und auch die kleinen silbernen Kippschalter zum Aktivieren der einzelnen Sektionen geben dem YC61 einen leichten Anflug von Vintage-Look.

Fotostrecke: 2 Bilder Das robuste Gehäuse des Yamaha YC61 besteht hauptsächlich aus Metall …

Bedienfeld

Die Benutzoberfläche des YC61 besteht hauptsächlich aus den Sektionen „Organ“ und „Keys A/B“ Dazu kommen das Haupt-Display in der Mitte mit Eingabe-Elementen, die Effekt-Sektion „Effect, Speaker/Amp und Reverb“und weitere Bereiche für Rotary Speaker und Master EQ.

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Ich werde hier zunächst grob die Aufteilung der Bedienoberfläche behandeln und später detailliert auf die beiden Haupt-Soundbereiche Organ und Keys eingehen. Bis auf das Lautstärke-Poti und die Drehregler des Master-EQ auf der rechten Seite gibt es ausschließlich Endlosregler mit LED-Kränzen. Damit kann man beim Umschalten auf einen anderen Sound den augenblicklichen Wert eines Parameters sofort erkennen und weiß dann z. B., ob da noch Luft nach oben ist. Das ist ein sehr praktisches Feature. Jetzt aber der Reihe nach: Auf der linken Seite finden wir zwei Bedienelemente für Modulation und Pitchbend, die in Form filigraner Hebel gestaltet, auch bei den CP-Modellen Verwendung finden. Mit ihnen kommt man zurecht, sie machen auch einen soliden Eindruck, echte Wheels wären allerdings für den Live-Einsatz die bessere Entscheidung gewesen. Unterhalb des MASTER VOLUME Reglers bedient man die ROTARY SPEAKER Simulation, die man anhalten kann (STOP) oder zwischen Slow und Fast umschaltet. Interessanterweise wird dieser Leslie-Effekt an einer ganz anderen Stelle auf dem Bedienpanel programmiert: Im Effekt-Bereich auf der rechten Seite.

Fotostrecke: 3 Bilder Modulation- und Pitchbend-Hebel sind relativ klein ausgefallen.

Die Orgelsektion fällt durch die neun echten Zugriegel sofort ins Auge. Man aktiviert sie mit einem kleinen Kippschalter direkt oberhalb der Klaviatur. In der Mitte des Bedienfelds befindet sich das recht kleine graphische Display (128 x 64 Pixel) des YC61, das von einem Datenrad und einer EXIT-Taste umgeben ist. Das Datenrad fungiert gleichzeitig als Enter-Taste. Mit den Tasten MENU und SETTINGS gelangt man in Untermenüs, mit denen alle wichtigen Parameter des YC61 verändert werden können. Spezielle Tasten wie TRANSPOSE, TUNE, SPLIT POINT und TOUCH führen direkt zu den entsprechenden Einstellungen. PANEL LOCK erlaubt das Sperren des Bedienfeldes, damit die Parameter nicht versehentlich verstellt werden können. Mit den acht LIVE SET Tasten wählt man eine Klangeinstellung aus oder speichert sie mit der STORE Taste. Es gibt 20 Live Sets (Bänke) mit je 8 Sounds, sodass insgesamt 160 Speicherplätze zur Verfügung stehen, von denen die Hälfte bereits werksseitig belegt sind. Mit PAGE +/- schaltet man von einer Live Set Seite zur nächsten.
Rechts neben diesen Elementen für die grundlegenden Einstellungen liegt das Bedienfeld für die „Keys“-Sektion (Key A und B), mit dem man alle Nicht-Orgel-Sounds einstellt. Auch diese beiden Klänge werden durch kleine Kippschalter am unteren Rand der Sektion aktiviert. Jeder dieser Sounds kann mit zwei Insert-Effekten belegt werden, die in der Keys-Sektion programmiert werden. Die nun folgende Effekt-Sektion ist in drei Blöcke unterteilt: EFFECTS, SPEAKER/AMP und REVERB. Die ersten beiden Blöcke können jeweils nur auf eine der drei Sound-Quellen Organ, Key A oder Key B angewendet werden. Der Reverb-Effekt kann allen drei Sound-Quellen getrennt hinzugemischt werden. Der EFFECTS-Block hat 32 verschiedene Effekttypen, darunter auch ein Tempo-Tap-Delay und ein Looper-Delay. Der SPEAKER/AMP-Block kann vier verschiedene Guitar-Amps und zwei verschiedene Rotary-Effekte nachbilden. Im Anschluss an die Effektsektion kann auf den Gesamtklang ein 3-Band-Master-EQ aktiviert werden, der eine einstellbare Mittenfrequenz offeriert. 

Fotostrecke: 2 Bilder Die Keys Sektion besteht aus zwei getrennten Layern Key A und Key B.

Tastatur

Yamaha hat des YC61 mit einer halbgewichteten Waterfall-Tastatur ausgerüstet, die natürlich Vorteile für das Orgelspiel bietet. Der wesentliche Unterschied einer Waterfall-Tastatur zu einer traditionellen Klaviertastatur, oder auch einer Synthesizer-Tastatur besteht darin, dass den Tasten die leicht über den Tastenkörper ragende Kante fehlt. Vielmehr geht die waagerechte Fläche über eine leichte Rundung direkt in die Senkrechte der Tastenfront über. Dadurch kann man sehr gut über die Tastatur wischen, ohne an scharfen Kanten hängenzubleiben. Die verbaute Tastatur hinterlässt einen sehr guten Eindruck. Da klappert nichts und sie eignet sich auch sehr gut dazu, um klaviermäßig mit großer Dynamik zu spielen. Natürlich ist es für einen Pianisten eine Umgewöhnung, wenn er auf einer solchen, relativ leicht gewichteten Klaviatur spielt, aber Yamaha hat es hier geschafft, einen wirklich guten Kompromiss zu erzielen. Egal ob Orgel, Piano oder Synth – ich habe mich beim Spielen auf der Tastatur des YC61 sehr wohl gefühlt.

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Anschlüsse

Auf der Rückseite des YC61 finden sich zunächst der stabile Einschalter und der Anschluss für das Netzkabel. Daneben hat es noch einen USB-TO-DEVICE-Anschluss für ein Flash-Laufwerk sowie eine USB-TO-HOST-Buchse, um einen Computer oder ein iOS-Device mit des YC61 zu verbinden. Neben dem Kopfhörer-Anschluss (große Stereo-Klinke) und den OUTPUT-Buchsen (L/MONO und R in Mono-Klinke) hat man dem Instrument auch zwei INPUT-Buchsen mitsamt Gainregler spendiert, um beispielsweise ein zweites Keyboard anzuschließen, dessen Klänge dann mit über das YC61 ausgegeben werden. Dadurch spart man sich ein Mischpult. Es können zwei Fußschalter und zwei Fußpedale angeschlossen werden, sodass Sustain, Expression, aber auch z. B. Pedal Wah und das Umschalten der Sounds mit den Füßen möglich ist. MIDI-In und -Out vervollständigen die Anschlussmöglichkeiten.

Fotostrecke: 6 Bilder Die Anschlüsse auf der Rückseite des YC61 bestehen aus …
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Praxis

Im Folgenden gehe ich auf die einzelnen Sektionen des Yamaha YC61 ein und werde auch den Klang durch entsprechende Audiobeispiele demonstrieren. Nach dem Einschalten ist das YC61 nach nur fünf Sekunden spielbereit. Das Display gibt Aufschluss darüber, welcher Live Set Sound eingestellt ist, und welche Sektionen (O für Orgel, A für Key A, B für Key B) aktiv sind. Auch die Zugriegel-Einstellungen für Upper und Lower und die Namen der Sounds des Keys-Bereiches werden auf dem kleinen Monitor graphisch dargestellt.

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Ändert man einen Parameter, so wird dessen Wert in Echtzeit groß auf dem Display gezeigt, sodass genau eingestellt werden kann. Nach ca. einer Sekunde verschwindet der Zahlenwert dann wieder und das Hauptfenster wird wieder sichtbar. Um die Arbeitsweise der intuitiven Bedienung des YC61 zu demonstrieren, hier ein Video, bei dem ich – beginnend mit einem Piano-Sound – einen kompletten Live-Set-Sound zusammenbaue. Am Ende spiele ich im Left-Bereich ein Piano mit gelayertem Pad und rechts eine Orgel.

Die Baugruppen des Yamaha YC61 im Einzelnen:

Organ-Sektion

Die Orgel-Sektion fällt durch die echten Zugriegel direkt ins Auge. Diese besitzen acht Rasterstellungen, die man beim Ziehen spürt und auch hört – wie beim Vorbild der mechanischen Drawbars. Mit dem kleinen silbernen Kipp-Schalter am unteren Ende der Orgel-Sektion schaltet man diesen Bereich ein. Es gibt einen Drehregler, mit dem der Organ Type ausgewählt wird. Eine zweistellige 8-Segment-LED-Anzeige zeigt das aktivierte Orgel-Modell an. Es stehen drei Hammond- (H1, H2, H3) und drei Transistor-Modelle (F1, F2, F3) zur Verfügung. Dabei wird die Hammond mit Yamahas „VCM-Organ“-Klangerzeugung nachgebildet, während die Transistor-Orgel mit einer FM (Frequenzmodulation)-Soundengine erzeugt wird. „VCM“ steht für „Virtual Circuitry Modeling“. Dabei werden analoge elektronische Schaltkreise virtuell nachgebildet. Laut Yamaha wird so „ein Orgel-Klang mit einer analogen Tiefe reproduziert, die durch digitales Sampling usw. nicht ohne Weiteres erzeugt werden kann“. Auch die Simulation von klassischen Röhrenvorverstärkern soll eine natürliche Klangverzerrung reproduzieren.

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Der Orgelbereich ist in zwei Tastaturzonen unterteilt: LOWER (L) und UPPER (U). Mit der LOWER/UPPER-Taste schaltet man zwischen diesen beiden Zonen um und kann hier unterschiedliche Einstellungen der Zugriegel und sonstigen Parameter vornehmen. Weiterhin bietet das YC61 den bekannten Percussion-Effekt, den man nur auf den Upper Part des Orgel-Sounds anwenden kann. Es können die sechs verschiedenen Vibrato- oder Chorus-Effekte (V1-3, C1-3) des Scannervibratos der Hammond-Orgel zugeschaltet werden, die auf Lower und Upper gleichermaßen wirken. Die beiden Regler für das Volumen und die Vorverzerrung (PRE DRIVE) sind mit einem LED-Kranz ausgestattet, sodass der aktuelle Wert immer sichtbar ist. Auch diese Parameter wirken auf Lower und Upper Part gleichermaßen. Mit den beiden OKTAVE-Tastern kann die Oktavlage für den Lower- und Upper-Part eingestellt werden. Auch die Zugriegel besitzen eine LED-Anzeige, welche die augenblicklichen Drawbar-Werte anzeigen, egal wie die Zugriegel gerade „stehen“. Sinnvoll ist die Möglichkeit, den LED-Anzeigen für den Upper- und Lower-Part unterschiedliche Farben zu geben. So erkennt man sofort, welchen Part man aktuell verändert. Einige weitere Parameter der Orgel-Sektion wie „KeyClick Level“ oder „Leak Level“ werden im Menü „Settings“ im Untermenü „Sound/Organ Settings“ eingestellt und mit in einem Live-Set-Sound abgespeichert.
Einen großen Anteil an der Authentizität der Orgel-Simulation hat der Rotary Effect der SPEAKER/AMP-Sektion. Es stehen zwei verschiedene Rotary Speaker Simlationen zur Verfügung. „Rtr A“ ist der normale Röhren-Leslie-Effekt für Orgel und „Rtr B“ bildet einen Rotary Speaker ab, der an einen Transistorverstärker mit starker Verzerrung angeschlossen ist. Mit zwei Drehreglern lässt sich der Rotary-Sound dann noch optimieren. DRIVE bestimmt die Verzerrung und mit TONE kann der Klang des simulierten Lautsprecher-Verstärkers verändert werden: Durch Drehung nach rechts bzw. links werden Höhen- und Bassanteile angehoben bzw. abgesenkt. Zusammen mit dem Settings-Menü für die Orgel und den Rotary Speaker Effekt können so sehr viele Parameter eingestellt werden, die den Orgel-Sound gezielt und wirkungsvoll beeinflussen. Besonders gefällt mir, dass die Orgel lebt und auch richtig dreckig und schmatzig gurgelnd daherkommt, wenn man das möchte. Im folgenden Video zeige ich die Wirkung der einzelnen Elemente der Orgel-Sektion inklusive Rotary-Effekt. Zunächst ist der Rotary Effekt ausgeschaltet und man hört die pure VCM-Engine mit Vorverzerrung und Scanner-Vibrato. Später schalte ich das Leslie hinzu und variiere die Parameter DRIVE und TONE. Am Ende des Videos benutze ich den zweiten Rotary-Effekt (B), der auch extrem rockige Verzerrungen zulässt.

Hier noch ein paar Audio-Beispiele der Orgel-Sektion. Auch die Transistor-Orgeln sind vertreten. Die ersten beiden Sounds habe ich auf dem Soundmondo-Portal gefunden, auf das ich später zu sprechen komme.

Audio Samples
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Pale Shades Green Books Jazz Swish H Split LdChrd Rex Rotary Italian Organ 1

Keys A/B

Die zweite große Sektion des Yamaha YC61 deckt alle weiteren Sounds ab, nämlich Pianos, E-Pianos, Synths und sonstige Klänge. Für jeden der beiden Bereiche A und B kann eine Voice dieser vier Kategorien ausgewählt werden. Mit einem Dreh-Schalter wählt man die Kategorie aus, mit dem roten Wippschalter geht man schrittweise alle Sounds der jeweiligen Kategorie durch, bis die gewünschte Nummer im LED-Display, oder der gewünschte Sound-Name im LC-Display sichtbar ist. Geboten werden 139 verschiedene Sounds:

  • 8 x Pianos 
  • 18 x E.-Pianos
  • 59 x Synths
  • 54 x Others

Dabei sind die mit „Other“ bezeichneten Sounds größtenteils Samples von akustischen Instrumenten wie Strings, Brass, Guitar usw. Alle Klänge werden entweder durch die AWM2- oder die FM-Engine erzeugt. Die FM-Sounds profitieren von einer 128-stimmigen Polyphonie, die zusätzlich zu weiteren 128 Stimmen für die VCM- und AWM2-Sounds zur Verfügung steht. Die wichtigsten Klänge der Keys-Sektion sind natürlich die Pianos und E.-Pianos, die man bereits aus der CP-Serie kennt. Mit dem CFX-, dem S700- und dem C7-Sample stehen gleich drei unterschiedliche akustische Pianos bereit. Auch ein Upright-Piano und zwei CP80-Varianten sind vorhanden. Hier die vier akustischen Pianosamples im Vergleich:

Audio Samples
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CFX VergleichsMIDI S700 VergleichsMIDI C7 VergleichsMIDI U1 VergleichsMIDI

Der brilliante CFX-Flügel ist universell einsetzbar, das S700-Sample bildet den typischen Digitalpiano-Sound des Yamaha S90EX-Keyboards ab und der perlige Yamaha C7-Konzertflügel ist auch im Nord Stage zu finden. Das Upright-Piano U1 hat einen charmanten, intimen Charakter:

Audio Samples
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One Ear Upright

Die E.-Pianos bieten fünf Rhodes- und drei Wurlitzer-Samples. Außerdem sind drei Clavinets und sieben DX7-mäßige E.-Pianos (FM-Engine) anwählbar. Bei den FM-Sounds hört man deutlich, dass es hier nicht Samples werkeln, sondern FM-Algorithmen die Grundlage der Klangerzeugung sind. Hier eine Auswahl an Werks-Presets, wobei die E.-Pianos auch gleich schon mit passenden Effekten wie Chorus oder Amp-Simulation versehen sind. Auch hier sind die ersten beiden Sounds von Soundmondo.

Audio Samples
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Soulful EP NS Funky Clav NS 78Rd Chorus Wr Trem Wr Dist FM EP + Pad 1 FM EP 4 Magic Piano

Neben dem VOLUMEN-Regler, der selbsterklärend ist, finden wir einen TONE-Regler, mit dem man Höhen und Tiefen des Sounds anheben oder absenken kann. Für die Klang-Formung steht für jeden Sound außerdem ein Drehregler zur Verfügung, der entweder auf die Hüllkurve (EG) oder auf den Filter wirkt. Mit einer Taste vor dem Regler kann man die Funktion umschalten. Auch die Art und Weise, wie der Regler auf Hüllkurve oder Filter wirken soll, kann in einem Menü eingestellt werden. Die sonstigen Sounds und Synths sind sehr vielfältig und sehr gut brauchbar. Viele Pads und Strings eignen sich hervorragend dafür, als Layer unter ein Piano gelegt zu werden. Dank der intuitiven Bedienung hat man dann schnell die Lautstärken und den Klang so verändert, dass die beiden Klangkomponenten gut zusammen harmonieren. Es folgen weitere Sounds des Yamaha YC61:

Audio Samples
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Pad Mix Motion Pad FM Lead Classic Guitar Cello Pizzicato Sax Section 1 Flute Mix ChrPercussion Mix Bass Mix Accordeon

Natürlich sind auch Split-Registrierungen möglich. Die internen Effekt-Möglichkeiten der Keys-Sektion sind recht umfangreich. Für jeden Sound A oder B können zwei getrennte Insert-Effekte geroutet werden. Bei jedem dieser beiden Inserts kann man aus 32 verschiedene Effekt-Typen auswählen. Hier gibt es Effekte wie Chorus, Flanger, Phaser, Tremolo, Distortion, Compressor, Wah, Delay, Reverb, usw. bis hin zu einem Dämpfer Resonanz Effekt, der bei den akustischen Pianos angewendet wird. Mit den DEPTH- und RATE-Endlosreglern stellt man für den jeweiligen Effekt, die Intensität, die Geschwindigkeit, oder andere Parameter ein. Die Insert-Effekte klingen sehr hochwertig und bereichern die Sounds des Keys-Bereichs ungemein. Mit dem Modulations-Hebel und dem zuweisbaren Fußpedal können übrigens viele solcher Parameter gesteuert werden. Beispielsweise kann man so die Geschwindigkeit eines Flanger-Effekts beeinflussen.
Die folgenden Sounds habe ich recht schnell selbst erstellt. Der Brass-Sound besteht aus zwei gelayerten Bläser-Samples, bei denen ich über den Tone-Regler Höhen und Tiefen angehoben und den Filter komplett geöffnet habe. Die Streicher im „Rhodes Strings“-Splitsound habe ich auch auf diese Weise brillianter gemacht, damit sie sich besser durchsetzen. Der NuMini-Lead-Synth beim dritten Beispiel wurde durch einen langsamen Phaser, ein Delay und dem Portamento-Effekt optimiert. Zum Schluss habe ich einen Piano-Sound mit Orgel und Strings unterlegt. Dabei habe ich die Orgel mit dem Expression-Pedal reingefahren und die Strings schließlich dazugeschaltet. So wird’s richtig fett!

Audio Samples
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Brass Rhodes Strings Rhodes LeadSynth Piano Orgel Strings

Insgesamt ist die Klang-Formung mit des YC61 ausgesprochen intuitiv und gut klingend. Ein Band-Keyboarder ist mit diesem Keyboard in der Lage, ad-hoc eine gewünschte Klang-Kombination zu erstellen und „on the fly“ zu optimieren. Mit bisherigen Workstations oder Synthesizern war das nur umständlich durch langwieriges Programmieren möglich. Natürlich ist man beim YC61 auf eine relativ übersichtliche Zahl an Klängen beschränkt, aber so viele verschiedene gute Sounds braucht man als Live-Keyboarder oft gar nicht. Die Tatsache, dass es nur einen frei wählbaren Splitpunkt gibt, ist kein Nachteil, da es bei 61 Tasten eher selten vorkommt, dass man drei verschieden Sounds auf der Tastatur verteilen will. Die weiter unten beschriebene Masterkeyboard-Funktion besitzt allerdings vier Zonen!

USB-MIDI und Audio

Das YC61 Stagekeyboard bietet ein USB-MIDI- und -Audio-Interface. Alle Audio-Beispiele für diesen Testbericht habe ich ohne Audiokabel gemacht. Ich musste nur eine USB-Verbindung zwischen YC61 und meinem Computer herstellen. Das Stereo-Signal konnte ich dann in digitaler Form direkt in Logic aufnehmen. Umgekehrt konnte ich das Gespielte im Kopfhörer über das YC61 hören. Auch die MIDI-Verbindung klappte problemlos. Ich habe Mainstage auf meinem Mac geöffnet und konnte sofort alle Sounds aus dem Rechner über die Ausgänge des YC61 laufen lassen und mit den Klängen des Keyboards mischen. Die Latenz war zu vernachlässigen. Diese Möglichkeit ist für viele Keyboarder sehr nützlich, denn ein separates Audio-Interface ist nicht mehr nötig und das Setup ist wesentlich übersichtlicher. 

Soundmondo

Das YC61 ist kompatibel zu Yamahas Social-Sound-Sharing-Plattform Soundmondo. Damit kann man mit seinem Computer oder seinem iOS-Gerät Klänge anderer Anwender direkt und kostenlos in das YC61 laden und auch seine eigenen Kreationen hochladen. 

Fotostrecke: 4 Bilder Mit einer iOS-App oder dem Chrome-Browser auf einem Computer verbindet man das YC61…

Diese Sounds gefallen mir oft besser als die Werks-Presets und inspirieren bei der eigenen Sounderstellung. Die Anwender, die eigene Live-Set-Sounds bei Soundmondo hochladen, sind oft selbst Sound-Programmierer oder erfolgreiche Keyboarder. Meistens hat der Soundtüftler ein paar Zeilen hinterlassen, sodass klar wird, wie der Sound entstanden und zu bedienen ist. Hier noch ein paar Beispiele für Soundmondo-Sounds. Die Grundlage des Sounds „SynthPercLead NS“ ist lediglich das Kalimba-Sample aus dem Keys-Bereich. Durch geschicktes Programmieren wird etwas ganz Neues daraus.

Audio Samples
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WhisPiana SynthPercLead NS Sync Synth NS
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Fazit

Das Yamaha YC61 hat mir sehr gut gefallen! Es bietet (fast) alles, was man als Band-Keyboarder braucht – in einem extrem leichten, kompakten und robusten Gehäuse und mit einer hervorragend angepassten Tastatur. Da ist eine sehr gute und durchdachte Orgel-Sektion mit echten Zugriegeln, die Dank des geschmackvollen Rotary Effekts und der VCM/FM-Sound-Engine sehr authentisch klingt. Da sind tolle akustische und elektrische Pianos, die auf der Tastatur sehr gut spielbar sind und die durch die Effektsektion sehr lebendig klingen. Und da sind über hundert weitere Sounds, die durch die Bank toll klingen und mit denen man die meisten Klangwünsche abdecken kann. Das intuitive Bedienkonzept befähigt den Keyboarder, in kürzester Zeit Klänge nach seinem Geschmack zu kombinieren und zu formen, ohne Bedienungsanleitungen zu wälzen. Die vielen Drehregler mit LED-Kranz gestalten sich hier als ein großer Pluspunkt, wie auch die Klangformungsmöglichkeiten des Stagekeyboards. Dazu gesellen sich Features wie USB-Audio, Masterkeyboard-Funktionen und ein Audio-Input. Yamaha hat mit dem YC61 einen echten Konkurrenten zum Nord Electro mit einem ähnlichen Preis auf den Weg gebracht. Leider sind die kleinen Hebel für Pitchbend und Modulation recht gewöhnungsbedürftig im praktischen Einsatz und kein adäquater Ersatz für praktische Wheels oder einen Joystick. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Sehr gute Drawbar-Orgel mit neuer VCM-Sound-Engine
  • Hervorragender Rotary-Effekt
  • Sehr gute Pianos und sonstige Sounds
  • Separate FM-Sound-Engine mit weiteren 128 Stimmen
  • Gut spielbare Waterfall-Tastatur
  • Intuitives Bedienkonzept mit direktem Zugriff
  • Fast durchweg LED-Kränze und -Anzeigen
  • Robuste Verarbeitung
  • Sehr kompakt und leicht
  • Seamless Sound Switch
  • USB-Audio
  • Master-Keyboard-Funktionen
Contra
  • Pitch Bend- und Modulation-Hebel fummelig in der Handhabung
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Yamaha YC61 Test
Für 1.777,00€ bei
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Mhyskilyus sagt:

#1 - 30.09.2021 um 08:41 Uhr

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Hallo,habe das YC61 gekauft und bin sehr zufrieden mit der Bedienung und den Sounds. Nur der Leslie Effekt der Orgel scheint nicht wirklich zu zünden. Er wirkt nicht glaubhaft und sollte meiner Meinung nach von Yamaha überarbeitet werden. Insbesondere die Mikrofonierung des Leslie sollte regelbar sein um das Stereopanorama entsprechend zu ändern bzw. anzupassen.Sonst, wie gesagt ein klasse Teil.

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