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Electro-Voice ND46 Test

Praxis

Trotz seiner Größe lässt sich das ND46 sehr gut positionieren

Meine anfängliche Skepsis betreffend der Größe des Electro-Voice ND46 wird im praktischen Einsatz schnell zerstreut. Der Schwenkmechanismus arbeitet zuverlässig und die Rasterung dürfte für die meisten Anwendungen funktionieren, ohne dass man zur Winkelverstellung des Stativgalgens greifen müsste. Gerade für Drummer, die sich selbst aufnehmen und vom Drum-Hocker aus schnell mal die Position anpassen wollen, ist die Konstruktion ein Segen. Wer regelmässig Schlagzeuge mikrofoniert, kennt mit Sicherheit auch die Problematik von Becken verdeckter Toms. Hier noch ein Mikrofon mit normalem, Tubus-förmigem Korpus samt Kabelstecker unterzubringen, ist manchmal nur mit dem Umbau des Kits zu bewerkstelligen. Mit dem ND46 ist das nicht nötig, der Platzbedarf ist in der Höhe minimal. So relativiert sich die zunächst recht ausladend wirkende Kopfgröße des Mikrofons deutlich. Das handliche Gewicht von knapp über 300 Gramm ermöglicht auch weiter ausgefahrene Stative, ohne sofort deren Standfestigkeit zu gefährden. So bekommt das ND46 die volle Punktzahl im Bereich Praxistauglichkeit.

Fotostrecke: 3 Bilder Zwei Electro-Voice-Mikros am Tom, rechts der Testkandidat.

Toms überträgt das ND46 homogen und ohne Tendenz zur Attack-Betonung

Klanglich ähnelt das neue ND46 dem alten N/Dym 468 wesentlich mehr als seinem Geschwistermikrofon ND44. An den Toms ist das deutlich zu hören, hier gibt es sich rund und warm, Betonungen des Attacks spart sich das Mikrofon, wodurch der Körper der Trommeln deutlicher hervortritt. Damit empfiehlt es sich all jenen Drummern und Tonleuten, die einen natürlicheren Tom-Sound bevorzugen als ihn das auf Durchsetzungsfähigkeit getrimmte ND44 liefert. Leblos klingt das ND46 dadurch aber mitnichten, im Gegenteil. Der Peak bei 10000 Hertz macht den Klang luftig, ohne dass das Signal an Natürlichkeit verliert. Damit wirkt es im Vergleich auch etwas frischer als das alte N/Dym 468. Positiv hervor zu heben ist auch, dass Übersprechungen aus Becken und Hi-Hats relativ sauber klingen und nicht den „Dosencharakter“ aufweisen, der gerade bei günstigen dynamischen Mikrofonen oft zu vernehmen ist. Insgesamt gefällt mir unser Testkandidat damit an den Toms wirkich gut. Bei den verwendeten Trommeln handelt es sich um Birken-Toms der Pearl Masters MBX Serie, ausgestattet mit klaren Resonanzfellen und einem einlagigen, beschichteten Schlagfell beim 12er, sowie einer zweilagigen, ebenfalls beschichteten, Version beim 14er Floortom. Hier könnt ihr euch anhören, wie es in der Anwendung klingt, ich habe euch als Referenz auch das alte N/Dym 468 aufgenommen.

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EV ND46, 12er Tom, im Kit EV ND46, 12er Tom, solo EV 468, 12er Tom, im Kit EV 468, 12er Tom, solo EV ND46, 16er Tom, im Kit EV ND46, 16er Tom, solo EV 468, 16er Tom, im Kit EV 468, 16er Tom, solo

Auch vor dem Gitarren-Amp macht der Testkandidat eine gute Figur

Da das ND46 von Electro-Voice nicht nur als Schlagzeugmikrofon ausgewiesen wird, habe ich es auch am Gitarren-Amp getestet. Als Vergleichsmikrofon fungiert der Gitarren-Amp Klassiker Shure SM57. (Michael Krummheuer hat die Files eingespielt, seine Gitarre ist eine Patrick Eggle Berlin Plus, welche an einen Buddha Amps Superdrive 80 2×12 angeschlossen ist. Die Mikrofone zeigen auf denselben Punkt zwischen Kalotte und Konus des rechten Speakers, der Abstand zur Abdeckung beträgt etwa fünf Zentimeter. Als Preamp fungiert ein australischer Sebatron VMP4000e in Röhrentechnik, welcher sein Signal zur Wandlung in ein Motu 828 MK3 Hybrid Interface weiterreicht. Von dort geht es in Logic Pro X.) Bereits der cleane Singlecoil-Betrieb zeigt klar die Charakteristik des ND46. Es wirkt offen, räumlich und natürlich, ohne dem Sound eine besondere Färbung zu verleihen. Dagegen wirkt das SM57 belegt, es klingt nach der sprichwörtlichen Decke, die über dem Amp zu liegen scheint. Natürlich passt diese Charakteristik in vielen Situationen trotzdem, wer allerdings ein Mikrofon sucht, das den cleanen Gitarren-Sound so abbildet, wie er aus dem Speaker kommt, ist mit dem ND46 ganz sicherlich besser bedient. 

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EV ND46, Gitarrenamp, clean Shure SM57, Gitarrenamp, clean

Was für den Clean-Sound gilt, ist auch im Crunch-Modus deutlich zu hören. Den Mitten des ND46 fehlt bei gleicher Positionierung der berühmte „Oomph“ des SM57, dafür geht es insgesamt drahtiger zu. Dazu muss man natürlich anmerken, dass das Experimentieren mit Mikro-Positionen bei Gitarrenlautsprechern oft enorme Veränderungen bringt. So lässt sich das ND46-Ergebnis durch näheres Postitionieren zum Speaker und die Ausrichtung der Kapsel von der Kalotte weg deutlich „rockiger“ gestalten. Das ändert aber nichts an der Gesamt-Performance des ND46 und die wirkt realistischer und frischer als die des SM57. 

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EV ND46, Gitarrenamp, crunchy Shure SM57, Gitarrenamp, crunchy EV ND46, Gitarrenamp, distorted Shure SM57, Gitarrenamp, distorted

Auch den komplexen Frequenzmix einer stark verzerrten Gitarre bildet das ND46 naturgetreuer ab als der legendäre Kollege aus dem Hause Shure. Dessen Druck in den unteren Mitten verleiht dem Signal allerdings den Wumms, wegen dem man auf ein SM57 in dieser Anwendung normalerweise zurückgreift. Auch in Kombination mit einem brillianteren Mikrofon dürfte das SM57 hier für viele genau den richtigen Ton treffen. Wer es allerdings „kompletter“ und gleichzeitig räumlicher haben möchte, wird mit dem ND46 besser bedient sein. 

Das Mikro verrichtet auch vor dem Amp gute Arbeit.
Das Mikro verrichtet auch vor dem Amp gute Arbeit.
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