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Line6 Mobile Keys Test

Mit Line 6 betritt nun noch ein Anbieter für kleine USB-Controllerkeyboards die Bühne, der bisher eher für Produkte aus dem Gitarrenbereich. Dabei erschien der Markt eigentlich gesättigt. Zu den Platzhirschen wie der Oxygen-Reihe von M-Audio oder den viel gelobten Keyboards von Novation sind in jüngster Zeit immer mehr kleine Tastaturen von verschiedensten Herstellern hinzugekommen, was die Entscheidung für das richtige Gerät nicht gerade erleichtert hat. Wir haben ausprobiert, ob Line 6, die Experten für Amp-Modeling, auch Tasten bauen können.

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Die beiden Keyboards der Mobile Keys-Reihe verfügen neben dem USB-Anschluss über eine direkte Schnittstelle für iOS-Geräte, also iPad, iPhone und iPod Touch. Damit trägt Line6 der Entwicklung Rechnung, dass Apples App-Store mittlerweile zahlreiche Programme bereithält, mit denen sich auf diesen Geräten durchaus ernsthaft Musik machen lässt. Aber auch an Mac und PC lassen sich die kleinen Controller betreiben. Wir haben getestet, ob die Mobile Keys das Zeug dazu haben, diesen hart umkämpften Markt zu erobern.

DETAILS

Äußerlichkeiten
Die Mobile Keys gibt es in zwei Größen. Während das kleinere Modell mit 25 Tasten (zwei Oktaven) bequem in jeden Rucksack passt, besitzt die größere Variante eine 49-Tasten-Klaviatur. Beide Modelle haben normal große Tasten. Die Größe der Tastatur ist der einzige Unterschied zwischen den beiden Kandidaten. Im Hinblick auf  Bedienelemente, Anschlüsse und Funktionalität sind sie komplett identisch, sodass dieser Test uneingeschränkt für beide Modelle gilt.

Die Keyboards stecken in schwarzen, leicht nach vorne abgeschrägten Plastikgehäusen. Sie wirken ausreichend stabil, allerdings ist Plastik hier auch wirklich Plastik. Besonders hochwertig oder edel kommt die Umhüllung nicht daher. In puncto Gewicht kann das Material seine Vorteile aber voll ausspielen: Beide Keyboards sind für ihre Größe leicht, ohne zerbrechlich zu wirken. An der Unterseite befinden sich flache Gummifüße, die zum Glück nicht von der Sorte sind, die sich sofort löst. Auf festen Unterlagen ruhen die Keyboards rutschfest und sicher.
Links von der Tastatur befinden sich ein Pitchbend- und ein Modulationsrad, zwei Drehregler und drei Buttons. Damit sind die Mobile Keys nur mit den nötigsten Bedienelementen ausgestattet. Merkmale von Premium-Controllerkeyboards, wie etwa Display, Data-Entry-Rad oder Ziffernblock, sucht man hier vergebens. So sind die Geräte sehr kompakt, und die Stromversorgung über USB oder vom iOS-Gerät wird nicht durch ein Display zusätzlich belastet.
Die beiden Wheels überzeugen durch einen genau richtig gewählten Widerstand. Sie haben kein Spiel und lassen sich sehr genau dosieren. Auch bei deutlich teureren Modellen habe ich schon Controller gesehen, die längst nicht so gut in bzw. unter der Hand liegen.
Die Drehpotis sind mit „Volume“ und „Pan“ beschriftet. Wie alle Controller können sie aber auch anderen Funktionen bzw. MIDI-CC-Nummern zugewiesen werden. Auch sie wirken hochwertiger, als es der erste Blick aufs Gehäuse vermuten lässt. Die Potis laufen gleichmäßig, wackeln nicht und lassen sich dank des recht festen Widerstands genau einstellen.
Die drei Taster machen einen langlebigen Eindruck und sind rot beleuchtet. Zwei von ihnen dienen der Oktavumschaltung – bei so kleinen Keyboards natürlich ein besonders wichtiges Feature. Schön, dass dafür trotz der spartanisch ausgestatteten Bedienoberfläche eigene Taster verbaut wurden. Der dritte Knopf heißt „Shift“ und ist für diverse speziellere Einstellungen zuständig. In Verbindung mit ihm wird die Klaviatur zum Eingabegerät für Dinge wie MIDI-Kanal, Controllerzuweisungen und Transposition. Das ist ein oft gegangener Weg bei Geräten mit wenig Bedienelementen sowie ohne Display und funktioniert solange gut, wie man sich die Tastenfunktionen merken kann. Angenehmer wäre es schon, diese Dinge visuell auf einem Display einzustellen. Damit man trotzdem nicht durcheinander kommt, liegen den Keyboards Aufkleber bei, die oberhalb der Tastatur angebracht werden können und einen Überblick über die Tastenbelegung geben.
Rückseitig befinden sich zwei Pedaleingänge für Sustain und Expression – beide können aber auch anderen CC-Nummern zugewiesen werden. Weiterhin finden wir hier nur noch eine USB-Buchse sowie einen speziellen Anschluss, der über das mitgelieferte Kabel die Verbindung zum Dock-Connector eines iPads oder iPhones herstellt. Die Abwesenheit einer traditionellen MIDI-Out-Buchse bedeutet, dass man die Mobile Keys nicht ohne Computer oder iOS-Gerät betreiben kann. Zur direkten Ansteuerung z.B. eines MIDI-Soundmoduls eignen sie sich also nicht. Auch zur Stromversorgung benötigen die Keyboards einen Rechner oder ein Mobil-Gerät – eine andere Spannungsquelle ist nicht vorgesehen, es fehlen sowohl ein Netzteil-Anschluss als auch ein Batteriefach. Laut Line6 sollen beide Probanden aber so wenig Strom verbrauchen, dass man sie bedenkenlos auch an Low-Power-USB-Ports und an iOS-Geräten betreiben können soll.

Tastatur
Die Plastik-Tastaturen der Mobile Keys bieten für das geringe Gewicht einen bemerkenswerten Spielkomfort.  Sie sind nicht zu leichtgängig und ermöglichen mit dem angenehmen Widerstand ein durchaus nuanciertes Spiel. Auch beherztere Griffe in die Tasten stecken sie gut weg, ohne dass man unten „auf Holz schlägt“. Für virtuose pianistische Darbietungen eignen sie sich natürlich nicht, aber dafür sind sie ja auch nicht gedacht. Die Tastaturen senden Note-On- und sogar auch Note-Off-Velocity, aber leider keine Aftertouch-Daten.
Die Velocity-Kurve lässt sich in zehn Stufen einstellen – nicht schlecht für diese Geräteklasse! Bei Bedarf kann die Anschlagdynamik auch komplett deaktiviert werden, um z.B. Trigger-Befehle mit einer konstanten Velocity von 127 zu senden.
Etwas beunruhigend ist der Überstand der jeweils untersten und obersten Taste über die Abschrägung des Gehäuses. Bei einem solchen Design kann im Falle eines ungünstigen Stoßes schon einmal eine Taste herausbrechen, wie es mir vor Jahren einmal passiert ist. Besonders am rechten Rand der Tastatur wäre eine feste seitliche Einfassung der kompletten Taste sinnvoll.

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PRAXIS

Gut verbunden
Der Anschluss der Keyboards an einen Mac verlief erwartungsgemäß ohne Probleme. Die Mobile Keys laufen ohne Treiberinstallation oder sonstige Einstellungen. Auch die USB-Stromversorgung wirkt stabil und zuverlässig. Sogar an einem USB-Port meines viele Jahre alten Reserve-MacBooks, dessen Power für viele Geräte nicht ausreicht, ließen sich die Keyboards ohne Weiteres betreiben. Den Herstellerangaben über den geringen Stromverbrauch darf man also durchaus Glauben schenken. Leider liegt den Mobile Keys kein USB-Kabel bei – enthalten ist nur das spezielle Kabel für den Anschluss an ein iOS-Gerät (Dock-Connector-Anschluss). Zwar hat wahrscheinlich fast jeder ein passendes USB-Kabel irgendwo herumliegen, dennoch ist die Beigabe der benötigten Anschlusskabel eigentlich selbstverständlich.
Probieren wir als nächstes einmal, die Keyboards an ein iPad anzuschließen. Auch das klappt problemlos. Beim Anschluss erscheint die Frage, ob man die zum Betrieb nötige App herunterladen wolle. Das ist etwas irreführend, denn die Mobile Keys funktionieren durchaus auch ohne diese App. Die Meldung bezieht sich auf den „MIDI Memo Recorder“ von Line6, einen einfachen MIDI-Recorder, der bei Bedarf auch Firmware-Updates der Keyboards durchführen kann und gratis zum Download bereitsteht. In anderen Core-MIDI-kompatiblen Musik-Apps, wie z.B. GarageBand, funktionieren die Mobile Keys aber auch, wenn dieser nicht installiert ist.
Es ist schon bemerkenswert, was sich in Sachen „Plug&Play“ inzwischen getan hat. Wenn man bedenkt, welche Umstände früher mitunter nötig waren, um Peripheriegeräte am Rechner zum Laufen zu bringen, herrschen heute wirklich paradiesische Zustände. Stecker rein, Programm starten – läuft. Als jemand, der noch erlebt hat, welcher Aufwand erforderlich war, um Mitte der 90er-Jahre ein einfaches MIDI-Interface unter Windows 3.1 zum Laufen zu bringen, freue ich mich darüber immer noch jedes Mal.
Einzig das Fehlen einer traditionellen MIDI-Out-Buchse finde ich etwas schade. Die Mobile Keys ließen sich noch flexibler einsetzen, wenn sie über diese und über eine Möglichkeit zur Stromversorgung über ein Netzteil verfügten. MIDI ist eben doch noch nicht ganz tot. So ist man stets an einen Rechner oder ein iOS-Gerät gebunden und kann die Keyboards nicht dafür einsetzen, ein MIDI-Gerät direkt anzusteuern. Gerade weil sie sich aufgrund des geringen Gewichts und der kompakten Abmessungen gut für den Einsatz „on the road“ eignen, wäre diese zusätzliche Möglichkeit schön gewesen.

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Bedienung
Im Betrieb erweisen sich die beiden Keyboards als sehr benutzerfreundlich. Auch ohne Display kommt man gut zurecht. Mittels des Shift-Tasters und der Tastatur lassen sich CC-Nummern und der MIDI-Kanal zuweisen, Programmwechselbefehle senden und Transposition und Velocity-Kurve einstellen. Dafür hält man den Shift-Button gedrückt, wählt über eine der schwarzen Tasten den zu ändernden Parameter aus und gibt dann den Wert über die weißen Tasten ein, denen die Ziffern von 0-9 zugeordnet sind. Wenn man dann „Shift“ wieder loslässt, wird der Wert gespeichert. Der mitgelieferte Aufkleber gibt Aufschluss über die Tastenbelegung. Das ist ein einfaches, gut durchschaubares Prinzip, das eine Menge Bedienelemente einzusparen hilft und so der kompakten Bauweise der Keyboards zugute kommt. Allerdings hätte man die Tastenbelegungen von mir aus auch gleich auf das Gehäuse drucken können. Der Aufkleber sieht etwas improvisiert aus, und wie lange er hält, vermag ich auch nicht zu sagen.
Die Potis Volume und Pan, das Modulationsrad und die beiden Pedale lassen sich frei mit jeder gewünschten MIDI-CC-Nummer belegen. Es ist also möglich, die Mobile Keys an die individuell benötigten Controller anzupassen. Sicherlich wären für einige Anwendungen (z.B. die noch gezieltere Fernsteuerung von Synth-PlugIns oder eines Mixers) noch mehr zuweisbare Regler und Fader wünschenswert, allerdings liegt der Fokus bei den Mobile Keys ja explizit auf Mobilität und einer transportfreundlichen Kompaktheit, und so stellt das Gebotene einen guten Kompromiss dar. Wer viele programmierbare Fader braucht, wird ansonsten ja bei dem üppigen Angebot an Controller-Keyboards auf dem Markt sicherlich fündig. Etwas unpraktisch ist, dass das Pan-Poti nicht in der Mittelstellung einrastet. Bei der Standardbelegung „Pan“ wäre das wünschenswert. Da das Poti sich ja aber auch mit beliebigen anderen Parametern belegen lässt, geht auch das in Ordnung, denn für die meisten anderen Werte wäre ein Einrasten wiederum ungünstig.
Die Benutzerfreundlichkeit wird ebenfalls bei kleinen Details deutlich. So wird die Polarität des Sustain-Pedals automatisch erkannt – sehr praktisch! Insgesamt gibt es wirklich nichts zu meckern, was die Bedienung der Keyboards angeht. Es ist alles da, was man normalerweise braucht, und die Programmierung ist logisch und geradlinig gelöst. Einzig das Zurücksetzen der Parameter auf die Werkseinstellungen ist etwas kompliziert: Hierzu muss man das Keyboard abschalten (Kabel herausziehen) und dann bei gedrücktem Shift-Taster wieder anschließen und eine der weißen Tasten drücken. Gleichzeitig verhindert dieses Verfahren aber auch einen versehentlichen Reset.

MIDI Memo Recorder
Die kostenlos verfügbare App „MIDI Memo Recorder“ von Line6 ist zwar für den Betrieb der Mobile Keys nicht unbedingt notwendig, wie es uns die Meldung beim Anschluss der Keyboards ans iPad weismachen möchte, allerdings bietet sie neben einem einfachen MIDI-Recorder, der MIDI-Files aufzeichnen, abspielen, per E-Mail versenden und per iTunes-Sync auf den Recher kopieren kann, die Möglichkeit, auf den Keyboards Firmware-Updates durchzuführen. In Ermangelung von Firmware-Updates habe ich das jedoch nicht testen können.

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FAZIT
Line6 ist mit den Mobile Keys ein gelungener Einstieg auf dem Markt für Controller-Keyboards gelungen. Die beiden Geräte überzeugen mit gut spielbaren Tastaturen und hochwertigen Bedienelementen. Alles ist sehr gut verarbeitet und stabil. Die Programmierung der Controller über die Tastatur ist zwar nicht ideal, erweist sich in der Praxis jedoch als brauchbar. Sowohl am Computer als auch an iPad und iPhone funktionieren die Keyboards problemlos „out of the box“. Besonders beim Betrieb an den mobilen Geräten wirkt sich der geringe Stromverbrauch positiv aus. Einzig das Fehlen einer MIDI-Out-Buchse und der Möglichkeit einer unabhängigen Stromversorgung schränkt die Anwendungsmöglichkeiten leicht ein – zur direkten Steuerung von MIDI-Geräten sind die Mobile Keys nicht geeignet. Trotzdem sind sie aufgrund ihrer hohen Qualität und der klaren, einfachen Bedienung ein willkommener Zuwachs in diesem unübersichtlichen Marktsegment.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Problemloser Plug&Play-Betrieb an Rechner und iOS-Geräten
  • Angenehmes Spielgefühl der Tastatur
  • 10 Velocity-Kurven
  • Hochwertige Räder und Potis
  • Controller frei zuweisbar
  • Geringer Stromverbrauch
Contra
  • Kein Aftertouch
  • Kein MIDI-Out
  • Stromversorgung nur über Rechner oder iOS-Gerät möglich
Artikelbild
Line6 Mobile Keys Test
Für 49,00€ bei
Facts
  • USB-Controllerkeyboards für Mac, Windows und iOS-Geräte
  • Kompatibel mit iPod touch (3. oder 4. Generation), iPhone 4(S), iPhone 3GS, iPad2, iPad, Mac und PC
  • Anschlagdynamische Tastaturen mit 25 bzw. 49 Tasten
  • Stromversorgung über USB oder vom iOS-Gerät
  • Pitchbend- und Modulationsräder
  • Volume- und Pan-Regler
  • Oktav-Umschalttasten
  • 2 Pedalanschlüsse (Sustain, Expression, beide auch frei belegbar)
  • Shift-Taste zur Parameter-Einstellung (Transposition, MIDI-Kanal, Program Change, Velocity-Kurve, Controller-Zuweisungen)
  • Preise (UVP): MobileKeys 25: 114,99 Euro, MobileKeys49: 149,99 Euro
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