Im klassischen Hardware-Sektor trifft man nicht allein auf verschiedene Syntheseformen, sondern auf unterschiedliche technische Konzepte. Neben analogen, virtuell-analogen, modularen und semimodularen Geräten sind hybride Synthesizer eine reizvolle Erscheinung. Hybrid aufgebaute Synthesizer tauchen erstmals während der 1980er Jahre auf und werden in jüngster Zeit immer beliebter.

„Hybrid“ bedeutet, dass analoge und digitale Komponenten innerhalb eines Instruments miteinander kombiniert werden, wie z. B. digitale Oszillatoren mit analogen Filtern. Hybride Synthesizer sind heutzutage in Varianten mit Tastatur und in Desktop-Bauweise erhältlich. Wir stellen die bekanntesten dieser besonderen Hardware-Instrumente vor.
Was ist ein hybrider Synthesizer?
Typisch für einen Hybrid-Synthesizer ist eine Kombination aus digitalen Oszillatoren und analoger Filtersektion. Dadurch ergibt sich eine höhere klangliche Flexibilität dank einer größeren Auswahl an Wellenformen. Ein weiterer Vorteil ist die Stimmstabilität in der Klangerzeugung (Oszillatoren), die durch analoge Filter mehr Wärme und Charakter verspricht.
Wie klingen moderne Hybrid-Synthesizer?
Vier angesagte Synthesizer liefern Klangbeispiele: Arturia MicroFreak, Korg Minilogue XD, Novation Peak und Sequential Pro 3 – sortiert nach dem Verkaufspreis aufsteigend. Bei den Einspielungen ist bewusst viel am Cutoff- und Resonanz-Regler der analogen Filtersektion geschraubt worden. In der Summe demonstrieren die zwölf Audio-Demos eindrücklich, dass die vier Synthesizer durchaus unterschiedlich klingen. Den „typischen Sound“ eines Hybrid-Synthesizers gibt es nicht. Eine Garantie für ein besonders warmes Klangbild ergibt sich nicht immer. Der MicroFreak sticht durch einen eher kühlen Sound heraus. Die hybride Klangerzeugung bringt jedenfalls bei allen Synthesizern ein individuelles Klangverhalten hervor.
Bekannte Hybrid-Synthesizer von gestern
Korg
Mit dem 1983 erschienenen Poly-800, auf den ersten Blick ein simpler mobiler Analog-Synthesizer, baut Korg erstmals auf die Vorteile eines hybriden Systems. Der achtstimmige Korg Poly-800 basiert auf zwei digital-gesteuerten Oszillatoren (DCO – „Digital Controlled Oscillator“), deren Audiosignale ein resonanzfähiges 24-dB Tiefpass-Filter durchlaufen. Zwei Jahre später bringt Korg mit dem DW-8000 und dessen Bruder DW-6000 zwei Synthesizer, die erstmals den Vorteil eines hybriden Modells praktisch demonstrieren. Der zwischen 1985 und 1987 hergestellte DW-8000 klingt mit seinen 16 digitalen Wellenformen (DWGS) deutlich vielseitiger als ein klassischer Analog-Synthesizer, bietet aber ein analoges Filter mit Charme.
Sequential Circuits
Im Jahr 1986 präsentiert Sequential Circuits einen innovativen Tastatur-Synthesizer: Der Prophet VS integriert die Vectorsynthese, die mit vier digitalen Oszillatoren und einem analogen Curtis-Filter arbeitet. Mit 96 Preset- und 32 User-Wellenformen erreicht dieser hybride Synthesizer ein großes Klangspektrum. Inzwischen genießen er und seine Rack-Version einen Kultstatus. Beide Versionen tauchen nur vereinzelt und zu quasi astronomischen Preisen auf dem Kleinanzeigenmarkt auf.

Ensoniq, Kawai, Waldorf & Co.
Weiterhin tauchen in den 1980er Jahren der Ensoniq SQ-80 / ESQ-1 sowie Kawai K3 auf. Die klassischen Wavetable-Synthesizer aus Deutschland, der Waldorf Microwave und Wave, sind ebenfalls hybride Klangerzeuger. Dave Smith bringt 2011 mit dem DSI Poly Evolver nochmal einen vielseitigen und modulativen Hybrid-Synthesizer, der inzwischen zur Vintage-Rubrik zählt.

Aktuelle hybride Synthesizer im Überblick
Arturia MicroFreak
Ein smartes Low-Budget-Gerät entpuppt sich als echter hybrider Synthesizer. Der Arturia MicroFreak arbeitet paraphon mit vier Stimmen. Sein digitaler Oszillator unterstützt mehrere Syntheseformen: Virtuell-Analog, FM, Wavetable, Waveshaping oder auch Physical Modeling meistert der kleine Tausendsassa. Das analoge Filter ist als Tief-, Band- und Hochpass verwendbar. Spaß machen auch die Modulationsmatrix und der Step-Sequencer. Interne Effekte wie Delay oder Hall gibt es leider nicht. Arturia hat dem kleinen Synth bereits einige Updates spendiert. Mit OS 4.0 kann man nun eigene Samples und Wavetables importieren.

Korg Minilogue XD
Anders als sein direkter Vorgänger bietet der Korg Minilogue XD zusätzlich zu den beiden VCOs einen digitalen Oszillator. Diese „Multi Engine“ erlaubt es, eigene Oszillator-Modelle zu entwerfen. Auch Effekte lassen sich für den hybriden Synthesizer programmieren. Einige bekannte Software-Entwickler bieten neue Oszillatoren und Effekt-Typen als kommerzielle Software an. Jeweils 16 User-Oszillatoren und Effekt-Slots finden intern Platz. Als Filter steht ein analoger Tiefpass bereit. Den Minilogue XD gibt es auch als Desktop-Variante „Korg Minilogue XD Module“, die aber kaum weniger kostet.

Radikal Technologies Delta CEP A
Nicht ganz so bekannt, aber ein sehr spannendes Objekt. Beim Radikal Technologies Delta CEP A handelt es sich um einen klanglich vielseitigen hybriden Desktop-Synthesizer mit vierstimmiger Paraphonie und Parameter-Morphing. Den Basisklang erzeugt der „Swarm Oszillator“ mit bis zu acht Oszillatoren, deren Wellenformen man zwischen Sinus, Sägezahn, Dreieck und Rechteck überblenden kann. Innerhab der Filtersektion steht ein analoges 12 dB-Multimode-Filter bereit. Der semimodulare Delta CEP A integriert digitale Delay-Effekte und erinnert konzeptionell an den Korg MS-20, dessen Filter aber deutlich anders klingt. Radikal Technologies bietet auch eine Variante fürs Eurorack.

Novation Peak
Der Novation Peak ist ein klanglich omnipotenter und relativ leicht bedienbarer hybrider Desktop-Synthesizer. Seine hochwertigen „New Oxford Oscillators“ bieten neben den klassischen Wellenformen auch Wavetables. Die analoge Filtersektion besticht durch einen flexiblen Multimode-Typ (12/24 dB), dem eine regulierbare Verzerrung nach- und vorgeschaltet werden kann. Ebenso findet sich bei den klanglich überzeugenden Effekten eine Analog-Distortion. Das entsprechende Flaggschiff, der Novation Summit, integriert die zweifache Engine des Peak mit Layer/Split-Mode in einem 61-Tasten-Keyboard, mit intuitiv nutzbarer Benutzer-Oberfläche.

Sequential Pro 3
Der Sequential Pro 3 mag als Nachfolger des Pro 2 (Produktion eingestellt) wahrgenommen werden, klingt aber ziemlich anders. Dies liegt an dem Wavetable-Oszillator sowie an den drei verschiedenen Analog-Filtern im Prophet-, Moog- und Oberheim-Style. Den Sequential Pro 3 kann man sehr entspannt am Panel programmieren. Mit seinem fantastischen 16 Step-Sequencer entstehen spielerisch eigene inspirierende Klangphrasen. Sie lassen sich mit der internen Dual-Effekt-Sektion abrunden. Wer auf die Optik größeren Wert legt, bekommt mit der Special-Edition des Pro 3 einen wahren Blickfang, der rund 300 Euro mehr als die Standard-Version des hybriden Synthesizers kostet.

Waldorf M
Der Waldorf M ist quasi eine Reinkarnation des Klassikers Waldorf Microwave der frühen 1990er Jahre. Dieser bedienungsfreundliche, aber nicht gerade preiswerte hybride Synthesizer im Desktop-Format basiert auf zwei Wavetable-Oszillatoren und einem analogen 24 dB-Tiefpassfilter. Auch der Stereo-VCA für jede der insgesamt acht Stimmen ist analog. Der Waldorf M kann vier unterschiedliche Sounds gleichzeitig über vier separate Stereo-Ausgänge ausgeben. Für Bässe, Arpeggiator– und Sequenzer-Klänge sollten die acht Stimmen reichen oder man installiert ein Expansion-Board für 16 Stimmen. Der Waldorf M erzeugt typische Wavetable-Pads, die allerdings mangels FX-Sektion nicht mit Effekten versehen werden können.

UDO Audio Super 6
Der Super 6 ist ein brillanter Soundlieferant des kleinen britischen Herstellers UDO Audio. Es ist ein hybrider, 12-stimmiger Synthesizer mit zwei digitalen klassischen Oszillatoren und einem analogen 24 dB-Tiefpass sowie zusätzlichem Hochpass. Eines der herausragenden Features dieser Charakter-Maschine ist der analoge, binaurale Signalpfad. Die 12 Stimmen werden aufgeteilt in zwei sechsstimmige Klänge („Super 6“), die am Stereo-Ausgang in unterschiedlicher Stimmung oder Phasenlage ausgegeben werden. Während das Keyboard-Modell in Blau oder Schwarz nicht immer beim Händler bereitsteht, ist die günstigere Desktop-Version meist direkt lieferbar.

Sequential Prophet X
Der Sequential Prophet X ist ein hybrider Synthesizer im Flaggschiff-Format mit maximaler Flexibilität. Das dank Sample-basierter Klangerzeugung sowie zwei weiteren digitalen Oszillatoren und einem analogen Stereo-Filter. Im Zugriff steht die 150 Gigabyte schwere Sample-Library, die auch Sounds akustischer Herkunft enthält. Für den Import eigener Samples bietet der Prophet X ein 50 Gigabyte Sample-RAM und Funktionen zur Sample-Bearbeitung. Insgesamt erhält man eine individuelle Kreuzung aus Sampler und Synthesizer, die sich auch in puncto Handling von den bekannten japanischen Synthesizer-Workstations unterscheidet. Nicht günstig, aber der höhere Preis ist legitim.

Waldorf Quantum
Das Spitzenmodell von Waldorf ist der Quantum. Im Unterschied zum kostengünstigeren digitalen Desktop-Synthesizer Waldorf Iridium verfügt er tatsächlich über eine analoge Filtersektion. Seine drei Oszillatoren beherrschen nicht weniger als fünf verschiedene Syntheseformen. Dazu gesellen sich ein Granular Sampler sowie „Kernel“, die einer erweiterten FM-Synthese ähnelt. Wer einen enorm vielseitigen Hybrid-Synthesizer mit üppigem Multitouch-Bildschirm haben möchte, sollte mit dem Quantum glücklich werden. Für kompromissfreudige User ist der Iridium eine gute Alternative, zumal er mit 16 Stimmen eine doppelt so große Polyfonie bietet.

Zum Schluss
Mit diesem Feature konnten wir hoffentlich den Blick auf die aktuelle Synthesizer-Landschaft schärfen. Fakt ist: Hybride Synthesizer gibt es nur als Hardware – in Form eines Tastatur– oder Desktopmodells. Wie analoge oder sehr intuitiv nutzbare Geräte locken sie daher auch Musiker und Produzenten an, die ansonsten auf VST-Instrumente für die Musikproduktion schwören. Erfreulicherweise ist die Auswahl heute so üppig wie nie zuvor. Für jedes Budget lässt sich ein passender Hybrid-Synthesizer finden, der über viele Jahre beim individuellen Sounddesign einen mehr als soliden Dienst erweist.