In den letzen 15 Jahren war ein erstaunliches Phänomen zu beobachten: Bands, die man eigentlich in die Kategorie „Musik für Musiker“ einordnen würde, erreichten plötzlich hohe Chartplatzierungen und erspielten sich eine weltweite Fangemeinde. Neben Namen wie Snarky Puppy und Vulfpeck gehört dazu auch das schwedische Trio Dirty Loops. Der Erfolg dieser jungen Bands hängt sicher auch damit zusammen, dass das Spielfeld der sozialen Medien geschickt genutzen wird, wodurch man sich ein größeres Publikum außerhalb der Musikergemeinde erschließt. Damit dieses Konzept aufgeht, ist allerdings eine eigene Nische erforderlich – und diese fanden Dirty Loops in Coverversionen von eigentlich banalen Popsongs, die sie rhythmisch und harmonisch maximal komplex aufpeppten – nicht selten mit einer angenehmen Portion Selbstironie. Dirty Loops bezeichnen dies als „Fusion mit einer Punk-Attitüde“: Nur weil es dem Trio Spaß macht, wollen sie mit ihrem Konzept „Mehr ist Mehr“ der Musiker-Polizei ans Bein pinkeln. Schon rein optisch im Zentrum von Dirty Loops steht Bassist Henrik Linder, der mit seinen beeindruckenden spieltechnischen Fähigkeiten einer der ganz großen jungen Bass-Heroes unserer Zeit ist. Daher werfen wir heute einen Blick auf seine Biografie und sein bisheriges Schaffen.

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Henrik Linder (Dirty Loops): History
Der heute 40jährige Henrik Linder wurde am 16. März 1985 in der Region Stockholm in Schweden geboren. Bereits im Alter von nur 4 Jahren begann er, Klavier zu spielen. Als erste Einflüsse nennt er die Musiksammlung seiner großen Schwester. Als Henrik zwölf Jahre alt war, schwärmte er für ein Mädchen, das ihm erzählte, dass sie Bassisten richtig sexy findet – eine kluge Frau, würde ich sagen! Das hinterließ nachhaltigen Eindruck beim jungen Henrik, und kurze Zeit später griff er selbst zum Bass.
Henrik hörte viel Musik von Red Hot Chili Peppers, Primus, Victor Wooten, Marcus Miller, Tribal Tech und anderen. Zudem nahm er regelmäßig Unterricht. Sein enormes Talent sprach sich schnell herum und bereits im Alter von 16 Jahren war er in Stockholm ein gefragter Bassist. Zu dieser Zeit beschloss Henrik, sein Hobby zum Beruf zu machen.
Nach dem Gymnasium studierte Henrik Musik am „Royal College of Music“ in Stockholm. Dort jammte er häufig mit seinem Jugendfreund und Drummer Aron Mellergårdh, der ebenfalls Musik studierte. Um die Kombination aus Bass und Drums aufzupeppen, wurde zuletzt noch der Studienkollege, Pianist und Sänger Jonah Nilsson gefragt, ob er nicht mit einsteigen wolle.
Einzeln oder zusammen spielten die jungen Musiker in der Stockholmer Szene diverse Gigs und Studiojobs. Hier wurde ihnen jedoch häufig vorgegeben, was sie zu spielen haben, und sich auf das Nötigste für den Song zu reduzieren. 2008 beschlossen die drei daher, ihre eigene Band zu gründen, um sich in dieser so richtig austoben zu können.

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Meilenstein: Henrik Linder & Dirty Loops
Im Jahr 2010 startete mit einem Cover des Lady-Gaga-Songs „Just Dance“ Dirty Loops erster Testballon. Es dauerte nicht lange, bis dieser über 100.000 Aufrufe (mittlerweile sind es 2,5 Millionen!) erreichte. Für die damalige Zeit ist dieser Wert wirklich beachtlich, denn YouTube war noch lange nicht so groß und beliebt wie heute. Es folgten weitere Videos, etwa von Adeles „Rolling in the Deep” und Justin Biebers „Baby”. Letzteres brachte vor allem Henrik Linder eine enorme Aufmerksamkeit – die Basswelt erkannte, dass ein aufregender neuer Bassist sich auf den Weg zum Gipfel machte!
Durch die Plattformen YouTube, Facebook und Instagram verbreitete sich die Kunde von Dirty Loops rasend schnell. Andreas Carlson, ein Produzent und Songwriter aus Los Angeles, bot sich an, die Band zu managen. Zudem kam ein Plattenvertrag mit „Verve Records“ zustande, die 2012 auch die erste Asien-Tour des Trios ermöglichten – gerade für Musik dieser Art ein wichtiger Markt!
Verve-Produzent David Foster ermutigte die Band, nicht nur zu covern, sondern auch eigenes Material zu schreiben. Erstes Ergebnis war der Song „Hit Me“, der als Single veröffentlicht und vor allem in Japan überaus erfolgreich wurde.
Henrik Linder war aufgrund seiner beeindruckenden Fähigkeiten, seines spektakulären Spiels und seiner augenzwinkernden Lockerheit mittlerweile in aller Munde. 2014 wurde er mit dem „Young Gun Award“ vom Bass Player Magazine ausgezeichnet. Im gleichen Jahr erschien auch Dirty Loops Debütalbum „Loopified“, welches weltweit für Aufhorchen sorgte. 2015 schließlich war Dirty Loops dann Vorband von Maroon 5, und die Tour führte die drei Schweden unter anderem zum ersten Mal nach Australien sowie erneut in verschiedene Regionen Asiens.
Jonah, Aaron und Henrik hatten sich nun einen exzellenten Ruf erarbeitet und wurden von der Musikindustrie mit Endorsements überschüttet. Daher waren sie auch permanent auf Musikmessen und Veranstaltungen ähnlicher Art vertreten, hinzu kamen zahlreiche Live-Shows. Seit dieser Zeit sind die Musiker auch gern gesehene Gäste auf allen möglichen YouTube-Kanälen oder Podcasts.

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Als das Trio die Arbeit am zweiten Album aufnahm, merkten die drei Musiker jedoch, dass die Luft etwas raus war. Zudem gab es unterschiedliche Vorstellungen, wohin die musikalische Reise gehen sollte. Daher beschloss man, eine kreative Pause einzulegen, in der jeder erst einmal seinen eigenen Interessen nachgehen konnte.
Nach ungefähr zwei Jahren fand man wieder zusammen und begann erneut an den Arbeiten am zweiten Album mit dem passenden Namen „Phoenix“, welches am 20. Mai 2019 unter dem eigenen Label erschien: „Dirty Loops Records“. Die Platte konnte zwar nicht mehr ganz so viel Aufmerksamkeit wie das Erstlingswerk erzeugen, etablierte das Trio aber dennoch stärker als feste Größe in der Musikwelt.

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Für das dritte Album „Turbo“ (2021) suchte man die Kooperation mit dem Gitarren-Überflieger Cory Wong. Gerade das Michael Jackson Cover „Thriller“ mit dem zugehörigen Video wurde auf YouTube im Handumdrehen ein Hit mit über 5 Millionen Aufrufen. Dabei muss man immer im Auge behalten, dass es sich bei Dirty Loops nicht um einen Schmink-Kanal handelt, sondern um komplexe Fusion-Musik.
2024 folgte die EP „Beagle“, welche ein beeindruckendes Cover des Stevie-Wonder-Klassikers „Living For The City“ enthält, auf dem Henrik einmal mehr sämtliche Register seines Könnens zieht. Bis zum heutigen Tag sind Dirty Loops weiterhin als Band oder Individuen stark auf den sozialen Medien vertreten. Dies gilt nicht nur für ihre eigenen Videos, sondern auch für Corporate-Videos und Kanäle anderer Content Creator.
Henrik Linder: Musikalischer Stil
Henrik Linder gehört zu einer neuen Generation an Bassisten, die durch Unterricht und Studium eine fundierte musikalische Ausbildung genossen haben. Umfangreiches harmonisches und rhythmisches Wissen, perfektes Timing, das Beherrschen zahlreicher Spieltechniken, stilistische Sicherheit und ein hohes Maß an Kreativität zeichnen den Schweden aus.
Ähnlich wie Bassisten im Gospel-Genre wiederholt Henrik nicht die alte Leier von Vintage-Instrumenten und -Sounds, sondern setzt auf moderne, mehrseitige Instrumente mit einem präsenten und brillanten Sound. Der Bass darf in seiner Vorstellung gern im Zentrum des musikalischen Geschehens stehen, eine tragende Rolle spielen, und natürlich auch solistisch aktiv werden.
Dirty Loops haben sich für ein bewusstes „Overplaying“ entschieden, dass ansonsten in Musikerkreisen eher ein „No-Go“ ist. Mit dieser frischen Einstellung und einem ironischen Augenzwinkern (wie z. B. Haare wegblasen beim Basssolo) zeigt die Band deutlich, dass sie sich selbst nicht zu ernst nimmt. Daher wirkt das Konzept von Dirty Loops auch stets homogen und niemals aufgesetzt.

Hier einige wichtige Kernpunkte von Henrik Linders Bassspiel:
- Softer Anschlag, sowohl Finger als auch Slap, dafür Verstärker laut aufgedreht für viel Dynamik
- Perkussive Spielweise mit vielen Dead Notes
- Versierte Slaptechnik
- Zahlreiche Open Hammer Plucks
- Two Hand Tapping
- Double Thumbing
- Double Pluck
- Palm Mute Technik
- Viele Open Strings
- Niedrige Saitenlage am Instrument
- Synkopierte Rhythmen
- Ungerade Groupings: 5er, 7er etc.
- Viele Akkorde
- Gekonnter Einsatz von Flageoletts
- Komplettes Jazz-Vokabular, kennt das Griffbrett in- und auswendig
- Virtuose Pizzicato-Läufe über das ganze Griffbrett
- Fliegender Wechsel zwischen verschiedenen Spieltechniken

Henrik Linder: Equipment
Henrik vertraut bereits seit vielen Jahren den Bässen des schwedischen Bassbauers Mattisson. Die Spezialität der Company ist die „True Temperament“-Bundierung. Diese sieht zwar so aus, als hätte jemand wahllos mit dem Hammer auf die Bundstäbchen geschlagen, sorgt aber im Vergleich zu einer herkömmlichen Bundierung für eine tatsächlich perfekte Stimmung jeder einzelne Saite.
So wundert es nicht, dass Henrik mittlerweile mehrere Mattison HL Signature 5- und 6-Saiter-Bässe sein Eigen nennt. Gelegentlich wird er aber auch mit einem Yamaha TRB-6P gesehen.
Auch bei Verstärkern ist Henrik Lokalpatriot und setzt auf die schwedische Marke EBS:
- EBS TD660 Amp
- EBS 802 Amp
- EBS Reidmar Amp
- EBS 4×10-Boxen



Effekte:
- EBS MultiComp SE Studio Edition
- EBS OctaBass Triple Mode Octave Divider
- 3Leaf Audio Octabvre
- Darkglass Electronics Vintage Microtubes V2
- Darkglass Electronics Hyper Luminal Hybrid Compressor
- 3Leaf Audio Proton Envelope Filter
- Fjord Fuzz Fenris
- Morningstar Engineering Morningstar ML5
- Dunlop Volume X Mini Pedal DVP4
- Boss SY-200 Synthesizer
- Bass Micro Synth von Electro Harmonix








Basssaiten:
- DR Pure Blues


Lieber Henrik, vielen Dank für den frischen Wind in der Basswelt, den wir fraglos noch häufig zu spüren bekommen werden!
Thomas Meinlschmidt
