Trends werden in den Clubs gemacht. Gerade in den elektronischen Genres bilden die DJs und Produzenten der Club-Szene die Spitze des Zeitgeists. Und wenn sich ein Stil auf den Tanzflächen zum Renner entwickelt hat, schafft er häufig auch den Sprung in den Mainstream. So bedienen sich derzeit viele Chart-Produzenten beim Dubstep und picken sich modische Stilelemente heraus.
in Deutschland ein Nr. 1 Hit gelungen. Der von Mike Spencer und dem Duo Major Lazer produzierte Track spielt unverhohlen mit Dubstep-Stilelementen, die in eine mainstreamkompatible und radiotaugliche Songstruktur gegossen wurden. Wir haben den Titel auseinandergepuzzelt.
Anzeige
Der Song beginnt mit einer anschwellenden Akkordsequenz, die von einer verzerrten Orgel und einem Flächensound gespielt wird. Für die Orgel kommt die B4II von Native Instruments zum Einsatz. Um die Steigerung zu erzielen, beginnen wir mit den Drawbars 1-4 und machen die oberen Zugriegel erst nach und nach auf. Am einfachsten und authentischsten macht man so etwas mit einem Drawbar-Controller (oder einer Reihe von entsprechend programmierten Fadern). Aber es ist natürlich auch möglich, die Zugriegelbewegungen einzeln zu automatisieren. Auch der Overdrive wird im Verlauf der 8 Takte nach und nach verstärkt. Die Leslie-Geschwindigkeit ist auf langsam eingestellt.
Hinzu kommt ein Flächensound, den ich aus dem Native Instruments Massive habe. Hier habe ich das Filter automatisiert, um die Intensität nach und nach zu steigern.
Massive Pad
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Massive Pad
Und damit das Ganze ein solides Fundament bekommt, fügen wir noch einen unauffälligen Sub-Bass hinzu. Dieser kommt bei mir mal wieder aus dem Freeware-Synth TAL U-NO-62, auf dem ein solcher Sound in Nullkommanix zurechtgeschraubt ist.
Subbass
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Subbass
Hören wir uns die erste Hälfte des Intros schon einmal an:
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Too Close 02 Intro1
Diese Akkordfolge wird jetzt noch einmal wiederholt, wobei die Zugriegel und das Filter der Fläche jetzt offen bleiben. Außerdem setzt der Groove ein, den wir uns natürlich genauer anschauen müssen.
Die Kickdrum kommt recht räumlich daher. Ich habe sie aus zwei Komponenten zusammengesetzt. Beim ersten Teil, der für die Räumlichkeit und die Kontur der Kick verantwortlich ist, handelt es sich diesmal gar nicht um eine Bassdrum, sondern um ein tiefes Tom aus dem Drum-PlugIn BFD2 von fxpansion. Das Instrument ermöglicht auch die Beimischung von Overhead-Signal und Raumanteil, was uns in diesem Fall natürlich gerade recht ist. Direkt aus der BFD klingt das “Gretsch Floor Tom” so:
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
BFD-Tom clean
Der Ausklang der Trommel ist mir für diesen Zweck etwas zu undefiniert. Daher habe ich das Tom mit einem Gate etwas kürzer gemacht. Anschließend habe ich per Send-Effekt einen Hall darauf gelegt, der seinerseits mit einem weiteren Gate ziemlich genau auf die Länge einer Viertelnote beschnitten wird. Im nächsten Soundbeispiel hört ihr das Tom noch einmal im Rohzustand, dann gegated und schließlich mit dem Gate-Reverb.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
BFD-Tom mit Effekten
Damit das Ganze auch untenrum ordentlich drückt, fügen wir nun noch eine tiefe Kickdrum hinzu.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Kick
Die beiden Komponenten werden auf einen gemeinsamen Bus geroutet – zum Einen, um sie ab jetzt gemeinsam in der Lautstärke regeln zu können, und zum Anderen, damit sie gemeinsam als “Treiber” für den Sidechain-Kompressor dienen können, den wir natürlich auch bei diesem Song wieder brauchen werden.
Weiter geht’s mit der Percussion. Diese ersetzt bei „Too Close“ bis zum Refrain sowohl die Hi-Hat als auch die Snare. Es handelt sich um ein hölzernes Geklacker, das wir zum Beispiel aus der Kontakt-Library “Heavyocity Damage” bekommen können. Das Preset “Ethnic Woods Menu” bietet die Sounds, die wir suchen. Allerdings sollten wir den eingebauen Hall des PlugIns etwas zurückfahren. Bei der Progammierung ist es am einfachsten, eine Weile auf der Tastatur zu jammen, bis man ein Gefühl für die Sounds bekommen hat, und das Pattern dann von Hand einzuspielen. Aber auch eine Programmierung über einen Step-Sequenzer wäre eine Möglichkeit. Das Resultat meiner Einspielung seht ihr im zweiten Bild im Piano-Roll-Editor. Da die Damage-Sounds sowieso unterschiedliche Attack-Phasen haben, habe ich die Spur in diesem Fall quantisiert, was ihr ausnahmsweise kaum Lebendigkeit nimmt, sie aber besser kontrollierbar macht.
Jetzt können wir die zweite Hälfte des Intros fertigstellen. Damit sich der Sub-Bass und die Kick nicht in die Quere kommen, kommt ein von der Kick gespeister Sidechain-Kompressor zum Einsatz, der den Bass bei jedem Kickdrum-Schlag im Pegel absenkt. (Für eine genauere Erklärung dieser Technik könnt ihr in eine der früheren Folgen dieses Workshops schauen, zum Beispiel David Guetta feat. Sia – “Titanium”) Und wo wir schon dabei sind, nehmen wir die Orgel und die Fläche auch gleich mit hinzu.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Intro 2
Anzeige
In der Strophe läuft der Groove aus Kickdrum und Percussion zunächst unverändert weiter. Orgel, Fläche und Sub-Bass setzen jedoch aus und schaffen Platz für den Gesang und eine Gitarrenfigur. Diese habe ich näherungsweise mit einem Gitarrensound aus der Factory-Library von Kontakt simuliert:
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Gitarre
Nach 8 Takten kommt ein Sound hinzu, der etwas an Mallet Percussion erinnert. Ich habe dafür einen Sound aus dem Spectrasonics Omnisphere verwendet. Dieser bekommt von Logics sehr flexibel programmierbarem “Delay Designer” ein maßgeschneidertes Delay, das fast ein bisschen die Illusion einer Tremolo-Spielweise erzeugt. Außerdem erhält der Sound eine großzügige Portion Hall, wodurch er von weit weg zu kommen scheint. Im Sound-Beispiel hört ihr den Klang erst trocken und dann mit Delay und Hall.
Nach weiteren 8 Takten folgt ein kleines Fill, für das die Tom-Komponente der Kickdrum kurz aussetzt und Platz macht für einen ähnlichen, etwas höheren Sound. Hierfür habe ich eine Marching-Band-Bassdrum aus einem Battery-Preset verwendet und sie durch den gleichen Gate-Reverb wie das Tom geschickt. Das Battery-Preset arbeitet standardmäßig mit Round-Robin-Samples, wodurch sich verschiedene Samples automatisch abwechseln. Das können wir in diesem Zusammenhang nicht gebrauchen und stellen es deshalb auf der “Setup”-Registerkarte der betreffenden Zelle aus.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Marching Bassdrum
In den nun folgenden letzten 8 Takten der Strophe beginnt die Steigerung hin zum Refrain. Hierfür greifen wir auf die Orgel, die Fläche und den Sub-Bass zurück, die wir schon im Intro verwendet haben. Lediglich die Akkordfolge muss geringfügig angepasst werden. Auch kommen an dieser Stelle die Automationen der Zugriegel und des Filters wieder zum Einsatz, damit sich die Steigerung ergibt.
Hören wir uns die Strophe jetzt einmal im Zusammenhang an.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Strophe
Anzeige
Für den Refrain brauchen wir zunächst noch ein weiteres Drum-Element. Hier kommt eine aggressive Snare hinzu, die ein Halftime-Feeling betont und klanglich an die Roland TR-909 erinnert. Also schnappen wir uns ein Samplerprogramm mit 909-Snares und geben dem Sound mit einem EQ noch reichlich “Bauch”. Anschließend wird die Snare mit einem Bitcrusher kaputt gemacht, damit sie schön schmutzig klingt. Im Klangbeispiel hört ihr sie zunächst unbearbeitet und dann am Ende der Effektkette.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Snare
Entgegen den üblichen Dubstep-Gepflogenheiten bleibt die Snare bei “Too Close” trocken und wird nicht mit großen Räumen oder Delays belegt.
Auch die Kickdrum bauen wir etwas um. Allerdings haben wir dafür alles schon parat: Es wird lediglich das tiefe Tom durch die etwas höhere und knalligere Marching-Bassdrum ersetzt. Die tiefe Kick spielt davon unbeeindruckt weiter.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Refrain Kick
Kommen wir nun zum markantesten Baustein des Refrains: dem Bass. Ein typischer Dubstep-Wobble-Bass ist hier gefragt. Wie man so einen Sound selbst bauen kann, zeigt mein Kollege Thomas Harta in unserem Dubstep-Basics-Workshop. Ich bin seiner Anleitung bis zu einem gewissen Punkt gefolgt und habe für den Bass den Native Instruments Massive verwendet. Alle drei Oszillatoren kommen zum Einsatz – zwei davon mit verschiedenen Einstellungen der Wellenform “Squ-Sw1”, der dritte mit der Spektralwellenform “MathIII”. Zudem darf der Ringmodulator noch sein Unwesen treiben. Das Filter mit der Charakteristik “Daft” wird von einem LFO kräftig moduliert. Damit wir interessante (und etwas chaotische) Glide-Effekte erzeugen können, ist es außerdem sinnvoll, mit der Glide-Zeit, dem Retrigger-Modus und der Pitchbend-Range zu experimentieren.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Refrain Bass
Die ersten 8 Takte des Refrains bestehen nur aus Kick, Snare, Bass und Vocals. Danach kommt die Percussion wieder hinzu. Außerdem brauchen wir eine dünne, glockenartige Fläche. Hierfür habe ich ein Preset aus dem Reaktor-Synth “Prism” benutzt, dessen unkonventionelle Klangerzeugung auf einem Exciter basiert und sich gut für digital-drahtige Sounds eignet.
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Bell Pad
Nach weiteren 8 Takten darf dann auch die bereits aus dem Intro bekannte Fläche wieder mitspielen.
Anzeige
Und damit haben wir alles beisammen, um den Hit von Alex Clare im Rohbau nachbasteln zu können. Viel Neues passiert nach dem ersten Refrain auch nicht mehr. Der Rest des Songs besteht aus neuen Zusammensetzungen der bereits bekannten Elemente. Hören wir uns das Ergebnis also einmal an:
Audio
Samples
0:00
/
0:00
0:00
Song
Damit sind wir für dieses Mal am Ende angekommen. Ich hoffe, dass es euch Spaß gemacht hat. Die nächste Folge Produce-alike kommt bestimmt!
wow! den song hab ich letztens noch im radio gehört und versucht, die einzelnen bestandteile hörerisch aufzuschlüsseln :) das gelang mir aber mit abstand nicht so gut, wie es mir dieser workshop wieder eindrucksvoll gezeigt hat. echt super gemacht! hab wieder viel gelernt. Vielen Dank! Ich freu mich auf den nächsten Workshop!
Vielen Dank für den tollen Workshop! Eine kleine Anregung von mir noch: Ich würde den Wobble-Bass noch mehrstimmig Unisono spielen lassen - hab selbst schon einen sehr ähnlichen Sound mit dem Arturia Minimoog gebastelt, was noch näher am Orginal war - könnte mir gut vorstellen, dass sogar genau dieser Synth verwendet wurde ;)lg Thomas
HeyIch suche gerade den Synthsound (die Fläche vm Intro) kann ihn aber nicht finden. Ist das ein Preset von Massive oder hast du den selbst gebaut? Wo kann ich den finden?Grüße Tyler
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Facebook. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Instagram. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von X. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Ledrik sagt:
#1 - 10.06.2012 um 22:46 Uhr
wow! den song hab ich letztens noch im radio gehört und versucht, die einzelnen bestandteile hörerisch aufzuschlüsseln :) das gelang mir aber mit abstand nicht so gut, wie es mir dieser workshop wieder eindrucksvoll gezeigt hat. echt super gemacht! hab wieder viel gelernt. Vielen Dank! Ich freu mich auf den nächsten Workshop!
Thomas sagt:
#2 - 27.02.2013 um 12:12 Uhr
Vielen Dank für den tollen Workshop! Eine kleine Anregung von mir noch: Ich würde den Wobble-Bass noch mehrstimmig Unisono spielen lassen - hab selbst schon einen sehr ähnlichen Sound mit dem Arturia Minimoog gebastelt, was noch näher am Orginal war - könnte mir gut vorstellen, dass sogar genau dieser Synth verwendet wurde ;)lg
Thomas
Tyler sagt:
#3 - 27.02.2014 um 16:54 Uhr
HeyIch suche gerade den Synthsound (die Fläche vm Intro) kann ihn aber nicht finden. Ist das ein Preset von Massive oder hast du den selbst gebaut? Wo kann ich den finden?Grüße
Tyler
Lasse (bonedo) sagt:
#4 - 27.02.2014 um 18:22 Uhr
Hallo Tyler,
das ist ein Preset vom Massive namens "Full Loading".
Viele Grüße,
Lasse