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Behringer Poly D Test

Sie haben es wirklich getan: Mit dem Poly D wollen die emsigen Synthesizer-Entwickler von Behringer nun abermals an das stolze Erbe der Synthesizer-Urgesteine von Moog anknüpfen. Nach dem erfolgreichen Miniatur-Klon des Model D folgt nun der vierstimmig-paraphone Poly D, zu dem sich in der Produkt-Palette von Moog – bis vielleicht auf den Grandmother – kaum ein Äquivalent finden lässt. Behringer scheint sich also die Moog-Seele zu eigen gemacht und in diesem Fall sogar weitergedacht zu haben. Haben sich die Synth-Pioniere der Moderne hier vielleicht etwas zu weit aus dem Fenster gelehnt, oder einen weiteren Meilenstein auf dem heiß umkämpften Analog-Markt gelegt? Wir haben den neuen Poly D für euch getestet.

Behringer Poly D Test
Der Behringer Poly D hält vieles von dem, was er verspricht.

Details

Erster Eindruck

Schon beim Abholen und Tragen des sperrigen Pakets hat sich der konservative Synth-Nerd in mir gefreut: Mit seinen 5 kg und den Abmessungen mit 647 x 89 x 360 mm (B x H x T) bricht der Poly D endlich mit dem Miniaturformat-Hype, der neben seiner Flexibilität auch stets hackelige und erschwerte Workflows mit sich bringt. Der Poly D hingegen gönnt sich 37 anschlagdynamische Full Size-Tasten, dicke Holz-Seitenteile, große Abstände zwischen den Potis und hinterlässt insgesamt einen wertigen Eindruck. So lässt es sich endlich wieder ordentlich arbeiten! Die großzügigen Potis lassen kaum einen Unterschied zu Vorbildern erkennen, wie etwa dem Moog Grandmother, und auf den ersten Blick erscheint die Bedienoberfläche des Poly D wie eine moderne Weiterentwicklung des Moog‘schen, monophonen Model D. Aber was genau verbirgt sich denn nun unter dem vertrauenserweckenden Gehäuse?

Fotostrecke: 4 Bilder Der Behringer Poly D zeigt sich optisch …

Aufbau und Bedienoberfläche

Das grundlegende Layout des Poly D ist eindeutig an den Moog-Klassiker Model D angelehnt. Aufgrund zusätzlicher Features variieren die verschiedenen Sektionen jedoch im Detail. Angefangen bei der „Oscillator Bank“, die insgesamt vier (statt bei Moog drei) Oszillatoren beherbergt, welche sich in jeweils sechs Variationen zwischen Dreieck-, Sägezahn- und Rechteck-Wellenformen umschalten lassen. Die Oszillatoren sind in drei Modi spielbar: Mono, Unisono und eben auch polyphon. Die Mehrstimmigkeit wird über die vier Oszillatoren ermöglicht, die jeweils eine Stimme übernehmen. Anders als bei herkömmlichen Poly-Synths verwenden jedoch alle Stimmen lediglich einen VCA/VCF. Schlage ich also beispielsweise eine neue Note an, klingt die alte nicht eigenständig aus und so weiter. Deshalb spricht man hier von Paraphonie, anstatt von tatsächlicher Polyphonie, die der Name des Synths zunächst verspricht. Da sich die Oszillatoren nicht syncen lassen, laufen sie auch im Poly-Modus unabhängig voneinander, was zu Tuning-Problemen führen kann.

Die optische Verwandschaft zum Moog Model D ist eindeutig.
Die optische Verwandschaft zum Moog Model D ist eindeutig.

Die Aktivierung und Gewichtung der einzelnen Oszillatoren bzw. Stimmen lässt sich im Mixer festlegen, wo sich auch White oder Pink Noise beimischen lässt. Das 24 dB Ladder-Filter lässt sich zwischen Hoch- und Tiefpass umschalten, was beim Original so nicht möglich war. Typisch Moog hingegen sind die ADS-Hüllkurven für VCA und VCF, die leider beide ohne separates Release auskommen müssen. Dank des „Decay“-Schalters, der beim Behringer Model D noch „Long Decay“ heißt, lässt sich hier aber ein wenig tricksen und zumindest der Eindruck eines langen Releases erzielen. Auch der obligatorische, vier-stufige Keyboard Follower wurde von Moog übernommen. Über einen reinen Klon hinaus geht die ausführliche Distortion-Unit, sowie ein dreistufiger BBD Chorus-Effekt, der zumindest optisch an den des Roland Juno-60 erinnert. Der Moog war nie ein großer Wurf in Sachen Modulation, was sich auch in der Behringer-Variante nicht ändert. Neben einem Glide-Poti und dem Pitch-Wheel finde ich einen LFO mit Dreieck- und Rechteck-Wellenform, der auf die Oszillator-Frequenz und das Filter einwirken kann. Alternativ kann auch der interne Noise Generator, die Filter EG, oder der vierte Oszillator als Modulations-Quelle genutzt werden. Wie moduliert wird, lässt sich dann via Modulation Mix-Regler festlegen, außerdem bietet der Synth einzelne Schalter für die Filter/Oszillator-Modulation. 

In seiner Ausstattung ist der Behringer Poly D reichhaltiger als das Original.
In seiner Ausstattung ist der Behringer Poly D reichhaltiger als das Original.

Dann bekommen wir es noch mit einem ausgewachsenen, polyphonen 32 Step-Sequenzer zu tun, dessen Patterns sich in 64 Speicherplätzen verewigen lassen. Alternativ zum Sequenzer steht ein Arpeggiator zur Verfügung, der alle gängigen Modi beherrscht. Wie schon beim Behringer Model D sind die Synth-Schrauber in Sachen Sound-Presets konsequent geblieben: Die gebastelten Patches lassen sich nicht abspeichern. What you see is what you get! Angesichts der Speicherfähigkeit des Sequenzers finde ich das als einen Rückschritt, der aber verkraftbar ist. Sowieso wurde in puristischer Manier auf jegliche Displays oder Sub-Menüs verzichtet. Das wird dem Synth phasenweise zum Verhängnis, weil es zum Beispiel keine Möglichkeit gibt, die Clock Source für den Arpeggiator/Synth auszuwählen und sich der Synth scheinbar nur über die Sync-Eingänge als Slave nutzen lässt. Das Fine-Tuning der Oszillatoren ist per Schraubendreher an der Panel-Rückseite möglich.

Anschlüsse und Kommunikation

Nicht nur auf der Bedienoberfläche, sondern auch auf der Rückseite ist der Poly D gut und großzügig bestückt. Neben einem Anschluss für das mitgelieferte 12 Volt Netzteil treffe ich zunächst auf die Klassiker Stereo Out, MIDI In/Thru/Out, einen USB-Anschluss und einen Phones Out auf der Bedienoberfläche (praktisch!). Bemerkenswert sind die ausführlichen CV In/Outs zur Kommunikation mit anderen Analog-Geräten wie beispielsweise Euroracks, Sequenzern oder auch Drum Machines. In stolzer Großklinken-Ausführung finden wir hier CV-Outs für Aftertouch, Pitch, V-Trigger und Velocity. Extern via CV ansteuern lassen sich beim Behringer Loudness, Filter, Oszillator, Modulation und V-Trigger. Außerdem gibt es noch Sync In/Out zur Synchronisation externer Gerätschaften und einen External Input, der sowohl zum Durchschleifen externer Audio-Signale, als auch für interne Feedback-Effekte geeignet ist. In Sachen Konnektivität lässt der Poly D also wirklich kaum Wünsche offen. Gilt das gleiche auch für den Klang?

Fotostrecke: 2 Bilder In Sachen Anschlüsse ist der Poly D großzügig bestückt worden.
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Praxis

Bedienung und Workflow

Dank der Abkehr vom Miniatur-Format kommt der Workflow des Poly D dem seines Vorbildes erschreckend nah. Die Potis haben gesunde Wider- und Abstände, dank der überschaubaren Bedienoberfläche verliere ich beim Schrauben nie den Überblick. Durch die fehlende Preset-Fähigkeit muss ich mich außerdem nicht darum kümmern, wo die Werte abgeholt werden und ob beispielsweise die Position des Filter-Potis bei Preset-Wechsel genug Spielraum lässt, was etwa beim Prophet-08, oder dem Korg Minilogue zum Verhängnis werden kann. Durch die Aufstellmöglichkeit des Bedienpanels in alter Moog-Manier wird der Workflow abermals erleichtert.

Auch in seinem Workflow bewegt sich der Poly 'Boog' sehr nah an seinem Vorbild.
Auch in seinem Workflow bewegt sich der Poly ‘Boog’ sehr nah an seinem Vorbild.

Wie klingt‘s

Bereits bei der ersten Tuchfühlung macht der Poly D relativ schnell klar, dass er genauso solide klingt, wie er aussieht. Dem entgegen stellt sich lediglich der auffällig geringe Output, was aber bei jüngeren Analog-Synthesizern keine Seltenheit ist. Gerade die satten Bass-Sounds lassen wenig zu wünschen übrig und die Moog-Verwandschaft im besten Sinne eindeutig durchscheinen. Im 1:1-Vergleich mit etwa einem Moog Sub 37 fehlt dem Behringer dann doch ein klein bisschen von dem Extra Low-End, welches das Vorbild so berühmt gemacht hat. Das holt die seidige Filter-Sektion mit optionaler Distortion-Aggression ganz gut wieder raus.

Audio Samples
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Square Oszillator + Filter Saw Oszillator + Filter Triangel Oszillator Sub Bass Square Bass + Distortion Effekt
Die vier Oszillatoren liefern zusammen mit dem Ladder Filter einen fetten Grundsound.
Die vier Oszillatoren liefern zusammen mit dem Ladder Filter einen fetten Grundsound.

Auch in Sachen Lead-Sounds brilliert der Behringer. Durch den Keyboard Follower lassen sich schöne Filter-Verläufe erreichen, mit ein wenig Glide ist jede Sehnsucht nach den seidigen Lead-Synths der 70er Jahre gestillt. Dank des BBD-Chorus lässt sich sogar noch ein wenig Juno 60-Vibe beimischen, auch wenn Behringer hier, wie auch beim Distortion-Effekt, ruhig einen Blend-Regler hätte einbauen können.

Audio Samples
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Square-Oszillator + Glide Effekt Lead-Sound + interner Chorus

Was bei all der klanglichen Finesse doch zunehmend aufs Gemüt schlägt, sind die auffälligen Unregelmäßigkeiten in Sachen Triggering, Intonation und dem damit verbundenen Spielgefühl. Im Unisono-Modus werden regelmäßig vorherige Noten re-triggert, anstatt die eigentlich gespielte Note. Gleiches gilt für den Poly-Mode, bei dem dann noch Tuning-Schwierigkeiten zwischen den einzelnen Oszillatoren hinzukommen, die sich ja nicht syncen lassen. So richtig unbesorgt und zuverlässig funktioniert das Key Tracking nur im Mono-Modus; bei Unisono und Poly ist es gefühlt Glückssache, ob die angeschlagenen Tasten wie gewollt erklingen. Um das zu gewährleisten, muss bei der Paraphonie nämlich die Hüllkurve einmal „ausklingen“, um dann ordnungsgemäß neue Informationen zu verarbeiten. Das finde ich leider eher belastend als inspirierend, macht die beiden Modi nur bedingt nutzbar und relativiert auf einmal die Unterschiede zum wesentlich günstigeren Behringer Model D. Mit ein wenig Feingefühl entlockt man dem Behringer dann zwar leicht verstimmte, aber charaktervolle und gültige Akkord-Klänge, die tatsächlich so voll klingen, als würden mehrere Moogs gleichzeitig spielen. Die problematische Komponente hört ihr im Audiobeispiel ‘Poly-Problem‘, wo ich mehrfach die gleiche Akkord-Reihenfolge gespielt habe und der Synth immer wieder unterschiedlich reagiert hat. 

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Mehrstimmige Akkorde Poly-Problem: Wiederholte Akkord-Reihenfolge mit unregelmäßigem Trigger-Verhalten

Meine Laune bessert dann die Arpeggiator/Sequencer Sektion. Ein intuitives Feature, welches die Trigger/Tracking-Probleme egalisiert und den Behringer in seiner ganzen Kraft strahlen lässt. Von der Step-Eingabe bis zur Swing-Einstellung kommen hier kaum Fragen auf.

Die Arpeggiator | Sequenzer Sektion des Poly D
Die Arpeggiator | Sequenzer Sektion des Poly D
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Arpeggiator + Filter-Fahrt Sequencer + Filter/Hüllkurve

Durch die vielen Anschlüsse ist der Poly D natürlich auch interessiert am Austausch mit externen Geräten. Zusammen mit einer Drum-Machine lädt er problemlos zum saftigen Elektro-Jam ein. Lediglich die Master/Slave-Kommunikation außerhalb der Sync-Buchsen wirft Fragen auf, hier hätte man ruhig einen Button zur Auswahl der „Clock Source“ integrieren können, was die Kommunikation mit externen Geräten wesentlich flexibler gemacht hätte.

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Poly D + Drum Machine

Auch externe Sounds lassen sich durch die Filter/FX-Sektion des Synths durchschleifen. So kriegen wir es schnell mit einer soliden Filter-Bank zu tun, was gerade für Gitarren oder Drums sehr interessant wird. Auch die internen Effekte lassen sich auf die Signale anwenden. Durch die vielen Controller-Eingänge ist das Filter per Pedal regulierbar. Außerdem lässt es sich durch eine Feedback-Schleife anzerren, indem man das interne Signal aus dem Kopfhörerausgang abgreift und in den External-Input schickt. Das macht dann schon Spaß!

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Gitarre im External Input + Distortion/Chorus Drum Machine im External Input + Distortion Phones-Output in Ext. Input eingeschleift

Behringer Poly D Sound Demo (no talking)

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Fazit

Keine Frage: Mit dem Poly D ist Behringer dem Vorbild Moog klanglich und optisch sehr nah gekommen. Die solide Verarbeitung und der täuschend originalgetreue Grundsound lassen schmal budgetierte Moog-Fans zurecht aufhorchen. Die Synth-Schmiede hätte etwas mehr Feingefühl in den namensgebenden Poly-Modus stecken können, dessen Unregelmäßigkeiten den fabelhaften Sound und die intuitive Bedienung phasenweise in den Schatten stellen. Auf der Suche nach einem authentischen, bezahlbaren Moog Model D-Klon dürfte man – gerade in Sachen Bass und Lead-Sounds –  dennoch kaum um den Behringer Poly D herumkommen.

Unser Fazit:
3,5 / 5
Pro
  • Solider Grundsound, nah am Original
  • Hochwertige Verarbeitung
  • Übersichtliche Bedienoberfläche
  • Wohlklingende On Board-Effekte
  • Vielseitige Anschluss-Möglichkeiten
  • Intuitiver Workflow
Contra
  • Unsauberes Triggering im Unisono/Poly-Modus
  • Kein Blend-Regler für die Effekte
  • Geringer Output
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Behringer Poly D Test
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Der Behringer Poly D hält vieles von dem, was er verspricht.
Der Behringer Poly D hält vieles von dem, was er verspricht.
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Profilbild von Rotary sixteen

Rotary sixteen sagt:

#1 - 11.04.2022 um 19:35 Uhr

0

Hochwertige Verarbeitung ? Der ganze Test ist ein Witz ! Die Tastatur verdient Ihren Namen nicht mal ....

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