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Arturia Polybrute Test

Der französische Hersteller Arturia steht für innovative Produkte im Synthesizerbereich, seien es Soft- oder Hardware-Versionen. Es gibt kaum einen anderen Hersteller, der so intensiv in beiden Welten unterwegs ist. Und das kann fruchtbar für beide Seiten sein. Ging Arturia mit dem Matrixbrute bereits einen eigenen Weg, so setzt sich dieser nun mit einer polyphonen Version fort, dem Polybrute. Sechs polyphone Stimmen gepaart mit vielen Modulationsmöglichkeiten beschreiben den analogen Synthesizer nur ansatzweise. Wir haben untersucht, wo die Besonderheiten des Boliden liegen.

Arturia Polybrute Test (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Polybrute zeigt sich edel … (Foto: Nikolai Kaessmann)

Details

Auspacken

Holt man den aktuellen Arturia-Spross aus dem Karton, spürt man dessen 20 kg Gewicht schon deutlich. Da wirken die 14 kg des kürzlich getesteten Sequential Prophet 10 beinahe schon leicht. Bedenkt man, dass „on the road“ noch ein Flightcase verwendet wird, ist das bereits die obere Grenze dessen, was man gerade noch so tragen kann. Dem Polybrute beigefügt sind das Netzkabel und eine gedruckte englischsprachige Bedienungsanleitung. Auf der Arturia-Seite steht übrigens auch eine gute deutschsprachige PDF-Anleitung zur Verfügung, die aufgrund der vielen internen Verlinkungen sehr gut zu verwenden ist.

Der erste Eindruck

In Augenschein genommen beschreibt ein Wort den ersten Eindruck treffend: Edel: Das schwarze Bedienpanel wird eingerahmt von einem eleganten Holzchassis. Bei einem Gewicht von 20 kg kann man schon erahnen, dass die gesamte Konstruktion äußerst stabil, wertig und sehr professionellen ist. Durch die Verwendung von Holz wird man ein wenig an den Prophet erinnert, ein Eindruck, der durch das Bedienpanel bereits sofort außer Kraft gesetzt wird. Insgesamt versprüht der Polybrute seinen absolut eigenen Charme. Dies gilt jedoch nicht nur für das Design, sondern gleichermaßen für den Aufbau, die Funktionalität und den Sound des Instruments selbst. 

Fotostrecke: 4 Bilder Der Polybrute zeigt sich edel … (Foto: Nikolai Kaessmann)

Die Hard Facts

Der Polybrute ist ein 6-stimmiger (stereo) Analogsynthesizer (digital controlled), ausgestattet mit einem anschlagdynamischen 61-Tasten-Keyboard mit Channel Aftertouch. Die Tonerzeugung ist klassisch subtraktiv. Wir zählen je Stimme zwei Oszillatoren plus Sub, zwei Filter (Steiner Parker und Ladder), drei Hüllkurvengeneratoren, drei LFOs, eine Modulationsmatrix, eine digitale Effektsektion sowie einen Sequenzer/Arpeggiator. Insgesamt 768 Sounds können im internen Speicher abgelegt werden. Das Panel zieren eine Menge von Tastern und Reglern, wie man es von einem analogen Synthesizer erwartet. Für jede Funktion ein dediziertes Bedienelement, so könnte man meinen. Doch das stimmt nur halb, wie wir nachstehend feststellen werden. Oberhalb der Modulationsmatrix entdecken wir noch ein kleines monochromes Display.
Wer an dieser Stelle abwinkt und vermutet, wir hätten es mit „noch einem“ typischen polyphonen Analogsynthesizer zu tun, der würde eine Menge verpassen. Der Polybrute offenbart interessante Features gepaart mit einem sehr eigenständigen Charakter – French Cuisine eben. Den Unterschied machen die Matrix, bestehend aus 96 kleinen Tastern, und ein Regler mit der Bezeichnung „Morph“, dem man auf dem ersten Blick seine Bedeutung gar nicht ansieht. Hätte Designer Axel Hartmann seinen berühmten „roten Drehregler“ nicht schon beim Waldorf Microwave verbaut, dann hätte dieser hier eine absolute Berechtigung, alleine schon deswegen, um ihn besser hervorzuheben.

Unscheinbar aber enorm effektiv: Der Morph-Regler (Foto: Nikolai Kaessmann)
Unscheinbar aber enorm effektiv: Der Morph-Regler (Foto: Nikolai Kaessmann)

Morph, was bedeutet das bei Arturia Polybrute?

Jedes der 768 Programme besteht immer aus zwei unterschiedlichen Klangprogrammen A und B. Wird der Morph-Regler ganz nach links gedreht, dann hört man Sound A. Dreht man diesen ganz nach rechts, erklingt Sound B. Bewegt man diesen Regler langsam von links nach rechts, verändert sich der Klang kontinuierlich von A nach B. Da wird den meisten der Begriff „Crossfading“ in den Kopf schießen. Aber nein, das trifft es nicht. Die Morph-Funktion ist kein Mixer, der A langsam aus- und B langsam einblendet. Das wäre im Ergebnis eine Art Layer-Sound und damit nichts, was einem vom Sockel hauen würde. Wir hören also nicht zwei übereinandergeschichtete Sounds, was im Übrigen die Polyphonie halbieren würde (3 VCOs für den einen und 3 VCOs für den anderen Klang). Wir hören im Ergebnis immer nur einen Morph-Sound, der stets 6-stimmig polyphon spielbar ist. Der Clou an dem System ist, dass nicht die Audiosignale überblendet werden, sondern die Parameter. Klar wird dies, wenn man die kostenlos erhältliche Connect-Software nutzt; damit lässt sich am Monitor die Bewegung aller Parameter gut erkennen. 

Dazu ein einfaches Beispiel: Sound A und B unterscheiden sich ausschließlich dadurch, dass für VCO1 ein Dreieck eingestellt wurde und für Sound B ein Sägezahn. Alle anderen Parameter sind identisch. Drehen wir nun den Morph-Regler, so wird aus dem Dreieck langsam der Sägezahn. 

Und jetzt stellen wir uns vor, Sound A und Sound B unterscheiden sich deutlich. Dies führt dann bis hin zu einer extremen Klangveränderung. Im Prinzip könnte man jede Position des Morph-Reglers als neuen (Gesamt-)Klang definieren. Was wir hören, ist immer nur EINE Einstellung des gesamten Panels. Dies muss man sich klarmachen. Wenn ich jetzt noch vorwegnehme, dass man den Morph-Regler mit einer beliebigen Quelle modulieren kann, wird das klangliche Potenzial deutlich, das in dieser Funktion steckt. Dabei lassen sich eine Vielzahl der Parameter in das Morphing mit einbeziehen. Das erinnert ein wenig an den Super Knob beim Yamaha Montage, mit dem auch mehrere Parameter gleichzeitig verändert werden. Dort gibt es aber kein Zielprogramm B.

Die Stimmenarchitektur

Grundsätzlich folgt der Polybrute dem klassisch analogen Aufbau mit VCO, VCF und VCA. Manche Parameter sind vielleicht ungewöhnlich aufgebaut, was jedoch sehr clever der Morph-Funktion geschuldet ist.

Der Bereich der Tonerzeugung. Links unten, etwas unscheinbar, der Morph-Regler. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Bereich der Tonerzeugung. Links unten, etwas unscheinbar, der Morph-Regler. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Die Oszillatoren

Jede Stimme verfügt über zwei Oszillatoren, wobei VCO 2 noch mit einem Sub-Oszillator ausgestattet ist. Dazu gesellt sich noch eine Noise-Abteilung mit stufenloser Überblendung von „white“ zu „pink“. Beide VCOs sind etwas unterschiedlich aufgebaut. Während das Tuning von Nr. 1 in Halbtonschritten (+/- 2 Oktaven) erfolgt, geht das bei Nummer 2 stufenlos. Erzeugt werden permanent Dreieck, Sägezahn und Pulswelle, wobei man auf der einen Seite einen Regler hat, der ein Dreieck langsam zu einem Sägezahn werden lässt. Mit dem zweiten Regler überführt man das Ergebnis von Regler 1 in eine Pulswelle. Ein Regler für die Pulsbreite ist ebenso im Angebot. Das macht die Sache sehr variabel. Warum ist das so? Ganz einfach, nur so lässt sich der Morph-Vorgang bei einer größtmöglichen Anzahl von Parametern bewerkstelligen. Ein einfaches Umschalten von Dreieck auf Sägezahn wäre beim Morph-Vorgang ein wenig abrupt.
Diesen Gedanken hat Arturia dann konsequent weiterverfolgt. Ist z. B. die Stimmung der Oszillatoren zwischen den Sounds A und B unterschiedlich, lässt sich sogar festlegen, ob man den Übergang in Halbtonschritten oder smooth erfolgen lassen will (plus weitere Optionen). VCO1 hat natürlich den Arturia-üblichen Wavefolder, hier Metalizer gennant, und eine Hard/Soft-Sync-Funktion (2 auf 1) zu bieten. Ungewöhnlich wie wirkungsvoll ist der stufenlose (und damit morphbare) Übergang von Soft zu Hard Sync. Im Oszillatorbereich befinden sich noch Modulationen, die nicht über die Matrix geschaltet werden: Frequenzmodulation von VCO 1 durch VCO 2 (Intensität einstellbar) und Filtermodulation von VCF 1 durch VCO 2 oder Filtermodulation von VCF 2 über den Noise Generator. Bedenkt man, dass sowohl die Intensitätsregler als auch die relevanten Parameter der Oszillatoren und der Filter über die Matrix Modulationsziele sein können, kann man erahnen, wie flexibel und nuanciert diese Modulationen ausführbar sind.

Der Mixer

Mit dem Mixer mischt man ganz einfach die Signale von VCO 1, VCO 2 und des Noise Generators. Im Prinzip sind das modulierbare VCAs. Darüber hinaus wird festgelegt, ob der Signalweg in VCF 1 und/oder VCF 2 führt.

Die Mixer-Sektion des Arturia Polybrute. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Mixer-Sektion des Arturia Polybrute. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Die Filter

Jetzt wird es spannend. Jede Stimme besitzt zwei Filter, die man wahlweise in Reihe, parallel oder einem einstellbaren Verhältnis zueinander schalten kann – also auch stereo. Hier begnügt man sich jedoch nicht mit zwei identischen Filtern, der Polybrute bietet ein 12-dB-Steiner-Parker-Filter und ein 24-dB-Ladder-Filter (bekannt von den Moog-Systemen) und schafft damit eine hohe klangliche Flexibilität. Moog-Filter verlieren bei aufgedrehter Resonance zunehmend Bassanteile, was mit der Arturia-Schaltung kompensiert wird (und mir besser gefällt). Charakteristisch für das Steiner-Parker, das in vielen Arturia-Brute-Varianten zu finden ist, ist die Multimode-Schaltung, die stufenlos von Lowpass zum High-Pass und Bandpass wechseln kann. In der Mittelstellung entsteht dabei ein Notch-Filter. 
Aufgrund des variablen Routings können wir einen Oszillator über das Ladder- und den zweiten über das Steiner-Parker-Filter laufen lassen und damit Stereo-Filtereffekte erzeugen. Etwas hervorgehoben ist ein Master-Cutoff-Regler, der auf beide Filtervarianten gleichzeitig wirkt. Damit hat man noch einen schnellen und intuitiven Zugriff auf einen der wichtigsten Parameter eines analogen Synths. Das ist sehr praxisnah gedacht. VCF 1 verfügt über den bei Arturia bekannten Brute-Regler, der das Filtersignal in einer Art Rückkopplung bearbeitet und den Sound dann bis zur Verzerrung verändern kann. VCF2 bietet dieses Feature nicht, ist jedoch mit einem regelbaren Distortion-Effekt ausgestattet.

Der Master-Cutoff Regler des Polybrute in Nahaufnahme. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Master-Cutoff Regler des Polybrute in Nahaufnahme. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Die Hüllkurven

Je Stimme stehen drei Hüllkurven zur Verfügung, wobei eine dem Filter/den Filtern und die zweite dem VCA zugeordnet ist. Die dritte Variante ist frei. Der Aufbau folgt dem klassischen ADSR-System. 

Hüllkurven und LFOs des Arturia Polybrute. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Hüllkurven und LFOs des Arturia Polybrute. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Die LFOs

Die LFOs sind zunächst keiner Modulation zugeordnet. Diese muss man erst über die Modulationsmatrix „patchen“. Insgesamt drei LFOs stehen zur Verfügung. Während LFO 1 und LFO 2 fast identisch aufgebaut sind, geht LFO 3 seinen eigenen Weg. Die ersten beiden LFOs lassen aus sieben Schwingungsformen per Wahlschalter wählen. Bei LFO 1 kann die Phase und bei LFO 2 ein „Fade in“ programmiert werden. Ein Sync-Schalter synchronisiert die LFOs zu einem möglichen Sequenzer/Arpeggiator-Tempo. Die Frequenz der LFOs reicht bis 100 Hz, kann je nach Gusto auch sehr langsam justiert werden, sodass ein Durchlauf schon fast eine Minute dauert. Dazu kommen noch verschiedene Parameter, die regeln, wie die LFOs auf Trigger reagieren sollen (mono/poly/poly-retrig. LFO 3 ist schon eher eine AD- oder je nach Einstellung ASD-Hüllkurve nach West-Coast-Manier, die so eingestellt werden kann, dass diese nur einmal durchlaufen wird und damit tatsächlich zu einer weiteren Hüllkurve mutieren kann. 

Effekte

Der Signalweg des Polybrute ist analog, was allerdings vor der digitalen Effektsektion endet. Schaltet man diese ab, dann bleibt alles bis zum Ausgang analog. Die Effekte sind in drei Bereiche aufgeteilt. Modulationseffekte (Chorus, Flanger u.v.m.), Delay und Reverb. Diese lassen sich einzeln und in Reihe nutzten. Für die Effekte steht eine Vielzahl von Parametern zur Verfügung, die an dieser Stelle gar nicht alle aufzählbar sind. Das reicht von der Synchronisation des Delay-Effektes bis hin zu Filteroptionen für das Hallsignal. Wichtig ist, dass man die Regler der Effektsektion ins Morphing und in die Modulation mit einbeziehen kann. Für Letzteres stehen verschiedenste Modulationsadressen zur Verfügung. Das führt dazu, dass sich die Effekte sehr musikalisch in ein Klangprogramm einbetten lassen und nicht für sich am Ende der Signalkette stehen. Hilfreich ist, dass die Effekte auf der obersten Bedienebene abschaltbar oder wahlweise als Insert- bzw. Send-Effekte definierbar sind. Deren Qualität ist ausgesprochen hoch. 

Die Effekt-Sektion des Polybrute ist digital aufgebaut und lässt sich zugunsten eines analogen Signalflusses abschalten. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Effekt-Sektion des Polybrute ist digital aufgebaut und lässt sich zugunsten eines analogen Signalflusses abschalten. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Motion Record

Motion Record ist auch so eine Funktion, die man ein wenig links neben der Sequenzer-Sektion versteckt hat, und die sich zusammen mit einem Preset abspeichern lässt. Motion Record kann eine Parameterbewegung, z. B. Cutoff mit in das Klangprogramm aufnehmen, ohne dafür einen Modulator bemühen zu müssen. Dazu lässt sich wählen, ob diese Bewegung einmal oder permanent abgespielt werden soll und das noch mit variabler Geschwindigkeit. Ein echtes ‚Amuse Gueule‘, klein aber fein.

Die Matrix – Die Schaltzentrale des Arturia Polybrute

Die Matrix besteht aus 96 kleinen Tastern (12 x 8) und ist ein weiteres zentrales Element des Polybrute. Dieser Bereich hat mehrere Aufgaben. Dabei variiert je nach Funktion und Zustand die Farbe der Taster, was für eine gute Übersicht sorgt.

Die Matrix im Sequenzer-Modus. Oben sehen wir das Display, darunter die acht Assign-Taster. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Matrix im Sequenzer-Modus. Oben sehen wir das Display, darunter die acht Assign-Taster. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Matrix: Abruf der Presets

Im Spielbetrieb werden hier die Klangfarben abgerufen. Jeder Taster steht dafür für ein Preset. Das bedeutet, dass man ohne lästiges Scrollen zwischen 96 Programmen mit einem Knopfdruck auswählen kann. Mit den acht weiteren Tastern über der Matrix lässt sich dann noch zwischen acht Bänken wählen. Sprich: Es stehen 8 x 96 Presets zur Verfügung. Die jeweilige Preset-Nummer, die Bezeichnung in Klarschrift und die Kategorie werden dabei stets im kleinen Display angegeben. Mit den Pfeiltasten lassen sich die Presets zudem durchsteppen.

Matrix: Verwaltung der Modulationen

Der Polybrute ist ein Modulationsmonster und die Matrix wird dabei zu einer umfangreichen Patchbay. Nur steckt man hier keine Kabel o. ä., die Verbindungen werden wieder über die 98 Taster vorgenommen. Vertikal sehen wir die zwölf Modulationsquellen, die man auf bis zu 32 Modulationsziele routen kann. Die Matrix ist offen, nichts ist „vor-verdrahtet“. Nahezu alle Parameter des Polybrute lassen sich dabei mit einbeziehen. Welche, das wird über den ersten vier der acht Assign-Taster bestimmt. Drücken wir eine dieser Tasten 1 – 4, erscheinen im Display jeweils acht Modulationsziele (1 – 8). Je nach Patch sind natürlich nicht immer alle Ziele belegt (empty). Dann wählen wir die Modulationsquelle aus, z. B. LFO 1, und wollen diese auf das erste im Display aufgeführte Ziel legen. Was machen wir? In der vertikalen Reihe wählen wir den LFO aus und gehen dann horizontal weiter. Der erste Knopf wählt Ziel 1, der zweite Ziel 2 usw. Dabei gibt man jeweils noch die Modulationsintensität per Amount-Regler ein. That’s it.
Hat man sich damit vertraut gemacht, geht das wirklich leicht von der Hand. Und natürlich kann eine Quelle mehrere Ziele mit unterschiedlicher Intensität ansteuern. Was ist, wenn wir unser gewünschtes Modulationsziel nicht in der Liste finden? Kein Problem. Wir suchen einen Ziel-Slot „empty“ (z. B. ‚4‘), drücken horizontal die vierte Taste in der Matrix und bewegen kurz das Bedienelement des gewünschten Ziels auf dem Panel. Fertig ist die Zuweisung. Wollen wir z. B. den Master Cutoff per LFO modulieren, so drücken wir die Taste 4, drehen kurz am Cutoff-Regler und die Verbindung ist vollzogen. Toll gelöst, großes Lob. Die Matrix lässt den Polybrute zu einem polyphonen Modularsystem werden, ohne dass man ein einziges Kabel stecken muss. 

Matrix: Step/Event-Verwaltung des Sequenzers und des Arpeggiators

Die dritte Ebene der Matrix befasst sich mit der Darstellung der Sequenzer-Events. Hier werden die einzelnen Steps und Reihen mittels der 96 Taster dargestellt und können zusätzlich in Echtzeit bedient werden (dazu später mehr). Die vierte Ebene beschäftigt sich dann mit dem Arpeggiator.

Ausdrucksstarke Spielhilfen

Konsequenterweise hat Arturia den Polybrute nicht nur mit einer umfangreichen Modulationsmatrix ausgestattet, sondern auch mit verschiedenen Spielhilfen. Neben den bekannten Wheels entdecken wir noch den sogenannten „Morphee“, der im ersten Moment an eine Handy-Ablage erinnert. 

Der Morphee wirkt im ersten Moment wie eine Handyablage. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Der Morphee wirkt im ersten Moment wie eine Handyablage. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Doch weit gefehlt. Das ist ein sehr variabler Modulator, bestehend aus einem XY-Pad und einer Z-Achse. Zudem ist dieser sehr angenehm und intuitiv zu bedienen. Die Zuordnung der Modulationen erfolgt in der Mod-Matrix. Damit lässt sich beispielweise das Preset morphen (XY) und durch Druck auf den Morphee noch ein Vibrato abrufen (Z)

Die Arbeitsweise des Morphees wird auch im Display dargestellt. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Die Arbeitsweise des Morphees wird auch im Display dargestellt. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Nimmt man jetzt noch den Aftertouch in der rechten Hand dazu, lassen sich somit vier verschiedene Modulationen parallel steuern. Das ist schon mal was. Auf die konventionellen Wheels muss man nicht verzichten, die über dem Morphee platziert wurden. Eigentlich erfolgt die Zuweisung der Spielhilfen in der Mod-Matrix. Dem Mod-Wheel wurde aber noch eine separate Möglichkeit eingeräumt, was ich als äußerst praktisch empfinde. Ein Wahlschalter routet das Mod-Rad entweder auf die Matrix, auf den Gesamt-Cutoff, auf die Amplitude des LFO 1 oder auf ein Vibrato, was unabhängig von LFO 1 – 3 arbeitet. Dies arbeitet stets mit einem Sinus und hat nur drei Geschwindigkeiten zur Wahl (untere Ebene).
Das ist jedoch bei Weitem noch nicht alles. Bereits ASM hatten bei den Keyboardversionen des Hydrasynth den Ribbon Controller wiederentdeckt, der schon ein Highlight des legendären Yamaha CS-80 war und ihn oberhalb der Tastatur platziert. Auch der Polybrute ist mit diesem ausgestattet, jedoch hebt er sich farblich kaum vom Chassis ab, sodass dieser wichtige Teil der Modulationsquellen leicht übersehen werden kann. Ich persönlich bin ein großer Anhänger dieses Features. Wer jetzt immer noch nicht genug hat, der kann noch zwei Expression- und ein Sustain-Pedal anschließen – Multitasking in Perfektion. Welche Aufgaben die Pedale übernehmen sollen, lässt sich in einer speziellen Settings-Unterseite abrufen. Expression-Pedal 2 ist dazu noch Bestandteil der Modulationsmatrix (Quelle) Klar, man muss nicht alles gleichzeitig einsetzen, aber der Synthesizer bietet eine große Flexibilität bei der Wahl der Spielhilfen.

Zu den Spielhilfen gehören auch klassische Pitch- und Mod-Wheels. (Foto: Nikolai Kaessmann)
Zu den Spielhilfen gehören auch klassische Pitch- und Mod-Wheels. (Foto: Nikolai Kaessmann)

Sequenzer/Arpeggiator

Ich bin kein allzu großer Freund von integrierten Sequenzern. Zu oft ist die Länge der Sequenzen nicht ausreichend und meist nur eine Beigabe, weswegen ich viele Arbeiten lieber in der DAW erledige. Das stellt sich beim Polybrute schon etwas anders da. Der Sequenzer ist polyphon (6-stimmig), verfügt über bis zu 64 Steps und kann sowohl realtime als auch step-by-step programmiert werden. Eine Split-Funktion ermöglicht den Abruf und die Transponierung der Sequenz im unteren Tastaturbereich und ein Solospiel im oberen Bereich. Dazu können noch drei Modulationsspuren aufgezeichnet werden, was die Tonfolge sehr lebendig wirken lässt. Etwaige Korrekturen lassen sich per Overwrite vornehmen. Overdubs sind ebenso möglich (natürlich nur bis zu sechs Stimmen je Step).  Je Preset lässt sich eine Sequenz speichern. Damit kann man dann doch bereits eine Menge anfangen.
Besonders übersichtlich ist die Darstellung der Events mittels der 96 Tasten in der Modulationsmatrix. Mit ihnen lassen sich einzelne Events muten, Pausen oder Haltebögen einrichten, um die Sequenz rhythmisch zu variieren. Klar, dass selbst unterschiedliche Sync-Möglichkeiten nicht fehlen, bis hin zur Einbindung in ein Modularsystem über die Sync-In/Out-Buchsen auf der Rückseite. Dazu passt dann bestens der mit bekannten Funktionen ausgestattete integrierte Arpeggiator, dessen Arpeggio-Figuren sich zudem in den Sequenzer überführen lassen. Bei Bedarf können die Sequenzen und Arpeggios über MIDI ausgeben werden, leider nicht direkt über CV/Gate.

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