Mit umfangreicher Wavetable- und VA-Engine, Model Expansion und Motional Pad definiert der Roland GAIA 2 die zweite Generation des Synthesizer-Klassikers GAIA – hier bei uns im Test. Mit einem Preis von rund 900 Euro und klassischer Hardware mit normalgroßen Tasten will er kein Lifestyle-Produkt sein. Vielmehr richtet er sich an Musiker, die zum Soundtüfteln animiert werden wollen.
Zugegeben, der Vorgänger GAIA war in seiner Zeit bereits ein recht guter VA-Synthesizer, auch wenn er nie den Kultstatus eines JP-8000 oder Juno-60 erreichte. Daher haben wir den Roland GAIA 2 mit großer Spannung erwartet, heimlich das Unboxing zelebriert und nach einem halbstündigen Check bereits ein positives Fazit gezogen. Wie gut Rolands neuer Performance-Synthesizer wirklich ist, verrät dieser Test.
Details
Roland GAIA 2 – das Wichtigste in Kürze
- 22-stimmiger Performance-Synthesizer
- 37er Tastatur (Standardgröße)
- XY-Pad (Motion Recording und Playback)
- Umfangreiche Wavetable- und VA-Synthese-Engine
- SH-101 Model Expansion vorinstalliert
- Erweiterbar durch Model Expansions
- Step-Sequencer, Arpeggiator und Effekte
- 256 Preset Tones, 512 User Tones
- Relativ einfaches Handling
- Guter Einsteiger-Synth
Gehen wir im Kalender mehr als eine Dekade zurück und betrachten noch einmal kurz den ersten Roland GAIA.
Roland Gaia – die erste Generation
Der Roland GAIA SH01 erschien 2010 und konnte im Bonedo-Test überzeugen. Er bietet zwar satte 64 Stimmen, konzentriert sich bei der Klangerzeugung aber mehr oder weniger auf virtuell-analoge Synthese mit einer Effektsektion, die ausgerechnet einen Chorus vergisst.
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Dennoch klingt der erste GAIA satt und die Patches sind einfach zu programmieren, weshalb Roland ihn auch als „Lehrobjekt“ vermarktete. Ein Display sucht man bei dem sehr günstigen Gerät (Straßenpreis unter 600 Euro) vergeblich.
Mit seiner Fülle an neuen Features (vor allem Wavetable-Synthese, Motional Pad und Sequenzer) ist der Roland GAIA 2 allerdings schon eine ganze Ecke weiter. Natürlich sind die Presets des alten VA-Synths nicht kompatibel, was man aber in Kauf nimmt.
Eigentlich hätte Roland den GAIA 2 auch „Silver Machine“ oder so ähnlich taufen können. Wie dem auch sei, unser Zwischenfazit lautet: Die Unterschiede zwischen zwei Produktgenerationen fallen in der Regel eher geringer aus.
Roland GAIA 2 – der erste Kontakt
Der zum Test erhaltene ca. 4,4 kg leichte und kompakte Roland GAIA 2 wirkt auf den ersten Blick funktional und modern. Er bringt viele Bedienelemente eng platziert auf der Oberfläche unter. In den meisten Keyboarderhänden liegen sie gut und fühlen sich weder zu klein noch zu groß an. Mit anderen Worten: Roland scheint einen Kompromiss zwischen Miniatur- und XL-Version anzustreben.
Das Aluminium-Panel – mit dezenten Streifen in Orange und Hellbau – nimmt schwitzige Fingerabdrücke schnell an und könnte mit einer zusätzlichen Farbgestaltung für eine bessere Orientierung am Gerät sorgen. Auch die Taster zur Auswahl der Bänke und Presets bedürfen eines genaueren Hinsehens.
Die leichtgewichtige 37er-Tastatur spielt sich angenehm, reagiert allerdings nicht auf Aftertouch. Statt des Roland-typischen Pitchbend/Modulationshebels gibt es zwei kleine Handräder. Darüber befinden sich dann noch einige nützliche Tasten: Octave, Transpose, Hold, Velocity. Mit der Chord-Taste lässt sich zudem spontan ein beliebiges Chord Memory aufrufen, das in einem User Tone abgespeichert werden kann.
Roland GAIA 2 Test – Panel mit Motional Pad
Im Gegensatz zum Vorgänger hat Roland dem GAIA 2 ein Display spendiert. Dabei handelt es sich um ein grafikfähiges OLED-Display mit 128 × 64 Bildpunkten, das den GAIA 2-Benutzer gut lesbar über aktuelle Einstellungen und vieles mehr informiert. Die Hauptattraktion befindet sich jedoch zentral auf dem Panel: das Motional Pad. Dabei handelt es sich um ein XY-Pad, das Parameter des Wavetable-Oszillators (P-Mod und S-Mod) oder zwei wählbare Sound- und Effektparameter steuert.
Beliebige Fingerbewegungen auf dem Pad können aufgezeichnet und später für emotionale Klanganimationen wiedergegeben werden. Zusätzlich stehen 31 vorprogrammierte Muster zur Verfügung. Das Motional Pad hat übrigens keine spürbaren Kanten. Man kann also versehentlich über das Pad gleiten und bei übertriebenem Eifer die Modulation ungewollt verlassen.
Anschlüsse des GAIA 2
Die Rückseite des Roland GAIA 2 zeigt sich eher unspektakulär: Klinken-Stereosumme, Kopfhörer-Buchse (zusätzlich Miniklinke auf Vorderseite), ein Anschluss für Sustain- oder Controller-Pedal, klassische MIDI In/Out-Buchse, USB-Port (Typ C) für Audio- und MIDI-Daten sowie ein USB-Port (Typ-A) für Speichern von Daten. Fürs externe Netzteil ist natürlich ein weiterer Anschluss vorhanden.
Roland GAIA 2 Test – Synthese-Power aus VA und Wavetable
Der Roland GAIA 2 steht für VA- und Wavetable-Synthese und kann optional mit Roland Model Expansions gegen Aufpreis erweitert werden. Vorinstalliert ist bereits der SH-101, weitere Models kann man sich über die Roland Cloud organisieren. Die maximale Polyphonie von 22 Stimmen variiert dabei je nach Sound oder Model Expansion. Insgesamt stehen 256 Preset Tones und 512 User Tones als Klangspeicher zur Verfügung.
Drei Oszillatoren teilen sich die Aufgabe der Klangerzeugung: Der erste Oszillator liefert 63 Wavetables. Der Import beliebiger Wavetable-Sets (wie beim Korg Modwave) ist leider nicht möglich. Die Wavetables lassen sich überdies durch Wave Position-, Phasen- und Shaping-Modulation in Bewegung versetzen. Hierfür steht der LFO 2 schon in Bereitschaft.
Oszillator 2 und 3 widmen sich der VA-Synthese und erzeugen jeweils Sine, Triangle, Square, Super Saw und fünf Noise-Wellenformen. Außerdem geben sie sich modulativ: Schon per Shape-Regler entstehen stufenlos klangliche Varianten. Ringmodulation, zweimal Crossmodulation und Oszillator-Synchronisation beherrscht der Roland GAIA 2 ebenfalls.
Filter, Hüllkurven, LFOs und FX bei Roland GAIA 2
Das beachtliche Multimode-Filter beim Roland GAIA 2 arbeitet als Tief-, Band- oder Hochpass mit jeweils 12/18/24 dB Flankensteilheit und bietet noch einen Drive-Parameter. Eine Bandsperre ist nicht verfügbar. Die Hüllkurve für Filter und Lautstärke entspricht dabei dem klassischen ADSR-Modell. In der Amp-Sektion erlaubt ein Tone-Regler zudem noch klangliche Veränderungen.
Der GAIA2 verfügt weiterhin über zwei temposynchrone LFOs. Sie beeinflussen jeweils vier Sound- und Effektparameter gleichzeitig, die direkt über das Panel angewählt werden können. Zusätzlich zu den fünf Wellenformen gibt es jeweils noch einen programmierbaren Step-LFO. Zusammen mit dem Motional Pad entstehen auf Wunsch rhythmisch detaillierte Klangmodulationen.
Auch bei den Effekten ist der GAIA breit aufgestellt: Ein Multieffekt mit 53 Typen (Comp, Mod, Delay, DJ), sieben Reverb/Delay-Typen (inkl. Shimmer-Reverb) sowie eine flexible Chorus-Sektion (inkl. Juno-Chorus) können in beliebigem Routing eingesetzt werden. Ein Master-EQ und Kompressor sind ebenfalls über die Menütaste abrufbar und tragen zur Klangpräsenz des GAIA 2 bei.
Roland GAIA 2 Test: Sequencer und Arpeggiator
Der Sequencer des Roland GAIA 2 ist ein Triebwerk für elektronische Musik und bietet bis zu 64 Steps. Jeder einzelne Step kann dabei acht Noten und vier Controls aufzeichnen. In Echtzeit, schrittweise oder im TR-Lauflicht-Modus kann man damit Sequenzen aufnehmen. Eine dosierbare Wahrscheinlichkeit sorgt bei der Wiedergabe eines Patterns für minimale Veränderungen. Eine Stärke des Sequenzer ist zudem der Random Pattern Generator. Man bestimmt vorab Länge, Skala, Velocity und weitere Parameter und lässt sich vom zufällig entstandenen Resultat überraschen. Man darf schon ein wenig mit den Voreinstellungen experimentieren, hitverdächtige Phrasen spuckt der GAIA 2 nicht sofort aus.
Etwas versteckt auf dem Panel liegt die Arpeggio-Sektion. Hier darf man allerdings keine Interaktivität wie beim Roland Juno-X oder Jupiter-X erwarten. Der Arpeggiator des GAIA 2 bringt vielmehr die klassischen Muster der Sorte „Auf/Ab/Zufall“ in den üblichen rhythmischen Auflösungen (1/16, 1/8, etc.), über bis zu drei Oktaven und mit variabler Notendauer (Duration).
DJ Del Monte sagt:
#1 - 11.10.2023 um 17:17 Uhr
Auf den ersten Blick eine interessante Erscheinung, auch wenn ich persönlich Silber nicht favorisiere. Manche hätten sicher die Fortsetzung des SW-Stils des GAIA 1 erwartet. Von den Funktionen sind auch etliche Möglichkeiten anderer Systeme nicht zu finden - wobei die Frage ist, wie weit man sich vom Modell 1 entfernen darf, ohne den Namen zu ändern. Was den Bericht angeht: Qualität, Art und Umfang der Wavetables (technische Details) sowie deren eventuelle Austauschbarkeit oder freie Programmierbarkeit durch den Benutzer bleiben hier etwas im Dunkeln. Dazu hätte man sich mehr gewünscht.
Matthias Sauer sagt:
#1.1 - 12.10.2023 um 10:38 Uhr
Danke für den Kommentar. Es sind 63 Wellensätze abrufbar. Das erste Audio-Demo zeigt eigentlich gut, was sie qualitativ bieten. User Wavetable-Import ist leider nicht vorgesehen. Evtl. kommt ein OS-Update für den GAIA 2, das den Wavetable-Sektor erweitert. Spätestens dann wird noch mehr zu erfahren sein. ✌️
Antwort auf #1 von DJ Del Monte
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