Die Karriere von Louis Johnson kann man nur als einzigartig bezeichnen: Zum einen ist er ein wegweisender Bassist, der als einer der großen Pioniere der Slaptechnik zählt. Zum anderen ist er einer der profiliertesten Session Player aller Zeiten, der auf unzähligen Welthits und Alben vertreten ist – darunter z. B. Michael Jacksons „Thriller“. Ganz nebenbei hatte er aber auch mit seiner eigenen Band, The Brothers Johnson, mehrere Hits und verkaufte Millionen von Alben. Die meisten von uns würden sich glücklich schätzen, nur eines dieser drei Ziele zu erreichen. Wir werfen heute einen Blick auf das Leben und das musikalisches Schaffen von Louis Johnson, das sicherlich um noch einige Kapitel reicher wäre, wäre Louis nicht bereits mit gerade einmal 60 Jahren viel zu früh aus dem Leben gerissen worden.

Louis Johnson – die Anfänge
Louis Johnson wurde am 13. April 1955 in Los Angeles geboren. Musik wurde ihm durch sein Elternhaus quasi in die Wiege gelegt – schon in jungen Jahren teilte er sich mit seinen älteren Brüdern Tommy und George eine Gitarre. Als Louis jedoch ein Konzert einer Mariachi-Band sah, bei dem ein Mitglied eine große Guitarron (eine Art großer Akustikbass) spielte, war es um ihn geschehen, und er wechselte zum Bass.
Als Teenager gründeten die Johnson-Brüder mit ihrem Cousin Alex die Band Johnson Three Plus One. Schon bald machten die vier jungen Musiker in der lokalen Szene von sich reden, spielten zahlreiche Konzerte und traten sogar als Vorband einiger bekannter Künstler auf. Da alle Mitglieder der Gruppe zu dieser Zeit noch minderjährig waren, mussten sie manchmal tief in die Trickkiste greifen, um zu ihren Auftritten zu kommen. Der Legende nach waren hiefür zum Beispiel mitunter aufgeklebte oder aufgemalte Schnurrbärte erforderlich.
Man schrieb das Jahr 1971, als Louis’ Bruder George Johnson von dem renommierten Soul-Keyboarder Billy Preston gefragt wurde, ob dieser in seiner Band den Posten des Gitarristen übernehmen wolle. George sagte zu, und bald darauf wurde zufällig auch die Stelle des Bassisten frei. Keine Frage, dass George seinen Bruder Louis empfahl, diese Stelle zu übernehmen..
In den folgenden zwei Jahren gingen die beiden mit Billy auf Tour und traten dabei als Vorband von Größen wie Chicago, Led Zeppelin, Pink Floyd und Grand Funk Railroad auf. Der harte Touralltag hielt die Brüder aber nicht davon ab, selbst kreativ zu werden: Während dieser Zeit schrieben George und Louis an die 250 eigene Songs!

Louis Johnson: Quincy Jones und The Brothers Johnson
Nach Tourneen mit Billy Preston und Bobby Womack wurde ein gewisser Quincy Jones auf die Johnson-Brüder aufmerksam und bat sie, auf seinem Album „Mellow Madness“ mitzuwirken. Da die Zusammenarbeit sehr erfolgreich war, gingen die Johnsons anschließend mit Jones in Japan auf Tour.
Der damals schon enorm erfolgreiche Produzent legte den beiden ans Herz, eine eigene Band an den Start zu bringen. Auf diese Weise entstanden The Brothers Johnson. Im März 1976 erschien das von Quincy Jones produzierte Debütalbum „Look Out for #1“, welches bis auf Platz 9 der Billboard Charts stieg.
Es folgten die Alben „Right On Time“ (1977) und „Blam“ (1978), welche ebenfalls ähnlich erfolgreich waren. Mit „Light Up the Night“ aus dem Jahre 1980 konnte der Erfolg noch einmal deutlich gesteigert werden: Platz 5 der amerikanischen Album Charts und Platz 1 der R&B Charts waren der Lohn für die harte Arbeit der Johnson-Brüder. Das Album enthält zudem mit dem legendären Song „Stomp“ den erfolgreichsten Hit der Band. Der Nachfolger „Winners“ aus dem Jahr 1981 konnte leider nicht mehr an vorangegangene Erfolge anknüpfen. 1982 kam es schließlich zur Trennung, da George und Louis sich überworfen hatten.
In der Zeit seines Bestehens hatte sich das Johnson-Duo einen hervorragenden Ruf als Live-Band erworben – die Konzerte waren ein energiegeladenes Spektakel! Vor allem Louis Johnsons sensationelles Bassspiel mit seiner unglaublichen Slaptechnik waren in aller Munde. Dies hatte den Spitznamen „Thunder Thumbs“ zur Folge, welcher ihn sein Leben lang begleitete.
Bis in die 2000er-Jahre hinein gab es immer mal wieder Reunions von The Brothers Johnson, die jedoch leider keine nennenswerte Erfolge mit sich brachten.

Louis Johnson: Michael Jackson
Gegen Ende der 1970er-Jahre war Louis zum „Haus und Hof“-Bassisten von Quincy Jones avanciert. Dieser wurde wiederum von Michael Jackson gebeten, sein neues Album „Of The Wall“ zu produzieren, mit dem sich Michael endgültig musikalisch von den Jackson 5 und geschäftlich vom Motown Label emanzipieren wollte. Louis Johnson drückte der Platte ganz klar seinen eigenen Stempel auf, man denke nur an den Slapklassiker „Get On The Floor“ oder andere Songs.
Mit Michael Jacksons Album „Thriller“ (1982) ging schließlich alles durch die Decke: Das Jahrhundertwerk brach sämtliche Rekorde und gilt bis heute als meistverkauftes Album aller Zeiten.
Songs wie „Billie Jean“, „Beat It“, „Thriller“, „Human Nature“ etc. werden ganz sicher noch viele Dekaden überdauern. Auch zu diesem Album trug Louis abermals einen immensen Anteil bei. Am bekanntesten ist sicherlich seine legendäre Bassline zu „Billie Jean“, die er sich mit Keyboarder Greg Phillinganes teilt.
Natürlich wollten Quincy Jones und Michael Jackson auch bei den Folgealben „Bad“ und „Dangerous“ nicht auf das goldene Groove-Händchen von Louis Johnson verzichten. Seine Arbeit mit diesen beiden Ausnahmekünstlern machte Louis zu einem der gefragtesten Session-Bassisten seiner Zeit.

Louis Johnson: Weitere Projekte
Das Gesamtwerk von Louis Johnson aufzuzählen, würde hier fraglos den Rahmen sprengen, daher beschränken wir uns auf die wichtigsten Eckpfeiler. Mit folgenden Artists und Bands arbeitete Louis Johnson im Laufe seiner erstaunlichen Karriere zusammen:
- George Benson
- Herp Albert
- Grover Washington Jr.
- George Duke
- Michael McDonald
- Earl Klugh
- Aretha Franklin
- Bill Withers
- Stanley Clarke
- Herbie Hancock
- Kenny Loggins
- Paul McCartney
- Phil Collins
- Pointer Sisters
- Stevie Nicks
- Stevie Wonder
- u.v.a.m.
Dies ist nur der Anfang einer nahezu endlosen Liste. Wie man daran gut erkennen kann, war Louis „Thunder Thumbs“ Johnson ein überaus gefragter Musiker, der vollkommen selbstverständlich in den unterschiedlichsten Genres agieren konnte.
Ab Mitte der 80er-Jahre wollte Louis es etwas ruhiger angehen lassen und sein Familienleben genießen. In der „Starlicks“-Videoserie erschienen insgesamt drei Lehrvideos mit ihm, von dem das erste unter Bassisten sicherlich den höchsten Stellenwert genießt.
Ich kann mich noch sehr gut erinnern, als ich mir Anfang der 1990er die VHS-Kassette kaufte und gleichermaßen fasziniert wie schockiert vor meinem kleinen Grundig-Röhrenfernseher saß: Mit riesigen Ausholbewegungen prügelte Louis auf seinen Music Man Stingray ein, als hätte dieser ihm das Taschengeld gestohlen. Dazu griff er einige Töne auf der E-Saite mit dem Daumen seiner Greifhand. Diess widersprach so ziemlich allem, was ich aus den wenigen erhältlichen Lehrbüchern zu dieser Technik zu wissen glaubte – und doch klang es so viel cooler als sämtliche Klangbeispiele der Fachliteratur!
In den 90er-Jahren gründete Louis seine eigene Bass Academy und bot Lessons auf seiner Webseite an. Sein Manager brachte ihn darüber hinaus dazu, immer mal wieder Anfragen für Recording Sessions anzunehmen.
Lange sollte diese Phase jedoch nicht mehr andauern: Am 21. Mai 2015 wurde Louis dann tragischerweise im Alter von 60 Jahren in seinem Haus in Los Angeles tot aufgefunden. Die genaue Todesursache wurde nie offiziell bekanntgegeben – weder die Familie noch die Behörden veröffentlichten eine medizinische Begründung. In Musikerkreisen und Medienberichten war lediglich die Rede davon, dass er „nach längerer Krankheit“ verstorben sei.

Louis Johnson: Musikalischer Stil
Louis Johnson nannte einen einzigartigen aggressiven Stil sein Eigen, der hohe Opferzahlen unter Saiten, Bässen und Lautsprechern forderte – Nachahmung also auf eigene Gefahr!
- Sehr aggressiver Slapstil
- Kraftvoller Anschlag mit großen Ausholbewegungen
- Gerissene Noten sehr kurz gespielt
- Zahlreiche perkussive Elemente, Dead Notes etc.
- Viele Sechzehntel-Synkopen, Akzente zwischen den Pulschlägen
- Falls erforderlich: Greifen von Tönen mit dem Daumen der Greifhand
- Melodische Basslines, welche häufig den Song massiv prägen
- Kaum statisch auf Grundton, viel melodische Bewegung
- Häufiger Einsatz der Moll- und Dur-Pentatonik
- Mixolydisch und Dorisch als weitere bevorzugte Skalen
- Viele Artikulationen: Hammer-Ons, Pull-Offs, Slides …
- „Aktiver“ Slapsound mit viel Bass- und Höhenanteil

Louis Johnson: Equipment
Obwohl Louis bei den meisten von uns untrennbar mit seinem Music Man Stingray verbunden sein dürfte, gibt es noch einige weitere Bassmodelle, die Erwähnung verdienen.
- Music Man Stingray-Bässe mit von Leo Fender modifizierten Pickups und Elektronik
- Music Man Sabre-Bässe
- Fender Precision-Bässe
- Alembic-Bässe
- Yamaha BB-Bässe
- Trekker/Louis Johnson Bass










Anfang der 70er-Jahre und auf einigen ersten Aufnahmen von The Brothers Johnson ist Louis noch mit Flatwound-Saiten zu hören, ab da bevorzugte er jedoch den brillanten Klang von Roundwound Strings; hauptsächlich von D’Addario.
Die Suche nach Louis’ bevorzugtem Verstärker gestaltete sich bei meiner Recherche schwierig: Nur sehr selten ist überhaupt ein Verstärker im Hintergrund zu sehen (wie z. B. SWR Redhead in „Starlicks II“). Ich gehe davon aus, dass er einfach benutze, was gerade verfügbar und laut genug war. Es ist jedenfalls überliefert, dass Louis mit seinem aggressiven Stil regelmäßig Lautsprecher zur Aufgabe zwang. Im Studio kombinierte er häufig ein direktes D.I.-Signal mit dem eines mikrofonierten Fender Bassman-Amps.
Auch mit Effekten hielt es Louis übersichtlich: Bei seiner Art zu spielen, war Kompression natürlich notwendig, ansonsten bleibt es aber überschaubar. Bei einigen Aufnahmen sind Envelope Filter, Chorus oder Phaser zu hören.
Wer ein paar Videos von Louis Johnson gesehen hat, dem ist sicher aufgefallen, dass er manchmal einen „Manta-Fahrer“ Handschuh an seiner Anschlagshand trägt. Dieser ist kein modisches Accessoire, sondern kommt aus dem Sport und ist mit Gewichten versehen. Louis Johnson nutzte nach eigener Aussage diesen Handschuh, um nicht zu schnell zu spielen, was bei seinem energetischen Stil in der Hitze des Gefechts schnell passieren konnte. Definitiv ein höchst ungewöhnlicher, aber gleichermaßen interessanter Ansatz für ein bekanntes Problem vieler Bassleute.
Louis, wir verneigen uns vor deinem Lebenswerk und danken dir für deine großartigen Basslines und die Inspiration!