Die Wurzeln von Marillion reichen zurück bis in das Jahr 1979, aber erst nach ein paar Besetzungswechseln erschien 1983 ihr Debütalbum „Script For A Testers Tear“. Dieses wie auch der Nachfolger „Fugazi“ brachten der Band vor allem im UK Achtungserfolge und erste TV-Auftritte ein. Der große Durchbruch gelang Marillion dann 1985 mit dem Konzeptalbum „Misplaced Childhood“ und der Single „Kayleigh“, die ein globaler Hit wurde. Die Band wird gerne mit den Attributen „Prog Rock“ oder „Neo Prog“ versehen, gleichzeitig konnte man aber auch schon immer viele Pop-Elemente in ihrer Musik ausmachen. Bassist Pete Trewavas übernimmt neben seinem Groove-Job auch immer wieder eine melodische Funktion. Zieht man den Gesang ab, bleiben vier Musiker, die einen orchestralen Sound erschaffen. Dafür ist es notwendig, als Bassist gleich mehrere Aufgaben zu erfüllen. Dies blitzt auch immer wieder in der Bassline zu „Kayleigh“ auf. Obwohl man den Song wohl kaum als Prog Rock bezeichnen kann, liefert Pete Trewavas doch vieles, was man als Bassist mit diesem Genre verbindet.
„Kayleigh“ – Video
Unter diesem Link gibt es den Song zu hören und zu sehen:
„Kayleigh“ – Rhythmik
Sämtliche Verse von „Kayleigh“ basieren auf einer acht Takte langen Phrase, welche sich in zwei Durchgänge mit jeweils vier Takten aufteilt. Die Takte 1 bis 3 haben Akzente auf den Zählzeiten 1 und 2+, die 1 des vierten Taktes wird stets um eine Achtelnote auf die 4+ des dritten Taktes antizipiert.
Beim ersten Durchgang dieser Phrase spielt Pete zusammen mit der Bassdrum ein kurzes Fill-in, das auf der 3+ beginnt. Im zweiten Durchgang wird dieses durch Akzente auf der 3+ und der 4te ersetzt, welche ebenfalls von der Bassdrum gedoppelt werden.
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Die Akzente auf der 1 und der 2+ werden im Chorus übernommen, der Rest entfällt aber im Vergleich zum Vers. Dies macht das Ganze etwas flüssiger und steigert den Chorus dynamisch. In jedem vierten Takt leitet Pete mit einem Bass-Fill wieder zur nächsten 1. Große rhythmische Auffälligkeiten gibt es hier aber nicht.
Bleibt noch das Gitarrensolo, welches im Prinzip eine Mischung aus den Akkorden des Vers und der Rhythmik des Refrains ist. Dies ist übrigens ein beliebtes Stilmittel, um organische Songs zu schreiben: Anstelle eines komplett neuen und gleichzeitig fremden Parts wird aus den bekannten Zutaten etwas Neues kreiert.
„Kayleigh“ – Tonmaterial
„Kayleigh“ beginnt in der Tonart B-Moll bzw. D-Dur. Die enthaltenen Töne sind B, C#, D, E, F#, G, und A. Pete nutzt für seine Bassline nahezu ausschließlich diatonische (zur Tonleiter gehörig) Töne. Ganz selten schleicht sich ein chromatischer Leitton ein.
Im Chorus bekommen wir es dann noch mit dem Akkord C-Dur zu tun, welcher ein Leihakkord auf der siebten Stufe von D-Moll ist. In jedem vierten Takt glänzt Pete mit einem melodischen Fill, welches häufig auf der D-Dur-Pentatonik (D, E, F#, A, B) beruht. Aber auch die D-Dur-Tonleiter bringt er zum Einsatz.
Nach dem Gitarren-Solo wird „Kayleigh“ einen Ganzton nach oben transponiert, wir befinden uns nun also in C#-Moll. Prinzipiell ändert sich hier aber nichts. Zum letzten Chorus kehrt der Song abschließend wieder nach D-Dur zurück.
„Kayleigh“ – Spieltechnik/Basssound
Zumindest im Video zu „Kayleigh“ spielt Pete Trewavas ein roten Ibanez RDB Bass. Da er dieses Bassmodell zu dieser Zeit sehr häufig einsetzte, kann man davon auszugehen, dass selbiges auf dem Song auch tatsächlich zu hören ist. Im Prinzip ist der Ibanez RDB mit seinem durchgehenden Hals und dem einzelnen Tonabnehmer in der Mitte zwischen Hals und Brücke so was wie ein Boutique Precision Bass.
An anderer Stelle las ich jedoch ein Zitat von Chris Kimsey, dem Produzenten von „Misplaced Childhood“: „Pete uses Moog bass pedals as well as a Fender bass with Boss Chorus and Phaser effects units. The Moog pedals went on to a separate track DI, and we had both a DI and a U47 on a Peavey amp for the bass, with a little Urei 1176 compression mixed to a single track.“
Die Rede ist hier also von einem Fender Bass, Peavey Amps und dem dem legendären Urei 1176 Kompressor. Ob nun Ibanez oder Fender ist letztlich nicht wirklich entscheidend – beide Bässe gehören ja zur P-Style-Familie. Der Rest der beschrieben Signalkette sollte auf jeden Fall zutreffen. Pete Trewavas spielt darüber hinaus häufig mit dem Pick, im Falle von „Kayleigh“ tippe ich allerdings eher auf Fingerstyle.
„Kayleigh“ – Transkription
Hier findet ihr die Transkribtion und das von mir eingespielte Klangbeispiel zu “Kayleigh”.
schepper sagt:
#1 - 13.11.2024 um 14:23 Uhr
moin thomas, danke für die transkripition für diesen coolen alten song. im video sehe ich allerdings einen aria sb 1000 wie er u.a. auch von cliff burton und john taylor gespielt wurde. bässte grüße, nix für ungut und nochmal danke schepper
Thomas Meinlschmidt sagt:
#1.1 - 13.11.2024 um 15:25 Uhr
Hi Schepper, mit dem Aria hast du natürlich vollkommen recht. Vielen Dank für den Hinweis und freut mich, dass dir der Workshop gefällt. Liebe Grüße Thomas
Antwort auf #1 von schepper
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