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Behringer Cat Test

Einer geht noch: Behringer ist beim preiswerten Nachbau analoger Synth-Klassiker kaum zu stoppen. Der neueste Streich ‘Cat’ orientiert sich stark an dem Octave Cat aus den 1980er Jahren, der seinerzeit wiederum den legendären ARP-Sound zu imitieren versuchte. Der paraphone Behringer Cat ist also quasi die Kopie einer Kopie, verpackt im Eurorack-kompatiblen Miniatur-Gehäuse. Das unkonventionelle Bedienkonzept des Octave Cat soll im Behringer wieder aufleben und zu neuen Höhenflügen ansetzen. Ob, und wie das gelingt, haben wir für euch genauer untersucht!

Behringer Cat Test (Foto: Tom Gatza)
Der Behringer Cat ist ein gut klingender analoger Synthesizer mit duophonen Eigenschaften, der dem Sound des originalen Octave Cat recht nahe kommt.

Details

Äußeres Erscheinungsbild

Das Auge hört ja bekanntlich mit. Erster Blickfang ist natürlich die Katze, die Behringer neben dem originalgetreuen „Cat“-Logo auf der Frontplatte positioniert hat. Eine sympathische Geste und Hommage an den fantastisch unterhaltsamen Cats On Synthesizer-Blog. Ansonsten wurde der Cat im Behringer-typischen Miniatur-Gehäuse verbaut, welches wir schon von Geräten wie dem Model D oder dem Pro 1 kennen. Mit seinen 87 x 374 x 136 mm (HxBxT) ist der Synth Eurorack-kompatibel, die Holz-Seitenteile und die Gehäuse-Rückseite lassen sich vor dem Rack-Einbau problemlos entfernen. Das puristische Bedienkonzept, auf welches ich später noch zu sprechen komme, ermöglicht trotz des kompakten Gehäuses angenehm große Abstände zwischen den einzelnen Potis und Fadern. Das dürfte den Workflow erleichtern, im Gegensatz zu den doch etwas friemeligen Mini-Potis anderer Behringer Synths, wie etwa dem Model D. In ihrem Gewicht tun sich die beiden allerdings nichts und sind mit jeweils 1,7 kg keineswegs eine Schwerlast.

Fotostrecke: 3 Bilder Der Behringer Cat Synthesizer von oben betrachtet zeigt die angenehm große Abstände zwischen den einzelnen Potis und Fadern. (Foto: Tom Gatza)

Aufbau und Bedienoberfläche

Die Bedienoberfläche ist nahezu 1:1 vom Vorbild übernommen worden, die einzelnen Sektionen wurden lediglich dem Gehäuse angepasst und teilweise anders angeordnet. Außerdem ist unter anderem für die Eurorack-Implementation eine kleine Patchbay hinzugekommen, die im Original noch nicht verbaut war. Leider ist weder online noch im Karton eine Bedienungsanleitung auffindbar, aber zum Glück erklärt sich der Aufbau des Synths größtenteils selbst. Die Grundausstattung ist simpel: Ein 24dB Tiefpass-Filter, zwei Hüllkurven und ein LFO formen und modulieren den Sound von zwei syncbaren VCO‘s. Oszillator 2 bietet Puls, Sägezahn und Sub Octave, während VCO 1 mit einer zusätzlichen Dreieck-Wellenform etwas großzügiger bestückt ist. Außerdem lässt sich beim Rechteck die Pulsbreite einstellen, was bei VCO2 nicht möglich ist. Die einzelnen Wellenformen können via Fader miteinander gemischt werden, was interessante Eigenkreationen ermöglicht. Gestimmt wird über Fine-Tune-Regler, wobei VCO 1 zusätzlich ein gröberes „Coarse“-Tuning bietet. Außerdem lässt sich hier auch der Keyboard Control Modus zwischen Off, Poly und Mono umschalten.

Für die Verwendung im Eurorack wurde dem Cat-Synthesizer eine kleine Patchbay implementiert, die im Original noch nicht vorhanden war. (Foto: Tom Gatza)
Für die Verwendung im Eurorack wurde dem Cat-Synthesizer eine kleine Patchbay implementiert, die im Original noch nicht vorhanden war. (Foto: Tom Gatza)

Der Synthesizer ist paraphon, genau genommen duophon. Die zwei Oszillatoren bilden im Mono-Modus eine Stimme, während sie in „Poly“ auf zwei Stimmen aufgeteilt werden, was ein zweistimmiges Spielen ermöglicht. Bei Paraphonie teilen sich die Stimmen ein Filter und eine Hüllkurve, was unabhängige Melodieverläufe erschwert und der wesentliche Unterschied zur Polyphonie ist, wo jeder Stimme ein Filter/Envelope zugewiesen ist. Ein kleiner Wermutstropfen ist das vorgeschriebene Trigger-Verhalten des Cat, welches bei dem Synth auf „Low Note Priority“ eingestellt ist. Demnach hat immer die tiefste gespielte Note den Vorrang, wodurch teilweise höher gespielte Noten nicht erklingen, solange die tiefere Taste gedrückt bleibt. Gerade angesichts paraphonen Konzeptes wäre es wünschenswert gewesen, hier beispielsweise mittels des Behringers Synth Tool-Software die Möglichkeit zu haben, das Trigger-Verhalten umzuschalten. Die Oszillatoren wandern in das Low Pass Filter, welches relativ simpel aufgebaut und resonanzfähig ist. Ich persönlich finde es ja immer angenehm, wenn ich die Filter-Frequenz per Fader bedienen kann. Das gilt auch für die beiden Hüllkurven (AR und ADSR), die je nach Belieben auch auf Filter- und Oszillator-Frequenz einwirken können. 

Fotostrecke: 3 Bilder Die Hüllkurven arbeiten sehr schnell und gut mit dem simplen, aber effektiven Filter zusammen. (Foto: Tom Gatza)

Wer hier wen moduliert, lässt sich jeweils per Schalter bestimmen. Jede Sektion (Oszillator, Filter) hat zwei Modulations-Quellen mit einstellbarer Intensität. Quelle ‚1‘ ist ausschließlich dem LFO gewidmet, dessen modulierende Wellenform (Sinus, Rechteck oder Sample & Hold) pro Sektion variiert werden kann. Für Quelle ‚2‘ stehen wahlweise eine der beiden Hüllkurven, oder auch einer der VCO‘s zur Auswahl. Beim Cat sind die Oszillatoren also nicht nur reine Klanglieferanten, sondern lassen sich auch als Modulations-Quelle für Cross-Mod/FM-Sounds nutzen. Hinzu kommen neben dem obligatorischen Glide ein kleiner Pitch Bend-Fader, Octave-Shift und ein Regler für die LFO-Frequenz. Separat lässt sich noch Noise hinzufahren, der ganze Spaß wandert dann in den VCA, wo noch zwischen Gate und ADSR-Hüllkurve ausgewählt werden kann. Speicherplätze wurden dem Cat leider nicht spendiert – ähnlich wie bei den meisten Behringer-Klonen. Klar greift hier das Argument, man habe sich beim Klonen stark am Vorbild orientiert und möchte gern puristisch bleiben. Aber drei, vier Speicherplätze für die liebsten Patches? Die hätten jedenfalls nicht geschadet.

Anschlüsse zur Außenwelt

Die wesentlichen Anschlüsse des Cat sind identisch zu den Geschwistern aus der Behringer Familie (K-2Model DPro 1), was schlichtweg an dem gleichen, genormten Behringer-Gehäuse liegt. So finden wir auf der Rückseite den zweifachen Main Out in 6,3 mm Klinken-Format (High & Low) und auf dem Front-Panel die Anschlüsse für Midi In/Thru und USB/Midi. Zur nahtlosen Einbindung in die Eurorack-Umgebung wurde dem Synth noch eine kleine Patchbay mit allerhand 3,5 mm-Klinkenanschlüssen spendiert, welche neben In/Outs für unter anderem die Filter Frequenz, Hüllkurven oder CV/Gate auch einen Kopfhörer-Ausgang beherbergt. Zusätzlich wurde ein externer Audio-Input verbaut, wodurch auch fremde Klangquellen in den Genuss des Cat-Schaltkreises kommen. Strom erhält die Katze mittels mitgeliefertem 12V DC-Netzteil, Batterie-Betrieb ist nicht möglich. 

Fotostrecke: 2 Bilder Zart besaitet, aber in tierischer Gesellschaft: Die Rückseite des Cat Synthesizers. (Foto: Tom Gatza)
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Praxis

Handhabung

In alter Arp-Manier funktioniert auch beim Behringer Cat der Workflow teilweise „verkehrt herum“. Es gibt keine klassische Modulations-Sektion, in der die Modulations-Ziele ausgewählt werden können. Die Ziele werden viel mehr zu Quellen, die direkt in der betreffenden Sektion angesteuert werden. Da muss ich hier und dort schon einmal kurz um die Ecke denken, aber habe mich doch recht schnell an das Prinzip gewöhnt und finde es erstaunlich erfrischend. Durch reichlich Platz zwischen den Potis und Fadern ist der Workflow keineswegs hakelig, außerdem bin ich wie gesagt Fan von Fadern, womit der Behringer Cat nun mal gut bestückt ist. Die Sound-Schrauberei ist also nicht wie bei anderen Miniatur-Synths anstrengende Kleinstarbeit, sondern fühlt sich ähnlich an wie bei größeren Synths. Und wie klingt das Ganze dann?

Klang

ARP ist bis heute bekannt für einen mittigen, schneidigen Retro-Sound. Das war beim Octave Cat nicht anders, und auch Behringer hat sich diese Klangästhetik hörbar zum Vorbild gemacht. Die Tiefe, Wärme und Seide eines Moog ist dem Cat daher eher nicht zuzuschreiben. Mit seinem etwas nüchternen, aber dennoch druckvollen Sound erinnert er trotzdem direkt an die 1970er Jahre und bringt ein wenig Nostalgie in die Ohren. Erstaunlich ansprechend wirkt auf mich die Dreieck-Wellenform, aber auch Rechteck und Sägezahn können sich hören lassen.

Audio Samples
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Rechteck-Wellenform, verschiedene Breiten Dreieck-Wellenform Sägezahn-Wellenform

Dank Fine Tune-Regler, Sub-Oszillator und mischbaren Wellenformen lässt sich ein tighter Bass-Sound aus dem Cat kitzeln, dem es vielleicht ein wenig an Breite und Low-End, aber keineswegs an Präzision und Eigenständigkeit fehlt.

Audio Samples
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VCO1, VCO2, Noise und Sub Oszillator Bass Arpeggio mit Sägezahn-Wellenform

Ganz wie die Katze ist der Synth auf Zack und hat etwas freches, Eigenwilliges, was mir aber sehr gefällt. Dafür sind nicht zuletzt auch die Hüllkurven verantwortlich, die erstaunlich fix und gezielt arbeiten. In Kombination mit dem großen Resonanz-Headroom des Filters wird der Cat zum Mekka für Drum-Sounds.

Audio Samples
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Drum-Sounds mittels Noise und Filter-Oszillation

Die Paraphonie ist ein willkommenes Add-On zum sympathischen Grundsound der Katze. Hierdurch lassen sich Sounds zweistimmig spielen und verspielte IDM-Sequenzen erzeugen. Da vergisst man schnell, dass der Synth ja gar kein richtiger „Poly“ ist. Sehr erfreulich und intuitiv ist die Möglichkeit, die Wirkung des LFO‘s ein wenig zu delayen. Eigentlich kein ungewöhnliches Mittel, welches aber in diesem Falle mittels eines Faders sehr intuitiv zugänglich gemacht wurde.

Audio Samples
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Duophon: Chords erst ohne, dann mit Sub Oktave Duophone Sequenz Duophon: LFO auf beide VCO’s und Filter

Ohne großen Aufwand entstehen außerdem seidige Arpeggio-Sounds, die mit ein wenig Delay/Reverb angenehm träumerische Welten betreten.

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Dreieck+Sägezahn Arpeggio

Dank Cross-Mod/FM und seiner intuitiven, gut vernetzten Modulations-Struktur ist die Katze aber auch zu abgefahrenen Sounds und Texturen fähig. Falls eurer Produktion mal wieder ein „Charakter“-Klang fehlen sollte, macht ihr euch einfach die Modulation Depth-Regler zu eigen und schaut, wohin sie euch führen.

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VCO1 moduliert VCO2 Sample&Hold von Noise wirkt auf Filter und VCO, Cross-Modulation

Behringer CAT Sound Demo (no talking)

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Fazit

Mit dem Cat liefert Behringer einen handlichen Desktop-Synthesizer, dessen mittiger, schneidiger Sound nah an die angestrebte Eigenständigkeit des Vorbilds von Octave herankommt. Die quasi 1:1 vom Original übernommene Bedienoberfläche ist trotz unkonventionellem Layout sehr intuitiv und klar verständlich. Die voreingestellte Low Note Priority erschwert phasenweise das Spielen des Synths. Außerdem wäre es begrüßenswert gewesen, wenn Behringer seinen Klon-Purismus einmal ausgeblendet und dem Synth Speicherplätze spendiert hätte. Das alles ändert aber nichts an dem sympathischen Klang des Cat. Gepaart mit hochwertiger Verarbeitung und erschwinglichem Preis dürfte die Katze diverse Synth-Nerds ansprechen, die sich entweder das Vintage-Original nicht leisten können, oder einfach auf der Suche nach einem guten paraphonen Synthesizer sind. 

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Eigenständiger Sound
  • Gute Verarbeitung
  • Übersichtliche Bedienoberfläche
  • Schnelle Hüllkurven
  • Flexible Modulations-Möglichkeiten
Contra
  • Low Note Priority lässt sich nicht umstellen
  • Keine Speicherplätze
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Behringer Cat Test
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Der Behringer Cat ist ein gut klingender analoger Synthesizer mit duophonen Eigenschaften, der dem Sound des originalen Octave Cat recht nahe kommt.
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Profilbild von Heimann Rudolf

Heimann Rudolf sagt:

#1 - 08.06.2020 um 19:29 Uhr

0

"...im Behringer-typischen Miniatur-Gehäuse verbaut, welches wir schon von Geräten wie dem Model D oder dem Pro 1 kennen. Mit seinen 87 x 374 x 136 mm..."Richtig schlechter Einstieg. Model D und Pro-1 haben unterschiedlich breite Gehäuse."Das ermöglicht beispielsweise zweistimmige Akkord-Klänge."
Aua! Ein Akkord besteht aus mindestens drei Stimmen. Zwei bilden lediglich ein Intervall.So, und jetzt mal den Klugscheissermodus augestellt: Ein sehr umfangreicher Test mit vielen interessanten Klangbeispielen und sachlich-kritischen Anmerkungen. Das macht Spaß zu lesen. Die "rohen" Waveforms empfinde ich als sehr druckvoll bzw. "fett", jenseits der meisten mir bekannten VA-Synths.Toller Testbericht, danke dafür!

    Profilbild von Thomas Columbo

    Thomas Columbo sagt:

    #1.1 - 09.06.2020 um 01:02 Uhr

    0

    Das mit dem Akkord hat mich auch sehr irritiert...Da fehlt es leider doch wohl an etwas Allgemeinbildung der jüngeren Musiker Generation. Ok, nicht jeder muss sich mit Jazz Harmonielehre befassen, aber solche Basics muss man drauf haben, sonst wird es auch heutzutage einfach peinlich.

    Antwort auf #1 von Heimann Rudolf

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