Wie man Songs ohne Noten am Klavier optimal begleitet, beschreiben wir anhand von drei nützlichen Begleittechniken.

Gerade Einsteigern ist das eher freie Spielen auf dem Klavier ohne Noten wie ein Buch mit sieben Siegeln. Dabei stellt das Instrument selbst die besten Voraussetzungen dafür bereit. Mit seinen 88 Tasten steht ein sehr großer Tonumfang zur Verfügung. Wie aber überwindet man die Hemmschwelle und vor allem, wie begleitet man eine Melodie ohne Noten? An dieses Thema trauen sich nur wenige Neulinge.
Meist wird im Klavierunterricht auf diese Art zu spielen auch nicht wirklich eingegangen. Hier wird in der Regel nur das Spielen nach Noten gelehrt. Das ist natürlich ein wichtiger Aspekt des Musizierens am Klavier, aber eben nicht der einzige. Was also, wenn man den neuesten Chart-Hit spielen möchte? Einfach nur so für sich selbst und nur zum Spaß? Wer dazu immer Noten braucht, schränkt sich auf jeden Fall ein. Das muss nicht sein, man darf seiner Lust am Experimentieren auch einmal freien Lauf lassen. Wer das bisher noch nicht ausprobiert hat, weil kein idealer Einstieg geboten wurde, dem zeigen wir jetzt drei Begleittechniken. Mit diesen kann man am Klavier Songs ganz leicht ohne Noten begleiten. Als bekanntes Beispiel dafür wählen wir den Titel ‚Song Perfect‘ von Ed Sheeran.
Was du schon können solltest
Um so viel wie möglich aus unserem Workshop herauszuholen, solltest du mit Noten lesen und Akkorden vertraut sein. Diese und viele weitere Themen rund ums Klavier findest du übrigens in unserer Reihe:
Begleittechnik No. 1
Bei der ersten Begleittechnik nutzen wir die Tatsache, dass das Klavier eines der wenigen Instrumente ist, bei dem man mit beiden Händen Töne erzeugen kann und zusätzlich dessen großen Tonumfang nutzt. Wir trennen die Melodie von der Begleitung und verteilen diese beiden Bestandteile der Musik auf die beiden Hände. Die rechte Hand spielt die Melodie und die Linke die Akkorde. Damit ist das eine leichte Begleittechnik und besonders für Einsteiger geeignet. Man könnte am Anfang sogar nur den Grundton des Akkordes in der linken Hand spielen. Notiert sieht die erste Technik in ihrer Grundform dann also so aus.

Wie du siehst, spielt man in der linken Hand immer die Grundstellung des jeweiligen Akkords, der Grundton ist also immer unten. Das ist natürlich dahingehend praktisch, als dass wir damit auch immer automatisch den richtigen Basston haben. Variieren lässt sich diese Technik zum einen, indem man diese Regel durchbricht und sich auch der verschiedenen Umkehrungen der Akkorde bedient. So kann man z. B. im Intro des Songs für einen anderen Klang der Begleitung oder in der zweiten Strophe für etwas Abwechslung sorgen. So könnte das Ganze aussehen, es gibt aber natürlich noch viele weitere Wege Umkehrungen in einer Begleitung einzusetzen.

Zum anderen können wir eine rhythmische Variation vornehmen, indem wir die Akkordtöne in der linken Hand nicht alle gleichzeitig spielen. Wie du gleich hören wirst, macht das Einiges her, denn so gewinnt der Song mächtig an Fahrt. Es ist fast so, also wäre plötzlich noch ein Schlagzeuger mit an Bord, der den Beat vorgibt. So kannst du deinem Song ganz leicht unterschiedliche Energie verleihen. Z. B. innerhalb einer Strophe oder um das Intro von der ersten Strophe energetisch zu trennen. Auch hier gibt es unzählige Möglichkeiten und deiner Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Nur Mut!

Als kleines Schmankerl noch ein kleiner harmonischer Tipp. Etwas zeitgemäßer und besonders gut klingen Akkorde, wenn wir Töne weglassen oder neue Töne hinzunehmen. Bei Akkordfolgen ist es deshalb manchmal vorteilhaft, bestimmte Töne aus einem Akkord in den nächsten mitzunehmen. Das erzeugt völlig neue Klangfarben. Schaue und höre dir zunächst einmal das folgende Beispiel an.

Beim ersten Akkord habe ich einfach den Ton H in der Mitte des Akkordes weggelassen. Es bleiben nur das G und das D. Beim zweiten Akkord lasse ich diese beiden Töne einfach stehen und spiele ein E dazu. Wir erhalten somit E-Moll mit kleiner Septime. Das gleiche Prinzip wenden wir auch beim nächsten Akkord an, so erhalten wir C-Dur mit großer None. Dann kommt der Basston einen Schritt nach oben zum D. Der immer noch gespielte Ton G entspricht jetzt also einem Quartvorhalt, der zum F# (Fis) aufgelöst wird. Klingt super, oder?
Begleittechnik No. 2
Bei der zweiten Begleittechnik verlagern wir die Akkorde nun in die rechte Hand und lassen aus Gründen der Komplexität die Melodie weg. Wer gerne singt oder mit jemandem gemeinsam musiziert, braucht die Melodie am Klavier ja sowieso nicht mitzuspielen. Oder du nutzt die folgende Begleittechnik, um beim originalen Song mitzuspielen.

Auch hier kann man verschiedene Akkordpositionen und -lagen ausprobieren. Am besten klingt es dann, wenn man die entsprechenden Umkehrungen nutzt. Dabei sollte man sich an den grundlegenden Ablauf einer Kadenz und die damit verbundenen Regeln der Stimmführung halten. Hier lässt sich übrigens auch unsere harmonische Variation anwenden, das würde bei dieser Begleittechnik dann so aussehen.

Begleittechnik No. 3
Die dritte Begleittechnik klingt nun wieder ganz anders, klassischer und edler und ist noch mal etwas aufwendiger bzw. schwieriger. Dieses Mal werden wir die Akkorde wieder in die linke Hand legen und spielen sie als Arpeggio. Beim arpeggieren werden die Töne nacheinander gespielt, und zwar wie in einer Welle. Also erst von unten nach oben und dann wieder abwärts. Variationen sind dabei natürlich möglich. Stellenweise gelangt die linke Hand auf der Klaviatur dabei ziemlich weit nach unten und die Entfernung zur rechten Hand wird recht groß. Das bemerkt man daran, dass sich der Klang der beiden Hände nicht mehr so gut mischt. Dieses Problem lösen wir damit, dass auch die rechte Hand Akkorde spielt.

Natürlich ist das alles nicht ganz einfach. Es setzt schon einiges an Erfahrung am Klavier voraus, deshalb zum Abschluss noch eine leichtere Variation dieser Technik. Dabei spielt die rechte Hand wieder nur die Melodie. Die linke Hand übernimmt dieses Mal die Akkorde, indem sie zwischen dem Basston und dem Akkord hin und her springt. Durch diese Sprünge kann man ganz leicht vermeiden, dass sich die beiden Hände zu weit voneinander entfernen. Und das Ganze ist trotzdem leichter zu spielen.

Schlusswort
Es gibt sehr viele Möglichkeiten, Songs am Klavier ohne Noten zu begleiten, und ich bin mir sicher, dir werden noch viele weitere einfallen. Mein Tipp: Gehe regelmäßig auf die Suche nach neuen Variationen, denn auch das ist ein wichtiger Teil des Klavierlernens. Übrigens: Das Üben unterschiedlicher Begleitvarianten schult deine musikalische Auffassungsgabe, was sich später sehr gut beim Spielen von Leadsheets einsetzen lässt.
Viel Erfolg beim Spielen deiner Lieblingssongs am Klavier ohne Noten, mit unseren Begleittechniken!