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Mixing-Fehler 6-10

Fehler 9: Die Sonne geht nicht auf – Aufbaufehler

"Multing": Verteilt eine Spur auf mehrere, so dass unterschiedliche Bearbeitung ohne Automation möglich ist.
“Multing”: Verteilt eine Spur auf mehrere, so dass unterschiedliche Bearbeitung ohne Automation möglich ist.

Jeder, der schon mal einen Song gemischt hat, wird irgendwann einmal das Problem gehabt haben, dass der Sound des Refrains im Vergleich zum Vers enttäuschend war – oder in anderen Worten: dass ein Abschnitt des Arrangements nicht den benötigten „emotionalen Effekt“ hatte. Für diese Art Langzeitdynamikprobleme kann es viele Gründe geben, aber der fundamentalste ist ein falscher Songaufbau, wo die klanglichen Höhepunkte zu früh kommen. In so einer Situation ist die Versuchung groß, die subjektive „Größe“ des musikalischen Klimaxes so weit zu pushen, dass durch die extreme Bearbeitung unmusikalische Nebenwirkungen und Distortion entstehen. Hier sind ein paar Ideen, die euch helfen werden, einem Song die gewünschte Durchschlagskraft zu verpassen:
• Wenn ihr spürt, dass ein Songabschnitt es immer noch nicht bringt, sogar nachdem ihr den Sound soweit gepusht habt wie möglich, warum probiert ihr nicht mal die umgekehrte Arbeitsweise aus? Schaut, ob ihr den vorherigen Abschnitt irgendwie kleiner klingen lassen könnt, als er es derzeit tut.
• Behaltet immer im Kopf, dass unterschiedliche Songs und unterschiedliche Mixabschnitte innerhalb eines Songs für dasselbe Instrument unterschiedliche Klangeinstellungen benötigen kann. Das Solo-Piano im Intro einer Ballade wird höchstwahrscheinlich voller klingen müssen als die Pianobegleitung innerhalb eines kompletten Rock-Band-Kontextes. Eine Spur per Audio-Editing auf mehrere zu verteilen (manchmal auf englisch auch “Multing” genannt), ist eine einfache Art und Weise, unterschiedliche Einstellungen und Bearbeitungen zu realisieren, ohne alles komplex automatisieren zu müssen – einfach Mute-Taste und gut!
• Sowohl der Pegel als auch die Klangfarbe (Timbre) des Leadgesangs werden für die empfundene “Power” der Begleitmusik entscheidend sein. Genauer: wenn ihr die Vocals zu laut macht oder ihnen zu viel Mitten verpasst, ist die Gefahr groß, dass sie den Rest der Produktion klein klingen lassen.
Beispielmixe: Durch die Beschaffenheit der Multitracks bei diesem Mixauftrag war die wahrscheinlich größte Herausforderung das Managen der Langzeitdynamik. Der Knackpunkt sind die scharf klingenden zusätzlichen Gitarrenoverdubs im mittleren Teil, die dazu tendieren, den Einstieg des darauf folgenden Refrains enttäuschend klingen zu lassen – wie z.B. in Mix 64. Die bei Mix 28 gewählte Taktik, den Pegel des Refraingesangs zu erhöhen, ist nicht so erfolgreich, da es die Band im Vergleich zum Sänger ziemlich klein klingen lässt. In Mix 33 wird die Textur des Refrains mit zusätzlicher Verzerrung und Breite angedickt, kommt dadurch aber in Konflikt mit Monokompatibilität und etwas zu spitzem Klang.
Für meine Ohren sind Mixe wie 46 da erfolgreicher, dort scheint man die Gitarren im Mittelpart absichtlich etwas gebändigt zu haben (so, dass der Refrain sie noch irgendwie übertrumpfen kann). Oder die Einsendungen, bei denen der letzte Refrain dezent mit extra Texturen ausgekleidet wird – wie bei den Mixen 07 oder 20
(in der zweiten Version), 58 wurde quer gedacht und das ganze Problem exzellent durch das Einfliegen von zusammeneditierten Arrangementstückchen umschifft.

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Profilbild von Flitzefinger1

Flitzefinger1 sagt:

#1 - 27.09.2011 um 22:33 Uhr

0

Sehr gut verständlich. Sehr überrascht war ich über der Fadereinstellung des Lead Gesangs. Ich habs doch schon immer so gemacht intuitiv, es ist also schon immer richtig gewesen. Das gilt auch für die Kompression im Endbus, im Verhältnis zum Mastering. Aufbau und Strophe, ganz klar das muss erst stimmen, das wird fast immer falsch komponiert. Sehr schönes Review, vielen Dank dafür, ich komponiere fast nur Guitarsolotracks das impliziert fast die gleiche Vorgehensweise,aber
das kann ich alles einfließen lassen. Und diese Infos hier für lau, suuuuuuuuuuper!
Übrigends Wet,wet,wet hatte einen gnadenlosen
Supersound!

Profilbild von falconi

falconi sagt:

#2 - 14.08.2012 um 02:06 Uhr

0

Sehr guter, umfassender Artikel, sucher enorm viel Aufwand und Arbeit. Sehr gelungene Übersetzung. Danke.

Profilbild von Ralf Beck

Ralf Beck sagt:

#3 - 03.07.2023 um 10:22 Uhr

0

Und was für ein 11-Band EQ wird dort oben abgebildet?

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