Die deutsche Bassszene – Workshop-Interview-Serie #1: Peter Muller

Bassist Peter Muller im Workshop-Interview! In dieser neuen Serie im bonedo-Bassbereich möchten wir die deutschsprachige Bassistenszene beleuchten. Nach und nach wird euch Lars Lehmann an dieser Stelle deshalb Tieftöner unterschiedlichster Facetten in ausgiebigen Interviews präsentieren – Freelancer, Sidemen, Solokünstler, Individualisten etc.

Bassist Peter Muller im Interview
Der Bassist, Komponist und Produzent Peter Muller im ausführlichen Interview

Dabei wird es explizit nicht nur um Equipmentfragen gehen, die man in jedem Interview zu lesen bekommt. Sondern vor allem um Fragen wie: Kann man heutzutage überhaupt als Bassist überleben? Und wenn ja: wie? Wie haben die einzelnen Interviewpartner ihre Nische im “Haifischbecken Musikszene” gefunden? Und nicht zuletzt: Über welche Fähigkeiten sollte man unbedingt verfügen, wenn man hierzulande als Bassist seinen Lebensunterhalt verdienen möchte?

Außerdem präsentieren wir euch von jedem vorgestellten Tieftöner eigens erstellte Klangbeispiele, zum Teil mit kompletten Backing-Tracks und/oder isolierten Bass-Takes. Darüber hinaus gibt es Noten und Tabs, damit ihr persönlich nachvollziehen könnt, was den speziellen Stil und Basssound des Interviewten ausmacht.

Im ersten Teil der Interviewreihe trifft Lars Lehmann auf den Bassisten Peter Muller. Muller (eigentlich: Müller) kam als Jugendlicher über die Konzertgitarre zum E-Bass. Schnell entdeckte er seine Liebe für das Instrument – und für die funky Spielweise von Bassisten wie Marcus Miller, Stanley Clarke oder Mark King.

Nach Jahren als Freelancer in diversen Cover- und Galabands wurde Muller klar, dass er der Welt auch als Solokünstler etwas mitzuteilen hat – zum Glück! Lars Lehmann unterhielt sich mit dem sympathischen Bremer, der mit “No Mind” soeben sein drittes Album herausgebracht hat.

Bassist Peter Muller

Hallo Peter! Du hast mit acht Jahren angefangen, Konzertgitarre zu spielen. Mit 13 hast du deine Gitarre allerdings zum Slappen und Spielen von Basslinien missbraucht, die du bei Mark King, Marcus Miller und Stanley Clarke gehört hast. Klingt so, als wäre da der Bassist in dir erwacht – wie kam das?

Peter Muller: Hi Lars! Ich war ja schon vorbelastet durch meinen Vater, der ganz gut Kontrabass spielt und als Amateur in Jazzbands aktiv war. Ich wollte zwar zunächst mit der Gitarre ein anderes Instrument lernen, aber die tiefen Töne waren in unserem Haus offenbar prägend. So zog es mich dann doch zum Bass. Der Kontrabass war mir allerdings immer zu sperrig und die Gitarre technisch näher, sodass der E-Bass das ideale Instrument für mich sein sollte. Level 42 war die erste Band, in der mich der Bass total begeisterte, sodass ich wie ein Wilder versuchte auf der Konzertgitarre zu slappen und Mark King zu imitieren. Da sind übrigens recht häufig die Saiten gerissen, was nicht verwunderlich ist. (lacht) Auch ging ich einmal in einen Plattenladen und fragte nach speziellen Bass-Platten, woraufhin mir Scheiben von Stanley Clarke und Marcus Miller in die Hand gedrückt wurden. So wuchs mein Interesse allmählich.

Dein erster richtiger Bass war ein Höfner; ein Geschenk eines Freundes deiner Familie. Zum Slappen war der aber sicher eher ungeeignet, möchte ich meinen…

Peter Muller: Zunächst war es toll, endlich einen echten E-Bass zu besitzen! So konnte ich anfangen, mir das Spielen beizubringen. Ich habe allerdings schnell gemerkt, dass ich mit diesem Bass und der Peavey-Bassanlage – die Bestückung war 1×15 ohne Horn – meines Vaters, die ja eher für Kontrabass gedacht war, überhaupt keine Höhen generieren konnte und soundmäßig sehr stark hinter meinen Vorbildern zurück blieb. Ich hatte durch meine Familie auch Kontakt zu einigen professionellen Musikern und konnte auch auf dem einen oder anderen E-Bass spielen. Dann hatte ich mal irgendwo einen Squier Jazz Bass in der Hand und dachte: “Aha! So kann es also klingen!”

Darum kam dann einige Zeit später der erste Fender Jazz Bass. Tatsächlich spielst du ja auch heute noch meistens einen Jazz Bass.

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Klangvergleich: Jazz Bass vs. Precision Bass

Peter Muller: Richtig, dank meiner Eltern gab es, als ich 14 war, einen gebrauchten Fender Jazz Bass von 1978. Das muss Anfang 1984 gewesen sein, der Bass war also damals erst sechs Jahre alt. Das klingt aus heutiger Sicht wie aus einer ganz anderen Zeit, heute sind diese Bässe längst Vintage-Liebhaberstücke. Jedenfalls ist dieser Bass heute immer noch mein Hauptinstrument, wurde zwischenzeitlich ein paar Mal überholt, neu lackiert etc. Aber ich habe diesem Bass meinen Sound quasi eingehämmert, der Punch und das Sustain überzeugen mich jedes Mal, wenn ich ihn in die Hand nehme. Die EMG-Pickups, nach denen ich häufig gefragt werde, waren in dem Bass übrigens schon drin, als ich ihn bekommen habe. Der Vorbesitzer hatte sie eingebaut. Zwischenzeitlich musste ich die Pickups allerdings auch schon mal austauschen, bin aber bei EMG geblieben. Der Sound, den die Teile bringen, passt einfach super zu diesem Bass!

Bassist Peter Muller

Aber besitzt du denn auch andere Bässe?

Peter Muller: Ich hatte schon einige andere Bässe neben dem Fender. Die haben es allerdings nie lange bei mir ausgehalten, weil sie viel in der Ecke standen und wenig Aufmerksamkeit bekamen. Ich bin immer wieder zu meinem 78er-Jazz Bass zurückgekommen – der Sound hat es mir einfach angetan! Selbst beim Fretless bin ich nach Hause zurückgekehrt und habe meinen fünfsaitigen Modulus letztes Jahr verkauft. Nun habe ich einen ganz normalen Fender Standard Fretless Jazz Bass, den man auch auf der neuen Scheibe hören kann. Mein zweitliebster Bass ist momentan ein mexikanischer 70’s Classic Jazz Bass von Fender, der keine 1000,- Euro kostet. Keine Ahnung, wie die das hingekriegt haben, aber der klingt so verblüffend nah am Original aus den 70ern, dass ich den sofort haben musste. Selbst so mancher Jazz Bass-Klon, der ein Vielfaches kostet, kommt da soundmäßig nicht ran, auch wenn da sicher hochwertigere Teile verbaut werden. Auf jeden Fall ein Bass, bei dem man nicht ständig aufpassen muss, dass er Schaden nimmt oder geklaut wird, weil man ihn ja notfalls mal eben nachkaufen kann. Bei den Jazz Bass-Klonen sprechen mich übrigens die Modelle von Andre van der End sehr an, vielleicht gönne ich mir da irgendwann mal einen.

Abgesehen von der historisch gewachsenen Zuneigung: Was ist es genau, das dir beim Jazz Bass so gefällt?

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Jazz Bass: Ein Bass für alle Sounds?

In dem Bereich, in dem ich mich musikalisch bewege, ist der Jazz Bass sicherlich ein stilprägendes Element: der Sound ist sehr vertraut, ein bisschen wie ein alter Bekannter. Aber auch die Vielseitigkeit ist herausragend, man kann einfach unheimlich viele verschiedene Sounds aus diesen Instrumenten herausholen und alle Genres und Stilistiken bedienen. Ich finde diese Eigenschaften nicht bei vielen anderen Bässen. Vieles ist – obwohl toll verarbeitet, qualitativ hochwertig usw. – vom Sound her für meine Ohren eher charakterlos. Man soll ja nie nie sagen, aber ich kann mir momentan nicht vorstellen, dass ein anderes Modell mein Hauptinstrument wird. Es gibt aber durchaus ein paar andere Bässe, die mir auch Spaß machen. Mit einem Music Man Stingray oder Sabre z.B. würde ich beispielsweise jederzeit eine heimliche Affäre eingehen! (lacht)

Vor deinem Schaffen als Solist hast du dich als professioneller Bassist auf dem Cover- und Galasektor hervorgetan. Irgendwann aber, so scheint es, hast du dich aus dieser Szene komplett verabschiedet. Wie kam das?

Peter Muller: Gala- und Top-40-Gigs waren als junger Musiker in den 90er-Jahren eine tolle Sache: Es gab verhältnismäßig viele Jobs und die Gagen waren im Verhältnis zu den Lebenshaltungskosten sehr gut. Ich hatte auch das Glück, in einigen musikalisch erstklassigen Bands zu spielen, wo ich wirklich auch etwas lernen konnte. Zum Beispiel war ich am Anfang ein fauler Hund, was das Notenlesen anging. Durch Künstlerbegleitungen und einige anspruchsvolle Bandleader wurde mir das aber erfolgreich ausgetrieben. (lacht) Ich bin mir sicher, dass die Erfahrungen aus den vielen Jahren in unterschiedlichen musikalischen Situationen sehr nützlich waren. Als ich Ende der 90er-Jahre begann, meine kompositorischen Fähigkeiten zu entdecken, wurden die langen Galanächte und vollen Terminkalender zunehmend ein Problem für mich. Drei Gigs am Wochenende inklusive durchgemachter Nächte waren damals keine Seltenheit für mich! Ich hatte zwar das Bedürfnis kreativ zu sein, war aber oft von den Gigs so müde, dass ich den Bass unter der Woche kaum angefasst habe. Dennoch habe ich zunächst weitergemacht, um die Gagen in ein kleines Studio zu stecken, was ich dann 2001 endlich finanzieren konnte hatte. Dort entstand mein Debütalbum “M-Vibez”. Ich habe die Covergigs immer weiter reduziert und irgendwann dann den endgültigen Schlussstrich gezogen. Ich konnte nach den vielen Jahren der Unterhaltung der Leute mit Coversongs nichts mehr abgewinnen. Auch die Rahmenbedingungen in dieser Szene haben sich ja mittlerweile sehr verändert: der Kuchen wird immer kleiner und die Gagen stagnieren bzw. fallen sogar. Teilweise 250,- Euro für eine ganze Nacht irgendwo mit weiter Anfahrt und dann drei oder vier Gigs im Monat – wie soll das funktionieren? Wir haben eine tolle Zeit gehabt damals, aber das ist nun ein abgeschlossenes Kapitel!

Genau diese Erfahrungen habe ich auch gemacht: die Coverszene ist zwar nicht tot, aber lange nicht mehr das, was sie mal war! Aber bedeutete denn dieser Cut damals nicht massive finanzielle Einbußen für dich? Wie hast du das gestemmt?

Natürlich fehlte das Geld hin und wieder, aber da ich schrittweise reduziert habe, konnte ich mit anderen Dingen beginnen. Ich fing zum Beispiel an zu unterrichten, um über die Runden zu kommen. Und durch meine Studioarbeit haben sich auch immer mehr Kontakte ergeben. Ich habe angefangen, auch andere Leute im Studio aufzunehmen, oder Mix- und Mastering-Jobs für Kunden zu machen, denen der Sound meiner ersten CD gefiel. Als ich einmal auf der Messe war, lief “M-Vibez” gleich bei zwei PA-Firmen als Referenz-CD – da war ich spätestens froh, dass ich in mir noch nach anderen Talenten gesucht hatte! Soll heißen: wenn du konsequent bist und etwas beendest, was dir nichts mehr bringt, außer dich über Wasser zu halten, bist du gezwungen, dich zu bewegen und entdeckst völlig neue Möglichkeiten und Fähigkeiten. Ohne den Ausstieg als “Funktionsmusiker” hätte es “Muller” als Künstler, Produzent, Audio Engineer wohl nie gegeben!

Peter Muller

Weise Worte! Es gehört zwar eine Menge Mut zu einem solchen Schritt, doch der kann sich durchaus lohnen! “M-Vibez”, dein erstes Soloalbum aus dem Jahr 2003, schlägt ja stilistisch so dermaßen in die Miller-Kerbe, dass dir damals einige vorwarfen, ein Miller-Abziehbild zu sein. Wie fühlte sich das für dich an?

Peter Muller: Ich war damals noch ziemlich unerfahren als Solokünstler und hatte noch nicht begriffen, dass jeder, der sich exponiert, auch mit Kritik schlicht und einfach leben muss. Von daher hat mich das am Anfang manchmal schon sehr geärgert, wenn die Kritik zu harsch war. Die Zielsetzung war ja, eine Scheibe zu machen, die sich dem Marcus-Miller-Style widmet, aber eben ohne nachzuspielen und in komplett eigenständigen Kompositionen. Aber man hatte vorher von mir als Solokünstler noch nie gehört – von daher kann ich es aus heutiger Sicht schon nachvollziehen, dass einige mich in diese Schublade stecken wollten. Obwohl auf dem Album spielerisch wie kompositorisch ja rein gar nichts geklaut ist! Viele Leute haben damals sehr wohl verstanden, worum es ging, übrigens auch Marcus Miller himself, der nicht etwa mit Plagiatsvorwürfen, sondern mit großer Begeisterung reagierte. Er wollte mich in Hamburg backstage treffen. Ich kam auf seine Gästeliste und seine Tourmanagerin rief mich nach dem Konzert auf dem Handy an mit den Worten: “Marcus wants to see you now”.

Wie spannend!

Peter Muller: Ja, sehr! Ich erinnere mich noch genau an die Begegnung! Marcus sagte: “I dig that tune with the sick indian samples in it!” Er meinte damit den Titel “Eastbound”. “I think I will cover this tune one day!”. Ich dachte “Ja klar, er will eben freundlich sein!” Aber tatsächlich: 2007 eröffnete er sein Album “Free” mit dem Titel “Blast”, der zwar “Eastbound” nicht coverte, aber viele Elemente übernahm. Sogar die Tonart D-Moll ist die gleiche mit der auf D heruntergestimmten E-Saite. Er hat sich sogar im Booklet bedankt mit den Worten: “Thanks Peter Muller for the inspiration”.

Was für eine coole Geschichte, darauf kann man zu Recht stolz sein!

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Peter Muller: Ja, das war für mich das Größte, dass die Inspiration einmal auch in die andere Richtung laufen kann! Für mich ist das außerdem ein Beweis dafür, dass vieles von mir selbst in meinem Debütalbum steckte. Du siehst: die schönen Dinge, die im Zusammenhang mit “M-Vibez” passierten, haben wirklich überwogen. Das ließ mich die negativen Stimmen, die du angesprochen hast, schnell vergessen. Rückblickend kann ich immer noch voll hinter diesem Album stehen, obwohl ich heute – immerhin zwölf Jahre danach – natürlich an einem ganz anderen Punkt bin. Es war mir damals aber wichtig, genau das zu machen. Es war der Startpunkt einer Reise zu mir selbst als Bassist, Komponist und Produzent!

Zumal “M-Vibez” ja sehr erfolgreich war und es sogar bis auf Platz 18 der deutschen Jazzcharts schaffte.

Peter Muller: Ja, das war für ein Album in diesem Genre schon ein gewisser Erfolg! Vor allem, wenn man bedenkt, dass ich damals null Ahnung von Promotion und Marketing hatte und fast alles selbst gemacht habe. Zu der damaligen Zeit gab es noch eher diesen “Snowball-Effekt” im Internet, wo sich Dinge ab einem bestimmten Punkt selbst verbreiteten. Das ist heutzutage viel schwerer geworden, weil die Leute permanent mit neuen Sachen überhäuft werden und ziemlich gesättigt sind. Es gab jedenfalls viele positive Reviews, ich musste regelmäßig CDs in die USA schicken, weil die Scheibe bei CD Baby ganz gut lief. Und auch aus ganz Europa gab es eine ziemliche Nachfrage. Schließlich hatte ich den Vertriebsleiter eines großen deutschen Labels am Telefon, der die Veröffentlichung in den Vertrieb nehmen wollte, weil er die Scheibe irgendwo gehört hatte. Danach ging sie dann in die Jazzcharts und stand sogar in Plattenläden, die es damals noch gab. (lacht) Ausschließlich davon leben konnte man damals wie heute zwar nicht, es ist doch letztendlich eine absolute Nische, die ich bediene. Aber selbst jetzt, zwölf Jahre später, gibt es immer noch Leute, die “M-Vibez” für sich entdecken.

Peter Muller

Mit dem Album im Gepäck hast du dann unter anderem auf Musikmessen gespielt und wurdest “ganz nebenbei” zum ersten deutschen Endorser von EBS-Equipment aus Schweden. Erzähl mal!

Peter Muller: Die Scheibe wurde damals gleich von Jan-Olaf Strandberg, einem bekannten finnischen Bassisten, mit dem ich befreundet bin, entdeckt. Er hat sie Bo Engberg und Mats Kristoffersson vorgespielt, den beiden Chefs von EBS. Eines Tages hatte ich einen Anruf von Bo auf der Mailbox: ich solle mich doch mal melden! Das habe ich getan, und irgendwie stimmte die Chemie sofort. Ich wurde dann Endorser, habe diverse Male für EBS in Frankfurt gespielt und wurde auch nach Stockholm eingeladen. Da sie damals noch den direkten Vertrieb von Schweden aus steuerten, waren sie sehr interessiert an meiner Meinung zu den EBS-Produkten und dem deutschen Markt. Ich war sozusagen der Pionier der Endorser in Deutschland. Seitdem “Box of Trix” die Marke hierzulande vertreibt, wurden dann auch immer mehr deutsche Bassisten zu EBS-Endorsern.

2006 hast du zu Aguilar gewechselt, bist aber heute wieder bei EBS gelandet. Wie kam es dazu?

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Peter Muller: Nachdem 2005/2006 der erste Hype vorbei war, begann ich, über Neues nachzudenken. Ich wollte eine Veränderung im Sound und fing an, mich mehr für einen röhrenmäßigeren Klang zu interessieren. Ich habe dann ein DB750-Topteil von Aguilar in die Finger bekommen und war total begeistert. Dave Boonshoft und Dave Avenius von Aguilar fanden meine Arbeit interessant und boten mir ein Endorsement an. Bei einigen Stücken auf meinem zweiten Album “The Flow” kann man den 750er hören – wirklich ein bemerkenswerter Amp! Aber er macht eben auch einen eigenen Sound, bringt seinen Charakter sehr stark ein. Ich habe dann in den folgenden Jahren immer mehr im Studio gearbeitet, wo ich mich meist direkt aufnahm. Da wurde es dann wieder wichtiger, dass der Bass live über einen Amp möglichst so klingt wie im Studio. Das ist mit vielen Amps und Boxen auf dem Markt aber nicht realisierbar. Man muss die EQs zum Teil verbiegen und ist immer noch nicht da, wo man hin will. Das EBS-Equipment dagegen kommt dem natürlichen Sound sehr nah und ist somit ideal für mich. Mit wenigen Handgriffen hat man den Sound, so wie man ihn von seinem Instrument auch aus dem Studio kennt. 2014 auf der Messe fiel im Prinzip schon die Entscheidung, zukünftig wieder zusammenzuarbeiten. Der Kontakt zu EBS war sowieso nie ganz abgerissen. Ende 2014, zur Veröffentlichung von “No Mind” und nachdem ich auch mit Sibi Siebert von “Box of Trix” gesprochen hatte, bin ich dann offiziell wieder als Endorser eingestiegen.

Peter Muller

2008 erschien mit “The Flow” dein zweites Soloalbum, das mit noch mehr Eigenständigkeit daherkam. Die Dinge entwickelten sich doch super, wieso hast du dich 2009 überraschenderweise als Solokünstler zurückgezogen? Du hast dann ja zunächst fast nur noch unterrichtet und produziert. War da Frustration im Spiel?

Peter Muller: Naja, ich wurde 40 – wahrscheinlich ein kritischer Moment für jeden! Und ich habe darüber nachgedacht, ob ich die zweite Hälfte meiner statistischen “Lebensarbeitszeit” mit der künstlerischen Tätigkeit verbringen will und wollte definitiv was Neues auszuprobieren. Durch das Unterrichten kam ich in Kontakt mit diversen Schulen, und eine private Rock- und Jazzschule bot mir einen Posten als Filialleiter an. In den drei Jahren habe ich viel gelernt, aber leider hat so eine Tätigkeit mehr mit Administration zu tun als wirklichen Einfluss auf das Unterrichtsgeschehen nehmen zu können. Die Möglichkeiten, eigene Konzepte umzusetzen, waren in diesem Fall wegen Franchisevorgaben ohnehin sehr begrenzt, und nach einer gewissen Zeit fehlte mir das kreative Element dann doch sehr. Es war aber eine wichtige Erfahrung und ich halte musikalische Erziehung für ein äußerst wichtiges Thema! Größere Verantwortung würde ich in diesem Bereich aber nur noch übernehmen, wenn ich auch wirklich die Freiheit hätte, etwas bewegen zu können.

Obwohl deine Musik nach wie vor im Bereich Funkjazz, Soul und Fusion angesiedelt ist, hast du dich auf deinem neuen Album “No Mind” trotz des Fender-Basses stilistisch deutlich von der Miller-beeinflussten Spielweise gelöst. Kannst du diesen Prozess beschreiben?

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Peter Muller: Nach “M-Vibez” habe ich überlegt, wie ich mich mit einem eigenständigeren Sound ebenso gut ausdrücken kann. Es ist natürlich nicht einfach, wenn man einen Jazz Bass spielt und im Funkjazz-Bereich unterwegs ist – der Sound weckt doch immer unwillkürlich gewisse Assoziationen. Ich bin dann dazu übergegangen, die Soundmöglichkeiten des Fenders über die Pickups und Finger noch viel mehr auszuloten und auch einige Phrasierungen aus meinem Spiel zu verbannen, die zu “vertraut” sind. Das ist mir auf “The Flow” schon teilweise gelungen, aber der entscheidende Schritt ist für mich mein neues Album “No Mind”. Dazu kommt noch, dass sich auch meine Kompositionen mittlerweile sehr von Millers Musik unterscheiden. Ich denke, “No Mind” ist mein ausgereiftestes Werk bisher, kompositorisch, klanglich und spielerisch. Ich bin in vielen Dingen erwachsen geworden und sehe meine Musik vielmehr als Ganzes. Der Bass spielt zwar eine wichtige Rolle, lässt aber den anderen Klangfarben – Instrumenten und diesmal sogar Vocals – mehr Raum. Der Druck als Neuling der Welt zu beweisen, dass man Bass spielen kann, ist beim dritten Album ohnehin komplett weg. Es war unwichtig, ob etwas hochkompliziert oder simpel ist, das Musikalische war in jedem Moment der Produktion das ausschlaggebende Kriterium. Ich habe versucht nie zu konstruieren, sondern die Ideen einfach kommen zu lassen, daher auch der Titel “No Mind”: Einfach mal das konzeptionelle Denken abschalten und schauen, was der innere Soundtrack einem so vorspielt. Herausgekommen ist ein Album, was eine relativ große musikalische Bandbreite hat, von Funk über Funkjazz bis hin zu Fusion, aber auch Soul und R&B. Des Weiteren zeichnet die Scheibe meiner Meinung nach aus, dass ich so tolle Musiker für sie gewinnen konnte. Neben bewährten Namen, die schon auf meinen ersten beiden Alben auftauchen, wie die Londoner Frank Mead (sax), Tim Cansfield (git), der Münsteraner Christian Kappe (trp), Tobias Neumann aus Berlin (keys) sowie Oliver Spanuth (Bremen) und Kristof Hinz (Hannover) an den Drums, gab es einige interessante neue Begegnungen. Zum Beispiel mit dem australischen Sänger Nick Gibbs, mit dem ich eine tolle Zeit im Studio hatte und der sich auch als Komponist eingebracht hat. Auch die Arbeit mit den Musikern aus der holländischen Szene, Drummer Sebastiaan Cornelissen und Keyboarder Coen Molenaar, die z.B. mit Randy Brecker, Gary Willis und Jan Akkerman spielen, war unglaublich inspirierend. Außerdem ist der Trompeter John-Dennis Renken aus Essen neu an Bord, den ich kennenlernte, als ich einmal seine Band Zodiak Trio live gemischt habe. Der spielt einfach umwerfend frisch und anders! Alle diese Musiker zeichnet eine tolle Energie aus – und die Tatsache, dass sie zu jeder Zeit Spaß haben an dem, was sie tun und nie in Routine oder Floskeln verfallen.

Peter Muller "No Mind"
Fotostrecke: 3 Bilder Das Cover von Peter Mullers Album “No Mind”

Auch ich persönlich finde “No Mind” wirklich mehr als gelungen! Neben den super Beiträgen der musikalischen Gäste ist es aber auch mal wieder die exzellente Produktion der tollen Kompositionen, die die Scheibe hervorstechen lässt. Hast du das wirklich alles selbst produziert? Wie hast du diese Fähigkeiten das entwickelt und wie gehst du beim Produzieren vor?

Peter Muller: Vielen Dank! Ja, ich habe Ende der 90er angefangen, mich mit dem Thema Musikproduktion und allem, was mit Homerecording, Mixing, Mastering zu tun hat, zu beschäftigen. Ich habe damals unheimlich viel Musik von den “Big Names” und Studios gehört und gedacht: “Mann, wie machen die das bloß?” Ich hatte immer geglaubt, es muss eine Art Geheimrezept geben, wie man die Qualität einer Produktion steigern kann, dass man das alles lernen und studieren kann. Dem ist aber nicht so, Tontechniker und Produzenten haben keinen Masterplan, den sie aus der Tasche holen und dann wird alles gut. Es sind höchst kreative Leute, die den entscheidenden Einfluss auf das Endprodukt haben und dafür genau so spontan und intuitiv vorgehen müssen wie die Künstler selbst, um diese gut klingen zu lassen. Selbstverständlich muss man die technischen Basics kennen und – ähnlich wie beim Instrument – ein Vokabular haben, aus dem man schöpfen kann. Aber alles andere sind “nur” Ohren und Geschmack. Ich mache das ja nun seit fast 15 Jahren, auch für andere Kunden, und somit habe ich “No Mind” auch wieder komplett selbst produziert und gemischt. Es gibt eigentlich nur eine Grundregel, die ich immer beherzige: wenn Worte wie “reicht” und “geht schon” im Studio fallen, muss man das immer hinterfragen. Habe ich wirklich gerade das Bestmögliche aufgenommen? Kleine Fehler und uninspirierte Momente summieren sich immer im Gesamtbild und ziehen die Produktionsgüte nach unten. Zeitdruck ist da der größte Killer! Man muss den Dingen immer genug Raum geben um zu wachsen.

Mit welchem System arbeitest du denn und wie nimmst du den Bass im Studio auf?

Peter Muller: Ich arbeite seit vielen Jahren mit Cubase und bin damit sehr zufrieden. Früher gab es ja noch größere Unterschiede zwischen den Plattformen, aber heutzutage ist die Situation glücklicherweise so, dass man mit allen Produkten zum Ziel gelangen kann, denn letztlich sind es alles nur Tools. Hat man sich einmal an ein Programm gewöhnt dann bleibt man dabei, weil die Handgriffe sitzen. Ich nehme den Bass fast immer direkt auf, also den reinen Sound des Instrumentes und der Finger. Ich gehe dazu momentan meist in einen RME Octamic. Danach etwas EQ, Kompression und Effekte – wenn gewünscht. Ich benutze RME auch als Digitalwandler, das klingt sehr neutral und die Treiber sind legendär stabil. Verlorene Zeit aufgrund von Computerproblemen ist somit zum Glück Vergangenheit. Ich erinnere mich aber noch sehr gut an die Anfänge… (lacht)

Peter Muller im Studio
Fotostrecke: 3 Bilder Gearbeitet wird überall: Recordings in Berlin bei Tobias Neumann (Anett Louisan, Stefan Gwildis)…

Und wie entwickelst du neue Ideen und gehst an neue Kompositionen heran? Entstehen die auf dem Bass, oder zum Beispiel auch mal mit ein paar Akkorden auf einem Fender Rhodes?

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Peter Muller: Da gibt es kein “Schema F” für mich, alles startet im Kopf. Wenn man gerade nicht viel denkt, kommen am ehesten Ideen angeflogen, z.B. beim Autofahren, Duschen, im Zug, morgens im Bett nach dem Aufwachen etc. Das kann eine Melodie sein, ein Groove, eine Bassline. Wichtig ist dann, dass man es schnell festhält, auch wenn es nur eine Skizze ist, sonst ist es oft wieder weg! Dann kann man sich in Ruhe dransetzen, wenn man Zeit hat und es ausarbeiten. Wenn mir nichts mehr einfällt, höre ich immer sofort auf, anstatt es erzwingen zu wollen. So liegt ein Stück schon mal Wochen oder Monate auf der Festplatte, bis mir z.B. ein C-Teil einfällt, der wirklich Sinn macht. Manchmal werden Ideen auch gar nicht fertig, dann waren sie aber auch nicht gut genug. Aber wenn eine Idee ausgereift ist, mache ich eine Vorproduktion, bei der ich alles selbst einspiele. Dann kriegen das die Musiker, die es später spielen sollen, verbessern die Parts mit ihrer Virtuosität und hauchen dem ganzen Leben ein.

Lass uns mal über deine Spieltechnik sprechen, Peter! Wenn du dein Spiel mit wenigen Worten beschreiben solltest – was würdest du sagen?

Peter Muller: Ich würde sagen, ich spiele sehr rhythmusorientiert und suche gerne nach einprägsamen Hooklines, die sich wiederholen, aber auch nach ungewöhnlichen Phrasierungen. Meine rechte Hand ist dabei eher effizient, während ich mit der linken sehr aktiv bin: da gibt es perkussive Deadnotes, Hammer-On’s, Pull-Off’s usw. Beim Solospiel versuche ich eine reine Technikshow zu vermeiden und musikalisch zu bleiben.

Du hast unseren Lesern ja auch einige Paradebeispiele deines Spiels in Tabs und Noten und als Audio-Klangbeispiele mitgebracht. Erzähl mal, was du uns präsentieren möchtest.

Peter Muller: Ja, ich habe Noten/Tabs von drei Titeln mitgebracht und – exklusiv für Bonedo – Soundbeispiele dazu, auch in einer Version ohne Bass als Playalong.

Peter Muller: “Berlin Street Funk”

Als erstes schauen wir uns “Berlin Street Funk” an, den Opener meines neuen Albums “No Mind”. Das Ziel war es, einen instrumentalen funkig bis jazzrockigen Titel im 70er-Sound und Flavour zu machen und in das Jahr 2014/15 zu katapultieren. Mit von der Partie waren u.a. der Saxofonist Frank Mead (Bill Wyman, Paul McCartney, B.B. King etc.) und der Gitarrist Tim Cansfield (Bee Gees, Elton John, Tina Turner etc.). Neben vielen Vintage-Instrumenten wie Clavinet, Rhodes und Talkbox kommt hier mein 1978er Jazz Bass zum Einsatz. Für das Thema und alle geslappten Teile (Part A und C) wird nur der vordere Pickup benutzt, was typisch nach den späten 60er- bis 70er-Jahren klingt. Im B-Teil wird nur der hintere Pickup benutzt und im Fingerstyle gespielt. Diese Linie wird von einem Vocoder gedoppelt, was zur Orientierung im Playalong sehr hilfreich ist. Der Einfachheit und Übersicht halber werden die drei wesentlichen Parts des Stücks separat in Noten/Tabs und MP3s (Original und Playalong) zur Verfügung gestellt. Der Buchstabe “T” bedeutet hierbei “Thump”, also das Anschlagen der Saite mit dem Daumen. “P” steht für “pluck”, also das Ziehen an der Saite. Es gibt sehr viele Hammer-Ons, wenn der Bindebogen zu einem Ton auf einer anderen Saite führt, wird diese nur durch Drücken mit der linken Hand erzeugt. Um gut einsteigen zu können, gibt es im Playalong immer einen Takt Vorlauf.

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Berlin Street Funk – Part A Berlin Street Funk – Part A ohne Bass
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Berlin Street Funk – Part B Berlin Street Funk – Part B ohne Bass
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Berlin Street Funk – Part C Berlin Street Funk – Part C ohne Bass

Peter Muller: “Something ‘Bout Your Love”

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Der zweite Titel ist “Something ‘Bout Your Love”, einer der Gesangstitel auf “No Mind”. Gefeatured wird hier der australische Singer-Songwriter Nick Gibbs, mit dem zusammen ich diesen Titel komponiert habe. Mit an Bord sind neben Nick Gibbs und den Londoner Funk-Urgesteinen Frank Mead (saxes) und Tim Cansfield (guitars), der Hannoveraner Schlagzeuger Kristof Hinz sowie der Keyboarder Tobias Neumann aus Berlin. Herausgekommen ist eine funkige Soulnummer mit ultratighter Band und Staccato-Bass. Das Stück wird auf dem Fender Jazz Bass im Fingerstyle à la Rocco Prestia und Jaco weit hinten und hart (“cut the string”) angeschlagen, damit möglichst viel Attack ensteht. Hierbei wird nur der hintere Pickup benutzt. Auch hier werden der Einfachheit und Übersicht halber die drei wesentlichen Parts des Stücks separat in Noten/Tabs und MP3s (Original und Playalong) zur Verfügung gestellt. Außerdem gibt es die Bassfiguren der einzelnen Parts noch einmal als “Isolated Tracks”.

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Something ‘Bout Your Love – Part A Something ‘Bout Your Love – Part A isolated Something ‘Bout Your Love – Part A ohne Bass
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Something ‘Bout Your Love – Part B Something ‘Bout Your Love – Part B isolated Something ‘Bout Your Love – Part B ohne Bass
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Something ‘Bout Your Love – Part C Something ‘Bout Your Love – Part C isolated Something ‘Bout Your Love – Part C ohne Bass

Peter Muller: “Stagger”

Als drittes schließlich die Haupt-Basslinie von “Stagger”. Hier werden die holländischen Fusionjazz-Musiker Sebastiaan Cornelissen (dr) und Coen Molenaar (keys) sowie der Essener Trompeter John-Dennis Renken gefeatured. Außerdem dabei ist Tim Cansfield an der Gitarre. Ich spiele das Stück auf dem Fender Jazz Bass nur mit dem vorderen Pickup und benutze etwas Phaser als Effekt.

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Stagger – Main Bassline Stagger – Main Bassline – ohne Bass

Bei allen Titeln spielt der Bass wichtige Hooklines, die dann auch von anderen Instrumenten gedoppelt werden. Das ist eigentlich sehr typisch für meine Kompositionen. “Berlin Street Funk” und “Stagger” zeigen die Arbeit meiner linken Hand, mit viel Hammer-On’s, Pull-Offs, das bringt mehr Flow in die Basslinien, als wenn man jeden Ton anschlägt, das mache ich eigentlich schon immer so. Bei “Something ‘Bout Your Love” geht es um präzisen, schnellen Fingerstyle. Den Wechselschlag habe ich im Konzertgitarrenunterricht als Kind schon gelernt. Ich war früher nie ein großer Pastorius-Verehrer, was sich aber in den letzten Jahren geändert hat und meinen Fokus auf dynamischen Fingerstyle vergrößert hat. Insofern gehört das letztere zu den jüngeren Entwicklungen meines Spiels.

Du unterrichtest ja auch. Was sind für dich die Kernfähigkeiten, über die ein Bassist verfügen sollte?

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Peter Muller: Oft wird auf Technik, Skalen, Harmonieverständnis den meisten Wert gelegt. Das ist schön und gut, aber ein Bassist sollte unbedingt auch rhythmisch sattelfest sein. Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig rhythmisches Verständnis und Feel auch bereits fortgeschrittene Bassisten manchmal haben! Mir ist es immer lieber, du kannst auf zwei Tönen grooven, als das Blaue vom Himmel zu spielen und dabei eckig zu klingen. Aber es ist schon so, dass die jungen Ohren die Action wollen, da ist man als Lehrer gefragt aufzupassen, wie weit das alles noch einloggt zum Beat. Auch die talentierten Schüler muss man manchmal wieder auf den Boden zurückholen! Ein guter Bassist sollte also unbedingt ein gutes Timing haben und geschmackvoll vorgehen, sich den Stärken seines Instruments bewusst sein. Und wissen, dass auch Pausen Groove erzeugen! Bassisten, die nur in atemberaubender Geschwindigkeit den Gitarristen kopieren wollen, sind vielleicht besonders virtuos, aber sie vernachlässigen das wahre Potenzial des “bässten” Instrumentes! Nutze die Range, die nur DU in der Band hast: Keep it low! Und wenn das Solo kommt, geh natürlich auch mal nach oben, sei so virtuos wie du kannst – aber lass alle zappeln bis zum Höhepunkt, beweg erst ihre Hintern mit deinem Low-End! (lacht)

Würdest du ein Musikstudium empfehlen, wenn man heutzutage als Musiker leben möchte?

Peter Muller: Das kommt extrem darauf an, was man damit erreichen will. Wenn es materielle Sicherheit sein soll, dann würde ich davon abraten, weil die Beschäftigungssituation immer schlechter wird. Studierte Musiker hangeln sich oft von einem Honorarjob zum anderen. In den Schulen sieht es auch nicht besser aus: Fest angestellt und abgesichert wird kaum noch einer. Wenn einem Geld eher egal ist und Musik genau das ist, was einen interessiert: “go for it”! Man muss sich aber darüber im Klaren sein, dass sehr viel Flexibilität gefragt ist um überleben zu können. Es kommen immer mal “Saure-Gurken-Zeiten”, darauf muss man sich einstellen. Wer einen festen Tagesablauf und Vorhersehbarkeit braucht, wird es schwer haben. Fazit: man muss es wirklich wollen!

Peter Muller

Ein gutes Thema: Wie gut kann man denn aus deiner Erfahrung in der heutigen Zeit als Musiker in Deutschland überleben? Wie sind da deine eigenen Erfahrungen?

Peter Muller: Es wird nicht leichter! Die Gagen für Auftritte stagnieren seit 20 Jahren und haben sich somit gefühlt halbiert. Die Honorare in vielen Schulen sind unterirdisch und es wird oft nicht mehr nach Kompetenz, sondern nach dem Preis eingestellt, nicht zuletzt auch, weil die Unterrichtsgebühren viel zu niedrig sind und man Angst hat, nicht genug Kunden zu bekommen angesichts der Konkurrenz. Somit sind die Schulen voll von unterrichtenden Studenten als Lehrpersonal, weil diese meist billiger zu haben sind. Streamingdienste wie Spotify und Co. suggerieren, dass Musik umsonst sein muss. Das reduziert die Einnahmen eigener Veröffentlichungen, weil CDs und reguläre Downloads immer unattraktiver werden. Networking und Zuverlässigkeit sind das A und O, um regelmäßig Jobs zu bekommen. Das Überleben gelingt nur, wenn man an mehreren Fronten aktiv ist. Nur ein Instrument zu spielen wird für die Meisten nicht ausreichen. Bei mir sind es auch unterschiedliche Sachen, von der künstlerischen Seite über das Unterrichten bis zur Musikproduktion, die mittlerweile einen immer größeren Stellenwert einnimmt. Aber wer ausschließlich als Instrumentalist überleben will, muss sehr wahrscheinlich auch ungeliebte “Funktionsmucken” machen.

Welche deutschen Bassisten sollte man sich deiner Meinung nach mal anhören? Gibt es Kollegen, die du besonders schätzt?

Peter Muller: Klar, dich zum Beispiel! Es ist unglaublich, wo du überall mitmischst, Hut ab! Es gibt noch einige Kollegen, die ich sehr schätze, aus dem hohen Norden zum Beispiel Achim Rafain und Arnd Geise. Aber man kann hier sicher nicht alle Namen nennen, die es verdient hätten. Man verzeihe es mir!

Oh, vielen Dank für das nette Lob! Wenn du mal die hiesige Bassszene mit der internationalen, vor allem aber der amerikanischen vergleichst: Können oder sollten wir hierzulande etwas von den Jungs da drüben lernen? Oder die von uns?

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Crashkurs – Die Tricks der Studiobassisten

Peter Muller: Ich komme da auf den Punkt zurück, den ich vorhin schon angesprochen habe: Rhythmus und Groove! Wenn es hierzulande etwas gibt was fehlt, ist es oftmals die Fähigkeit, wirklich badass-mäßig zu grooven. Das hat sicher auch mit dem kulturellen Background zu tun, also auch damit, wo jemand aufgewachsen ist. Castrop-Rauxel ist eben nicht Minneapolis! (lacht) Aber es ist nicht unmöglich, wie ich gerade wieder bei einem Konzert von D’Angelo live gesehen habe. Pino Palladino, bekanntlich ja ein Waliser mit italienischen Wurzeln, spielt also beim “amerikanischsten Groove Act” des Universums und prägt dessen Sound sogar entscheidend mit. Es war beeindruckend! Wir täten gut daran, nicht so verkopft zu sein, alles erklären und analysieren zu wollen und dafür mehr Feeling in das Spiel zu legen. Das Problem haben amerikanische Bassisten möglicherweise weniger, dafür beneiden sie uns aber dafür, dass hiesige Musiker in ihren Augen eine wesentlich bessere Situation haben als drüben und künstlerische Leistungen hier vom Publikum mehr respektiert werden. Wir allerdings finden das gar nicht, sondern jammern selber. Man sieht: das Gras ist wohl immer grüner auf der anderen Seite!

Was wird uns 2015 von dir erwarten, Peter?

Peter Muller: Ich werde versuchen, mein neues Album den Menschen näher zu bringen, es wird noch einiges an Footage im Netz geben. Ansonsten bin ich gerade damit beschäftigt für diverse Künstler Musik zu produzieren, von denen wir hoffentlich bald etwas hören werden. Zum Winter hin würde ich gerne anfangen, an einem neuen Album zu arbeiten. Aber dazu braucht es erst einmal gute Ideen, deswegen lege ich mich lieber noch nicht fest. (lacht)

Peter, herzlichen Dank für deine Zeit und alles Gute für dich!

Peter Muller: Hab sehr herzlichen Dank für das Interesse an meiner Arbeit, Lars! Und viel Erfolg bei deiner neuen Tätigkeit für bonedo!

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