ANZEIGE

Dirty Loops Interview

Die schwedische Band Dirty Loops begeistert mit ihren raffiniert arrangierten und mit atemberaubender Präzision dargebotenen Coverversionen schon seit einiger Zeit die YouTube-Gemeinde. Ihre Versionen von Hits wie „Circus“ (Britney Spears) oder „Rude Boy“ (Rihanna) sammelten Millionen Klicks und sorgten für ungläubiges Staunen nicht nur bei Musikern. Jetzt startet das Trio mit dem ersten Album „Loopified“ durch, das in Japan gleich mal auf Platz 1 der Pop-Charts landete – nicht schlecht für eine Band mit so viel Jazz und Fusion im Blut!

Foto: © Jonas Åkerlund – Von Universal Music zur Verfügung gestellt.
Foto: © Jonas Åkerlund – Von Universal Music zur Verfügung gestellt.


Vor Kurzem ist „Loopified“ auch hierzulande erschienen, was Dirty Loops zum Anlass nahmen, zwei Konzerte in Hamburg und Berlin zu spielen. Wir hatten die Gelegenheit, mit Jonah (Gesang, Keyboards), Henrik (Bass) und Aaron (Drums) über ihre YouTube-Karriere und das neue Album zu sprechen.
bonedo: Was ist euer musikalischer Background und wie habt ihr euch kennengelernt?
Jonah: Wir waren vorher alle als Session-Musiker unterwegs und haben andere Künstler begleitet, hauptsächlich im Pop-Bereich, aber auch im Jazz. Ich habe auch als Produzent gearbeitet und in Schweden Popmusik produziert. Dann haben wir uns an der Royal Music Academy in Stockholm kennengelernt und 2008 die Band gegründet. Wir wollten unser eigenes Ding machen, Spaß haben und neue Sachen ausprobieren, ohne dass jemand sagte: „Das und das könnt ihr nicht machen!“
bonedo: Ihr habt also alle Musik studiert. Rückblickend betrachtet, was würdet ihr sagen, hat euch das für euren Werdegang als Musiker gebracht?
Henrik: Wenn man sich mit den theoretischen Aspekten beschäftigt, kann man sich schneller entwickeln als jemand, der sich alles selbst beibringt, und der Horizont erweitert sich. Das hat uns enorm weitergebracht. Dann natürlich das tägliche Üben, man beobachtet die anderen dabei und möchte dann auch selbst das nächste Level erreichen.
Jonah: Es gibt viele Anreize. Wenn man studiert, bekommt man von allen Seiten Input – ob man will oder nicht. Von anderen Studenten und natürlich von den Lehrern. Dann kann man sich aussuchen, was man davon aufnehmen und verinnerlichen möchte und was vielleicht eher nicht. Es ist einfach ein inspirierendes Umfeld.  

bonedo: Ihr habt in den letzten Jahren eine beeindruckende Karriere auf YouTube hingelegt, eure Videos haben viele Millionen Klicks gesammelt. Hattet ihr von vornherein geplant, YouTube als Weg zum Erfolg zu nutzen, oder war das purer Zufall?
Henrik: Purer Zufall! Die Band war zu dem Zeitpunkt ein Hobbyprojekt von uns. Nach ungefähr zwei Jahren haben wir unser erstes Video auf YouTube hochgeladen – hauptsächlich, um Gigs zu bekommen. Wir hatten da erst ein- oder zweimal live gespielt. Das Video war also eigentlich dazu gedacht, Bookern zu zeigen, was wir machen. Dann verselbständigte sich das Ganze irgendwann.
bonedo: Wann wurde euch klar, dass ihr zu einem Internetphänomen geworden wart?
Jonah: Das hat eine Weile gedauert. Es ist heute noch manchmal schwer zu begreifen, aber so ist es wohl.
Aaron: Ich glaube es dämmerte uns, als wir „Baby“ rausbrachten, weil das Video in so kurzer Zeit einfach so viele Hits bekam. Das hat schon etwas ausgesagt.
bonedo: Verratet ihr ein paar Geheimnisse für junge Musiker, die es auf YouTube schaffen wollen?
Jonah: (lacht) Macht einfach euer Ding – und das, was ihr am besten könnt! Habt Spaß und versucht nicht, andere zu imitieren. Seid ihr selbst! Das haben wir auch gemacht.
Henrik: Man sollte sich keine Gedanken darüber machen, welches Publikum man erreichen möchte. Macht, was ihr wirklich machen wollt!
bonedo: Welche eurer Coverversionen hat euch am meisten Spaß gemacht?
Jonah: Das ist gar nicht so einfach. Im Moment gefällt mir „Wake Me Up“ am besten, das ist auch auf dem Album. Das war für uns auch ein bisschen eine neue Art an ein Cover heranzugehen. Wir haben viel Arbeit reingesteckt und ich mag es sehr.
Henrik: Und Avicii hat sich bei uns gemeldet und sagte, dass ihm das Cover auch sehr gefällt!

Video: “Hit Me” Single
(Die erste Single der Band – Quelle: YouTube)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

bonedo: Eure Coverversionen beinhalten ziemlich ausgefuchste Reharmonisierungen der Songs. Wie geht ihr dabei vor?
Jonah: Als erstes reduzieren wir den Song auf die Melodie und denken uns alles andere weg. Dann setzen wir uns zusammen hin und sammeln Ideen für das Arrangement. Dafür muss man am Anfang noch gar nichts spielen, das meiste entsteht erstmal im Kopf. Wir sprechen darüber, was wir aus dem Song machen möchten. Dann geht es Schritt für Schritt weiter, wie wenn man an einer Skulptur arbeitet. Irgendwann machen wir eine erste, grobe Version und danach arbeiten wir die Details heraus.
bonedo: Nachdem ihr mit Coverversionen bekannt geworden seid, bringt ihr jetzt ein Album heraus, das hauptsächlich aus Eigenkompositionen besteht. Wer schreibt die Songs – gibt es unter euch einen „Chef-Songwriter“, oder macht ihr alles zusammen?
Jonah: Wir machen alles zusammen. Wobei – die Texte kommen meistens von Henrik und von unserem Manager. Aaron und ich haben vielleicht hier und da mal eine Zeile im Chorus beigesteuert.
Henrik: Die Texte sind bei uns aber auch eher zweitrangig, würde ich sagen. Oft sind sie aus dem entstanden, was Jonah auf den ersten Demos gesungen hat, und ich habe dann noch ein bisschen daran gefeilt und versucht, Texte zu schreiben, die gut klingen, wenn er sie singt. Natürlich haben wir alle unsere verschiedenen Rollen, aber jeder ist von Anfang an involviert. Jonah macht viele Streicherarrangements und Aaron kümmert sich viel um die Beats. Was das eigentliche Songwriting angeht, sind wir aber alle beteiligt.
bonedo: Kümmert ihr euch zugleich schon um das Arrangement und die Produktion, während ihr neue Songs schreibt, oder beginnt es sozusagen mit dem „nackten“ Song, wie man ihn auf dem Klavier oder auf der Gitarre spielen könnte?
Henrik: Am Anfang steht der Song. Jeden unserer Songs könnte man mit ziemlich einfachen Akkorden auf der Gitarre spielen.
Jonah: Ja, wenn der Song erst mal steht, kommt danach alles zusammen. Dann setzen wir uns hin und sammeln Ideen: Hier könnte etwas Elektronisches reinkommen, da vielleicht eine fette Synth-Bassline, vielleicht so oder doch lieber so, was haltet ihr davon – und so weiter. Wir besprechen das gesamte Arrangement und zugleich auch die Produktion. Zuerst gibt es den Song, und dann machen wir alles weitere in einem Rutsch.

Foto: © Jonas Åkerlund – Von Universal Music zur Verfügung gestellt.
Foto: © Jonas Åkerlund – Von Universal Music zur Verfügung gestellt.

bonedo: Euer Sound ist extrem tight. Wieviel Zeit verwendet ihr im Studio auf das Editing eurer eingespielten Parts?
Henrik: Weil wir die Parts meistens gleichzeitig schreiben und aufnehmen, läuft es oft so, dass wir ein kleines Stück einspielen und dann noch andere Sachen ausprobieren: Vielleicht sollten wir es doch ein bisschen anders machen oder diese eine Note noch verändern? Dann nehmen wir es noch einmal auf. Es ist ja nicht so, dass wir einfach ein vorher ausgeschriebenes Arrangement aufnehmen und versuchen, es beim ersten Take perfekt zu machen. Darum geht es dann eher bei der Vorbereitung unserer Live-Shows.
bonedo: Gutes Stichwort! Jonah, du spielst sehr komplexe Keyboard-Parts und singst gleichzeitig darüber. Wie trainierst du diese Koordination – hast du dafür einen Trick?
Jonah: Das ist tatsächlich nicht ganz einfach. Das Geheimnis ist natürlich: üben, üben, üben! Langsam anfangen. Irgendwann kann man das Gehirn quasi aufteilen. Das Keyboardpattern geht dann ins Muskelgedächtnis über, so dass man sich auf den Gesang konzentrieren kann. Die Vocals müssen ja mit allem im Einklang sein und trotzdem für sich stehen – das ist vielleicht das Schwierigste.
Henrik: Live haben wir für einige Songs noch einen zusätzlichen Keyboarder dabei. Die Keyboard-Parts sind sehr schwierig und visuell wäre es sonst wahrscheinlich zu langweilig. So kann Jonah zwischendurch auch mal rausgehen und mit dem Publikum interagieren.
bonedo: Für euer Album „Loopified“ habt ihr mit David Foster zusammengearbeitet, der zusammen mit Andreas Carlsson als Executive Producer genannt wird. Wie lief das ab?
Jonah: Wir haben das Album selbst produziert. David Foster hat uns aber oft in die richtige Richtung gelenkt, im Sinne von: „Versucht nicht, etwas zu sein, das ihr nicht seid!“ Er hat uns ermutigt, das zu machen, was wir wirklich machen wollten. Andreas Carlsson hat ein gutes Gespür für Songstrukturen und hat dabei geholfen, die Songs effektiver zu machen.
Henrik: Und als Executives haben sie sich natürlich Gedanken über das Artwork gemacht und über die Reihenfolge der Songs… (lacht)
bonedo: Die meisten Kommentare zu euren Videos sind sehr positiv, aber es gibt auch gelegentlich Kritik wie „Zu viele Noten!“, „Zu perfekt!“ und so weiter. Stören euch solche Kommentare und was entgegnet ihr euren Kritikern?
Henrik: Natürlich wird es immer ein paar Leute geben, denen unsere Musik nicht gefällt. Mit dieser Band war unser Ziel von Anfang an, das zu machen, worauf WIR Lust hatten. Lass die Leute ihre Meinung haben – es wäre doch sehr langweilig, wenn alle das gleiche mögen. 

bonedo: YouTube hat euch zum Durchbruch verholfen. Wie seht ihr die heutige Musikindustrie, in der Plattformen wie YouTube oder Spotify immer wichtiger werden und die traditionelle Struktur von Labels und Vertrieben langsam aufgebrochen wird? Wahrscheinlich empfindet ihr das eher als Chance denn als Bedrohung – was entgegnet ihr Leuten, die darin den Niedergang der Musik sehen?
Henrik: Das ist nicht ganz einfach, darüber haben wir noch nie wirklich nachgedacht. Für uns war YouTube natürlich ein Glücksfall, genauso wie für viele andere neue Bands auch. Es gibt eine große Vielfalt neuer Künstler, die sich dort präsentieren, und man kann sehr leicht viel Neues entdecken. Aber ob das wirtschaftlich auf Dauer so funktioniert oder ob zum Beispiel Spotify nicht vielleicht doch den Untergang der Musikindustrie bedeutet, kann ich nicht beurteilen – dazu kenne ich die Zahlen zu wenig.
bonedo: Euer Album ist in Japan auf Platz 1 gelandet. Was habt ihr dort für Erfahrungen gemacht? Ist das dortige Publikum offener für Musik abseits des Mainstream?
Henrik: Gerade hatten wir auch in Europa vier ausverkaufte Konzerte, das Publikum unterscheidet sich gar nicht so sehr. Vielleicht gibt es in der japanischen Kultur einen gewissen Hang zu Songs mit vielen Tonartwechseln und „extremeren“ Dingen. Aber wir hoffen natürlich, dass es auch hier funktioniert. Dort ist das Album einen Monat früher erschienen. Also müssen wir einfach abwarten und sehen, wie es hier läuft.
bonedo: Euer Heimatland Schweden ist nicht nur ein bekannter „Hot Spot“ für Pop-Songwriting, sondern hat auch eine lebendige Jazz-Szene. Was macht Schweden zu so einer kreativen Umgebung?
Henrik: Eine Sache, die es in Schweden gibt, und die ich aus kaum einem anderen Land kenne, ist kostenloser Musikunterricht ab einem Alter von neun Jahren. In manchen anderen Ländern ist vielleicht der Sportverein kostenlos, in Schweden gilt das auch für die Musik. Es kostet nichts, an der Musikschule zum Beispiel E-Gitarre spielen zu lernen. Vor allem in den Achtzigern und Neunzigern haben das viele Kids gemacht und noch heute gibt es viele, die es machen. Das ist sicher einer der Hauptgründe, weshalb es so viele gute schwedische Musiker gibt.
bonedo: Vielen Dank für das Gespräch, und viel Erfolg mit eurem Album!

Infos

Titel: “Loopified”
Erscheinungsdatum: Mai 2014
Label: Verve (Universal Music)

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Standard. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf den Button unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Weitere Informationen
Hot or Not
?
Foto: © Jonas Åkerlund – Von Universal Music zur Verfügung gestellt.

Wie heiß findest Du diesen Artikel?

Kommentieren
Schreibe den ersten Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.
Für dich ausgesucht
Gear-Chat & Interview: Raymond "Ray" Blake (Sasha)
Feature

Sasha, Cosmo Klein, Stefanie Heinzmann ... Ray Blake ist ein vielbeschäftigter Freelance-Bassist. Wir befragten Ray nach seinem Equipment auf der aktuellen "Sasha - The Show"-Tournee.

Gear-Chat & Interview: Raymond "Ray" Blake (Sasha) Artikelbild

Raymond „Ray“ Blake ist seit drei Jahrzehnten fester Bestandteil der deutschen Musikszene. Auf seinem Konto stehen zahllose Studiosessions, Konzerte und Tourneen. Ray arbeitet unter anderem mit Cosmo Klein oder Stefanie Heinzmann zusammen. Vor allem aber ist der 54ährige mittlerweile seit mehr als zwei Jahrzehnten fester Bassist bei Sasha, seines Zeichens einer DER deutschen Top-Acts. Sashas soeben beendete Deutschland-Tournee trug den Beinamen „The Show“ und umspann seine komplette Karriere mit Songs der unterschiedlichsten Stilistiken. Ein solcher Job bringt unweigerlich einige Herausforderung in Sachen Spieltechnik und Basssound bzw. Equipment mit sich. Wie Ray diese gemeistert hat, haben wir ihn noch während der Tour gefragt.

Bonedo YouTube
  • What's the difference between the Keeley Muse Driver and the Boss Blues Driver BD-2? - Comparison
  • Ludwig | Continental 26" Drum Set | Sound Demo
  • iZotope Ozone 11 Advanced Sound Demo