Die Britin Rita Ora macht gerade gehörig von sich reden. Der Song R.I.P., den wir uns heute vorgenommen haben, war auf der Insel schon ihre dritte Nr. 1 in diesem Jahr und erreichte auch in Deutschland die Charts. Grund genug für uns, dem Track eine Folge Produce-Alike zu widmen.
R.I.P. ist ein langsamerer Song als die beiden tanzbaren Vorgänger-Singles “Hot Right Now” und “How We Do (Party)”. Dafür spart der von dem Kanadier Drake geschriebene und ursprünglich für Rihanna vorgesehene Song nicht mit den momentan so angesagten Dubstep-Anleihen. Für den Sound war das norwegische Produzententeam Stargate verantwortlich, die bisher vor allem durch ihre zahlreichen Hitsingles mit – genau – Rihanna aufgefallen waren.
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Wie viele aktuelle Dance- und R&B-Singles hat R.I.P. kein echtes Intro, sondern startet gleich mit dem Refrain. Allerdings fehlt ganz am Anfang noch der Drumgroove. Dafür dürfen wir uns in Sachen Synths schon etwas austoben.
Beginnen wir mit einer Synth-Hook, die eine Stütze für Rita Oras Gesang bildet. Für den fetten Trance-Synth (diese Sounds aus den Niederungen der Eurodance-Ära erleben ja gerade ihren zweiten Frühling) schichten wir zwei Leads übereinander. Das erste stammt aus dem reFX Vanguard:
Lead 1
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Lead 1
Unterstützung bekommt dieser recht britzelige Sound von einem etwas fetteren, satteren Lead aus dem Native Instruments Massive. Gemeinsam durchlaufen die beiden Synths einen Bus, in dem noch ein EQ seinen Dienst verrichtet und dafür sorgt, dass sich die Leadsynths aus dem Bassbereich heraushalten.
Lead 2
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Lead 2Leads kombiniert
Ohne einen fetten Bass kommt man heutzutage in den Charts nicht weit – schon gar nicht, wenn man auf der Dubstep-Welle reitet. Das Fundament für R.I.P. setzen wir ebenfalls aus zwei Synth-Bässen zusammen.
Der erste Sound stammt aus dem Spectrasonics Trilian:
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Bass 1
Kombiniert habe ich ihn mit einem zweiten Bass, der noch ein paar Höhen beisteuert:
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Bass 2
Um die richtigen Glide-Effekte zu erzielen, sind bei beiden Sounds die Glide-Parameter so eingestellt, dass die Glide-Zeiten in etwa einer Achtelnote entsprechen. Dann kann man mit gezielten Überlappungen von Noten erreichen, dass der Ton genau auf der gewünschten Zählzeit bei der Zieltonhöhe ankommt:
Die beiden Bässe werden auf einen Bus geroutet, auf dem ein Bitcrusher-Effekt arbeitet. Dadurch wird der Sound so richtig schön aggressiv. In Kombination klingen die beiden Bässe so:
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Bässe kombiniert
Nach vier Takten kommt eine kleine Hihat hinzu. Die unauffällige, synthetische Hihat habe ich aus dem Spectrasonics Stylus RMX – aber nur, weil er sowieso geöffnet war. Eine beliebige Sammlung von Drummachine-Samples sollte einen ähnlichen Sound liefern können.
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Hi-Hat
In der zweiten Hälfte dieses “Intro-Refrains” setzt der schwere, Dubstep-lastige Groove ein. Für eine adäquate Überleitung sorgt ein kleines Fill aus einer synthetischen Snare und einem nicht weniger 80er-mäßigen Synth-Tom – beide aus dem Spectrasonics Stylus RMX.
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Drumfill
Auch die massige Kickdrum bekommen wir einmal mehr aus dem Stylus. Trotz seines Alters ist mir bisher kein besserer Lieferant für solche Trommeln begegnet. An der Kick müssen wir gar nichts weiter machen – der Sound kommt so fett, wie er ist, aus dem PlugIn.
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Kick
Bei der Snare brauchen wir etwas mehr Feinarbeit. Das Ausgangsmaterial ist eine auch schon recht fette, TR-909-ähnliche Snare. Sie durchläuft zunächst einen EQ, der den “bauchigen” Frequenzbereich um 150-300 Hz unnatürlich stark betont. Das ist besonders wichtig, weil bei diesem Groove die Snare nie gleichzeitig mit der Kickdrum spielt. So bekommt das Publikum auf der Tanzfläche auch auf der 2 und 4 einen Bass-Punch in die Magengrube. Dafür senken wir die scharfen Frequenzen ab 2 kHz etwas ab – hier kommt später noch ein Clap hinzu. Nach dem EQ sorgt ein rabiater Kompressor mit kurzer Attack- und Release-Zeit für den nötigen Druck, und ein Bitcrusher verleiht dem Sound noch etwas kaputten Charme. Bei einem solchen Groove wäre jede Art der Zurückhaltung fehl am Platz. Erlaubt ist, was drückt – und wenn die Settings jedem Puristen den Angstschweiß auf die Stirn treiben. Im nächsten Klangbeispiel hört ihr die Snare zunächst unbearbeitet, dann hinter dem EQ und schließlich am Ende der Effektkette nach dem Kompressor und Bitcrusher.
Snare FX
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Snare
Kick und Snare spielen einen schweren Halftime-Groove. Auf Feinheiten wie sauber kontrollierte Velocity-Werte und dergleichen verzichten wir in diesem Fall völlig. Hier gilt “bigger is better”.
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Groove
Selbstverständlich kommen wir auch bei diesem Song nicht ohne einen Sidechain-Kompressor aus, der den Pegel der Bässe, Synths und auch weiterer Elemente wie des später hinzukommenden Ride-Beckens bei jedem Schlag der Kickdrum, und diesmal auch der Snare, etwas nach unten drückt. Wie man so etwas macht, habe ich in vielen anderen Folgen dieses Workshops schon gezeigt. Nun können wir das Intro (bzw. den ersten Refrain) schon einmal zusammensetzen:
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komplettes Intro
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STROPHE
In der ersten Strophe, die zur Hälfte von Rapper Tinie Tempah bestritten wird, setzt der Groove zunächst wieder aus. Auch die Trance-Synths haben jetzt Pause. Die Bässe spielen jedoch weiter und bekommen Unterstützung von einem 303-artigen Achtelbass, der ebenfalls aus dem Trilian stammt. Damit sich dieser nicht mit dem fetten Bass streitet, habe ich mit einem EQ den Tiefbassbereich abgesenkt und stattdessen die “knurrigen” Frequenzen zwischen 300 und 400 Hz leicht betont.
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Achtelbass
Nach vier Takten setzt der Groove wieder ein. Hinzu kommt nun ein Ridebecken. Auch das Ausgangssample klingt schon ziemlich trashig:
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Ride vorher
Wir schicken dieses Sample zunächst durch einen EQ, der ein bisschen Matsch herausnimmt und stattdessen die Anschlaggeräusche betont. Dann folgt ein Kompressor mit recht kurzer Release-Zeit, was bei einem Becken normalerweise gar nicht schön klingt. In diesem Fall ist dieser pumpende Effekt aber gewollt. Zum Schluss sorgt auch hier ein Bitcrusher für einen etwas kaputten Sound. Wie die Bässe und Synths durchläuft auch das Ride den Bus mit dem Sidechain-Kompressor.
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Ride nachher
Nun fehlt noch ein Clap, der immer zeitgleich mit der Snare spielt. Außer dem Gesang ist dies das einzige Element in diesem Track, das einen nennenswerten Hall bekommt. Außerdem habe ich das Ausgangssample per EQ stark im Frequenzgang beschnitten, sodass es sehr mittig und scharf klingt. Im nächsten Klangbeispiel hört ihr den Clap zunächst unbearbeitet und dann nach EQ und Hall.
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Clap
Hören wir uns den Strophen-Groove mit Ride und Clap einmal an:
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Strophe Groove
Als einziges neues harmonisches Element benötigen wir ein paar Glöckchen, die wir aus dem Reaktor-Synth Razor (Bestandteil von NI Komplete 8 Ultimate) bekommen. Die Bells werden per EQ etwas dünner und höhenlastiger gemacht, damit sie nicht in den tiefen Mitten herumpfuschen. Noch ein kleines Delay – fertig.
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Bells
Nun können wir auch die Strophe schon einmal vorhören:
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Strophe komplett
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BRIDGE
Es folgt eine Bridge, die für eine Steigerung hin zum Refrain sorgt. Im Originaltitel kommt an dieser Stelle ein Sample aus dem Titel “Heartbeat” der deutsch-nigerianischen Sängerin Nneka zum Einsatz. Einfach mal die beiden Titel nebeneinander hören – das Sample ist nicht zu überhören.
Bis auf die Kickdrum setzt der Beat an dieser Stelle aus. Die Kick spielt eine dance-typische Steigerung: Erst halbe Noten, dann Viertel, dann Achtel. In den letzten Takten kommt die Snare mit einem Sechzehntel-Roll hinzu.
Auch der Bass setzt in der Bridge aus. Stattdessen kommen die beiden Trance-Synths wieder zum Einsatz. Sie spielen ein Viertelnoten-Pattern mit ein paar leise eingestreuten Akkordtönen:
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Bridge Synths
Auch die Bells dürfen in der Bridge weiterspielen.
Die wichtigste Neuerung sind jedoch ein paar gedoppelte, rockige Gitarren, die die Steigerung mit Powerchords wirkungsvoll unterstützen. Sie sind leicht im Stereobild verteilt – aber noch nicht ganz breit, damit wir das Stereopanorama im folgenden Refrain effektvoll aufmachen können. Auf den letzten beiden Vierteln vor dem Refrain stehen die Gitarren allein und werden durch einen Bend-Effekt nach unten gezogen. Dazu habe ich sie als Audio-Files gebounct und mit Logics Tempo-Fade-Funktion (Fade-Typ “Verlangsamen”) abgestoppt. Zusätzlich werden sie an dieser wichtigen Stelle per Automation lauter gemacht. Alles andere (also auch alle Delays und Räume) werden dafür gemutet, damit der Gitarreneffekt wirklich ganz allein steht. So entsteht ohne viel Aufwand ein echter Hinhörer.
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Bridge Gitarren
Hören wir uns die Bridge einmal an:
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Bridge komplett
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REFRAIN UND SONG
Im nun folgenden Refrain kommt alles zusammen. Der Groove und die Bässe bleiben gegenüber der Strophe unverändert. Die beiden Trance-Synths spielen die schon aus dem Intro bekannte Melodie. Und die Gitarren dürfen sich jetzt im ganzen Stereobild ausbreiten und spielen offene Powerchords. Selbstverständlich kommen auch sie in den Genuss des Sidechain-Kompressors – der Beat ist hier der König.
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Refrein Gitarren
So klingt der Refrain:
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Refrain komplett
Jetzt können wir den Hit von Rita Ora bis zum ersten Refrain nachbauen. Ich hoffe, dass euch auch diese Folge Produce-Alike Spaß gemacht hat und bin schon gespannt, was wir uns als nächstes vornehmen!
Juhu, eine neue Folge von "Produce-Alike"! :) Danke an den Macher der Serie für solche wichtigen Tipps! Ich werde mich gleich heute abend dransetzen und alles ausprobieren.
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Christian sagt:
#1 - 14.11.2012 um 19:00 Uhr
Juhu, eine neue Folge von "Produce-Alike"! :) Danke an den Macher der Serie für solche wichtigen Tipps! Ich werde mich gleich heute abend dransetzen und alles ausprobieren.