Produce-Alike #3 – Katy Perry

Songaufbau

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Harmonisch bewegt sich der Song in der Tonart Ab-Dur, das Tempo liegt bei gemäßigten 124 Beats Per Minute. Durchgehend eintaktige Akkordwechsel sorgen für einen verlässlichen, harmonischen Rhythmus, auf einen Tonartwechsel oder Akkorde außerhalb der Tonart wird komplett verzichtet. Bis auf den Einsatz der sehr markanten Strings in den Bridge-Teilen setzt sich das Arrangement weitestgehend aus programmierten Beats und Sounds zusammen. Dabei wird vor allem kräftig vom Prinzip der Sidechain-Kompression Gebrauch gemacht, das schon in den vergangenen Produce-Alike-Folgen beschrieben wurde. Dazu jedoch später mehr.

Interessant ist vor allen Dingen, wie das Arrangement und die Meldodieführung des Gesangs auf den großen Refrain, das „große Feuerwerk“, hinführt. Nach einem kurzen viertaktigen Synth-Intro setzen Katy´s Gesang und ein Drumbeat ein. Die nachfolgende Bridge verzichtet dann wieder komplett auf Drums und steigert ausschließlich mit Achtel-Strings die Spannung zum Refrain hin.  Erst ab der zweiten Hälfte des Refrains erreicht der Spannungsbogen mit dem Einsatz der Drums seinen Höhepunkt. Spätestens jetzt sollten wir alle wenigstens eine Faust rhythmisch zum Himmel strecken. Dieser geniale Aufbau des Arrangements lässt sich über das gesamte weitere Stück beobachten. Der eingeschobene B-Teil zwischen Refrain 2 und Refrain 3 erhöht zusätzlich den gefühlten Drive. Werfen wir nun einen Blick auf das, was genau in den einzelnen Songteilen passiert.

Intro

Das viertaktige Intro besteht aus obertonreichen Synth-Sounds und zischelnden Geräuschen, die sich zu einer dicken Wolke aus Sound verweben und zusammen in einem gleichmäßigen Achtelgroove pulsieren.

Um diese „Soundcloud“ nachzuempfinden, habe ich ein Layer aus vielen verschiedenen Einzelsounds programmiert. Diese laufen zum einen durch einen eigenen Bus, die Synth-Group. Zum anderen werden die Sounds via Aux-Sends auf einen zweiten Bus geleitet, die Synth-Sidechain-Group. Der insertierte Kompressor in dieser Gruppe soll jetzt für das hörbare Pumpen, das Pulsieren der „Soundcloud“ sorgen. Der Trick bei der ganzen Sache ist, dass ich eine Viertel-Bassdrum als Triggersignal für den Kompressor programmiert habe. Diese liegt nur am Sidechain-Eingang des Kompressors an, ist aber ansonsten im Arrangement nicht zu hören. In den nachfolgenden Soundbeispielen könnt ihr das deutlich hören: Nach den ersten vier Takten des unbearbeiteten Signals setzt immer der Kompressor ein. Ein nachgeschalteter Pultec-EQ hebt die Höhen bei 10 kHz noch ein wenig an und dünnt den Bassbereich bei 100 Hz aus.

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Den Basis-Sound bildet ein leicht modifiziertes Preset aus dem Cubase-eigenen Instrument „Embracer“. Achtet auf das deutliche Pumpen ab Takt 5!

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Parallel dazu erzeugt der „Prolog“, ein weiteres Software-Instrument aus Cubase, die zweite Linie, die mithilfe der Spurautomation ein wenig die Lautstärke und das Panorama moduliert. Der Sound nutzt reichlich Verzerrung, die im Prolog direkt generiert wurde.

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Der dritte Sound im Bunde entstammt meinem alten Arbeitspferd, der Roland-Workstation XP-80. Auch hier sorgt Verzerrung für ordentlich Aggressivität in den oberen Mitten:

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Als nächstes hört ihr ein Layer aus flächigen, obertonreichen Sounds, die die oben vorgestellten Sounds zusätzlich unterstützen. Auf der rechten Seite gibt‘s einen Sound aus dem XP-80, der die geraden Zählzeiten betont und somit einen guten Kontrast zum Pumpen der Synth-Gruppe darstellt.

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Zu guter Letzt runden einige nichttonale, rhythmische „Noise-Sounds“ die Soundcloud ab. Diese Sounds habe ich mit dem Noise-Generator des Native Instruments Pro-53 erzeugt und im Sample-Editor von Cubase rhytmisch zerhackt. Die Spurautomation lässt die Sounds im Panorama hin und her wandern. Ab Takt 5 hört ihr auf der linken Seite ein Percussion-Sample aus dem Halion One, der die Off-Beats zusätzlich betont.

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Hört euch jetzt das fertige Ergebnis aus allen Einzelelementen an. Die ersten vier Takte wieder ohne, ab Takt 5 dann mit  Sidechain-Kompression.

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Während sich die Synths aus dem Intro in der Strophe wiederholen, setzen  zusätzlich die Drums ein. Dafür habe ich verschiedene passende Einzelsamples gesucht und in Native Instruments´ Battery ein neues Kit erstellt.

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Die Samples liegen alle an einzelnen Mixer-Kanälen in Cubase an, wo sie weiter bearbeitet wurden. Am Werk war hier in erster Linie der UAD 1176LN Limiting Amplifier, der im All-Button-Mode den Samples zusätzlichen Punch verleiht. Weiter kamen der UAD Pultec und UAD Cambridge EQ zum Einsatz. Mehr Attack erzeugt hier und da der Cubase-eigene Transient-Designer „Envelope-Shaper“. Im Drum-Gruppenbus kam der UAD SSL G Bus Compressor hinzu, der alle Einzelelemente noch mit einer leichten Kompression „zusammenklebt“.

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Hier der Strophen-Groove:

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Auf einem zweiten Drum-Bus wurde der kompletten Schlagzeugabteilung mithilfe von Parallelkompression zu noch mehr Durchschnittslautstärke verholfen. Ein extrem eingestellter Kompressor (UAD 1176LN) sorgt dabei für einen sehr gleichmäßigen Lautstärkepegel. Dieses stark komprimierte Signal wird nun dem Original-Drumsignal beigemischt. Die nachfolgende Abbildung zeigt die dazu gehörigen Wellenformdarstellungen, auf denen sich der Effekt auch grafisch gut erkennen lässt: Oben ohne Parallelkompression, unten mit  Parallelkompression. Das Beispiel enthält die Refrain-Drums.

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Bridge

Für die  kurzen, knackigen Achtel-Strings eignen sich am besten Sounds, die keine lange Einschwingzeit benötigen. Deshalb sollte man sich Klänge suchen, die die Spielweise Marcato oder Spiccato beinhalten. Die Grundtöne werden von einem Cello-Ensemble gespielt, Bratschen (Violas) übernehmen die obere Linie. Diese wird später im Refrain noch von Geigen (Violins) oktaviert. Im Klangbeispiel hört ihr die VSL-Strings aus der Kontakt 4-Library, gedoppelt mit String-Samples einer alten Orchester-Erweiterungskarte des XP-80.

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Refrain

Während die erste Hälfte des Refrains beginnt, setzen vorerst nur der Bass und einige Synth-Flächen zum String-Teil ein. Für den Bass habe ich den Scarbee MM-Bass aus Kontakt 4 verwendet, der die Möglichkeiten bietet, eine authentische Basslinie zu programmieren. So gibt es beispielsweise wechselnde Samples des gleichen Tons, was einer Abwechslung zwischen Zeige- und Mittelfinger beim Bassspiel gleichkommt. Auch Slides lassen sich sehr schön hinzufügen. Der Bass wird von einem UAD LA2A komprimiert und durchläuft anschließend einen Bass Pro Amp aus Guitar Rig 4.

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In der zweiten Hälfte des Refrains setzen die Drums zusammen mit einer mächtigen Viertel-Bassdrum ein, die im unteren Frequenzbereich für ordentlich Druck sorgt. Auch hier wurde wieder das Prinzip der Sidechain-Kompression angewendet: Ein Kompressor in der Bass-Spur wird von der Bassdrum getriggert und senkt den Bass immer kurz in dem Moment im Pegel ab, indem die Bassdrum zu hören ist. Den kleinen, aber feinen Unterschied könnt ihr hier hören:

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B-Teil

Zwei Sägezahn-Flächen aus dem XP80 werden hart nach links und rechts gelegt und erzeugen dadurch im Stereo-Panorama den Eindruck von noch mehr Weite. Ein 16tel-Tambourin auf der linken Seite im Panaroma sorgt für zusätzlichen Drive. Von rechts kommt ein Viertel-Crashbecken, das wieder via Sidechain-Kompression von der Bassdrum getriggert wird – so entsteht ein schöner Pump-Effekt, der sich mehr nach offener Hi-Hat als nach einem Crash-Becken anhört. Hört den Teil zunächst ohne den Effekt, dann mit:

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Die kleine Dance-Synth-Line entstammt dem Absynth und führt wieder zurück in den Refrain.

Effekte

Auffällig ist in dieser Produktion auch der Einsatz von sehr langen Noise-Effekten, die die einzelnen Songteile miteinander verbinden. Diese sogenannten Transition-FX habe ich mit dem Native Instruments Pro-53 generiert. Der Noise-Oszillator erzeugt dabei das Rauschen, das mittels Filter-Cutoff moduliert wird. Die Reglerbewegungen des Cutoff wurden mithilfe der Spurautomation realisiert. So entstehen verschiedene Up- und Downlifter, die sich auch miteinander kombinieren lassen. Ein langes Viertel-Delay mit hohem Feedback-Wert erzeugt eine schöne Weite und ein langsames Abklingen der Transition-FX. Der erste Effekt, der kurz vor Einsatz der ersten Strophe zu hören ist, ist ein klassischer Reverse-Snare Hall-Effekt. Dabei wird ein langer Snare-Hall aufgenommen und anschließend rückwärts abgespielt. An einigen Stellen im Arrangement ist  außerdem ein halber Takt der Refrain-Drums zu hören – nur rückwärts abgespielt!

Zum Abschluss dieser Folge hört ihr jetzt das fertige Playback. Viel Spaß damit!

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© Originalbild von EMI zur Verfügung gestellt.

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