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Produce-Alike #16 – Sam Sparro

Auf seinem zweiten Album „Return To Paradise“ lässt sich der Australier Sam Sparro von Soul und Funk der späten 70er- und frühen 80er-Jahre inspirieren. Die Single „I Wish I Never Met You“ macht da keine Ausnahme. Vintage-Synths und eine alte Drummachine bilden die Basis des Tracks. Wer mehr über ihn und seine Produktionsweise erfahren möchte, sollte sich unserInterview mit Sam Sparro anschauen, in dem Ralf Schlünzen dem Sänger und Produzenten ein paar Geheimnisse entlockt.

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Mit 118 BPM ist „I Wish I Never Met You“ ein durchaus tanzbarer Popsong und einer der eingängigsten Titel auf dem Album. Die Nummer beginnt zunächst ruhig, bis im Refrain ein Groove einsetzt, der direkt aus den 80ern zu kommen scheint. Wir haben den Track auseinander gepflückt und schauen uns die einzelnen Teile der Reihe nach an.

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STROPHE

Den Anfang macht ein Klavier, das bei Sam Sparro erstens etwas verstimmt ist, und zweitens eine interessante Räumlichkeit hat, so als hätte er ein Piano auf dem Flur des Studios aufgenommen. Wir behelfen uns mit dem Upright Piano aus Native Instruments Kontakt 5, wo wir das Preset „Upright Piano with Overtones“ auswählen. Danach schicken wir das Piano durch eine Reihe von Effekten. Den Anfang macht mit iZotope Vinyl ein kostenlos erhältliches Plugin, das dem Sound eine leichte Vintage-Farbe gibt. Danach folgt ein EQ, der die tiefen Anteile fast vollständig eliminiert, und ein Enveloper, mit dem wir den Attack abschwächen. Ein recht großer Hall und ein Kompressor, der alles zusammenfügt und den Hallanteil etwas unnatürlich hervorhebt, folgen am Ende der Kette. Im Klangbeispiel hört ihr das Piano zunächst unbearbeitet und dann mit Effekten.

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Strophe Piano

Hinzu kommt eine Kickdrum, die Viertelnoten spielt. Hier ist sie noch etwas gefiltert und entfaltet noch nicht ihre ganze Durchschlagskraft. Wir nehmen ein Sample der legendären Linndrum, das wir durch das ebenfalls kostenlos erhältliche Filter Ohmforce Frohmage schicken. 

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Strophe Kick

Ebenfalls auf jeder Viertelnote spielt ein abgedämpfter E-Bass, den wir aus dem Spectrasonics Trilian bekommen. Das Preset „RnB Mute“ liefert den Sound, den wir brauchen.

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Mute Bass

Alle zwei Takte spielt ein Clap, den wir aus mehreren Elementen zusammenbauen. Wir kombinieren einen recht hohen Clap und ein paar Fingerschnipser und schicken sie zusammen durch einen großen, hellen Hall. Diese Kombination wird auch später im Song gelegentlich als Fill bzw. Effekt eingesetzt.

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Clap

Im Übergang vom Intro in die erste Strophe kommt das gute alte Reverse-Cymbal zum Einsatz. Hierfür nehmen wir ein Crashbecken (am besten ebenfalls ein Sample einer Drummachine), drehen es um, filtern die tiefen Anteile heraus und schicken es durch einen leichten Flanger-Effekt.

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Reverse Cymbal

Zur Hälfte der ersten Strophe kommt ein blecherner Sound mit Delay hinzu. Ich habe ein schepperndes Backblech-Sample aus meinem Fundus genommen und es durch ein Tape-Delay mit einer Delayzeit von einer punktierten Achtelnote geschickt.

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Blech

Nun können wir die erste Strophe schon einmal zusammensetzen.

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Strophe
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BRIDGE

Es folgt eine Bridge, in der die Viertel-Kick und der Mute-Bass wieder aussetzen. Stattdessen benötigen wir einen breiten Synth-Bass, der hier das Fundament für die Klavierakkorde bildet. Ich habe meinen Korg Poly 61 mit etwas Chorus versehen und mit einem Sub-Bass aus dem PlugIn TAL U-NO-62 kombiniert.

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Polybass Subbass

Zusätzlich darf auch das Piano die Basstöne mit Oktaven in einer tiefen Lage mitspielen.

Über den Bässen und dem Piano breitet sich ein Glocken-Arpeggio aus. Hierfür habe ich den Freeware-Synth TAL NOIzE M4K3R genommen. Das etwas aus dem Takt laufende Arpeggio habe ich selbst gebaut – es kommt kein Arpeggiator zum Einsatz. Wer einen Synth mit Arpeggiator verwendet, darf den aber natürlich auch gern benutzen!

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Bridge Bells

Zur Überleitung in den darauf folgenden Refrain dient ein Synth-Effekt, der sich mit jedem Synth mit einem Rauschgenerator leicht selbst bauen lässt: Rauschgenerator an, alle anderen Oszillatoren aus, Filter-Hüllkurve so einstellen, dass das Filter langsam aufgeht (lange Attack-Zeit), und gleichzeitig das Filter leicht mit einem LFO modulieren – fertig!

Nun können wir auch die Bridge schon einmal vorhören:

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Bridge
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REFRAIN

Im Refrain darf der Drumgroove endlich richtig mitspielen. Per Automation schalten wir das Filter auf der Kickdrum aus. Die Snare ist – passend zur Kick – ebenfalls ein Linndrum-Sample. Mit einem EQ habe ich es im tiefen Frequenzbereich und ganz oben etwas ausgedünnt und stattdessen die Frequenzen um 2 kHz leicht betont. Danach durchläuft die Snare einen Kompressor und einen Bitcrusher.

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Refrain Snare vorher / nachher

Zusätzlich kommt ein Clap zum Einsatz:

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Refrain Clap

Die Hi Hat, die ebenfalls ein Sound einer alten Drummachine ist und wenig natürlich klingt, spielt gleichförmige Sechzehntel – hart quantisiert und immer mit der gleichen MIDI-Velocity.

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Refrain Hi Hat

Mit einem weiteren, leiseren Clap, der dem gleichen Linndrum-Kit entstammt wie Kick und Snare, wird ein in regelmäßigen Abständen ein kleines Fill gespielt. Hören wir uns den Refrain-Groove einmal an:

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Refrain Drums

Der Bass ist im Refrain kein E-Bass mehr, sondern gänzlich synthetisch. Ich habe den altgedienten Logic-Synth ES-1 benutzt, weil er sich in Windeseile programmieren lässt. Der Bass spielt ebenfalls Sechzehntelnoten.

Refrain Bass
Refrain Bass
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Refrain Bass

In Sams Gesangspausen übernimmt eine Synth-Melodie, die wir aus dem Native Instruments Pro-53 bekommen.

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Refrain Synth Melodie

Am Ende des Refrains gibt es einen Instrumentalteil, in dem diese Melodie zum Hauptelement wird. Hier wird sie zusätzlich durch einen Vocal-Synth unterstützt, der so klingt, als käme er direkt aus einer der ersten digitalen Workstations à la Korg M1:

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Refrain Vocal Synth

Jetzt können wir den Refrain fertigstellen.

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Refrain
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STROPHE II

Die darauf folgende zweite Strophe unterscheidet sich erheblich von der ersten, denn eine Rückkehr zu der praktisch Groove-freien und ruhigen ersten Strophe würde die Dramaturgie des Songs doch erheblich stören. Stattdessen beginnt der Bass mit einer rhythmischen Figur, die sich aus dem sturen Sechzehntelpattern durch löschen oder muten einzelner Noten erzeugen lässt:

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Strophe II Bass

Der Refrain-Groove läuft dabei weiter. Der Bass wird von einem Percussion-Sound unterstützt, den ich aus einem Marching-Drum-Kit aus NI Battery 3 habe. Mit Batterys Hüllkurve habe ich den Attack etwas abgeschwächt (Attackzeit leicht erhöht). Der blecherne Sound bekommt ein leichtes Delay und rückt im Stereobild fast ganz nach links, um in der Mitte nicht zu stören.

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Strophe II Marching Drum

Ansonsten hat die zweite Strophe den gleichen Ablauf wie die erste und wird auch von der gleichen Bridge gefolgt. Hören wir uns die zweite Strophe einmal an:

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Strophe II
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MITTELTEIL & SONG

Nach dem zweiten Refrain, der sich vom ersten nur durch das Weglassen des kurzen Instrumentalteils unterscheidet, folgt ein Mittelteil. Hier spielen der Refrain-Groove und der Sechzehntelbass weiter. Hinzu kommt eine Chorfläche, die ebenfalls an frühe Vertreter der Sample-Workstations erinnert. Ich habe Spectrasonics Omnisphere genommen – eine M1 oder Wavestation wäre authentischer gewesen…

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Chor

Der Glockensynth steuert hier ein paar versprenkelte Lines und Fragmente bei, die dem Arrangement nach oben hin ein bisschen „Schimmern“ verpassen.

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Mittelteil Bells

Im letzten Viertel des Teils setzt der Groove aus und der Bass bleibt fast alleine stehen. Per Automation öffnen wir hier leicht das Filter. Im Übergang zum nächsten Teil wird der Bass heruntergepitched, als würde man eine Schallplatte anhalten. Das habe ich mit Logics Pitch-Fade-Funktion realisiert. Dazu habe ich den Bass zu einer Audiospur gemacht und diese dann mit dem Fade-Tool heruntergepitched (Fade-Einstellung „Verlangsamen“). Im Ergebnis hört sich das so an:

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Slowdown

Nun folgt ein halber Refrain, in dem der Groove auf die Bassdrum reduziert ist. Als Überleitung zum letzten Refrain dient ein Fill, in dem die trockenen und recht pappigen Toms einer Sequential Circuits Drumtrak zum Einsatz kommen. Der letzte Refrain ist dann wieder identisch mit den ersten beiden – mit dem Unterschied, dass die Synth-Melodie und auch der Vocal-Synth jetzt durchgehend spielen dürfen.

Damit haben wir alles beisammen, um den Song von Sam Sparro annäherungsweise nachzubauen. Ich hoffe, dass euch diese Folge gefallen hat. Bis zum nächsten Produce-alike!

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Song
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