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Sequential Prophet-5 und Prophet-10 Test

Mit dem Sequential Prophet-5 und dem Sequential Prophet-10 erleben zwei weitere Synthesizer-Legenden ihre Wiedergeburt. Dieses Mal nicht als Nachbauten aus dem Hause Behringer, diese Instrumente stammen von Sequential und Dave Smith selbst, der vor über 40 Jahren den ersten Prophet entwickelte. Und so geht man auch bei der Preisfindung einen ganz anderen Weg. Während Behringer versucht, eine Replika in einer für alle erschwinglichen Preisregion anzusiedeln, bleibt der Prophet mit über 3.500 Euro preislich doch eher im Luxus-Segment. Zur Erinnerung, in den 1980er Jahren lag der Preis des Instruments bei über 13.000 DM!

Tolle Neuauflage des Prophet-Klassiskers von Sequential mit den Modellen Prophet-5 und Prophet-10
Tolle Neuauflage des Prophet-Klassiskers von Sequential mit den Modellen Prophet-5 und Prophet-10


Schaut man sich das heutige Angebot an Klonen an, könnte man den Eindruck gewinnen, einfach alle Instrumente der Vergangenheit hätten mittlerweile Legenden-Status erreicht. Das ist sicherlich etwas zu hoch gegriffen, denn manchmal klingen die Ruhmeshymnen besser als manch nostalgischer Synthesizer selbst. Was aber macht den „Run“ auf die alten Geräte aus? Vielleicht hilft es, wenn ich meinen ‚alten‘ Freund Axel Hartmann zitiere, der treffend formulierte:
“It is not a synthesizer you buy. It is the hope of getting back a feeling that has gone lost on the way of getting older.”
Fakt ist, dass der Prophet-5 ohne Zweifel in den Synthesizer-Olymp gehört, hat er musikalisch doch selbst heute noch hörbare Spuren hinterlassen und eine Ära geprägt. Einer der erfolgreichsten Songs, der je mit dem Prophet-5 aufgenommen wurde, ist übrigens In The Air Tonight“ von Phil Collins
Entwickelt wurde das Instrument 1977 von Dave Smith und John Bowen, die damit den ersten speicherbaren sowie Mikroprozessor-gesteuerten polyphonen Synthesizer schufen. Über 6.000 Einheiten sollen zwischen 1977 und 1984 hergestellt worden sein. In den ersten beiden Versionen wurden SSM-Chips verbaut, die wenig stimmstabil waren, Revision 3 setzte auf Curtis-Chips, die dieses Problem deutlich besser in den Griff bekamen. Da Yamaha in 2018 die Rechte am Namen „Sequential“ wieder an Dave Smith zurückgegeben hat, konnte dieser nun den Sequential Prophet-5 wieder entstehen lassen.

Details

Vorbemerkung

Zum Test stand uns ein Prophet-10 zur Verfügung. Ein wenig verwirrend mag sein, dass der damalige Prophet-10 ein Synthesizer mit zwei Manualen war, der zwei Klangfarben gleichzeitig abrufen konnte. Der heutige Prophet-10 ist dagegen „nur“ ein Prophet-5 mit zehn statt fünf Stimmen. Das gilt außerdem für die kürzlich vorgestellten Module. Und so bezieht sich der nachstehende Test gleichermaßen auf den aktuellen Prophet-5 und den Prophet-10. Für den Test hat uns Steve Baltes seinen „alten“ Prophet 5 (Rev.3) ausgeliehen – herzlichen Dank dafür! Wir können also Vergleiche ziehen.

Der ursprüngliche Prophet-10 aus dem Jahr 1981 mit zwei Manualen, 10 Stimmen und 20 Oszillatoren. (Quelle: Tonetweakers)
Der ursprüngliche Prophet-10 aus dem Jahr 1981 mit zwei Manualen, 10 Stimmen und 20 Oszillatoren. (Quelle: Tonetweakers)

Auspacken

Nimmt man das Paket in Empfang, dann erinnert das Gewicht direkt an alte Zeiten, in denen ein Keyboarder gleichzeitig Möbelpacker war. Nicht weniger als 14 kg bringen beide Versionen jeweils auf die Waage. Das verblüfft umso mehr, wenn man gerade das Leichtgewicht Korg Opsix versandfertig gemacht hat. Thront der Prophet-10 schließlich auf dem Keyboard-Ständer, dann wird man schon ein wenig ehrfürchtig. Das ist doch mal wieder ein Instrument, das sich alleine durch sein „Auftreten“ Respekt verschafft. Der Synthesizer hat ganz ohne Zweifel etwas! Neu-Deutsch würde man „Attitude“ sagen.

Legenden beim Test: Vorne der alte Prophet-5, hinten der aktuelle Prophet-10. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Legenden beim Test: Vorne der alte Prophet-5, hinten der aktuelle Prophet-10. (Foto: Nikolai Kaeßmann)

Erster Eindruck

Das äußere Erscheinungsbild des Prophet-10 Testgeräts (und auch des neuen Prophet-5) entspricht dem des ursprünglichen Prophet-5 Originalgeräts: Holzchassis und GUI wurden mehr oder weniger 1:1 vom Original übernommen. Erst bei genauerem Hinsehen bemerkt man, dass sich die alte und die neue Version auf dem Bedienfeld ein wenig unterscheiden. So hat der aktuelle Prophet-5/-10 natürlich kein Cassetten-Interface mehr, was damals die mühselige Archivierung der Klangprogrammen erlaubte.

Fotostrecke: 4 Bilder Der zehnstimmige Sequential Prophet-10 in der Schrägansicht links … (Foto: Nikolai Kaeßmann)

Das Bedienfeld

Übersicht in Perfektion, weiße Schrift auf schwarzem Grund, alle Sektionen optisch getrennt, und für fast alle Funktionen steht ein dediziertes Bedienelement zur Verfügung. Nur für die Global Functions sind die Programm-Taster doppelt belegt.  Leider hapert es an diesem Punkt an der Lesbarkeit der gelblichen Schrift. Trotzdem, mit diesem Synthesizer kommt man ohne Blick in das Manual zurecht, Parameter-Diving ist „von heute“. Das macht den Prophet 5/10 zu einem äußerst intuitiven Instrument. Schaltet man „Preset“ ab, dann hört man exakt den Sound, der den aktuellen Einstellungen entspricht. Das hilft bei der eigenen Sound-Programmierung. Ein modernes Display findet man nicht, lediglich eine dreistellige rote 7-Segment Anzeige gibt Auskunft über Programmwahl und über die Tonhöhe der beiden Oszillatoren (C2, D2, ….). Bewegt man einen Regler, dann zeigt ein Punkt im Display an, ob man den tatsächlich eingestellten Wert eines Parameters erreicht hat – eine tatsächliche Anzeige des Parameterwerts wäre mir lieber.
An dieser Stelle könnte man natürlich trefflich darüber streiten, ob man eine Replika möglichst so lassen sollte wie sie war, oder man doch an manchen Stellen moderne Elemente verbaut. Der neue Prophet verfügt ja bereits über MIDI und USB. Ich persönlich fände es übersichtlicher, würde man den Sounds einen Namen geben können, um sicher zu sein, dass ein angewähltes Programm tatsächlich den Sound hervorbringt, den man sucht. Das war beim alten Prophet mit 40 Klangspeichern einfacher als bei der aktuellen Version mit 400 Sounds.

Der Aufbau der Klangerzeugung

Der Signalweg des Prophet-5/10 ist klassisch analog, das Layout war zweifellos Vorbild für viele Synths, die danach auf den Markt kamen. Insofern gibt es hier keine Überraschungen. Pro Stimme notieren wir zwei VCOs, ein VCF (24 dB), zwei ADSR-Hüllkurvengeneratoren, dazu kommen ein LFO und die Sektion Poly Mod, die man heute als Modulationsmatrix bezeichnen würde.

Ein Blick auf das Panel mit VCO/VCF und Programmwahltasten. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Ein Blick auf das Panel mit VCO/VCF und Programmwahltasten. (Foto: Nikolai Kaeßmann)

OSC A verfügt über Sägezahn- und Rechteck-Wellen, die man zudem gleichzeitig nutzen kann. Die Pulsbreite ist manuell sehr weit einstellbar. Im extremen Regelbereich ist dann auch nichts mehr hörbar. Die Stimmung ist nur in Halbtonschritten veränderbar, wobei die aktuelle Tonhöhe im Display angezeigt wird. OSC B sieht neben Puls und Sägezahn noch eine Dreiecksschwingung vor. Ferner lässt sich dieser noch im LFO-Modus betreiben, wozu man ihn dann vom Keyboard abkoppeln kann. Neben der Stimmung in Halbtonschritten lässt sich OSC B im Verhältnis zu OSC A feinstimmen. Und dies so nuanciert, dass man wahrlich keinen Chorus benötigt, um feinste Schwebungen zu erzeugen. Dieses Feintuning plus Filter macht für mich schon einen großen Teil des Sounds eines Prophet aus. Da geht klanglich wirklich die Sonne auf. Ein weiterer einfacher, aber wichtiger Klangparameter ist der Hard Sync von OSC A durch OSC B, der den Klang deutlich bissiger gestaltet.  

Die Oszillatoren und der Mixer des Prophet-5/-10. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Die Oszillatoren und der Mixer des Prophet-5/-10. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Audio Samples
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Feinstimmung von OSC B zu OSC A

Der Mixer

Von der Oszillator-Sektion geht es in den Mixer, wo sich der Noise Generator dazu gesellt. In diesem Bereich wird der Lautstärkeanteil aller drei Signalquellen (OSC A, OSC B und Noise) geregelt. Auf dem weiteren Weg gelangen wir in den Filterbereich mit Cutoff, Resonance, Keyboard Tracking (half/full), Envelope Amount und dem ADRS-Hüllkurvengenerator. Hier lassen sich die früheren Filtervarianten (1/2 und 3) abrufen, was einen sehr nuancierten Einfluss auf den Klangcharakter des Prophet hat. Die Revision 1/2 arbeitet mit einen von Dave Rossum entwickelten 2040 Low-Pass-Filter, während in der Version 3 das Low-Pass Filter CEM 3320 von Doug Curtis zum Einsatz kam. Die Umschaltung zwischen den beiden Varianten verändert zusätzlich das Verhalten der Hüllkurvengeneratoren. Während der Kurvenverlauf der Version 1/2 eher linear ausfällt, sind die Kurven der Version 3 doch eher „gebogen“. Dies hat natürlich Einfluss auf das Klangverhalten. Der anschließende VCA besteht aus den vier Reglern für ADS und R. Und damit wären wir bereits beim Master Tune, dem A=440-Hertz-Stimmton, und dem Regler für die Ausgangslautstärke angelangt.  

Der Mixer mit Noise-Generator. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Der Mixer mit Noise-Generator. (Foto: Nikolai Kaeßmann)

Poly Modulation, der Schlüssel für einen lebendigen Sound!

Auf der linken Seite liegt die Poly Modulation, die zwei Modulationsquellen (Filterhüllkurve und Oszillator B) auf drei Modulationsziele routet (Frequenz A, Filter und Pulsbreite A). Dabei ist die Intensität der Modulation regelbar. Im Prinzip haben wir es mit einer einfachen Modulationsmatrix zu tun. So einfach dieser Bereich wirkt, so entscheidend ist er für die Klangvielfalt, oder besser, Lebendigkeit dieser Synthesizer-Legende. Warum Poly Mod?
Zur Erklärung ein Beispiel: In dem Fall, in dem wir Oszillator B als LFO verwenden, verfügen wir über zehn separate LFOs (zur Erinnerung: Der Prophet 10 hat 10 Stimmen mit insgesamt 2x 10 Oszillatoren). Was passiert, wenn die Tastatur weiterhin die Tonhöhe von Oszillator B bestimmt? Richtig, wir verändern von Taste zu Taste die Frequenz (Tonhöhe) von Oszillator B und damit dann die Modulationsgeschwindigkeit. Spielen wir jetzt einen Akkord, dann weicht die Modulationsfrequenz von einem zum anderen Ton eines Akkordes ab. Dieser im ersten Moment unscheinbare Effekt erzeugt eine Lebendigkeit im Klang, die man vielleicht gar nicht hört – aber fühlt.  Das macht schon einen Unterschied.
Das können wir nun weiterspinnen, wenn wir Oszillator A mit Oszillator B modulieren, wenn dieser nicht im LFO-Modus steht. Dann reden wir von der FM-Modulation. Hier liegt die Ursache dafür, dass der Prophet nicht nur die warmen analogen Klangteppiche hervorzaubert, sondern auch glockenartige, metallische und recht aggressive Sounds.

Fotostrecke: 3 Bilder Die Poly Modulation hat entscheidenden Einfluss auf den Klang des Prophet 5/10. (Foto: Nikolai Kaeßmann)

LFO

In Zusammenhang mit dem Modulationsrad gibt es noch eine zweite Modulationseinheit, die wahlweise den LFO (Sägezahn, Dreieck, Rechteck) und/oder das Rauschen (stufenlos mischbar) auf die Frequenz von Oszillator A, B, PW A, PW B oder das Filter legt. Die Intensität bestimmt man dann per Modulationsrad oder Aftertouch. 

Gegenüber der Ursprungsversion bieten Prophet-5 und Prophet-10 breitere Pitch- und Modwheels. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Gegenüber der Ursprungsversion bieten Prophet-5 und Prophet-10 breitere Pitch- und Modwheels. (Foto: Nikolai Kaeßmann)

Die Tastatur

Damit wären wir bei einem weiteren Highlight des Prophet-5/Prophet-10 angekommen: Sequential hat beiden Versionen eine anschlagdynamische Fatar-Tastatur mit Aftertouch verbaut, was die Instrumente aufwertet. Beide Funktionen lassen sich einzeln auf Filter und/oder AMP (Dynamik), oder auf Filter und/oder LFO (Aftertouch) routen bzw. ganz deaktivieren. Vergessen sollte man nicht die Glide-Funktion, die polyphon wie monophon nutzbar ist. Nicht sofort auffindbar dürfte die Chord-Memory-Funktion sein. Es ist allerdings einfach, wenn man es weiß: Gewünschten Akkord spielen und die Unison-Taste drücken. Schon liegt der Akkord auf einer Taste.

Sequential verbaut in beiden neuen Prophet-5 und -10-Modellen eine 61-tastige Fatar-Tastatur mit Anschlagdynamik und Aftertouch.
Sequential verbaut in beiden neuen Prophet-5 und -10-Modellen eine 61-tastige Fatar-Tastatur mit Anschlagdynamik und Aftertouch.

Die Speicher-Architektur

Hatte der alte Prophet nur 40 Speicher, so wartet die aktuelle Version mit 400 Programmen auf. Diese teilen sich auf in 200 Werkspresets, die man nicht überschreiben kann sowie 200 freie Speicherplätze für eigene Programme. Ein Programm wird durch eine dreistellige Ziffer angezeigt. Die erste Ziffer bezeichnet die „Group“ mit einem Wertebereich von 1 – 5. Gleiches gilt für die mit „Bank“ bezeichnete zweite Ziffer. Die dritte Stelle ruft schließlich die Programm-Nummer von 1 – 8 ab. Im Extremfall muss man also alle drei Taster bemühen.

Global Functions – übergeordnete Funktionen

Die Programmwahltasten bieten alle Doppelfunktionen, die ober- und unterhalb der Tasten in recht schwer lesbarer gräulicher Schrift bezeichnet werden. Da es sich um globale Funktionen handelt, beziehen sich diese Parameter immer auf das Gesamtinstrument, sind also nicht je Programm speicherbar. Darunter finden wir z. B. die Einstellungen der Empfindlichkeit von Aftertouch und Velocity, oder der verschiedenen Skalen. Besonders letzteres hätte ich mir pro Programm speicherbar gewünscht, denn man möchte vielleicht nur vereinzelte Klänge mit einer alternativen Stimmung spielen.

Anschlüsse

Der Signalweg des Prophet-5/-10 ist konsequent mono, nicht multitimbral und bietet keine Effekt-Engine, die ein Stereosignal erzeugen könnte. Insofern ist klar, dass das Instrument nur über einen Monoausgang verfügt. Weitere Anschlüsse sind: Kopfhörer, MIDI In/Out/Thru, USB (MIDI, kein Audio), Pedal (für Lautstärke und Filter Cutoff separat), Release-Fußschalter und, Überraschung: Der Prophet bietet CV In/Out (1 V/oct) sowie Gate In/Out. So ausgerüstet kann man ihn auch in die modulare Synthesizerwelt integrieren. Allerdings hat man keinen direkten Zugriff auf Filter oder andere Funktionen. Schade eigentlich. Mit ein paar Tricks könnte man den Pedaleingang für Filter Cutoff zweckentfremden, was jedoch umständlich ist.

Die Anschlüsse des Prophet-5/-10 auf der Rückseite des Gehäuses. (Foto: Gerald Dellmann)
Die Anschlüsse des Prophet-5/-10 auf der Rückseite des Gehäuses. (Foto: Gerald Dellmann)
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Praxis

Vieles etwas anders

Schaut man sich die Specs des neuen Prophet-5/-10 an, wird man nach Features, die bei heutigen Synthesizern fast schon zur Standardausrüstung gehören, vergeblich suchen: Effekte, Sequenzer und Arpeggiator. Und konsequenterweise gibt es nur einen Monoausgang für das Audiosignal. Persönlich halte ich dies keineswegs für ein Manko. Der Sequential Prophet-5/-10 ist kein ‚Synth-to-go‘, den man einfach mal so kauft. Wer so viel Geld in einen analogen Synthesizer investiert, der verfügt in der Regel über die entsprechende Peripherie, die den integrierten Effekten heutiger Synthesizer meist überlegen ist. Insofern hat das Instrument es auch nicht nötig, sich beim ersten Hör-Check im Laden direkt mit „wilden“ Sounds und Effekten Gehör und Respekt zu verschaffen. Viele aktuelle Klangerzeuger machen mit ihren Performance-Sounds das gesamte Frequenzspektrum bereits so dicht, dass in einem etwaigen Playback gar kein Platz mehr für weitere Klangelemente (Instrumente, Vocals …) ist. Das ist allerdings so gewünscht, denn Stereoklänge sind Verkaufsargumente. Schön dann, wenn man diese Effekte auch abschalten kann, wenn es zu einer professionelleren Aufnahmesituation komme sollte. Beim Prophet fehlt diese Peripherie. Sequenzer und Arpeggiator kann man heute mithilfe jeder DAW dazu schalten.

Verbindung mit der Eurorackwelt

Steuert man den Prophet über die CV/Gate-Anschlüsse mit einem Eurorack-Sequencer an, dann ist die 5. Stimme dafür reserviert. Der Prophet-10 ist in diesem Moment „nur“ noch 9-stimmig spielbar, die 5er-Version demnach vierstimmig. Gute Sache. Leider hat Sequential keine weiteren Steuermöglichkeiten integriert. Die CV/Gate-Anschlüsse sind übrigens in normaler Klinkengröße ausgelegt, sodass man für die Eurorackwelt einen Adapter benötigt. Den hätte man bei dem Preis allerdings dazu packen können.

Die Bedienung

Bis auf einige Funktionen (z. B. Global) hat jede Funktion ihr dediziertes Bedienelement, der Aufbau ist klar und nachvollziehbar. Das macht den Umgang mit diesem Synthesizer so einfach. Die Struktur der GUI lädt förmlich dazu ein, an eigenen Klangfarben zu schrauben. Sehr hilfreich dabei sind die Compare-Funktion und die Möglichkeit, im Panel-Mode den Synth so zu hören, wie die aktuelle Einstellung sie darstellt. Auch die Varianten, wie die Regler bei Veränderung eines Parametes reagieren sollen, sollten hervorgehoben werden. Im Global Modus wird eingestellt, ob der Wert sich bei Betätigung abrupt ändert oder „weich“, relativ zu dem gespeicherten Wert.
Ein wenig hadere ich mit der Logik der 400 Speicherplätze, die man mit Group, Bank und Program umschaltet.  Wechselt man beispielsweise von #134 auf #358, so muss man drei Taster durchsteppen. Und ein Programm #179 gibt es demnach gar nicht. Die höchste Programmnummer lautet #558 bei maximal 400 Sounds. Beim „alten“ Prophet war das mit zwei Stellen kein Problem, mit drei Stellen wirkt es schon weniger elegant. Daneben finde ich das Display nicht mehr zweitgemäß, eine Bezeichnung der Klangprogramme in Klarschrift wäre schon toll. Echte Puristen werden bei dieser Anmerkung wahrscheinlich aufschreien, aber muss man bei einem Nachbau selbst die Schwächen der damaligen Zeit übernehmen? Beim Tuning hat man ja auch vermieden die Probleme zu kopieren.

Die griffigen Potis erwecken nostalgische Gefühle. (Foto: Nikolai Kaeßmann)
Die griffigen Potis erwecken nostalgische Gefühle. (Foto: Nikolai Kaeßmann)

Stimmstabilität

Unser Vergleichs-Prophet hatte schon erkennbare Stimmungsschwankungen, da musste man wirklich regelmäßig den Herzschrittmacher aktivieren und den Tune-Knopf drücken, der den alten Herrn wieder auf Trab brachte. Die Stimmstabilität des Prophet-10 war dagegen ausgezeichnet. Man kann die Oszillatoren kalibrieren, was man nach dem Einschalten regelmäßig durchführen sollte und muss dann mit rund zwei Minuten Kaffeepause rechnen.

Die Tastatur

Dem Anwender stehen in beiden neuen Prophets (-5/-10) 61 Tasten in Normalgröße mit hinzuschaltbarem Aftertouch und Velocity zur Verfügung. Bei der Tastatur selbst handelt sich um eine halbgewichtete Fatar-Tastatur von guter Qualität. Die schönen Analogsounds dynamisch spielen zu können, macht sie natürlich noch wertvoller. Das ist ohne Zweifel ein Riesen-Pluspunkt gegenüber der alten Version. 

Klangvergleich: Rev 1/2 mit Rev 3 und der Vintage Knob

Der Charakter der alten Systeme wurde durch Revisionen/Updates und selbst durch ein nicht vorhersehbares Verhalten und gewisse Unzulänglichkeiten der Bauteile früherer analoger Systeme verursacht. Diesem Umstand trägt Sequential bei der neuen Version mit den Filtervarianten Rev 1/2 und 3 sowie mit einem Vintage Knob Rechnung. Wie das erste Klangbeispiele zeigt, sind die Unterschiede zwischen den Versionen recht gering. Das ändert sich erst, wenn man die Resonance mit aufdreht, dann wird der Klangunterschied zwischen den Revisionen deutlicher.

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Revision 1/2 und 3 im Wechsel bei Resonanz Null. Revision 1/2 und 3 bei halb und voll aufgedrehter Resonanz.

Der Vintage-Regler ist eine Art Zeitmaschine, die man von Version 4 bis in die 1980er Jahre zurückdrehen kann. Damit wird der „eigene Charakter“ der damaligen Bauteile nachempfunden. Da passiert wieder speziell bei aufgedrehter Resonanz einiges. Es lohnt sich auf jeden Fall, sich mit diesem Regler auseinanderzusetzen, denn dadurch lässt sich der Charakter des Prophet-5/-10 beeinflussen.

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Klangveränderungen durch den Vintage-Regler sind deutlich hörbar.

Klangvergleich: Alter Prophet / Neuer Prophet

Es wird oft unterschätzt, wie sehr sich analoge Bauteile und damit der Klang eines Instruments im Lauf der Zeit verändern. Klingt unser alter Prophet wirklich noch so, wie er es vor 40 Jahren tat? Hat sich insbesondere beim Filter etwas verändert? Startet man nur mit den VCOs bei voll aufgedrehtem Filter, dann sind eigentlich keine Unterschiede zu hören. Das war zu erwarten. Nicht viel anders verhielt es sich, wenn wir den neuen Prophet mit Variante 1/2 und den alten Prophet verglichen (obwohl uns dieser als Rev 3-Version angekündigt war). Erst der Vergleich „Neu Rev 3“ und „Alt“ förderte klangliche Unterschiede zutage (wir hören je 2x Rev 1/2 – alter Prophet und dann 2x Rev 3 – alter Prophet).

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Prophet neu und alt mit geschlossenem Filter Prophet neu und alt mit halb offenem Filter Prophet neu Filterfahrt Rev1 und Rev2 Prophet neu Filterfahrt Rev3

Die Unterschiede sind marginal, und es ist wirklich fraglich, ob man diese später, wenn sich der Prophet-Sound in ein Playback einbettet, überhaupt noch hört. Etwas deutlicher wird es, wenn man den Resonance-Regler aufdreht. Beide Filter verloren deutlich an Tiefen (was normal ist), wobei die alte Variante vielleicht ein wenig „dreckiger“ ist. Nähme man einen weiteren alten Prophet dazu, könnte das alles anders aussehen oder besser gesagt, anders klingen. Gerade das macht den Reiz der alten Kisten aus, sie sind ein wenig unberechenbar. Insofern sind die Vergleiche alt/neu immer mit Vorsicht zu betrachten. Hinzu kommt noch, dass man mit der Feststellung eines (kleinen) Unterschieds ja noch lange nicht entschieden hat, welche Version den nun heute besser klingt? Und – bei allen kleinen Unterschieden, der Prophet-Charakter geht dabei nie verloren. Und das ist ein Kompliment.

Audiobeispiele zu Prophet-5 und Prophet-10

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Klassisches Pad Brass Lead 1 Underwater Thrill Lead 2 mit Mod Wheel Stabby Bass Percussive Organ Choral Voices Bass FX Drummer Typical Synth Bass Bells Spacecopter Synthbass mit Wechsel Rev1/2 und Rev 3 und Vintage Knob Clavinet mit Hard Sync

Sequential Prophet-10 Sound Demo (no talking)

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Fazit

Der Sequential Prophet-10/Prophet-5 ist eine absolut gelungene Neuauflage des früheren Synthesizer-Klassikers. Der (heutige) analoge Klang gibt dem Zuhörer alles, was er erwartet: Warme und breite Sounds, fette Bässe, weiche Pads, aggressive Leads bis hin zu wirklich schönen FM-Klängen. Das ist ein analoges Klangerlebnis in Perfektion. Trotzdem birgt so eine Replika auch die Gefahr, dass etwas vom Legenden-Status abbröckelt. Damals war der Prophet eine klangliche Sensation. Wer diesen besaß, der war soundmäßig eindeutig im Vorteil. Bei aller Qualität erzeugt der Synth heute – abgesehen von eingefleischten Liebhabern – keinesfalls mehr die gleiche Faszination wie vor rund 40 Jahren. Der Duft des neuen, bisher ungehörten Klanges ist zwangsläufig nicht mehr da. Zu groß und zu gut ist das Angebot an analogen Synthesizern auf dem heutigen Markt. Muss man ihn haben, will man ihn haben, oder braucht man ihn nicht? Eines ist klar, ein Schnäppchen ist das nicht. Die Entscheidung darüber fällt daher weniger im Kopf als im Herz und im Bauch – und natürlich im Portemonnaie.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Toller Sound
  • 5/10 analoge Stimmen
  • Aftertouch und Dynamik
  • Gute Tastatur
  • Verschiedene Revisionen in einem Gerät
  • Vintage-Funktion
  • Übersichtliche GUI
  • CV/Gate-Anbindung
Contra
  • Programm-Architektur
  • Preis
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Sequential Prophet-5 und Prophet-10 Test
Für 4.499,00€ bei
Tolle Neuauflage des Prophet-Klassiskers von Sequential mit den Modellen Prophet-5 und Prophet-10
Tolle Neuauflage des Prophet-Klassiskers von Sequential mit den Modellen Prophet-5 und Prophet-10
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Profilbild von polysix

polysix sagt:

#1 - 28.02.2021 um 06:51 Uhr

0

BEST. SYNTH. EVER.Prophet 10 rev 4 is Dave's dream fully and finally realised!

    Profilbild von Chris

    Chris sagt:

    #1.1 - 16.03.2021 um 18:31 Uhr

    0

    Actually it was our (the musician's) dream he finally realised :-) Originally he didn't want to reissued it, that's what he said so many times. But now with Uli on the way, he thought about it ;-) fantastic sound, fantastic hardware, a classic. So happy beeing able to buy it new.

Profilbild von Chris

Chris sagt:

#2 - 16.03.2021 um 18:23 Uhr

0

Super Testbericht! Und das auch noch von Herrn Dellmann, dem KEYBOARDS Experten :-)“It is not a synthesizer you buy. It is the hope of getting back a feeling that has gone lost on the way of getting older.” - der dümmste Kommentar ever. Hartmann erkennt nicht, daß bei einem Synthesizer der Sound im Vordergrund steht, kombiniert mit einem effektiven Design - es ist ein Musikinstrument und kein Kunstwerk, das an die Wand gehängt wird! Mit dieser kranken Mentalität kann nichts Vernünftiges entstehen - den UDO Super 6 hat er mit den grellen Farben eines trendigen Turnschuhs regelrecht an die Wand gefahren. Vom unrühmlichen Alesis Andromeda wollen wir gar nicht reden...Nein, die frühen analogen Synthesizer hatten einen Klangvolumen, der von den meisten heutigen Synthesizern nicht erreicht wird: Roland Jupiter-8, Prophet-5... ich habe mir den Prophet-5 gekauft und der Sound ist wirklich exzellent wie bei einem Vintage-Exemplar. Sound und Design: einfach zeitlos. Ach ja, ich finde es super, daß es kein großes Display gibt: Die Sounds müssen schließlich auch benannt werden und das kostet nur Zeit. Ich finde den neuen Prophet-5 genial und bin Dave Smith dankbar, daß er sich so nah an dem Vintage Prophet gehalten hat. Wer sich über fehlendem Display, fehlendem Arpeggiator, fehlenden Effekten beschwert, der braucht keinen Prophet-5, sondern etwas anderes.

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