Wenn man sich spieltechnisch und musikalisch an seinem Instrument verbessern möchte, ist das Studieren von Basslines des Motown-Plattenlabels und ihres Haus-und-Hof-Bassisten James Jamerson immer eine gute Wahl. Jeder Song, auf dem dieser legendäre Bassist mitwirkte, ist eine wahre Schatztruhe an Informationen. Da Jamerson viel improvisierte, sind die Transkriptionen seiner wunderbaren Basslines allerdings häufig recht zeitaufwändig. Nicht so unsere heutige Wahl: „I Can’t Help Myself (Sugar Pie Honey Bunch)“ ist ein Hit der Soul-Gesangsgruppe The Four Tops aus dem Jahr 1965 und sozusagen die Definition der „Soulformel“ auf dem E-Bass – weitere Infos dazu später. Hier gibt es also eine Menge zu lernen, und das Ganze ist in eine überschaubare Anzahl an Takten komprimiert. Aus Wenigem viel lernen – was will man mehr? Sehen wir uns also Jamersons Bassline von „I Can’t Help Myself (Sugar Pie Honey Bunch)“ einmal unter der Lupe an.

„I Can’t Help Myself“ – Video
Hier der originale Song zum Genießen:
„I Can’t Help Myself“ – Rhythmik
Hier bleibt es sehr überschaubar: Wir haben es mit einem eintaktigem Pattern zu tun, welches sich bis auf den letzten Takt der Form beständig wiederholt. Im Prinzip spielt Jamerson hier konstant fortlaufende Achtelnoten. Die schwere Zählzeit 3 (Downbeat) antizipiert er jedoch um eine Achtel auf die 2+. Das verleiht den Ganzen eine Art Topspin- bzw. Beschleunigungs-Effekt. Die einzige Abweichung von diesem Muster ist der Break im jeweils letzten Takt der Form.
Doch Achtung, Jamerson wäre nicht Jamerson, wenn er nicht eine kleine Stolperfalle eingebaut hätte: Die Zählzeit 1, also die erste Achtelnote jedes Taktes, spielt er staccato (kurz). Dieses interessante Feature sorgt für einen ganz besonderen Drive, kann aber durchaus eine kleine Herausforderung in Sachen Koordination der rechten und linken Hand sein.
Ich kann euch sehr empfehlen, beim Üben die Bassline (oder wahlweise auch nur den ersten Takt) einmal ohne und einmal mit der kurzen 1 zu spielen: Auf diese Weise kann man wirklich sehr gut hören, welchen Unterschied diese auf den ersten Blick eher als Kleinigkeit daherkommende Artikulation macht.
„I Can’t Help Myself“ – Tonmaterial
Kommen wir zu dem, was ich eingangs „Soulformel“ genannt habe. Diese ist von James Jamerson in „I Can’t Help Myself (Sugar Pie Honey Bunch)“ nicht zum ersten mal verwendet worden. Allerdings kommt sie hier in ihrer absoluten Reinform vor und daher gilt der Song als Paradebeispiel für die weiter oben bereits beschriebene „Soulformel“: Für Dur-Akkorde (wie hier C, G und F) kommen dabei der Grundton, die Quinte und die Sexte des jeweiligen Akkordes zum Einsatz. Um den Unterschied zu Moll-Akkorden hörbar zu machen, nutzt Jamerson für diese im Gegensatz Grundton, Quinte und Septime.
Sämtliche Töne können natürlich in jeder beliebigen Lage verwendet werden. Die Quinte zum Beispiel gibt es ja im gleichen Bund eine Saite tiefer oder eine Saite und zwei Bünde höher. Paart man dies noch mit unterschiedlichen Rhythmen, ergibt sich bereits aus dieser kleinen Auswahl an Tönen eine nahezu unendliche Anzahl möglicher Basslines – Herz, was willst du mehr?

„I Can’t Help Myself“ – Spieltechnik und Basssound
James Jamerson war eigentlich Kontrabassist und übertrug im Wesentlichen die Kontrabass-Spieltechnik auf seinen 1962er Fender Precision Bass, welchen er „The Funk Machine“ nannte. Daher schlug er die Strings lediglich mit dem Zeigefinger an – eine Spieltechnik, die in Kontrabasskreisen weit verbreitet ist. Dies machte er allerdings so eindrucksvoll, dass besagter Zeigefinger unter dem Namen „The Hook“ in die Musikgeschichte einging!
Natürlich kommt Jamersons Einfingeranschlag eine enorme Bedeutung bei der Erzeugung seines sensationell warmen und gleichmäßigen Basssounds zu. Darüber hinaus benutzte der Motown-Bassist Flatwound Strings aus dem Hause LaBella. Unter der Abdeckung an der Brücke, die häufig als „Aschenbecher“ bezeichnet wird, steckte ein Stück Schaumstoff, um die Saiten zu dämpfen.
„I Can’t Help Myself“ – Transkription
Hier findet ihr die Transkribtion und das von mir eingespielte Soundfile.
Viel Spaß und bis zum nächsten Mal, Thomas Meinlschmidt























