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Behringer Pro-1 Test

Es ist schon eine Weile her, da besaß ich ein einen Sequential Circuits Pro-One. Und zwar genau den hier. Lang ist es her – aber als ich den Behringer Pro-1 in der Hand hielt kamen direkt alte Gefühle hoch – von der Trauer über verpasste Spekulationsgewinne ganz zu schweigen.

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Der B-Klon sieht also wirklich identisch aus – nur die kaum brauchbare Tastatur des Originals fehlt. Was kann der Behringer Pro-1, was macht er besser – und wo tut er seinem Erbe keinen Gefallen? Wir finden es heraus!

Details

Das Behringer 101

Der Behringer Pro-1 ist ein Remake des legendären Mono-Synths Sequential Circuits Pro-One – etwas kleiner und ohne Tastatur, dafür aber mit modernen Features wie MIDI, USB und noch mehr CV-I/Os. Wie alle frechen Klone aus dem Hause B. ist auch dieser Synth Eurorack fähig (80TE) und mit den meisten Modularen Synths kompatibel.

Fotostrecke: 2 Bilder Klarer, logischer Aufbau: So kennt und schätzt man den Pro-One seit Jahrzehnten. Und da Behringer das nur kopiert, können sie nicht viel falsch machen.

Erster Eindruck

Billig fühlte sich bereits das Original an und da macht der leichte Behringer keine Ausnahme, auch die unnötigen Holzseitenteile helfen nicht das zu kaschieren. Die Potis aber sind fest und stabil verbaut, beim Original waren sie stets eine Wackelpartie. Doch genug der Retroperspektive – schauen wir uns den Synth an wie er ist.

Dual-OSC, monophon und paraphon

Der Pro-1 ist ein monophoner Desktop-Synth mit zwei Oszillatoren. Beide OSCs sind über vier Oktaven stimmbar, verfügen gleichzeitig über Sägezahn und Puls sowie Pulsweiten-Modulation (PWM). OSC-B kann auch als Dreieck schwingen, vom Pitch ausgenommen werden (KYBD OFF) und sogar als LFO arbeiten (LO FREQ). Außerdem kann er OSC-A Hard-Sync geben, yes!

Fotostrecke: 2 Bilder Zwei OSCs inklusive PWM und Hard-Sync sowie ein Mixer können bereits eine Menge anstellen!

Bei Bedarf sind beide OSCs paraphon spielbar – das ging beim Alten nicht. Priorität hat die höhere Note und die ist OSC-B zugeordnet, was etwas sonderbar anmutet und sich offensichtlich nicht verstellen lässt. Eventuell kommt noch ein Firmware-Update, vielleicht gibt es auch bereits einen Geheim-Move. Aufgrund des mangelnden Handbuchs konnte ich den jedoch noch nicht entdecken.

Audio Samples
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4 Takte Paraphon / 4 Takte Monophon / 4 Takte Paraphon / 4 Takte Monophon

Mixer, Filter, Amp und zwei ADSR-Hüllkurven

Im MIXER werden beide OSCs und auch NOISE/EXT gemischt. Letzteres gibt weißes Rauschen hinzu bzw. jedes andere Signal, sofern es über den External-In zugeführt wird. Ferner kann externes Audio zum triggern des Gates verwendet werden. Danach geht es gesammelt und summiert in das resonanzfähige Low-Pass-Filter, was – wie der Amp – einen eigenen ADSR-Envelope kennt. Hinzukommt Master-Tune, Master-Volume, Glide und ein eigenständiger LFO (Dreieck, Puls und Sägezahn). Alles ganz klassisch bis hierhin.

Zwei ADSR-Envelopes für Amp und Filter.
Zwei ADSR-Envelopes für Amp und Filter.


Oldschool Clock und Sequenzer

Der LFO arbeitet auch als Clock für den unscheinbaren 64-Step SEQUENCER und den ARP (Up, Up/Down). Der Sequenzer ist simpel aber effektiv und speichert Noten um sie nacheinander mit jedem Triggerimpuls zu spielen. Dient etwas ‚Grooviges‘ als externer Trigger, beispielsweise eine Drummachine, dann groovt auch die Sequenz. Im Synthpop der 1980er wurde diese Methode häufig eingesetzt.

Clevere Modulation

Die Modulation-Matrix des Pro-1 ist auf der linken Seite beheimatet, simpel gehalten – und genial. Sie bietet drei Quellen (FROM) und vier Ziele (TO), welche über zwei Wege (ROUTE) erreicht werden können. Diese Wege, DIRECT und WHEEL benannt, werden über Schiebeschalter zugewiesen. 

Fotostrecke: 2 Bilder Die Modulation-Sektion mit 3 Quellen, 2 Wegen und 5 Zielen.

Als Desktop-Synth bietet der Pro-1 leider kein Mod-Wheel, was die Instant-Flexibilität beschränkt. Ohne Mod-Wheel bleibt die Wheel-Route Null und damit inaktiv. Behringer geht einen Umweg über MIDI, auch ist eine ModWheel-CV-Buchse am Start. Ein kleiner „Wheel-Bypass“ Schalter wäre dennoch wünschenswert gewesen, um auch ohne Zubehör aus den Vollen schöpfen zu können.
Zugutehalten muss man Behringer, dass die Wheel-Modulation über MIDI-CC#1 ansprechbar und damit digital automatisierbar ist; quasi wie ein eingebautes verstecktes Mini-MIDI-2-CV-Interface, wenn man so will. Umwege über die zusätzlichen CV-Buchsen am Gerät kann man eher nicht nutzen, weil allein OSC-B als Quelle und PWM als Ziel fehlen. Schade.
Die drei FROM-Quellen – FILTER-ENV, OSC-B und LFO – verfügen über je ein AMOUNT Poti und einen zweistufigen ROUTE-Schalter (Direct und Wheel). In der TO-Sektion findet man wiederum dreistufige Schiebeschalter, die dann den fünf Zielen einen der beiden Wege, oder OFF, zuordnen. Mehrfach-Verknüpfungen sind also möglich. Die Ziele lauten: OSC-A FREQ, OSC-A PWM, OSC-B FREQ, OSC-B PWM und FILTER. Weil das alles gerade recht kompliziert anmutet, hören wir uns doch einfach mal ein paar Kickdrums an, erzeugt durch unterschiedliche Modulationen.

Audio Samples
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KICK-A: Filter Envelop -> OSC A Freq (Pulse) KICK-B: plus OSC B (Pulse), no extra Modulation KICK-C: plus OSC B Freq -> OSC B PW via Wheel with MIDI-Automation KICK-D: plus OSC B Freq -> Filter via Wheel with MIDI-Automation

Kaum MIDI, aber CV

Und das war es im Prinzip am Synth selbst. Hinzu kommen unterschiedliche Audio-Anschlüsse sowie die vielen CV-Ein und -Ausgänge auf der Oberseite. Wer ein MIDI/CV-Interface sein eigen nennt, kann viele Parameter via MIDI und DAW automatisieren. Mehr als simples Note on/off und ModWheel via MIDI versteht der Behringer Pro-1 leider nicht; nicht einmal Velocity. Das alles ist nicht schlimm und dem kleinen Preis geschuldet. Immerhin geben der LFO und der Sequenzer MIDI raus.
Die Leiste mit den 3,5mm Klinkenbuchsen der I/Os im oberen Bereich erklärt sich von selbst, sodass ich nur eine Auflistung in Eingänge, Ausgänge und Audio vornehmen werde:
CV/Trigger- Eingänge

  • MOD Wheel CV
  • OSC CV
  • Gate/Clock Trigger
  • LFO CV
  • Cutoff CV
  • Resonanz CV
Fotostrecke: 2 Bilder Die CV-I/Os des Pro-1 sind deutlich umfangreicher als beim Original.

CV/Trigger-Ausgänge

  • LFO CV
  • Keyboard CV
  • Gate Trigger
  • Filter Envelope CV
  • Amp Envelope CV

Audio-I/Os

  • 3,5 mm Audio Out (parallel zum 6,35 mm Main-Out)
  • Phones Out (Pseudo-Stereo)
  • Mixer Out (Pre-Filter, Pre-Amp)
  • External In ( für Audio und Audio-Trigger)

Zusätzlich stehen eine MIDI-In Buchse auf der Front sowie ein MIDI-Out/Thru auf der Rückseite zur Verfügung, inklusive Mäuseklaviatur für den MIDI-Eingangs-Channel. Netzteil-Anschluss, Power-Schalter und Main-Out auf 6,35 mm Mono-Klinke finden sich ebenfalls auf der Rückseite.

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Praxis

Never change a winning team

Der Pro-One ist ein toll designer Synth mit vielen Möglichkeiten, die clever kombiniert werden können, insbesondere für die damaligen Verhältnisse. Da Behringer das alles „nur“ kopiert hat konnten sie auch nicht viel falsch machen – das Lob an dieser Stelle geht also an den geistigen Eigentümer, Sequential Circuits. Mögen sie in Frieden ruhen.
Einen besonderen Stellenwert im Klang des Pro-One und des Pro-1 nehmen die sogenannten „Curtis-Chips“ ein, ICs, die es als OSCs und Filter gab. Im Zusammenspiel sorgen die technischen Besonderheiten für den recht ‚brassigen‘ und präsenten Klang; drahtig trifft es auch ganz gut. Die 40 Jahre alten Chips gibt es aber so nicht mehr, weswegen sie Behringer mit Cool Audio neu aufgelegtund sogar für Jedermann verfügbar gemacht hat. Das wiederum ist mehr als löblich, Uli Ehrenmann.

Klang

Und wie klingt er nun, der alte Plaste-Kasten? Ziemlich identisch, soweit ich mich erinnere. Einen echten Vergleich muss ich euch aus Ermangelung des Originals allerdings schuldig bleiben. Der Sound ist dennoch knackig, präsent und zeichnet sich wie das Originals durch markant-schnelle Hüllkurven aus. Dadurch eignet er sich bestens für perkussive und Attack-reiche Sounds. Kein Wunder das der Pro-One in den 1990ern bei Techno-Leuten hoch im Kurs stand. Mein Kollege Stefan Heinrichs hat hierzu folgendes tolles Video kredenzt, dem ich klanglich nichts hinzuzufügen habe.

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Quality Control

Was mir aber auffällt ist, dass die Auflösung der ADSR-Potis nicht besonders gut gelungen ist. Erst passiert nicht viel, dann auf wenigen Millimetern wiederum jede Menge. Der Sweetspot ist nicht geil. Allerdings sind die Hüllkurven auch nicht analog realisiert, sodass zu hoffen bleibt, dass ein Firmware-Update dies noch gerade bügeln kann. Hinzukommt, dass die Pitch-Regler der beiden OSCs bei meinem Testexemplar nicht sauber genullt waren und man mit Abweichungen um 10% beide Oszillatoren nicht easy auf „the 5th“ gestimmt bekommt. Ebenfalls eine Erwähnung wert an dieser Stelle ist, dass das Design des Tunings vom Original abweicht: Das begann bei ‚Null‘ und kannte keine negativen Werte. Der Pro-1 von Ulli hingegen hat die Null bei 12 Uhr. Theoretisch ist das sinnvoller, bei der Qualitätskontrolle nun aber störend. 

Intuitiver Aufbau, aber Luft nach oben

Das ein guter Synth nicht kompliziert sein muss, sieht man eindrucksvoll. Mit den vielen zusätzlichen CV-Buchsen die Behringer spendiert, geht auch mehr als beim Original. Allerdings bin ich unschlüssig, was ich davon halten soll: Klar, die wichtigsten Parameter können nun von außen moduliert und einige Controller können ihre CVs sogar nach außen geben. So richtig viel mehr – als was nicht schon vorher mit der integrierten Modulations-Sektion möglich war – kann ich mir auf Anhieb jetzt aber nicht vorstellen. Vielleicht kommt das aber noch mit der Zeit … 
Doch, warum in diesem Atemzug nicht gleich getrennte CV-Inputs für die Pitch-Steuerung von OSC-A und OSC-B verbaut, oder an getrennte CV-Outputs für beide OSCs gedacht wurde, eine CV-Kontrolle der Pulsweite integriert, oder noch ein paar CV-Outs verbaut wurden, die man über USB-MIDI hätte ansprechen können – das Alles erschließt sich mir nicht so ganz. Hätte das Ding doch nun auch nicht viel teurer gemacht … 
Auch die „per default“ brachliegende Wheel-Route der Modulations-Sektion stört. Klar, man kann ein MIDI-Keyboard daran hängen, aber war der Synth nicht für das Eurorack gedacht? Wer hat da Bock auf MIDI? Irgendwie nicht konsequent bzw. zu Ende gedacht. Apropos nicht zu Ende: Die bei Behringer permanent fehlenden Dokumentationen und die unfertig anmutenden Firmwares sind bei einer Riesenfirma wie Behringer einfach nicht akzeptabel. Warum setzt man sich auch nur selber so unter Druck? Klar, wer am Markt bestehen will, muss laut sein – aber eine Kopie-Ankündigung pro Monat weniger würde Behringer sicherlich nicht verstummen lassen – dafür aber eventuell Kapazitäten für ein vernünftiges Handbuch schaffen. Egal, das alles ist auch nur nörgeln auf hohen Niveau und so kommt nun auch das nicht weg zu diskutierende Totschlag-Argument eines jeden Behringer-Fanboys: Das Preis-Leistung-Verhältnis ist unschlagbar. Mag sein, aber ich lebe lieber nach folgender Maxime: Qualität ist das woran man sich erinnert, wenn der Preis längst vergessen ist… Ist auch besser für die Umwelt. 

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Fazit

Behringer bietet mit dem Pro-1 wiedermal viel Sound für wenig Geld – und das Preis/Leistung-Verhältnis bleibt unschlagbar. Dennoch stören mich hier einige Details mehr als sonst, angefangen beim unrunden Auflösen der Envelopes sowie die unsaubere Kalibrierung meines Testexemplars. Auch ein simpler Mod-Wheel-Bypass fehlt mir, was mit Hinblick auf Desktop-Nutzung und das Potenzial der Modulation-Sektion verwundert. Alles nicht wirklich tragisch, aber warum nicht einfach mal alles richtig geil machen? Der Klang ist doch schön analog und damit gut. 4 Sterne.

Pro
  • Toller Klang
  • Gute Haptik
  • Paraphon spielbar
  • Unschlagbarer Preis
  • Mod-Wheel via MIDI und CV
Contra
  • Schlechte Auflösung der ADSR-Parameter
  • Wheel-Route stand-alone nicht erreichbar
  • Verstimmter Nullpunkt des Pitch
  • Firmware nicht ganz ausgereift
  • Kein Handbuch verfügbar
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