Was haben „Let It Be“ von den Beatles, „No Woman No Cry“ von Bob Marley und „Love Yourself“ von Justin Bieber gemeinsam? Gar nichts? Wie könnten die auch nur irgendetwas gemeinsam haben? Diese so völlig unterschiedlichen Songs kann man überhaupt nicht vergleichen? Du wirst dich gleich wundern!
Workshop: 4 Klavier-Akkorde mit denen du fast alle Songs spielen kannst. (Foto: Bonedo)
Alle eben genannten Titel haben eine nicht zu unterschätzende Gemeinsamkeit. In der Tat verwenden sie alle die gleichen Akkorde! Das klingt unglaublich, ist aber tatsächlich wahr. Alle drei Songs basieren auf den gleichen vier Akkorden. Und nicht nur diese drei Songs. Die Liste ist fast endlos. Künstler aus jedem erdenklichen Genre nutzen immer wieder das gleiche Akkordschema.
Da die Tonarten, die Tempi und natürlich auch die Melodien ganz anders gestaltet sind, fällt das nicht so ohne Weiteres auf. Das aber zeigt sehr deutlich, wie vielseitig Musik sein kann. Es gibt nur zwölf verschiedene Töne, in einer Tonleiter sind es sogar nur sieben. Und trotzdem lassen sich über Melodie und Rhythmus so viele Variationen komponieren, dass Keinem ohne weiteres auffällt, wenn dutzende oder sogar hunderte Songs die gleiche Akkordstruktur verwenden.
Bedeutet das nun, dass Oma tatsächlich Recht hat? Klingen aktuelle Lieder wirklich alle gleich? Ob das so ist und ob das gut oder schlecht ist, musst du selbst beurteilen. Für dich bedeutet das jetzt erst einmal: Wenn du diese vier Akkorde lernst, kannst du unglaublich viele Lieder damit spielen und begleiten. Und genau deshalb zeige ich dir jetzt, was dahintersteckt.
Wenn du feststellst, dass das alles noch ein bisschen viel für dich ist, solltest du zuerst den Artikel Kadenzen einfach erklärt! studieren. Die klassische Kadenz ist interessanterweise die Basis für das in so vielen Songs verwendete Akkordschema. Um welche vier Akkorde handelt es sich denn jetzt genau? Das erkläre ich euch anhand einiger interessanter Beispiele.
Part 1: Dur-Akkorde
Das ist eine C-Dur-Tonleiter.
Das sind die Töne der C-Dur Tonleiter in beiden Händen. (Foto: Tobias Homburger)
Bauen wir nun auf jedem Ton dieser C-Dur Tonleiter einen Akkord auf, mit den Tönen, die uns C-Dur liefert, sehen wir folgendes Bild.
Baut man auf jedem Ton der C-Dur Tonleiter einen Akkord auf, erhält man diese Harmonien. (Foto: Tobias Homburger)
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Diatonische Akkorde in C-Dur
Das sind die sieben Akkorde, die in C-Dur vorkommen können. Bestimmen wir sie, stellen wir folgende Verteilung fest.
So heißen die Akkorde, die in C-Dur vorkommen können. (Foto: Tobias Homburger)
Es gibt drei Dur-, drei Mollakkorde und einen verminderten Akkord. Also C-, F- und G-Dur, D-, E- und A-moll, sowie H-vermindert. Dabei bezeichnet man die Dur-Akkorde auch als Hauptklänge oder -funktionen und die Moll-Akkorde als Nebenklänge oder -funktionen.
Außerdem sind genau wie bei den Tonarten auch bestimmte Akkorde parallel oder verwandt. C-Dur und A-moll gehören zusammen, genau wie F-Dur und D-moll, sowie G-Dur und E-moll. Das ist deshalb wichtig, weil ein Akkord immer durch seine Parallele ersetzt werden kann. Statt C-Dur kann man also auch immer A-moll spielen. Und genau das passiert auch in unserer Akkordfolge.
Die so berühmte Akkordfolge besteht aus folgenden Akkorden:
I-IV-V-VI
Das sind die vier Akkorde, aus denen unglaublich viele Songs bestehen. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge I-IV-V-VI, alle Akkorde in Grundstellung gespielt
Das hört sich schon irgendwie interessant an. Aber natürlich werden die Akkorde nicht in dieser Reihenfolge genutzt. Die wahrscheinlich berühmteste Akkordfolge der Welt sieht so aus.
Und hier haben wir die meistgenutzte Akkordfolge der Welt. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge I-V-VI-IV, alle Akkorde in Grundstellung gespielt
Jetzt hört es sich schon fast nach einem Lied an. Wenn du meinen Artikel Kadenzen einfach erklärt! gelesen hast, weißt du aber bereits, dass es nicht so gut klingt, wenn man alle Akkorde in Grundstellung spielt und was Stimmführung bedeutet. Wendet man dieses Wissen an, klingt das Ganze noch viel besser.
Wenn du die verschiedenen Umkehrungen anwendest, klingt jede Akkordfolge oder Kadenz gleich viel besser. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge I-V-VI-V, gespielt mit korrekter Stimmführung
Denk daran, dass es sich dabei nur um einen Baustein handelt. Oft wird dieser abgewandelt oder ergänzt. Es gibt allerdings auch Songs, die komplett mit genau diesem Akkordschema auskommen. Jetzt untersuchen wir zuerst einmal die oben bereits erwähnten Songs.
Part 1: (Dur) The Beatles -“Let it be”
Fangen wir mit den Beatles an. „Let it be“ ist einer der berühmtesten Songs, die je geschrieben wurden. Schau dir die Strophe mit Text und Akkorden an.
Direkt am Anfang von „Let it be“ siehst du die berühmte Akkordfolge. (Foto: Tobias Homburger)
Hast du unsere vier Akkorde entdeckt? Sie kommen sogar auch genau in dieser Reihenfolge vor. Wie du siehst verändert der Komponist Paul McCartney schon in der zweiten Zeile des Refrains das Schema. Dennoch sind es dann immer noch die gleichen vier Akkorde. Und hier noch einmal zusammen mit der Melodie.
Gute Songs müssen nicht kompliziert sein. Sie müssen den Hörer einfach nur berühren. (Foto: Tobias Homburger)
Hier kannst du dir das Werk in voller Länge anhören. Wenn du die Akkorde bereits geübt hast, dann spiel doch einfach mit. Oder du verfolgst dabei einfach die Noten. Achte auch auf die Stimmführung der Intro-Akkorde.
Video: The Beatles – “Let it be”
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Ist das nicht erstaunlich? So unterschiedliche Songs, aber sie nutzen alle die gleichen Akkorde? Es gibt noch unzählige weitere Songs, die aus diesen vier Akkorden bestehen. Viele davon verwenden sie ebenfalls genau in dieser Reihenfolge.
Zum Beispiel:
Elton John – Can You Feel The Love Tonight
Alphaville – Forever Young
James Blunt – You Are Beautiful
Nena – 99 Luftballons
John Denver – Take Me Home, Country Roads
Jessie J – Flashlight
Charlie Puth – One Call Away
Enrique Iglesias – Hero
Billy Joel – We Didn’t Start The Fire
Miley Cirus – Party In The USA
Justin Bieber – Baby
Pink – Raise Your Glass
Carly Ray Jepsen – Call Me Maybe
Richard Marx – Right Here
Man könnte diese Liste fast endlos fortführen. Vielleicht fallen dir ja noch weitere Songs mit diesen vier Akkorden ein. Spielen kannst du sie jetzt auf jeden Fall alle!
Part 2: Moll-Akkorde
Ebenfalls sehr häufig verwendet wird die Moll-Version dieser Akkordfolge. Aber keine Panik, das ist nicht schwer.
C-Dur und A-moll sind ja wie bereits erwähnt parallel, oder verwandt. Das bedeutet, sie haben die gleichen Vorzeichen und sie benutzen die gleichen Töne. Deshalb begegnen wir in der A-moll-Version jetzt den gleichen Akkorden. Das ist die A-moll-Tonleiter.
Das sind die Töne der A-moll Tonleiter in beiden Händen. (Foto: Tobias Homburger)
Jetzt bauen wir wieder auf jedem Ton einen Akkord auf, mit den Tönen, die A-moll zur Verfügung stellt.
Baut man auf jedem Ton Der A-moll Tonleiter einen Akkord auf, erhält man diese Harmonien. (Foto: Tobias Homburger)
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Diatonische Akkorde in A-Moll
Und so heißen die Akkorde dann.
So heißen die Akkorde, die in A-moll vorkommen können. (Foto: Tobias Homburger)
Du siehst, es sind die gleichen wie in C-Dur. Allerdings ist der erste Akkord eben jetzt A-moll, C-Dur ist dann der dritte Akkord, usw. In Moll nutzen wir also diese Akkorde:
I-III-VI-VII
Aus diesen Akkorden besteht die berühmte Akkordfolge in A-moll. (Foto: Tobias Homburger)
In Moll sieht die Akkordfolge dann meistens so aus:
Das sind die vier Akkorde alle in Grundstellung. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge I-VI-III-VII komplett in Grundstellung gespielt
Jetzt wenden wir wieder das Stimmführungswissen an und erhalten dann das:
Du solltest Akkordfolgen und Kadenzen immer mit richtiger Stimmführung spielen, denn dann klingen sie einfach besser. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge I-VI-III-VII mit korrekter Stimmführung
Und sofort klingt dieses Schema wieder nach einem Lied, das man kennt. Natürlich deshalb, weil es eben tatsächlich oft verwendet wird. Jetzt können wir in verschiedenen Songs wieder auf die Suche danach gehen.
Part 2: (Moll) Adele – „Hello“
Der Titel “Hello” mit Text und Akkorden. (Foto: Tobias Homburger)
Und zusammen mit der Melodie.
Notenbeispiel “Hello” mit Text und Akkorden. (Foto: Tobias Homburger)
Hier wieder der gesamte Titel zum anhören und mitspielen.
Video: Adele “Hello”
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Auch hier geht die Liste endlos weiter. Hier ein paar Beispiele:
Ed Sheeran – Photograph
The Weeknd – I Can’t Feel My Face
Wiz Khalifa – See You Again
Robin Schulz – Ok
Jon Bellion – All Time Low
John Legend – All Of Me
Lukas Graham – 7 Years
Eagle Eyed Cherry – Save Tonight
Luis Fonsi ft. Daddy Yankee – Despacito
Es gibt auch in Moll noch viele weitere Songs, die du mit unseren vier Akkorden problemlos spielen kannst. Gehe auf die Suche nach ihnen. Und suche in deinen Lieblingssongs nach diesen Strukturen. Du wirst erstaunt sein!
Schlusswort
Am Ende ist ist – wie immer – auch dein Einsatz wieder gefragt. Um ein Profi in der Begleitung von jeder Menge Songs zu werden, ist es hilfreich, die verschiedenen Akkordfolgen in Dur und Moll ausgiebig auf dem Klavier zu üben. Hier zeige ich sie dir noch einmal in allen Lagen:
Hier siehst du die C-Dur Akkordfolge noch einmal in allen Lagen. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge Dur mit korrekter Stimmführung, alle Lagen
Und hier das Ganze in A-Moll in allen Lagen. (Foto: Tobias Homburger)
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Akkordfolge Moll mit korrekter Stimmführung, alle Lagen
Und dann bist du soweit und kannst nach Herzenslust bei all diesen Songs mitspielen. Wenn du einem Song in einer anderen Tonart begegnest, musst du nur herausfinden, wie die vier Akkorde dann in diesem Fall heißen. Und schon kann es losgehen, so, wie zum Beispiel bei unseren drei Moll-Beispielen. Transponiert habe ich diese Lieder absichtlich nicht, damit du gleich auch andere Tonarten siehst und du direkt bei den Originalen mitspielen kannst.
Zu diesem Thema gibt es auch noch sehr viele Infos und Videos im Netz. The Axis Of Awesome nähert sich diesem Thema zum Beispiel auf sehr humorvolle Weise.
Video: The Axis of Awesome
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Waves ist wieder in Gönnerlaune und will den Leuten, die gerne mit Samples arbeiten, etwas schenken. Nur was könnte das sein? Am 15. Februar 2022 wissen mehr – bis dahin spekulieren und träumen wir ein bisschen. UPDATE: Gleich zwei Plug-ins gibt es, hier alle weiteren Infos.