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Steinberg HALion Sonic Test

Details

Multitimbralität
In den späten 80er und den 90er Jahren, als die Instrumente noch Hardware und nicht gerade günstig waren, etablierte sich eine neue Instrumentengattung: die Sample-ROM-Workstation. Erster Vertreter dieser Kategorie war Korgs M1. Herausstechende Merkmale dieser Geräte waren die gleichzeitige Nutzbarkeit mehrerer Klänge (Multitimbralität) und halbwegs passable Nachahmungen von Naturinstrumenten. Selbstverständlich ließ sich die Multitimbralität auch für Klangschichtungen (Layer) oder mehrere Tastaturbereiche mit verschiedenen Klängen (Splits) nutzen. In den meisten Studios, egal ob von Hobby- oder Profi-Produzenten betrieben, fand sich mindestens eine Workstation, die für Brot- und Butter-Sounds zuständig war.

Fotostrecke: 2 Bilder Im zugeklappten Zustand zeigt der HALion-Sonic-Editor nur noch die Tastatur und die Quick Controls an.

Für den Nutzer bot das den Vorteil, dass er mit einem Klangerzeuger ein ganzes Arrangement oder zumindest einen großen Teil davon herstellen konnte. Man benötigte also nicht mehr für jeden Klang ein einzelnes Instrument. Diese Technologie ermöglichte vielen Leuten den Einstieg in die elektronische Musikproduktion mit dem MIDI-Sequencer auf dem Rechner und einer Workstation im Zentrum des Geschehens. Musikproduzieren mit dem Computer war bezahlbar geworden.
Interessanterweise hat sich die multitimbrale Methodik bei vielen Herstellern auch für Software-Instrumente durchgesetzt. So auch beim HALion Sonic. Insgesamt 16 verschiedene Instrumente lassen sich gleichzeitig mit einer Instanz erzeugen und aufnehmen. Steinbergs Sequencer Cubase und Nuendo bieten zwei verschiedene Wege, mit Software-Instrumenten umzugehen: den Instrument-Track für monotimbrale Instrumente und das VST-Instrumenten-Rack, bei dem einer Plug-In-Instanz mehrere MIDI-Kanäle zugeordnet werden können. Für die multitimbrale Nutzung von HALion Sonic ist also das Instrumenten-Rack die richtige Wahl.

Fotostrecke: 2 Bilder Splits und Layer lassen sich unter dem Karteireiter MIDI ganz einfach programmieren.

Die Klangerzeugung
Um viele unterschiedliche Klänge zu erzeugen, nutzt HALion Sonic neben einer etwa 12 Gigabyte großen Sample-Library die klassische subtraktive Synthese. Dieser Name ist dem Umstand geschuldet, dass dem rohen Oszillator/Sample durch Filter und andere klangformende Elemente Bestandteile abgezogen (subtrahiert) werden. Ein Sound kann dabei aus bis zu vier unterschiedlichen Komponenten bestehen, deren Basis ein Multisample oder eine virtuell analoge Klangerzeugung ist. Diese Sound-Komponenten werden bei HALion Sonic „Ebenen“ genannt.
Und jede dieser Ebenen kann über eigene Filter und andere Modulationsmöglichkeiten im Klang  geformt werden. Die Komplexität der Filter-Routings ist dabei sehr hoch: Es gibt 24 verschiedene Basis-Modelle, die in sechs verschiedenen Anordnungen miteinander kombiniert werden können. Bis zu vier Filter können dabei die Klangformung einer Ebene übernehmen. Bei der Kombination mehrerer verschiedener Filter wird die Bedienung manchmal etwas kompliziert, da sich nicht alle Filter unabhängig bedienen lassen.

Bis zu vier Filter können pro Ebene eines Klangs eingesetzt werden. Die Verschaltung ist nicht frei. Sie muss einem der sechs vorgegebenen Muster entsprechen.
Bis zu vier Filter können pro Ebene eines Klangs eingesetzt werden. Die Verschaltung ist nicht frei. Sie muss einem der sechs vorgegebenen Muster entsprechen.

Mit vier Hüllkurven und vier LFOs stehen ausreichend Modulationsquellen für die verschiedensten Synthese-Parameter zur Verfügung. Zu Beginn stolpert man möglicherweise über die ungewöhnlichen Bezeichnungen für die Hüllkurven (P, F, A und U) sowie für die LFOs (P1, P2, M1 und M2). Ein Blick ins Handbuch lüftet das Geheimnis: Die Abkürzungen P, F, A und U stehen bei den Hüllkurven für Pitch, Filter, Amplifier und User. Bei den LFOs gibt es zwei polyphone (P1 und P2) sowie zwei monophone (M1 und M2) Varianten. In einer Matrix lassen sich die Modulationsquellen, Modulatoren und Modulationsziele miteinander verknüpfen. Zusätzlich gibt es für jede Ebene einen Stepmodulator, der auf 32 Schritten rhythmisch gesteuerte Sequenzen erzeugen kann. Die bis zu 16 gleichzeitig verfügbaren Klänge, die in der HALion-Sonic-Sprache „Programme“ heißen, werden dem Sequencer-Mischpult über bis zu 16 Stereo-Ausgänge zugeführt. Und auch mit Effekten ist das VSTi nicht gerade kleinlich ausgestattet: Vier Insert-Effekte stehen pro Ebene zur Verfügung, vier weitere für das Programm und vier zusätzliche Main-Inserts. Darüber hinaus gibt es noch vier Aux-Wege für Send-Effekte. Zur Auswahl stehen neben dem Steinberg-Faltungshall REVerence zahlreiche Modulationseffekte (Chorus, Phaser, Flanger, usw.), EQs und Kompressoren – nach meinem Dafürhalten ein durchweg solides und zweckmäßiges Angebot.
Die Multitimbralität geht bei HALion Sonic also nicht auf Kosten der klanglichen Möglichkeiten pro Sound, wie es früher bei Hardware-Workstations häufig der Fall war. Letztendlich steht für jeden multitimbralen Kanal eine sehr umfangreiche Klanggestaltung inklusive diverser Effekte zur Verfügung – mehr kann man nicht verlangen.

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