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Casio XW-P1 Test

Der Name Casio genoss unter Musikern in den letzten 20 Jahren keinen besonders guten Ruf. Dabei hatte der japanische Hersteller in den Achtzigern mit der CZ-Serie durchaus einige Synthesizer im Angebot, die auf dem Gebrauchtmarkt bis heute gefragt sind. Danach verlegte man sich aber ganz auf die Produktion von Kinderzimmer-Keyboards und verschwand aus der Profi-Szene. In den letzten Jahren zeigte Casio Bemühungen, den professionellen Markt zurück zu erobern. Digitalpianos und einige höherklassige Arranger-Keyboards für Entertainer machten den Anfang. Mit den beiden Synthesizer-Geschwistern XW-P1 und XW-G1 kommen jetzt zwei Geräte hinzu, die ernst zu nehmende Instrumente für Studio und Bühne sein möchten. Wir hatten ein Vorserien-Exemplar des Performance-Synthesizers XW-P1 für euch unter dem Bonedoskop.

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Der XW-P1 kombiniert einen flexiblen Synthesizer mit einem Step-Sequenzer und einem Phrasen-Sequenzer. Damit ist klar, wo die Reise hingeht: Der Synth richtet sich in erster Linie an Musiker, die in elektronischen Genres unterwegs sind, und unter diesen vor allem an jene, die ein Instrument für Live-Performances suchen. Mit gut 500 Euro ist der XW-P1 recht erschwinglich und könnte deshalb viele Freunde finden, wenn er denn etwas taugt.
Für all jene, die viel mit Loops und Sequenzen arbeiten und Wert auf Werkzeuge wie z.B. einen Looper legen, bietet sich als Alternative zum XW-P1 ggf. der Zwillingsbruder XW-G1 an. Dieser richtet sich noch stärker an die Loop-Fraktion und verzichtet dafür auf einige Features der Synthesizer-Engine. Den XW-G1 werden wir in einem weiteren Test auch noch unter die Lupe nehmen.

DETAILS

Konzept
Casio bezeichnet den XW-P1 als “Performance Synthesizer”. Laut Hersteller wurde er “speziell für die Kreation und Komposition von elektronischen Sounds und die Performance bei Live-Auftritten entwickelt.” Dafür hat der XW-P1 eine Synthesizer-Sektion an Bord, die wiederum in einen Solo-Synthesizer und eine samplebasierte PCM-Klangerzeugung unterteilt ist. Zusätzlich gibt es eine Drawbar-Orgel-Simulation und eine “Hex Layer” genannte Funktion, mit der bis zu sechs Klänge geschichtet werden können. Eine Effekteinheit mit Hall, Chorus und einer breiten Palette an DSP-Effekten rundet die Klangerzeugung ab. Ein Step-Sequenzer dient dem Abspielen und Erstellen von Begleitpatterns. Mehrere Patterns lassen sich verketten und als Song im SMF-Format auf die Speicherkarte exportieren. Der Sequenzer kann auf weitere Synth-Parts zugreifen, die sich nicht live auf der Tastatur spielen lassen. Dadurch kann er nicht nur einfache Sequenzen, sondern komplette, multitimbrale Begleitpatterns spielen. Zusätzlich stehen ein Arpeggiator und ein Phrasen-Sequenzer zur Verfügung, der auf Tastendruck voreingestellte oder selbst aufgenommene Phrasen abspielt.

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Äußerlichkeiten
Auch durch sein Äußeres macht der XW-P1 klar, dass er in elektronischen Gefilden zu Hause ist. Das Design ist kantig und wirkt sehr technisch. Die Bedienoberfläche ist in silbergrau und einem grellen Orange gehalten. Gepaart mit den blauen LEDs ist das auf der Clubbühne ein Blickfang erster Güte. Auf mich wirkt das Design etwas zu verspielt, aber das ist wie immer Geschmackssache. Das Gehäuse ist vollständig aus Kunststoff, was den Synth zwar leicht macht, aber nicht gerade zu einer “erwachsenen” Erscheinung beiträgt. Von außen erinnert der XW-P1 schon etwas an die zahlreichen CasioTone-Keyboards, die seit Jahrzehnten Kinderherzen höher schlagen lassen. Ausreichend stabil wirkt das Gehäuse allerdings durchaus, und das geringe Gewicht macht sich beim Einsatz auf der Bühne natürlich positiv bemerkbar.
Auf den ersten Blick erscheint die mit Tastern übersäte Bedienoberfläche des XW-P1 nicht unbedingt selbsterklärend. Verschaffen wir uns daher zunächst einen Überblick. Links befindet sich die Sektion zur Echtzeit-Steuerung. Hier gibt es vier programmierbare Drehregler, 16 Buttons für den Step-Sequenzer und neun Fader, die je nach Spielmodus unterschiedliche Funktionen übernehmen. Auch drei Buttons zur Steuerung des Drawbar-Orgelsounds haben hier Platz gefunden.

Rechts davon folgen der Netzschalter und der Lautstärkeregler. Weiter geht’s mit sechs Buttons, mit denen der Spielmodus ausgewählt und bei Bedarf in den Edit-Mode gewechselt werden kann. Darunter befindet sich die Tempo-Sektion mit +/- Tastern und einem Tap-Tempo-Button.
Im Zentrum des Panels ist ein LC-Display untergebracht, das von einem Rad zur Dateneingabe flankiert wird. Unterhalb der Anzeige finden wir kleine runde Buttons, die der Bedienung des Arpeggiators, des Phrase-Sequencers und des Mixers dienen. Im unteren, mittleren Bereich der Bedienoberfläche, zwischen Display und Tastatur, sind Taster zur Steuerung des Step-Sequenzers und zur Patternauswahl angesiedelt. Je nach Betriebszustand des Synths können die Pattern-Knöpfe aber auch andere Aufgaben übernehmen – etwa die Auswahl von Kategorien der Tonerzeugung.

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Rechts vom Display folgen Taster zur direkten Programmauswahl und zur Navigation durch die Menüs. Drei Buttons zur Oktavumschaltung und Transposition machen das Panel komplett. Das dunkle Feld ganz rechts könnte man bei einem flüchtigen Blick für einen Lautsprecher halten. Es handelt sich jedoch um eine gummierte Ablage, auf der zum Beispiel ein MP3-Player rutschfest gelagert werden kann. Sehr praktisch

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Anschlüsse
Rückseitig bietet der XW-P1 zunächst einen Stereo-Line-Ausgang (2x 6,3mm-Klinke) und einen Kopfhörerausgang. Es folgen eine Reihe von Eingängen für externe Audiosignale. Am Mic In (Klinkenbuchse) kann ein Mikrofon angeschlossen werden. Dafür steht auch ein Level-Poti zur Verfügung. Der Stereo-Eingang dient dem Anschluss von Audioplayern und ist als 3,5-mm-Klinkenbuchse ausgeführt. An der Inst-In-Buchse kann eine externe Klangquelle angeschlossen (mono) und dann in der Klangerzeugung des XW-P1 verwendet werden. Auch ein Anschluss für ein Sustain-Pedal bzw. einen zuweisbaren Fußtaster ist vorhanden.

Zwei MIDI-Buchsen (In sowie Out/Thru) sind ebenso dabei wie ein USB-Anschluss zur Verbindung mit einem Computer. Dieser dient nicht nur der Übertragung von MIDI-Daten. In Verbindung mit einer von Casio kostenlos verfügbaren Software kann er auch zur Archivierung von Klangprogrammen und anderen Daten genutzt werden. Zu guter Letzt befindet sich an der Rückseite noch ein SD-Card-Slot, über den man Klangprogramme und Sequenzen laden und speichern kann. Praktischer wäre meiner Ansicht nach ein Anschluss für einen USB-Stick gewesen, aber man kann nicht alles haben… Eine SD-Karte verschwindet sicher im Keyboard und kann als unauffällige Speichererweiterung dienen. Von daher ist das auch ganz praktisch.
Die Stromversorgung erfolgt wahlweise über das externe Netzteil oder über 6 Batterien vom Typ Monozelle (D). Casio gibt die Batterielebensdauer mit 35 Stunden an.
Tastatur
Die Klaviatur des XW-P1 ist eine leicht gewichtete Synth-Tastatur in Klavier-Optik, d.h. ohne Lücke unter den Tasten. Für Synthesizer-Sounds bietet sie ein akzeptables Spielgefühl. Feinfühlige Klavier- oder E-Piano-Darbietungen werden auf den leichtgängigen Plastik-Tasten kaum gelingen, sind ja aber auch nicht die Kernkompetenz dieses Gerätes. Für einen Performance-Synthesizer, auf dem man Synth-Sounds spielt, Flächen drückt und Sequenzen abfährt, geht die Tastatur voll in Ordnung. Sie wird von einem Pitch- und einem Modulationsrad begleitet, die beide auch nicht ganz mit Profi-Standards mithalten können. Die Räder sind klein und trotz der Riffelung wenig griffig. Außerdem liegen sie sehr eng beieinander, was in der Hektik einer Live-Performance zu Fehlgriffen führen kann. Schnell hat man dem benachbarten Rad einen unbeabsichtigten Schubs gegeben.

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PRAXIS

Solo-Synthesizer
Die Synthesizer-Sektion des XW-P1 baut auf mehreren Standbeinen auf. Beginnen wir mit der Solo-Synth-Abteilung. In diesem Modus ist der XW-P1 ein monophoner Lead- und Bass-Synth mit bis zu 6 Oszillatoren bzw. Klangquellen (nicht zu verwechseln mit der Hex-Layer-Funktion, zu der wir noch kommen werden). Zunächst stehen 2 virtuelle Synth-Oszillatoren zur Verfügung, die jeweils eine von 311 Synth-Wellenformen erzeugen können. Darunter sind neben den Standards Sinus, Dreieck, Sägezahn, Rechteck und PWM auch etliche Wellenformen, die mit Namen wie “OB Saw” oder “JP Square” an historische Größen der Analog-Ära erinnern. Variationen der Standard-Wellenformen sind also im Überfluss vorhanden. Es folgen 2 PCM-Oszillatoren, die jeweils einen von 2.135 (!) Sample-Sounds liefern können. Der fünfte Baustein ist ein Noise Generator.
Schließlich ist auch die Verwendung eines externen Signals vom Mic- oder Inst-Eingang als Baustein eines Solo-Synth-Klangs möglich, wobei ein den Eingängen nachgeschalteter Pitch-Shifter zum Einsatz kommen kann. Alle diese sechs Elemente verfügen über eigene, einfache Tiefpassfilter ohne Resonanz, eigene VCAs sowie über Pitch-, Filter- und Amp-Hüllkurven. Das kombinierte Signal der bis zu sechs Klangquellen durchläuft dann ein weiteres Filter. Dieses bietet die Typen Tiefpass, Bandpass und Hochpass und ist resonanzfähig. Auch hierfür steht eine Hüllkurve zur Verfügung. Zwei globale LFOs, die sowohl auf verschiedene Parameter der einzelnen Blöcke als auch auf das Master-Filter wirken können, sowie ein DSP-Effekt runden die Ausstattung ab. Damit ist der XW-P1 mit einer unerwartet umfangreichen Synth-Architektur ausgestattet, die für einige interessante Sounds gut sein sollte. Für einen Synth in dieser Preisklasse sind die Möglichkeiten jedenfalls bemerkenswert. Und in der Tat: Unter den 100 Presets für den Solo-Synth-Modus finden sich zahlreiche gut verwendbare Klänge. Für Eigenkreationen stehen weitere 100 Speicherplätze zur Verfügung. Druckvolle Bässe kann der XW-P1 genauso liefern wie durchsetzungsfähige Lead-Sounds. Der Klangcharakter tendiert dabei leicht in die Richtung “drahtig-metallisch”. Klar, der XW-P1 ist kein virtuell-analoger Synth und möchte es auch gar nicht sein. Dennoch kann die Solo-Synth-Abteilung aktuelle und konkurrenzfähige Sounds hervorbringen. Schade, dass diese Sektion nur monophon arbeitet, denn sie ist für mich das Highlight des XW-P1. Hier hört ihr einige Beispiele:

Audio Samples
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Solo-Synth Lead 1 Solo-Synth Lead 2 Solo-Synth Bass Solo-Synth

PCM-Klänge
Weiter geht’s mit der PCM-Sektion, in der die PCM-Wellen auch polyphon spielbar sind. Hier stehen 400 Presets und 100 User-Speicherplätze zur Verfügung. Allerdings lassen sich nur veränderte Werkspresets abspeichern – eine freie Auswahl aus den insgesamt über 2.000 PCM-Wellenformen gibt es hier also nicht. Außerdem beinhaltet die Sektion 20 Drumsets und 10 User-Kits. Die PCM-Klänge bieten im Vergleich zur Solo-Synth-Sektion nur wenige Einstellmöglichkeiten. Darunter ist eine einfache Amp-Hüllkurve (Attack und Release) und der Filter-Cutoff (ohne Resonanz). Beim Ausprobieren der Werks-Presets wird klar, dass diese Klänge eher als Beigabe zu verstehen sind. Zwar kann der XW-P1 dank der PCM-Wellenformen zum Beispiel auch Klavier-, Gitarren- und Streichersounds erzeugen, aber klanglich können diese nicht in der Profiliga mitspielen. Viele der “akustischen” Instrumente kommen recht flach und eindimensional daher und lassen Tiefgang und Ausdruckskraft vermissen. Die Samples sind kurz geloopt und bewegen sich leider auf dem Niveau von Einsteiger-Keyboards. Auch die Drumkits klingen etwas steril und wenig kraftvoll, was sich vor allem in den Sequenzer-Patterns bemerkbar macht. Zwar wird niemand bei einem Gerät in dieser Preisklasse Klänge erwarten, die sich mit aktuellen High-End-Workstations messen können. Aber vielleicht hätte Casio die Anzahl der PCM-Sounds halbieren und stattdessen mehr Augenmerk auf die Qualität legen sollen. Dennoch gibt es auch in der PCM-Abteilung natürlich einige Lichtblicke – vor allem bei den Synth-Pads.

Audio Samples
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PCM- Stereo Grand PCM – 60s EP PCM – Strings PCM – Synth PCM – Drums

Hex Layer
Hinter dem “Hex Layer” genannten Modus verbirgt sich eine Funktion, die bis zu sechs PCM-Sounds übereinander schichten kann. Das Ganze ist also bei genauerer Betrachtung keine “Hex”-erei. Trotzdem eröffnen sich damit interessante Klangwelten.
Für jeden der sechs Layer lässt sich einer von 788 PCM-Klängen auswählen. Weiterhin stehen für jede Schicht eine ADSR-Amp-Hüllkurve, ein einfaches Lowpass-Filter ohne Resonanz und individuelle Chorus- und Reverb-Sends zur Verfügung. Auch lassen sich Tastatur- und Velocity-Bereich für jeden Layer getrennt einstellen, sodass der Hex-Layer-Modus auch zur Erstellung von Split-Sounds taugt. Die Lautstärke der einzelnen Layer kann während des Spielens mit den Fadern justiert werden, was dynamische Performances ermöglicht. Allerdings fällt es einem dabei immer wieder auf die Füße, dass sich die Fader die Werte nicht elegant “abholen”, sondern sofort einen Lautstärkesprung auslösen, wenn die Faderstellung nicht mit dem voreingestellen Wert übereinstimmt. Für das gesamte Gebilde aus bis zu sechs Schichten stehen ein Amp- und ein Pitch-LFO zur Verfügung. Außerdem gibt es eine interessante Detune-Funktion, die die Stimmung der einzelnen Layer automatisch gegeneinander verschieben kann. So kann man im Handumdrehen fette Unisono-Sounds kreieren. Leider gibt es im Hex-Layer-Modus weder auf der Layer-Ebene noch für den Gesamtklang ein resonanzfähiges Filter, was angesichts der ansonsten sehr vielseitigen klanglichen Möglichkeiten mehr als schade ist.
Hier hört ihr einige Beispiele für Hex-Layer-Sounds. Zum Teil habe ich während des Spielens das Verhältnis der einzelnen Schichten verändert und am Detune-Parameter gedreht.

Audio Samples
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Hex 1 Hex 2 Hex 3 Hex 4

Zugriegelorgel
Zusätzlich zu den beschriebenen Synth-Sektionen besitzt der XW-P1 eine Drawbar-Orgel-Emulation mitsamt Keyclick, Percussion und Leslie-Effekt. Zur Steuerung der Zugriegel kommen die neun Fader zum Einsatz. Mittels der drei Buttons linkerhand der Fader lässt sich die Rotorgeschwindigkeit wechseln und die Percussion aktivieren. Alle weiteren Einstellungen, etwa die Decay-Zeit der Percussion, die Rotor-An- und Abschwellzeiten und der Overdrive, werden mittels der programmierbaren Regler oder in einem gesonderten Menü vorgenommen. Die Orgel ist natürlich eine willkommene Ergänzung und lässt sich in erfreulich vielen Parametern einstellen. Der Grundklang geht für ein so günstiges Instrument durchaus in Ordnung. Leider sind die Fader für eine genaue Kontrolle der Zugriegel schlicht zu kurz und reagieren mit Verzögerung. Außerdem tritt beim gleichzeitigen Bewegen mehrerer Fader ein unerfreulicher Effekt auf: Wenn man mehrere Zugriegel simultan bewegt und währenddessen eine Note spielt, erklingt diese erst mit deutlicher Verspätung. Weitere Abstriche muss man bei den orgeltypischen Effekten machen. Die Leslie-Simulation und vor allem der Overdrive sind klanglich nicht auf der Höhe der Zeit und entlarven den XW-P1 auf Anhieb als Digitalsynth.

Audio Samples
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Organ – Drawbars Organ – Overdrive

Step-Sequenzer
Der Step-Sequenzer des XW-P1 kann seine Herkunft nicht verleugnen: Mit seinen neun Parts, die ganze Begleitpatterns multitimbral abspielen können, hat er das Arranger-Gen. Der Sequenzer ist eine Art Mini-Begleitautomatik, die sich von ihren Kolleginnen bei den Arranger-Keyboards nur dadurch unterscheidet, dass sie die Patterns nicht musikalisch an gespielte Akkorde anpassen, sondern nur transponieren kann. Davon abgesehen erinnert alles an typische Arranger-Keyboards. Es gibt getrennte Spuren für verschiedene Drum- und Percussion-Spuren, Bass, Akkorde, etc., sowie vier Steuerspuren. Patterns lassen sich verketten und zu einem Song zusammenstellen. Der Sequenzer kann auch zur MIDI-Clock synchronisiert werden. Zur Mischung der einzelnen Spuren gibt es eine eigene Mixer-Displayseite.
Die Eingabe von Noten kann entweder mit den Step-Sequenzer-Tasten oberhalb der Fader erfolgen, was sich besonders für Drums anbietet, oder über die Tastatur. Dabei stehen zahlreiche einstellbare Parameter wie Timing und Anschlagstärke zur Verfügung. Auch Controllerbewegungen kann der Sequenzer aufzeichnen. So lassen sich komplette Begleitpatterns kreieren, zu denen man dann auf der Tastatur jammen kann. Zur Echtzeit-Transposition der Patterns dient die Funktion “Key Shift”. Als Startpunkt besitzt der XW-P1 100 Preset-Sequenzen, die jeweils über acht Variationen verfügen. Zusätzlich lassen sich 100 User-Sequenzen speichern.
Unter den voreingestellten Patterns gibt es viele, die Spaß machen und zum Improvisieren einladen. Dass der Sound der Begleitungen häufig nicht so richtig druckvoll rüberkommt, ist nicht dem Sequenzer anzulasten, sondern liegt an der bereits erwähnten mäßigen Qualität der PCM-Samples. Hier hört ihr zwei Beispiel-Patterns, bei denen ich auch von der “Key Shift”-Funktion Gebrauch gemacht habe:

Audio Samples
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Seq 1 Seq 2

Arpeggiator und Phrasen-Sequenzer
Auch der live auf der Tastatur gespielte Part kann “automatisiert” werden. Hierfür gibt es einen Arpeggiator und einen Phrasen-Sequenzer. Der Arpeggiator bietet 100 Preset-Patterns und weitere 100 User-Speicherplätze. Unter den voreingestellten Sequenzen sind nicht nur klassische Synth-Arpeggios, sondern auch ganze Basslines und Gitarrenfiguren. Der Arpeggiator verfügt über eine Hold-Funktion und kann selbstverständlich ebenfalls synchronisiert werden. Der Phrasen-Sequenzer ermöglicht es, “on the fly” eine Phrase aufzunehmen und sie dann mit einem einfachen Tastendruck auch transponiert wieder abzuspielen.
Performance-Modus
Im Performance-Modus können bis zu vier Klänge gleichzeitig auf der Tastatur gespielt werden, wobei Split- und Layer-Setups möglich sind. Allerdings kann dabei nur der erste Part alle Möglichkeiten der Klangerzeugung ausschöpfen – die übrigen drei Parts müssen mit einfachen PCM-Klängen auskommen. Zusätzlich arbeitet der Modus wie ein Registrierungs-Speicher. In einer Performance wird das gesamte Setup des Instruments, inklusive Sequenzer- und Arpeggiator-Einstellungen gesichert. Dadurch wird es möglich, auf der Bühne sehr schnell zwischen Einstellungen zu wechseln.
Bedienung
Für ein Instrument in der 500-Euro-Klasse bietet der XW-P1 eine Fülle von Möglichkeiten. Die Ausstattung des Synths mit verschiedenen Klangerzeugungs-Modi, mehreren Sequenzern und einem Arpeggiator macht das Gerät ziemlich komplex, und wer noch nie mit einem Synthesizer zu tun hatte, wird möglicherweise zunächst den Wald vor lauter Bäumen nicht sehen. Leider ist es Casio nicht gelungen, ein wirklich intuitives und benutzerfreundliches Instrument zu bauen. Gerade für Einsteiger ist die Struktur des Synths zunächst wohl nur schwer zu durchblicken. Der XW-P1 verwirrt mit mehrfach belegten Buttons, verschiedenen Spielmodi und einer etwas konfus angeordneten Bedienoberfläche. Für viele Einstellungen muss man in Menüs abtauchen. Klar – nach einiger Zeit gehen die Abläufe flott von der Hand. Da sich das Instrument mit seinem günstigen Preis auch und vor allem an Einsteiger wendet, hätten die Architektur des Synths und das Bedienkonzept allerdings gern etwas geradliniger und simpler ausfallen dürfen.
Eine gut geschriebene, klar strukturierte Bedienungsanleitung hätte hier Abhilfe geschaffen. Leider trägt das deutsche Handbuch zum XW-P1 aber nicht gerade zum Verständnis bei. Zwar gibt es einen “Schnellkurs” für Einsteiger, aber insgesamt ist die Anleitung aus einem sehr technischen Blickwinkel verfasst und stellenweise auch miserabel übersetzt. Ich zitiere aus dem Abschnitt über das Speichern von Effekteinstellungen:

“Speichern eines bearbeiteten DSPs: Die DSPs unterteilen sich nach Effekten in 53 DSP-Typen. Die Preset-Normal-DSPs 0-0 und 0-1 sind Komprimier-DSPs. Es gibt zwei DSP-Typen: ein Normal- DSP-spezifischer Typ und ein Solo-Synthesizer-DSP-spezifischer Typ. Beim Bearbeiten und Speichern eines DSPs ist zuerst der DSP-Typ einzugeben und dann die diesem entsprechende Bearbeitung durchzuführen.”

Ich habe bei Casio nachgefragt, ob es sich bei dem Handbuch zu dem getesteten Vorseriengerät um einen Vorabdruck handelt. Nein, das ist die finale Version. Wer noch nie einen Synthesizer bedient hat, könnte an dieser Anleitung verzweifeln. Das haben andere Hersteller schon deutlich besser gemacht.

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FAZIT

Der Casio XW-P1 ist ein Einsteiger-Synthesizer, der neben einer umfangreichen Synth-Klangerzeugung auch verschiedene praktische Features für den Live-Einsatz bietet. Neben programmierbaren Reglern und Fadern zählen insbesondere der Step-Sequenzer und der Phrasen-Sequenzer dazu. Die Solo-Synth-Sektion kann druckvolle, zeitgemäße Klänge hervorbringen und mit der Hex-Layer-Funktion sind ausufernde Klangcollagen möglich. Leider verfügt nur die Solo-Synth-Sektion über ein resonanzfähiges Filter, was die klanglichen Möglichkeiten des Geräts etwas einschränkt. Auch die dürftige Klangqualität der PCM-Klänge und die bisweilen verwirrende, unübersichtliche Bedienung schmälern die Freude am neuen Synth ein bisschen. Trotzdem freuen wir uns, Casio wieder im Kreise der Synthesizer-Hersteller begrüßen zu dürfen. Der XW-P1 bietet vielfältige Möglichkeiten für wenig Geld und dürfte sich durchaus einen Platz in so manchem Synth-Setup erobern.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Möglichkeiten und Klangqualität der Solo-Synth-Sektion
  • programmierbare Fader und Regler
  • flexibler Step-Sequenzer
  • Arpeggiator und Phrasen-Sequenzer
  • vielfältige Anschlussmöglichkeiten für externes Equipment
  • günstiger Preis
Contra
  • Unübersichtliche Bedienoberfläche
  • Klangqualität der PCM-Sounds
  • Rotary-Effekt und Overdrive klanglich sehr dürftig
  • kein resonanzfähiges Filter in PCM- und Hex-Layer-Sektionen
  • Fader zu kurz
  • kein „Parameter Catch“ für Regler und Fader
  • konfuse Bedienungsanleitung mit zahlreichen Übersetzungsfehlern
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Casio XW-P1 Test
Für 299,00€ bei
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TECHNISCHE DATEN
  • 61 normal große Tasten
  • Polyphonie: 64 Noten (1-32 bei bestimmten Klangfarben)
  • Solo-Synthesizer-Klangfarben: 100 Preset, 100 User
  • Hex-Layer-Klangfarben: 50 Preset, 50 User
  • Zugriegelorgel-Klangfarben: 50 Preset, 50 User
  • PCM-Melodie-Klangfarben: 400 Preset, 100 User
  • PCM-Drum-Klangfarben: 20 Preset, 10 User
  • Effekte: System-Hall, System-Chorus, DSP-Effektsektion (53 Typen, darunter 7 speziell für Solo-Synthesizer-Sektion), Master-EQ mit 4 Bändern
  • Performance-Modus: 100 Presets, 100 User-Speicherplätze
  • Phrasen-Sequenzer: 100 Presets, 100 User-Phrasen, 128 KB Speicherkapazität, Overdub-Funktion
  • Step-Sequenzer: 100 Presets, 100 User-Sequenzen
  • Anzahl Spuren: Mono: 8; Poly: 1; Control: 4
  • Patterns: 8 Typen je Sequenz
  • Ketten: 100
  • Maximale Schrittzahl: 16
  • Arpeggiator: 100 Presets, 100 User-Arpeggios
  • Mixer: 16 interne Parts + extern eingegebene Parts
  • MIDI: 16-fach multitimbral, konform zu GM Level 1
  • Räder: Pitch Bend, Modulation
  • Speicherkarten-Slot: Unterstützt SD- oder SDHC-Speicherkarten bis 32 GB; Funktionen: SMF-Wiedergabe, Audiodatei-Wiedergabe, Speichern, Einlesen und Löschen von Dateien, Kartenformatierung
  • Anschlüsse: USB-Port Typ B, MIDI IN/OUT, Sustain, Kopfhörer, LINE OUT (L/Mono – R), Audio-Eingang (Stereo-Miniklinkenbuchse), Instrument-Eingang (6,3mm-Klinkenbuchse), Mikrofon (6,3mm-Klinkenbuchse)
  • Stromversorgung: externes Netzteil oder 6 Batterien Typ Mono (D)
  • Batterielebensdauer: ca. 35 Stunden
  • Abmessungen: 94,8 x 38,4 x 12,4 cm
  • Gewicht: ca. 5,4 kg (ohne Batterien)
  • Preis: 549,00 Euro
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