Sylvester Stewart – besser bekannt unter seinem Künstlernamen Sly Stone – verstarb am 09. Juni 2025 im Alter von 82 Jahren. Mit ihm verlor die Musikwelt einen großen Visionär und Innovator, dessen Karriere leider stark unter seinen Drogenproblemen litt. Im Jahr 1966 gründete er die Band Sly & The Family Stone und erreichte mit ihr in den USA eine enorme Popularität, um anschließend mehr oder weniger in der Versenkung zu verschwinden und in den 2000er-Jahren sogar obdachlos zu werden. Wir wollen mit diesem Artikel an das musikalische Genie Sly Stone erinnern und uns einige Basslines seiner größten Hits zu Gemüte führen. Für diese war bis 1972 kein Geringerer als Larry Graham verantwortlich – daher ist es nicht verwunderlich, dass sogar der erste jemals auf einer Schallplatte festgehaltene Slapgroove mit auf der Songliste des Workshopteils dieses Artikels steht.

(Bilder: Gijsbert Hanekroot / Alamy Stock Photo; ZUMA Press, Inc. / Alamy Stock Photo)
- Sly & The Family Stone – Kurzbiographie
- Sly & The Family Stone – musikalische Bedeutung
- Sly & The Family Stone – Stilmerkmale
- Sly & The Family Stone – Songs/Workshopteil
- „Everyday People“
- „I Wanna Take You Higher“
- „If You Want Me To Stay“
- „Family Affair“
- „Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin)“
- „Fun“
- „Sing A Simple Song“
- „Plain Jane“
Sly & The Family Stone – Kurzbiographie
Sly Stone wurde am 15. März 1943 in Texas geboren. Als er drei Monate alt war, zog seine Familie nach Vallejo in Kalifornien. Sly galt bereits früh als musikalisches Wunderkind und spielte schon im zarten Alter von gerade einmal sieben Jahren mehrere Instrumente auf hohem Niveau. Mit seinen drei Geschwistern gründete er die erste Band „The Stewart Four“ und sie spielten bis zu sieben Tage in der Woche Gospelmusik in der Kirche ihrer Region.
Bereits mit 19 machte Sly Stone sich einen Namen als Produzent in der Studioszene und zeichnete bereits für diverse Hits anderer Künstler verantwortlich. Zusätzlich moderierte er als DJ eine Sendung für KSOL – einen Radiosender, der auf Soul- sowie R&B-Musik spezialisiert war. Als Musiker spielte er Keyboard für Größen wie Dionne Warwick, The Righteous Brothers, Marvin Gaye und viele andere.

(Bild: Gijsbert Hanekroot / Alamy Stock Photo)
Gleichzeitig verfolgte Sly aber auch sein eigenes Projekt „Sly and the Stoners“. Diese Gruppe verschmolz schließlich mit der Band seines Bruders Freddie zu der Band „Sly & The Family Stone“. Einzig ein Bassist fehlte noch, also fragte man einen gewissen Larry Graham an, der sich zu dieser Zeit gerade mit einem höchst ungewöhnlichen Stil – dem Slapping – einen Namen machte. Zum großen Glück für uns alle nahm Larry Graham das Angebot an und wurde ein Teil von Sly & The Family Stone.
Die Hochphase von Sly & The Family Stone reichte von 1966 bis ca. 1972. In dieser Zeit veröffentlichte die Band mehrere erfolgreiche Alben und hatte einige Hits, darunter auch die Nummer-1-Single „Everyday People“. Ein absolutes Highlight war Sly & The Family Stones legendäre Performance auf dem Woodstock Festival im Jahr 1969.
Der Erfolg brachte aber wie so häufig leider auch seine Schattenseiten mit sich. Bereits seit 1969 konsumierte Sly Alkohol und Drogen in enormen Mengen. Sein Verhalten wurde dadurch immer unberechenbarer, Konzerte und TV Shows mussten immer häufiger abgesagt werden. Zum Teil erschien Sly einfach nicht oder verließ die Bühne schon nach kurzer Zeit wieder.
Auch bei der Komposition der Songs isolierte er sich zunehmend, spielte viele Instrumente selbst ein und produzierte die Songs soweit fertig, dass die restlichen Musiker nur noch zur “Hochglanzpolitur” kommen mussten. Das Gefühl eines familiären Kollektivs ging dadurch verloren – in der Folge bröckelte der Zusammenhalt in der Band massiv.
Auch die Albumverkäufe sanken und Konzerte zu buchen, wurde zusehends schwieriger. Darüber hinaus kam es innerhalb der Band zu enormen Differenzen. 1972 trennten sich schließlich die Wege von Sly Stone und Larry Graham, den Job des Bassisten übernahm Rustee Allen. Die Band bestand noch bis 1983 und veröffentlichte noch einige Alben, der große Erfolg blieb jedoch aus. Trauriger Höhepunkt waren die von Sly selbst gebuchten „Radio City Music Hall Konzerte“, zu denen kaum mehr Besucher kamen. Die Band spielte schlecht, zudem war die Aktion ein finanzielles Desaster. Danach war allen Beteiligten klar, dass das Ende von Sly & The Family Stone gekommen war.
Anschließend verschwand Sly mehr oder weniger von der musikalischen Bildfläche, auch wenn er über die Jahrzehnte immer wieder für kurze Gastauftritte, Tribute-Konzerte oder Preisverleihungen in die Öffentlichkeit trat.
Aufgrund seines Lebensstils, mehreren Festnahmen wegen Drogenbesitzes, einiger falscher Freunde und „Geschäftspartner“, juristischer Auseinandersetzungen sowie eines Streits um Tantiemen war Sly in 2000er-Jahren sogar auf Sozialhilfe angewiesen und lebte in einem Camper Van – war also praktisch obdachlos!
Im Jahr 2009 gab es dann einen Lichtblick: Sly unterschrieb einen neuen Plattenvertrag und veröffentlichte das Album „I’m Back“, welches neu aufgenommene Klassiker wie auch drei neue Songs enthielt. 2023 erschien seine Autobiografie „Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin)“.
Sly Stone starb am 9. Juni 2025 in Los Angeles. Die Hinterbliebenen gaben bekannt, dass er friedlich und umgeben von seiner Familie und seinem engsten Freund verstorben sei. Laut Familienangaben kämpfte Sly bereits seit längerer Zeit gegen COPD (chronisch obstruktive Lungenerkrankung) sowie weitere gesundheitliche Probleme, die schließlich zu seinem Tode führten.

(Bild: Gijsbert Hanekroot / Alamy Stock Photo)
Sly & The Family Stone – musikalische Bedeutung
Um zu verstehen, wie bahnbrechend der Künstler Sly Stone war, muss man ihn, sein Projekt und seine Musik in den entsprechenden historischen Kontext einordnen. Die 60er-Jahre waren die Zeit von Rassismus, Rassentrennung, Bürgerrechtsbewegung, rassistisch motivierter Polizeigewalt, des vor allem bei jungen Leuten verhassten Vietnam-Krieges, der Kennedy-Attentate, des Attentats auf Martin Luther King, stark patriarchalischen Strukturen etc.
Sly Stone hingegen war mit seinem Projekt ein Vorreiter der Inklusion. Er brachte mit seiner Musik nicht nur verschiedene Genres, sondern auch verschiedenen Hautfarben, verschiedene ethnische und religiöse Hintergründe und Geschlechter zusammen. In seinen Texten baute er stets Brücken zwischen unterschiedlichen Lagern, ohne mit dem Finger zu zeigen und anzuklagen.
Bis zu dieser Zeit waren musikalische Genres zumeist sehr klar voneinander getrennt. Auch Bands mit Menschen unterschiedlicher Hautfarbe waren so gut wie nicht existent. Sly öffnete Türen und gilt als Wegbereiter für zahlreiche Nachfolger, darunter z. B. Parliament/Funkadelic oder Prince. Auch im Hiphop sind Grooves von Sly & The Family Stone bis heute beliebte Samples. Auf diese Weise sind dieser ungewöhnliche Visionär und seine musikalische DNA noch heute überall präsent.

(Bild: Gijsbert Hanekroot / Alamy Stock Photo)
Sly & The Family Stone – Stilmerkmale
Durch den bunten Mix aus diversen Genres und Musikern findet man natürlich ganz unterschiedliche Elemente in der Musik von Sly & The Family Stone. Synkopierte, sich verzahnende Funkgrooves existieren gleichberechtigt neben straightem Rock oder „4 on the floor“-Discogrooves.
Ebenso findet man aber auch Shuffles und 6/8-Takte. Ein häufig hervorstechendes rhythmisches Merkmal sind die „Off-Beat“- oder „R&B-Achtel“. Dabei wird die erste Achtel einer Viertelnote kurz und betont, die zweite lang gespielt.
Die Harmonik ist ein bunter Mix aus Gospel, Soul und Blues, was ebenso auch für die Basslines gilt. Soul-typische Riffs aus Grundton, Quinte und Sechste gibt es genauso wie typische pentatonische bzw. arpeggierte Blues-Basslines oder „dreckig“ klingende Blues-Tonleiter bzw. Moll-Pentatonik. Auch auf dem Bass gespielte Oktaven spielen eine große Rolle.

(Bild: ZUMA Press, Inc. / Alamy Stock Photo)
Sly & The Family Stone – Songs/Workshopteil
„Everyday People“
„I Wanna Take You Higher“
„If You Want Me To Stay“
„Family Affair“
„Thank You (Falettinme Be Mice Elf Agin)“
„Fun“
„Sing A Simple Song“
„Plain Jane“
R.I.P., lieber Sly – wir danken dir für deine Vision und dein Gesamtkunstwerk, das bis heute nichts an seiner Wichtigkeit eingebüßt hat!
Thomas Meinlschmidt