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Korg Pa900 Test

Mit der Entertainer-Workstation Pa900 hat Korg vor einigen Monaten ein neues Arranger-Keyboard der oberen Mittelklasse herausgebracht. Der Nachfolger des Pa800 muss sich in diesem Segment gegen starke Konkurrenz in Form des Yamaha PSR-S950 und des Roland BK-9 behaupten. Also haben wir für euch ausprobiert, ob Korgs Neuling in diesem Umfeld ganz oben mitspielen kann.

Das Pa900 ist Korgs neue Entertainer-Mittelklasse
Das Korg Pa900 ist ein gelungenes Keyboard der oberen Mittelklasse


Neben den obligatorischen, zahlreichen Styles und Sounds bietet das Pa900 unter anderem eine vergleichsweise umfangreiche Sampling-Funktion, auf die ich besonders gespannt war. Gleich mitgetestet haben wir die optional erhältliche Sound- und Style-Erweiterung „Musikant“, die das Pa900 um Klänge und Rhythmen speziell für den deutschen Entertainer-Markt ergänzt. Also: Bühne frei für Korgs neue Unterhaltungs-Mittelklasse!

Details

Aufbau

Das Korg Pa900 steckt in einem schicken, silbergrauen und leicht abgerundeten Kunststoffgehäuse. Mit knapp 11kg ist das Keyboard kein Leichtgewicht, aber allemal transportabel genug für die paar Schritte vom Auto bis zum Hintereingang des Saals. Das Instrument wirkt trotz der Plastikkonstruktion sehr solide – „massiv“ wäre vielleicht das richtige Wort. Man hat jedenfalls bei der Handhabung sofort das Gefühl, dass sich unter der Haube eine Menge Features verstecken müssen. Die Taster, Regler und das Datenrad machen einen haltbaren Eindruck. Ein mitgeliefertes Notenpult kann rückseitig angesteckt werden, das im Gegensatz zum Keyboard leider etwas billig und wenig hochwertig wirkt. Links und rechts verbergen sich hinter stabilen Metallgittern die beiden Zweiwege-Lautsprechersysteme, die aus je einem 100 mm Tieftöner und einem Hochtöner bestehen. Das Verstärkersystem des Pa900 verfügt über eine Leistung von 2x 20 Watt, was für den Hausgebrauch und für Monitoring-Zwecke allemal ausreicht.
Die Tastatur besteht aus 61 leicht gewichteten, anschlagdynamischen Tasten mit Aftertouch und lässt sich nuanciert und ausdrucksstark spielen. Eine Keyboard-Tastatur stellt wegen der großen Vielfalt unterschiedlichster Sounds ja immer einen gewissen Kompromiss dar, und den bekommt das Pa900 für meinen Geschmack sehr gut hin. Einen fünfstündigen Tanzmusik-Gig würde ich persönlich jedenfalls sehr viel lieber auf einer solchen leicht gewichteten Tastatur spielen als auf einer Klaviatur mit einer schweren Hammermechanik – aber das ist wie immer sehr subjektiv und eine reine Geschmackssache.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Pa900 steckt in einem silbergrauen Kunststoffgehäuse

Anschlüsse

Das Anschlussfeld auf der Rückseite fällt für die obere Mittelklasse fast schon spartanisch aus, aber es ist alles da, was man braucht. Sehr lobenswert finde ich, dass Korg das Netzteil ins Gehäuse integriert hat – so muss man live nicht mit einem klobigen Netzteil und einem dünnen, zum Verknoten neigenden Stromkabel hantieren. Eine Standard-Kaltgerätebuchse, für die sich im Notfall überall das passende Kabel finden lässt, wäre noch praxistauglicher gewesen, aber auch der hier verbaute „Rasiererstecker“ ist allemal besser als ein Steckernetzteil.
Natürlich besitzt das Pa900 einen Stereoausgang (2x Klinke) sowie MIDI In/Out und USB. Außerdem gibt es zwei Klinkenbuchsen für den Stereoaudioeingang, von denen eine auch als Mikrofoneingang für ein dynamisches Mikro benutzt werden kann. Ein kleiner Regler für den Mikro-Eingangspegel befindet sich gleich daneben. Einen weiteren (Aux-) Stereoeingang, wie ihn einige Konkurrenzmodelle bieten, gibt es beim Pa900 nicht, was angesichts der umfangreichen internen Audioplayer-Funktionen aber zu verschmerzen sein dürfte. Auch auf eine XLR-Anschlussmöglichkeit für das Mikrofon muss man leider verzichten, sodass man stets darauf achten sollte, das passende Kabel oder einen Adapter dabei zu haben.
Zwei Pedalanschlüsse (Sustain und eine zuweisbare Buchse für einen weiteren Fußtaster oder ein Expressionpedal) und ein Video-Ausgang vervollständigen das Angebot an Anschlüssen. Daneben gibt es auf der Rückseite noch einen hinter einer abschraubbaren Abdeckung verborgenen Slot für eine microSD-Karte, die für die individuelle Lokalisierung oder als Speichererweiterung dienen kann. Schon der Schraubdeckel macht deutlich, dass dieser Slot eher nicht zum ständigen Wechseln von Speichermedien gedacht ist – dazu dient die Buchse für einen USB-Stick, die auf dem Bedienfeld untergebracht ist. Auch der Kopfhörerausgang wurde leicht zugänglich vorne links platziert.

Fotostrecke: 5 Bilder Die Anschlüsse sind an der Rückseite mittig platziert

Bedienfeld

Im Zentrum des Bedienfelds thront ein 7 Zoll großes berührungsempfindliches Farbdisplay mit einer Auflösung von 800×480 Punkten. Mit seinem üppigen, sehr gut ablesbaren und „anfassbaren“ Bildschirm ist das Pa900 der Konkurrenz in dieser Klasse deutlich voraus: Das preislich vergleichbare Yamaha PSR-S950 bietet z.B. keinen Touchscreen und eine Auflösung von vergleichsweise mageren 320 x 240 Punkten. Gleich daneben befinden sich ein Datenrad, Taster für ExitMenu und Shift und ein Knopf für die Suchfunktion.
Das Panel beginnt links oben mit dem Lautstärke-Drehregler und einem praktischen Balance-Regler, mit dem man das Verhältnis zwischen Style- bzw. Song-Begleitung und den Live-Parts im Handumdrehen anpassen kann. Hier hat jemand mitgedacht. Ein weiterer Drehregler lässt sich frei zuweisen. Die vier Mode-Taster daneben dienen zur Anwahl eines der vier Betriebsmodi: Style Play, Song Play, Sequencer und Sound. Auch zwei Knöpfe für das Global-Menü und den Zugriff auf externe Speichermedien befinden sich hier. Das Laden von Inhalten von einem Medium ist auch während der laufenden Wiedergabe möglich.
Der Rest der linken Hälfte ist überwiegend den Begleitfunktionen gewidmet. Über zehn Taster lassen sich Style-Kategorien aufrufen (der genaue Style wird dann über den Touchscreen oder das Datenrad ausgewählt). Die drei Buttons daneben kümmern sich um die Funktionen Bass Inversion, Manual Bass und den Chord Sequencer, der das spontane Aufzeichnen und Wiedergeben von Akkordfolgen ermöglicht. Unter den Style-Tastern befinden sich drei programmierbare Buttons, über die z.B. Klangvariationen und Artikulationen aufgerufen werden können. Diese wären für meinen Geschmack links neben der Tastatur beim Joystick etwas besser aufgehoben gewesen. Daneben liegen vier Pads zum „Abfeuern“ von Phrasen bzw. Loops oder Effekten. Die Style-Steuerung (Intros, Variationen, Endings, Fade Out etc.) befindet sich in einer Reihe direkt oberhalb des linken Tastaturbereichs, wodurch diese wichtigen Knöpfe mit der linken Hand zwischen zwei Akkorden gut erreichbar sind.

Fotostrecke: 5 Bilder Trotz Touchscreen ist das Bedienfeld reichhaltig mit Tastern bestückt

In der Mitte unterhalb des Displays gibt es vier Knöpfe für die vier STS-Settings jedes Styles (vorkonfigurierte, editierbare Setups der Keyboard-Parts, die sich auf Wunsch beim Wechsel der Variation automatisch umschalten lassen). Darunter warten die beiden Song- bzw. Audioplayer auf ihren Einsatz. Das Pa900 verfügt über die von Korg bekannten zwei unabhängige Player, die hier jeweils entweder ein MIDI-File oder eine Audiodatei abspielen können (Formate: MID, MID+G, KAR, MP3 + Liedtexte, MP3+G). Mit dem dazwischen platzierten Crossfader kann man wie ein DJ zwischen den beiden Playern überblenden. Die Player bieten Marker- und Jukebox-Funktionen und können Liedtexte, Noten und Akkordsymbole im Display oder auf einem externen Bildschirm anzeigen (sofern sie in der betreffenden Datei enthalten sind). Bei der Audiowiedergabe ist eine Echtzeit-Transposition (+6/-5 Halbtöne) und eine Tempoänderung (± 30%) möglich. Auch eine Vocal Remover-Funktion zum Entfernen der Gesangsstimme bei der MP3-Wiedergabe ist integriert, deren Resultate aber sehr abhängig vom Ausgangsmaterial sind.
Auf der rechten Seite des Bedienfelds befindet sich neben dem Netzschalter (den man zum Ausschalten sicherheitshalber länger drücken muss) die Mikrofon-Sektion mit Reglern für die Mikro-Lautstärke und den Effektanteil. Auch einige Taster zur Bedienung des integrierten TC Helicon Vocal-Prozessors sind hier angeordnet. Die übrigen Knöpfe beinhalten Tempo, Metronom, Oktavierung, Transposition und die Auswahl von Performances (Registrierungen).
Was die Gestaltung des Bedienfelds angeht, bin ich etwas unschlüssig. Einerseits gibt es viele Knöpfe, so dass man meist ohne größere Umwege bei der gewünschten Funktion ist. Andererseits wirkt das Panel durch die vielen gleichförmigen und gleichfarbigen Taster zunächst auch etwas unübersichtlich. Vielleicht hätten die Designer die wichtigsten Knöpfe noch deutlicher hervorheben oder das Bedienfeld noch klarer strukturieren können. Aber nach einer Weile hat man natürlich heraus, wo welcher Button zu finden ist, und dann geht die Bedienung flott von der Hand.

Sounds und Styles

Das 128-stimmig polyphone Pa900 basiert auf Korgs EDS-Klangerzeugung („Enhanced Definition Synthesis“) und verfügt über mehr als 1100 Sounds und 70 Drumkits. Die Klänge können im Detail editiert und als User-Sounds gesichert werden, wofür eine umfangreiche Synthesizer-Sektion zur Verfügung steht. Bis zu vier Parts (Upper 1-3, Lower) können live auf der Tastatur gespielt werden, der Splitpunkt ist dabei selbstverständlich einstellbar. Im Manual-Bass-Modus kommt der Basssound des gewählten Styles als fünfter Live-Part hinzu.
Auch bei der Begleitautomatik kann man aus dem Vollen schöpfen: Werksseitig liegen über 400 Styles aller wichtiger Stilrichtungen im Speicher. Jeder Style verfügt über vier Variationen mit den passenden Fills, je drei Intros und Endings und einem Break. Auf 600 User-Plätzen können veränderte, selbst erstellte oder per USB geladene Styles abgelegt werden. Das Pa900 ist kompatibel mit den Rhythmen der Pa- und i-Serien.
Das Pa900 kann Samples in den Formaten Korg, WAV, AIFF und SoundFont laden, die man in User-Sounds verwenden kann. Hierfür stehen 192 MB User-Speicherplatz zur Verfügung. Die Sampling-Funktion kann mit Multisamples umgehen und bietet eine Loop-Slicing-Funktion. Auf Wunsch kann man also individuelle Sounds aus eigenen Samples kreieren und – Tusch! – Styles mit Audio-Loops anreichern. Das Sampeln eines Signals vom Mikrofon- bzw. Audioeingang ist allerdings leider nicht möglich.

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Praxis

Erster Eindruck

Nach dem Einschalten braucht man zunächst etwas Geduld: Das Hochfahren unseres (mit der Musikant-Erweiterung ausgestatteten) Testkandidaten dauert über zwei Minuten! In einer stressigen Live-Situation kann das zu einer echten Nervenprobe werden. An gewisse Ladezeiten hat man sich ja spätestens seit dem KRONOS gewöhnt, aber zwei Minuten empfinde ich doch als grenzwertig, vor allem bei einem Bühneninstrument. Stromkabel gut sichern!
Nach dieser Zwangspause ist das Pa900 einsatzbereit. Und was da aus den Lautsprechern kommt, weiß zu überzeugen. Die Speaker klingen satt, rund und druckvoll und bleiben auch bei hohen Lautstärken klar und verzerrungsfrei. Zu Monitorzwecken wird man in der Regel keine weiteren Boxen benötigen, und auch für eine kleinere Chorprobe ist man mit den eingebauten Lautsprechern schon ganz gut ausgerüstet.

Sounds

Auch das erste Durchklicken durch die über 1100 Sounds ist eine erfreuliche Angelegenheit. Viele Klänge verfügen über die RX- („Real Experience“) und DNC2- („Defined Nuance Control“) Technologien, wodurch sich – je nach Sound – spezielle Spielweisen und Artikulationen über den Joystick, die drei dafür vorgesehenen Taster, Aftertouch und/oder Velocity abrufen lassen bzw. an bestimmten Stellen automatisch eingefügt werden. Bis man im Kopf hat, bei welchem Sound welche Klangfacette wo zu finden ist, vergeht etwas Zeit und die Handhabung erfordert etwas Übung, aber wenn man sich mit diesen Sounds intensiv auseinandersetzt, wird eine wesentlich lebendigere Performance möglich.
Das Grand Piano RX entstammt dem großen Bruder Pa3x und ist mit Saiten- und Pedalresonanzen sowie Release-Samples ausgestattet (die sich aber nicht weiter beeinflussen lassen). Ganz im Sinne eines multifunktionalen Entertainer-Keyboards handelt es sich dabei um einen gefälligen, unkomplizierten Pianosound, der in vielen Stilistiken eine gute Figur macht. Natürlich sind auch die üblichen Abwandlungen wie Rock Piano, Bright Piano und Layer wie Piano+Strings in großer Zahl vorhanden.

Audio Samples
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Grand Piano RX

Auch bei den E-Pianos finden sich zahlreiche brauchbare Sounds, zum Teil bereits mit typischen Effekten wie Amp-Simulationen, Tremolo oder Phaser versehen. Mit den derzeit besten Rhodes- und Wurlitzer-Klonen kann das Pa900 zwar nicht mithalten, aber im Vergleich mit den direkten Keyboard-Konkurrenten braucht es sich nicht zu verstecken – eher im Gegenteil.

Audio Samples
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Tine EP Phaser

Im Orgelbereich gibt es viel Auswahl. Den Anfang macht eine Drawbar-Simulation, die über den Touchscreen editiert wird. Damit kann man sich einen individuellen Orgelsound inklusive Leslie-Effekt basteln und ihn in Echtzeit verändern. Echtes Hammond-Feeling kommt dennoch nicht auf, weil die Bedienung über den Bildschirm etwas hakelig ist und sich immer nur ein Zugriegel zur Zeit bewegen lässt. Aber die Orgel klingt gut und dürfte für typische Entertainer-Situationen absolut ausreichen. Die Leslie-Geschwindigkeit wird normalerweise über den Joystick gewählt, lässt sich aber auch einem der programmierbaren Taster zuweisen. Schön hätte ich noch den direkten Zugriff auf einen Overdrive-Effekt aus der Drawbar-Displayseite gefunden. 

Audio Samples
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Drawbars

Die übrigen Orgeln sind Sample-basiert und lassen sich folglich nicht so detailliert bearbeiten. Aber die Auswahl ist groß und auch hier gibt es zahlreiche sehr brauchbare Klänge. Gut gelungen finde ich auch die in großer Zahl vorhandenen Kirchenorgeln, Akkordeons und – überraschenderweise – sogar die Mundharmonikas, die besonders von der DNC-Technik profitieren.

Audio Samples
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BX3 Rock BX3 Gospel Pfeifenorgeln 2 Voices Musette

In den Kategorien Streicher und Bläser hält das Pa900 eine große Auswahl natürlicher, gut spielbarer Klänge bereit, mit denen man alle Stilistiken des Entertainer-Alltags abdecken kann. Vor allem bei den Bläsern lohnt es, sich mit den Möglichkeiten der DNC-Artikulationen auseinanderzusetzen, wenn man diese Sounds möglichst authentisch spielen möchte. 

Audio Samples
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Real Strings 1 Movie Strings 1 DNC Big Band Brass 1 Mute Ensemble 1

Gitarrensounds auf einem Keyboard sind ja immer eine heikle Angelegenheit, und das ist beim Pa900 nicht anders. Die akustischen Sounds gefallen mir ganz gut, zumal man hier oft die Möglichkeit hat, Slides oder Harmonics per DNC einzubauen. Schwieriger wird es allerdings bei den verzerrten E-Gitarren, die größtenteils etwas kratzig, nasal und künstlich klingen und gegenüber dem übrigen Soundangebot des Keyboards für meinen Geschmack etwas abfallen. Und weil gerade die Gitarren eine entscheidende Rolle bei der Klangqualität bestimmter Styles spielen, wirkt sich das leider auch auf einige Rhythmen, vor allem aus dem Rockbereich, negativ aus. In diesem speziellen Segment habe ich den Eindruck, dass die Konkurrenz etwas weiter ist.

Audio Samples
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Concert Gtr DNC Dist Gtr 1 DNC

Synthesizersounds und Pads sind in großer Zahl vorhanden – erfreulicherweise auch etliche, die sich speziell für die Performance aktueller Hits eignen. 

Audio Samples
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Analog Pad 1 Air Clouds Electro Lead Phat Saw Lead

Alle Sounds mit Ausnahme der Drawbar-Orgel lassen sich mit einer ausgewachsenen Synthesizer-Sektion bearbeiten, die von resonanzfähigen Filtern über Hüllkurven und LFOs bis hin zu vielseitigen Modulationsmöglichkeiten alles enthält, was man für die individuelle Anpassung braucht. Hier kann man auch recht schnell und unkompliziert Modulationen über den Joystick oder einen anderen Controller definieren.

Styles

Mit über 400 Styles ist das Pa900 für die meisten Musikstile gerüstet. Die Rhythmen sind mit viel Liebe zum Detail programmiert und klingen fast alle hervorragend. Druckvolle, lebendige Drums, stilsichere Arrangements und eine gut abgestimmte Mischung sorgen für einen insgesamt exzellenten Arranger-Sound. Ein paar Abstriche muss man bei Rock-Styles mit verzerrten Gitarren machen, die einfach immer noch recht künstlich wirken. Auch in Sachen Bläsern habe ich schon Keyboards gehört, bei denen das authentischer klang. Insgesamt ist das Angebot an Styles aber genauso hochwertig wie vielseitig.
Auf Audio-Styles mit Drumspuren aus echten Audio-Aufnahmen, wie der Konkurrent Yamaha sie im PSR-S950 in dieser Klasse erstmals anbietet, muss man beim Pa900 bisher verzichten. Allerdings gibt es die Möglichkeit, eigene Samples und Loops in User-Styles zu verwenden (dazu gleich mehr). Mit etwas Feintuning und Editierarbeit kann man sich also eigene „Audio-Styles“ basteln.
Die Styles machen Spaß, eignen sich für die meisten Stile, die im Entertainer-Alltag so vorkommen, und wirken inspirierend. Wenn doch mal nicht das Richtige dabei ist, kann man Styles in allen Details bearbeiten, verändern und anpassen oder komplett selbst erstellen. Sehr praktisch ist der „Chord Sequencer“, mit dem man auch während eines Songs spontan eine Akkordfolge aufzeichnen und in einer Schleife wiederholen kann.
Allerdings empfinde ich die Korg-Begleitautomatik als vergleichsweise zickig, wenn man Fill-Ins nicht ganz exakt startet. Drückt man ein Fill etwas zu spät oder „gerade eben noch so“, was in einer Performance ja doch öfter mal vorkommt – nicht selten muss man ja auf der „1“ mit derselben Hand noch den Akkord spielen – so kann es passieren, dass der Arranger versucht, Noten „nachzuholen“. Direkt beim Drücken setzen dann zum Beispiel Bläser oder eine Bassnote ein und wirken rhythmisch fehl am Platz, wie es auch in einigen der folgenden Beispiele zu hören ist (z.B. „Pop Hit Ballad“ beim Wechsel von der ersten zur zweiten Variation). Es gibt Keyboards, die in solchen Situationen gutmütiger reagieren. 

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Pop Hit Ballad Unplugged Ballad Heavy Rock Gospel Shuffle Slow Latin Pop Broadway Classic Salsa Club Remix Electro Dance

Sampling

Das Pa900 verfügt über eine für ein Mittelklasse-Keyboard bemerkenswert umfangreiche Sampling-Funktion. Man kann Samples in den Formaten WAV, AIFF, SoundFont sowie KMP und KSF (Korgs eigene Trinity-/Triton-Formate) von einem USB-Stick laden und im Pa900 auf verschiedene Weisen verwenden. Leider ist es aber nicht möglich, Signale vom Audio- bzw. Mikrofoneingang selbst zu sampeln. Schade – damit hätte man in Verbindung mit den Möglichkeiten der Sampling-Sektion richtig Spaß haben können!
Samples lassen sich trimmen, normalisieren und loopen. Man kann Multisamples importieren oder selbst erstellen und sich eigene Sounds oder individuelle Drumkits basteln. Außerdem gibt es eine Slice-Funktion zum automatischen Zerschneiden von Drumloops, die sich dann mitsamt eines gleichzeitig erzeugten MIDI-Grooves in eigenen Styles verwenden oder zu Drumkits zusammenstellen lassen. Auf diese Weise kann man Styles mit lebendigen (oder sogar selbst getrommelten) Grooves anreichern und das Fehlen von Audio-basierten Rhythmen etwas kompensieren. Das Ganze braucht etwas Einarbeitungszeit, aber so flexibles Sampling ist in einem Keyboard dieser Preisklasse meines Wissens einzigartig. Auf Wunsch kann man das Pa900 auf diese Weise mit individuellen Sounds füttern und ist nicht beschränkt auf das werksseitige oder kommerziell erhältliche Angebot.
In den folgenden Soundbeispielen ersetze ich den Drumgroove eines Styles durch einen Sample-Loop. Im ersten Beispiel ist der Original-Style zu hören. Im zweiten Beispiel hört man erst den kompletten Loop und dann einige vom Pa900 daraus erzeugte Slices. Im dritten Beispiel treten diese Samples an die Stelle des Style-Drumtracks. Durch das automatische Zerschneiden des Loops in Einzelsamples bleibt der Style im Tempo veränderbar, ohne dass Timestretching-Artefakte auftreten. Mit dieser Fähigkeit ist das Pa900 im Prinzip für Audio-basierte Style-Drumspuren vorbereitet und in vielerlei Hinsicht sogar flexibler als die direkte Konkurrenz, weil die Funktion offen liegt und auf eigenes Material angewendet werden kann. Lediglich die entsprechenden Werks-Styles fehlen bislang – wer weiß, vielleicht kommen die ja noch.

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Loop-Sampling: Style vorher Loop-Sampling: Drumloop und Slices Loop-Sampling: Style mit Audio-Loop

MIDI-/Audio-Player

Die beiden identischen Song-Player des Pa900 können MIDI-, KAR- oder MP3-Dateien laden. Bei entsprechend ausgestatteten Files ist die Anzeige von Liedtexten und/oder Noten auf dem Display oder einem externen Bildschirm möglich. Mit dem Crossfader kann man wie ein DJ zwischen den beiden Playern überblenden, sodass man den nächsten Titel im jeweils anderen Player laden und vorbereiten kann, schon während ein Song läuft. Was allerdings nicht geht, ist die Überblendung zwischen Song-Player und Styles, wie sie etwa beim neuen Yamaha Tyros5 möglich ist. Aber das braucht man wohl auch nur in Spezialfällen.
Die Handhabung von MIDI- und Audiodateien im gleichen Player ist elegant gelöst. Beide Datentypen erscheinen beim Laden in der selben Liste und verhalten sich im Player (mit den Format-typischen Besonderheiten) soweit es geht identisch. Bei MIDI-Files erreicht man schnell das Menü, in dem man Spuren stummschalten, Sounds ändern und auf Klangparameter wie Attack, Decay und Cutoff zugreifen kann. Das geht bei MP3s natürlich nicht, aber man kann direkt in der Player-Ansicht das Tempo in einem Bereich von ±30% anpassen. Auch transponieren lassen sich MIDI- (unbegrenzt) und Audiodateien (bis +5/-6 Halbtöne), wobei man hierfür leider die globale Transpose-Funktion bemühen muss – die Transposition lässt sich nicht für jeden Player einzeln einstellen. Das ist unpraktisch, denn so wirkt sich die Transposition stets auch auf die Datei im anderen Player aus. Die Vocal Remover-Funktion muss einem der programmierbaren Taster zugewiesen werden, um sie benutzen zu können, und führt zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. Manchmal klappt es ganz gut, meist eher weniger. Also ist das eher etwas für den Notfall.
Dank des Crossfaders und einiger durchdachter Details ist für eine flüssige Bühnenperformance gesorgt. Man kann beide Player schon im Style-Modus mit Songs bestücken, sodass beim Wechsel in den Song-Modus alles vorbereitet ist. Andersherum kann man auch im Song-Modus einen Style auswählen, der dann beim Wechsel zurück in den Style-Modus sofort bereitsteht. Die Jukebox-Funktion ermöglicht das Anlegen von Playlists.
Das Hantieren mit zwei Playern und Crossfader macht Spaß und lässt tatsächlich ein bisschen DJ-Feeling aufkommen. Leider fehlt aber ein Feature, das in diesem Zusammenhang praktisch wäre und irgendwie auch nahe liegt: Richtig edel wäre es, den Kopfhörerausgang vom Main Out entkoppeln und zum Vorhören des jeweils „stummen“ Players verwenden zu können, denn dafür gibt es leider keine Möglichkeit. Von diesem nicht ganz zu Ende gedachten Umstand einmal abgesehen, habe ich an der Player-Sektion des Pa900 überhaupt nichts auszusetzen – es handelt sich um sehr flexible MIDI-/Audio-Player, mit denen man für fast alle Situationen gut gerüstet ist. Für alles andere gibt es schließlich hauptberufliche DJs.

Sequencer und Aufnahmefunktionen

Als Entertainer-„Workstation“ bietet das Pa900 einen ausgewachsenen 16-Track-Sequencer zur Aufzeichnung eigener Songs. An den Komfort und den Funktionsumfang eines computergestützen Sequencers reicht er natürlich nicht ganz heran, aber alle wichtigen Werkzeuge (verschieben, kopieren, quantisieren, Velocity skalieren etc.) bis hin zur Bearbeitung einzelner Noten und Controllerevents in der Eventliste stehen zur Verfügung. Mit den beiden Backing Sequence-Modi können auch Style-Begleitungen aufgezeichnet bzw. offline programmiert werden.
Auch eine Audioaufnahmefunktion gehört heute zur Standardausstattung, und das Pa900 gibt sich keine Blöße. Der integrierte MP3-Recorder zeichnet alles auf, was auf dem Keyboard passiert, also auch das Eingangssignal vom Mikrofon- bzw. Audioeingang und alle Effekte. So kann man schnell und einfach Ideen festhalten oder Demos erstellen, ohne zusätzliches Equipment zu benötigen. Eine Aufzeichnung als unkomprimierte WAV-Datei ist allerdings leider nicht möglich.

Erweiterung „Musikant“

Unser Testgerät war mit der optional erhältlichen Sound- und Style-Erweiterung „Musikant“ ausgestattet. Die microSD-Karte enthält 200 Styles und 500 Songbook-Einträge speziell für den deutschsprachigen Entertainer-Markt. Darunter sind zahlreiche Rhythmen, die sich an beliebten Stimmungs-Hits, Evergreens und Schlagern orientieren. Hinzu kommen 160 User-Sounds und neun Drum-Kits, die ebenfalls auf die Bedürfnisse der hiesigen Bierzelt- und Festsaal-Unterhaltung ausgerichtet sind. Von Après-Ski-Ballerman-Hits und Alpenglühen über Shanties und Oldies bis hin zur Italo-Schnulze ist man damit für alles gerüstet, was sich der Brautvater stark angeheitert um drei Uhr morgens wünschen könnte. In den nächsten Soundbeispielen hört ihr einige Styles der optionalen Musikant-Erweiterung.

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Après Ski Polka Stern Schlager Boarischer Hossa
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Fazit

Das Korg Pa900 ist ein rundum gelungenes Keyboard der oberen Mittelklasse mit einer Fülle hochwertiger Sounds und Styles. Es bietet alles, was ein Entertainer normalerweise benötigen wird, um sein Publikum zu begeistern: vielseitige, gut programmierte und klanglich überzeugende Rhythmen, ausdrucksstarke Klänge, einen großen, übersichtlichen Touchscreen, zwei MIDI-/Audio-Player mit Textanzeige und Crossfader und einen Mikrofoneingang mitsamt Vocal-Prozessor. Mit der in dieser Klasse einzigartigen Sampling-Funktionalität kann man das Keyboard mit individuellen Sounds bestücken und sogar eigene Drumloops in User-Styles verwenden. Schade, dass man nicht selbst sampeln kann! Ein kleiner Kritikpunkt betrifft die verzerrten Gitarrensounds, die manche Rock-Styles etwas unnatürlich wirken lassen. Auch die recht lange Ladezeit beim Einschalten ist noch verbesserungswürdig. Davon einmal abgesehen, hat Korg mit dem Pa900 ein erwachsenes Entertainer-Keyboard entwickelt, das es in seiner Klasse mit der Konkurrenz mühelos aufnehmen kann oder sie – etwa in Sachen Display oder Sampling – sogar hinter sich lässt. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • exzellenter Gesamtsound
  • ausdrucksstarke Klänge und Styles
  • Sampling-Funktion mit Loop-Slicing
  • zwei MIDI-/Audio-Player mit Crossfader
  • großes Touchscreen-Display
  • gute Lautsprecher
Contra
  • unnatürlich wirkende Gitarrensounds in einigen Styles
  • lange Ladezeit beim Einschalten
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Korg Pa900 Test
Für 1.299,00€ bei
Das Korg Pa900 ist ein gelungenes Keyboard der oberen Mittelklasse
Das Korg Pa900 ist ein gelungenes Keyboard der oberen Mittelklasse
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siebenhirter sagt:

#1 - 03.11.2014 um 23:02 Uhr

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Plus: Wie gewohnt (seit Triton) gibt es einen vollwertigen Soundeditor und einen voll ausgestatteten Sampler.Minus: Wer ein Vorgängermodell besitzt und vorwiegend mit dem Styleplayer spielt, vermißt den Chord-Recognition-Mode Fingered3, den Fill-Mode und die Fill-In-Taster.Mit dem Fill-Mode war pro STS und Performance einstellbar, zu welcher Variationen die Fill-Ins überleiten sollten, welche man individuell und manuell durch Taster im Direktzugriff hatte.Mit Fingered-3 mußte ein Akkord mindest mit drei Noten gespielt werden, damit er als Akkord erkannt wurde, ein- und zweistimmiges Spielen war damit im Lower-Bereich möglich, ohne daß man die Automatik neu zu triggern.

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siebenhirter sagt:

#2 - 14.10.2015 um 12:19 Uhr

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Die Kritik am Styleplayer ist unberechtigt, denn Styleplayer anderer Keyboards reagieren nicht gutmütiger - bei diesen kann man den Triggerzeitpunkt nicht definieren und daher erfolgt deren Überleitung immer auf der „1“ des Folgetaktes.Die Korg-Begleitautomatik hat - als einziges Arrangerkeyboard - ein Feature zur Definition des Triggerzeitpunktes von Fill-Ins und Variaton.Stellt man dessen Parameter (Cue-Mode) auf Immediate/first measure oder immediate/next measure, dann passiert genau das, was sie irrtümlich als "zickig" bezeichnen.Diese Parameter sind pro Style einstellbare und hervorragend dazu geeignet, den Zeitpunkt des Einsatzes eines Fill-Ins oder den Übergang von einer Variation in die nächste zu definieren.Möchte man den gewohnten "gutmütigen" Einsatzzeitpunkt auf die "1" eines nachfolgenden Taktes, dann stellt man den Cue-Mode auf Next measure/first measure - sonst wird eben zu jenem Zeitpunkt gewechselt, zu dem man die entsprechenden Knöpfe betätigt. Erfolgt dies beabsichtigt unrhythmisch, dann wirken eben Bläser oder eine Bassnote entsprechend unrhythmisch beabsichtigt.mfg siebenhirter

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Ronny Funk sagt:

#3 - 04.06.2016 um 17:58 Uhr

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Dieses Keyboard macht einfach Spaß, die Styles klingen meist lebendig, die Drums recht akustisch, ich kann Styles problemlos etwas modifizieren und diese am Originalort speichern (wenn ich den Schreibschutz abgeschaltet habe), die Musikant-Software deckt eine Menge Repertoire ab und zwar besser, als das Entertainer-Pack für Yamaha PSR-S Keyboards.
Ich habe es mir als Ergänzung zu meinem Yamaha-Keyboard zugelegt, könnte aber 3/4 meines Repertoires auch ausschließlich mit dem Korg spielen.
Das schöne ist ja, dass sich beide Keyboards ergänzen, bestimmte Klänge bei Korg besser kommen, bestimmte bei Yamaha und das gleiche ist auch bei den Styles der Fall.

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