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Make Noise Strega Test

Make Noise hat zusammen mit Alessandro Cortini den einzigartigen Drone-Synth ‘Strega’ erschaffen – wir hatten den Synthesizer bei uns im Test.

Make Noise Strega
Make Noise Strega (Quelle: Lukas Hermann)

Es wird alchimistisch im Synthesizer-Universum: Das „Zeit-Filter-Experiment“ Strega (italienisch für „Hexe“) ist die dritte Desktop-Kreation aus dem Hause Make Noise. Strega kommt im selben kompakten Format wie der semimodulare Synthesizer 0-Coast und der analoge Stepsequenzer 0-CTRL. Bei der Entstehung war Alessandro Cortini, bekannt durch seine Arbeit mit Nine Inch Nails, beteiligt. Deshalb ist das Instrument ziemlich experimentell geworden. Die Kombination aus analogem Oszillator, einem Multitap-Delay, einem Filter und interaktiven Touchplates zur Soundsteuerung sorgt für abgefahrene, rauschreiche Drone-Sounds. Aber Strega kann auch durchaus zahm klingen. Wir haben uns den kleinen Synthesizer genauer angeschaut.

Details

Make Noise Strega: Erster Eindruck

Wer bereits mit Geräten von Make Noise vertraut ist, weiß, dass deren Paneldesigns oft Fragen aufwerfen – Strega hebt dies auf ein ganz neues Level. Ist doch kein einziger Encoder oder Patchpunkt mit einer direkten Beschriftung versehen.

Make Noise Strega: Frontpanel
Auf dem Frontpanel der Strega tummeln sich Regler und goldene Touchplates. (Quelle: Lukas Hermann)

Stattdessen wird sich aus dem Wortvorrat der Alchemie bedient: „Activation“, „Tonic“, „Absorb“ und „Result“ stehen da auf der schwarzen Alufront. Einzig „Filter“ und „Tones“ erschließen sich als musikalische Begriffe, aber auch das hilft zu Beginn nicht wirklich weiter.

Einfach loslegen

Daher hat man eigentlich keine andere Wahl, als einfach drauflos zu drehen und zu hören, was passiert. Dass die Strega darauf ausgelegt ist, macht sie schnell deutlich. Sobald der „Activation“-Regler aufgedreht ist, gibt’s was auf die Ohren.

Make Noise Strega: Oszillator
Der Oszillator morpht von einer Dreieckswelle in verschiedene klangliche Bereiche. (Quelle: Lukas Hermann)

Es ist ein analoger Oszillator mit Waveshaping, den man da hört. Mit etwas Ausprobieren lernt man, wie er kontrolliert werden kann: „Tonic“ ist die grobe Frequenz, zu der es darüber noch einen Miniregler für das Finetuning gibt. „Tones“ stellt sich als Waveshaper heraus. Mit ihm kann die Basis-Dreieckswelle der Strega in 8-Bit-artige Sägezahn- und Pulssounds gemorpht werden.

Interferenzen in direktem Zugriff

Doch was zum Teufel macht der Regler links über „Tonic“? Wird er aufgedreht, verliert der Oszillator völlig die Kontrolle. Ähnlich reagiert seine Lautstärke, wenn über „Activation“ hochgeregelt wird.

Hier fällt eines auf: da ist das gleiche Zeichen daneben aufgedruckt. Eine Art Kreuz. Dieses Zeichen findet sich auch neben einer der goldenen Touchplates, die auf dem Panel verteilt sind. Und siehe da: wird die mit einem Finger berührt und legt man dann einen anderen auf das Quadrat neben „Activation“, kann der wilde Lautstärkeeffekt reproduziert werden.

Das Kreuz steht für einen Interferenz-Schaltkreis, der unter der Haube des Synths verbaut ist. Dieser ist nur über die goldenen Platten oder die mit dem Kreuz ausgezeichneten Potis erreichbar ist. Natürlich will man direkt die anderen Platten ausprobieren. Die haben aber nur einen Effekt, wenn oben rechts der „Blend“-Regler nicht ganz links steht.

Make Noise Strega: Output-Sektion
Mit dem „Blend“-Regler in der Output-Sektion wird das „Delay-Experiment“ aktiviert. (Quelle: Lukas Hermann)

Der Blend-Regler trennt die linke Gehäusehälfte mit dem Oszillator und einem Input mit Gain-Regler von der rechten. Sie erzeugt einen Delay-Filter-Effekt. Die Delay-Zeit („Time“) – Cortini hat einen alten Chip aus Karaoke-Maschinen gewählt – läuft rechts schnell und wird nach links immer langsamer. Und kaputter geht auch. Eigentlich regelt „Time“ nur bis 12 Uhr tatsächlich ein Delay, dahinter wird eher Rauschen erzeugt.

LFO für den Filter

Sei es drum, in jedem Fall geht das Ergebnis in einen Filter-Feedback-Kreislauf, dessen „Decay“ der gleichnamige Regler einstellt. „Absorb“ erweist sich als weiteres Filter vor der Rückkopplung. Das Hauptfilter wird von einem permanent laufenden LFO unten rechts moduliert und ist ebenfalls über eine Touchplate erreichbar.

Make Noise Strega: LFO
Ein interner LFO ist auf das Filter der Effektsektion normalisiert. (Quelle: Lukas Hermann)

Und dann sind da noch die gestrichelten Linien. Sie stellen sich nach einem Blick in das ebenfalls kryptische Handbuch der Strega als Subharmonische des Oszillators dar. Sehr spannend. Diese können für harmonische, rhythmische Effekte auf das Delay, das Filter und sogar den Oszillator selbst geroutet werden.

Strega als Effektgerät

Abschließend ist noch die Sektion ganz links zu erwähnen. Der Eingang oben in der Ecke ist ein Input mit Vorverstärker, in den alles, angefangen bei Eurorack-Equipment bis hin zu Gitarren geschickt werden kann. Über den „t/f“-Regler kann das Signal in das „Zeit-Filter-Experiment“, wie Make Noise es nennt, geschickt werden. Das Ergebnis kommt einzeln oder, wenn „Activation“ aktiv ist, zusammen mit dem Drone-Oszillator oben rechts heraus. Parallel wird unten links ein vom Eingangssignal abgeleiteter Envelope Follower generiert.

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Praxis

Make Noise Strega im Einsatz

Wie passen all die beschriebenen Elemente nun zusammen? Nun ja: Sie tun es nicht wirklich, und das mit voller Absicht. Insbesondere im Solobetrieb ist die Strega ein Synthesizer, der entdeckt werden muss und nie wirklich verständlich ist. Ist etwa die Interferenz sowohl beim VCA hinter „Activation“ als auch bei der Tonhöhe aktiv und wird das Filter vom LFO moduliert, ist nicht vorherzusehen, wie das Teil in den nächsten zehn Sekunden klingen wird.

Viel Spielraum für Noise

Hinzu kommt, dass alle Parameter einen extrem großen Spielraum haben. Wird mit einem der mitgelieferten Patchkabel beispielsweise der LFO auf den „Tones“-Regler geschickt, entstehen wilde Waveshaping-Massaker. Das alles wird auch nicht ‚besser‘, wenn man CV-Signale aus einem Eurorack-Synth in die Strega patcht oder mit den Touchplates arbeitet. Alles wird immer erst einmal brutaler und rauschintensiver.

Make Noise Strega: Schrägansicht
Die Strega kann unheimlich viel Sound erzeugen – aber auch nie wirklich unter Kontrolle gebracht werden. (Quelle: Lukas Hermann)

Weiß man jedoch, wie es geht, wird die Strega etwas zahmer. Insbesondere das Make Noise 0-CTRL ist für diese Aufgabe gerüstet. Der wichtigste Parameter ist dabei „Activation“. Dieser VCA braucht eine externe Hüllkurve und der Oszillator eine passende Sequenz. Beides liefert das 0-CTRL von Hause aus. Dann den „Blend“ nach links gedreht und auf einmal hat man einen ‚ganz normalen‘ Mono-Synth mit variabler Wellenform. Den kann man direkt im ersten Soundbeispiel hören.

Audio Samples
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Triangle Dry/Wet Make Nose Strega: Lo-Fi Pulse Make Nose Strega: High Drone Make Nose Strega: Noisy Delay Make Nose Strega: Dual FM Make Nose Strega: Complex

Regelt man vorsichtig das Delay hinzu, entstehen kreative, beinahe ist man versucht zu sagen: ‚elegante‘ Sounds. Natürlich versinken auch sie ins Chaos, wenn die Delayzeit zu lang und somit zu noisy wird, oder das Decay die Delaylinien in die Selbstoszillation schickt. Aber mit nur wenig Decay und etwas „Absorb“-Filter vor dem Feedback wird die Strega sogar für klassische Setups brauchbar. Ihr fehlt dann immer noch MIDI, aber das ist angesichts der experimentellen Natur kein echter Makel.

Strega als Effektgerät

Viel mehr Spaß macht es sowieso, die Grenzgebiete zwischen brauch- und (eher) unbrauchbaren Sounds zu erforschen. Erstaunlich an diesem kleinen Synth ist, wie groß die klangliche Palette in diesem Bereich trotz der geringen Anzahl an Reglern ist. Das gilt besonders für den Einsatz als Effektgerät. Natürlich sind keine HiFi-Sounds zu erwarten, gerade Gitarren klingen eher dumpf, „so, als hätte man sie 30 Jahre lang unter Wasser gelassen“, wie Cortini sagt. Aber das heißt nicht, dass alles matschig klingt. Es ist trotzdem viel Subtilität und Tiefe in den Ergebnissen.

Audio Samples
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Make Nose Strega: Lo-Fi Guitar Tremolo Make Nose Strega: Guitar Dry/Wet

Make Noise Strega Sound Demo (no talking) with 0 Ctrl

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Fazit

Trotz des Lobs für ihre Flexibilität sollte man sich immer darüber im Klaren sein, dass, wer Strega kauft, auch Strega kriegt. Alle klanglichen Resultate werden nie so klingen, wie man sie einstellen wollte. Die kompakte Desktop-Hexe führt ein Eigenleben, dem man gewillt sein muss, zu folgen. Das gilt insbesondere, wenn es um die experimentelle Beeinflussung des Sounds mittels der Touchplates geht. Mit dem vollen, warmen Dreiecks-Oszillator kann der Synthesizer durchaus weich klingen und mit Reverbs als angenehme Ambientfläche fungieren. Meist geht es aber eher schmutzig zu!

Es ist daher insgesamt enorm schwierig zu sagen, was an der Strega wirklich objektiv missfällt. Dieses Instrument ist eine absolut subjektive Angelegenheit: Wer den Sound nicht mag, wird sie hassen – und alle anderen werden sie lieben. Sie erzeugt massive Ambient-Drones, in denen man sich stundenlang verlieren kann. Selbst für meine eigenen Produktionen sind diese Sounds zu 90 Prozent nichts, dennoch kann ich mich persönlich immer wieder aufs Neue für Sounddesign-Sessions mit der Strega begeistern.

Weil das als Fazit wohl nicht ganz reicht, will ich zum Schluss nochmal Allgemeines zum Gerät loswerden. Erstens etwas Positives: An seiner Bauweise ist nichts auszusetzen. Unsere Einheit wirkt mit ihrem Alugehäuse, festen Potis und den golden schimmernden Touchplates extrem hochwertig verarbeitet. Und zweitens noch etwas Negatives, das vielleicht einzige objektive Manko: der Preis. Knapp 600 Euro für einen derart nischigen Synthesizer ist sehr viel Geld. Für Einsteiger ist die Strega deshalb absolut ungeeignet. Aber das will sie auch nicht sein – genauso wie vieles andere nicht. Hexen scheren sich eben nicht darum, was die Gesellschaft von ihnen hält.

Make Noise Strega
Make Noise Strega (Quelle: Lukas Hermann)

Features

  • Analoger Oszillator mit Waveshaping
  • Zufallsgenerator mit regelbarem Einfluss auf Tonhöhe, VCA-Pegel und Delay-Zeit
  • Effektsektion mit Multi-Tap-Delay und Filter
  • Regler für Delay-Zeit und Feedback
  • Blend-Regler zur Mischung von direktem Oszillator-Signal mit der Effektsektion
  • Integrierter LFO
  • Audio-Eingang mit Gain-Regler für externe Signale
  • CV-Eingänge mit Abschwächer für VCA, Waveshaping, Delay-Zeit, Decay, Absorb, LFO-Frequenz, Filter und Blend
  • 11 berührungsempfindliche Touch-Plates zur direkten Interaktion mit verschiedenen Parametern
  • Kombinierter Line/Kopfhörer-Ausgang (3,5 mm Klinke) und Signal-Ausgang auf Eurorack-Pegel
  • Alle Ein-/Ausgänge kompatibel mit Eurorack-Modularsystemen und Make Noise 0-Coast und 0-Ctrl
  • Abmessungen (B x T x H): ca. 230 x 140 x 19 mm
  • Inkl. Netzteil (15 V DC) und Patch-Kabel
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