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Alesis Prestige Test

Die Produktbezeichnung „Prestige“ suggeriert zunächst ein kostspieliges Instrument. Nicht so bei Alesis: Die beiden Digitalpianos Prestige und Prestige Artist der US-Firma liegen weit unter 1.000 Euro. Getestet haben wir das Modell Prestige, das etwas einfachere Modell der beiden Ausführungen, deren Unterschiede in der Polyfonie (128 Stimmen versus 256 Stimmen), der Anzahl der Klangprogramme (16 versus 30 Presets) und einem OLED-Display liegen, womit nur das Prestige Artist ausgestattet ist. Natürlich schlägt sich der Mehrwert auf den Kaufpreis nieder: Für das umfangreichere Modell Prestige Artist muss man etwas mehr als 100 Euro drauflegen. Beide Digitalpianos sind übrigens nicht die preiswertesten Modelle von Alesis, denn ein Concert (rund 300 Euro), das Alesis Recital Pro (rund 360 Euro) und das Modell Recital 61 (rund 200 Euro) sind noch für weniger zu haben.

Alesis Prestige Digitalpiano Test
Alesis Prestige ohne Notenhalter in der schrägen Seitenansicht, …

Details

Auspacken und erster Eindruck

Nach Auspacken des Instruments aus dem Karton zeigt sich das Digitalpiano in einem robusten schwarzen Gehäuse. Es lässt sich mit seinen rund 13 kg an Gewicht relativ leicht auf ein Keyboardstativ stemmen, den man separat erwerben muss. Zum Lieferumfang zählen neben dem externen Netzteil ein Notenstativ, ein Sustain-Pedal, eine Software Download-Karte und eine gedruckte kurze Anleitung. Über den Download gibt es die Lernsoftware, die aus einem dreimonatigen Online-Kurs von Skoove Premium, aus 60 Gratis-Lektionen von Melodics und zwei Monaten TakeLessons/Live besteht. Aufgrund der Gehäuseform mit einem sehr abgeschrägten Bedienpanel ist es leider kaum möglich, ein Smartphone, Tablet-PC oder andere Gegenstände sicher auf der oberen Seite des Digitalpianos zu parken. 

Fotostrecke: 5 Bilder Das Alesis Prestige in seiner gesamten Pracht: Hier mit aufgestecktem Notenhalter.

Bedienfeld, Klaviatur und Lautsprecher

Neben der Power-Taste und dem Lautstärke-Regler bietet das Digitalpiano acht weitere Tasten, die alle zentral und daher gut erreichbar auf dem Panel des Alesis Prestige liegen. Vier davon dienen zur Anwahl der Klänge. Mit verschiedenen Farben der LED-Beleuchtung (weiß, grün, rot und blau) lassen sie sich auch optisch unterscheiden. Die übrigen vier Tasten dienen dem Starten und Stoppen und der Steuerung der Aufnahme eines internen Sequenzers bzw. Metronoms sowie für die Anwahl von Layer– und Split-Kreationen. Mit der Taste „Key Function“ lassen sich zusammen mit der Tastatur des Alesis Prestige verschiedenste Dinge erledigen. Den Spieler erwartet noch eine gewichtete Hammermechanik-Klaviatur mit 88 Tasten in Standardgröße und ein in das Gehäuse integriertes Micro-Array Lautsprecher-System mit 2 x 25 Watt.

Fotostrecke: 5 Bilder Ziemlich kompakt präsentiert sich das Bedienfeld des Alesis Prestige: Lautstärke-Regler, acht Taster und die Power-Taste.

Sounds und Effekte

Die zur Verfügung stehenden Klänge gehen ein wenig über den Piano-Bedarf hinaus und bieten auch Orgeln und Synthesizer-Sounds. Es sind nicht veränderbare oder überschreibbare Presets, die sich einer Sampling-Tonerzeugung bedienen. Per Layer/Split-Funktion können zwei Sounds gleichzeitig über die Tastatur gespielt werden. Das Alesis Prestige integriert zudem fünf verschiedene Halleffekte (Hall 1/2, Stage, Room, Plate), die sich in ihrer Intensität anpassen lassen.

Anschlüsse

Auf der Rückseite befinden sich der Anschluss für das mitgelieferte externe Netzteil, die Buche für das ebenfalls mitgelieferte Sustain-Pedal, ein Stereo-Ausgang (zwei Klinkenbuchsen) sowie ein Aux-Eingang (Miniklinke) zum Anschluss verschiedener Audioquellen. Die klassischen Fünf-Pol-DIN-MIDI-Buchsen weichen dem USB-Anschluss, der ausschließlich zur Übertragung von MIDI-Daten dient. Das Alesis Prestige bietet noch eine Fünf-Pol-Buchse zum Anschluss einer 3er-Pedaleinheit, die optional erhältlich. Auf der Vorderseite des Pianos sind zwei Kopfhörerausgänge (3,5 mm und 6,3 mm) platziert. Sobald man sie nutzt, verstummt das interne Lautsprecher-System – praktikabel gelöst.

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Praxis

Bedienbarkeit

Von einem digitalen Piano wie dem Alesis Prestige erwartet man, das Instrument möglichst ohne Lektüre zu verstehen und zu bedienen, was wunderbar klappt. Sollten noch speziellere Fragen offenbleiben, hilft das kurze deutschsprachige Benutzerhandbuch. Wer Änderungen (Effekt, Transposition, Feinstimmung, etc.) vornehmen möchte, muss dies stets über „Key Function“ erledigen. Die Beschriftung der Klaviertasten für Key Function über die 88er-Tastatur ist ziemlich klein geraten und nicht gut sichtbar. Man muss selbst bei günstigen Lichtverhältnissen den Kopf schon deutlich neigen, um die einzelnen Funktionen abzulesen. Hinzu kommt, dass jede Aktion akustisch mit einem deutlichen Click bestätigt wird, was bei der Nutzung von Key Function – etwa beim Transponieren – vor Publikum störend werden kann. Das Erstellen von Layer oder Split-Kreationen gelingt schnell und es lassen sich für die beiden Klänge unterschiedliche Lautstärken einstellen. Leider können zwei Presets einer Sound-Kategorie, etwa zwei verschiedene E-Piano-Klänge, nicht gelayert (geschichtet) werden. Es wäre auch praktisch, ein paar eigene Split/Layer-Kombinationen speichern und später zügig aufrufen zu können.

Wie überzeugend klingt das Alesis Prestige?

Bei diesem attraktiven Preis stellen wir zwar nicht die höchsten Ansprüche, der Sound darf aber dennoch keinesfalls enttäuschen und muss eindeutig Lust aufs Pianospiel wecken. Insgesamt stehen in dem Digitalpiano 16 Klangprogramme zur Auswahl, die wir der Reihe nach anspielen.
Das erste Grand Piano des Alesis Prestige klingt ausgewogen und ist der universelle Typ für Klaviermusik jeder Art.

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Alesis Prestige „Grand“

Die etwas „dunklere“ und wärmere Ausführung des Konzertflügels eignet sich gut für Stilistiken wie Romantik und Popballaden. Schade ist, dass im obersten Diskant ein paar schrillere Töne zu vernehmen sind.

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Alesis Prestige „Dark“

Die Variante „Bright“ ist fürs Rock/Pop-Genre optimal. Ähnlich der Roland SA-Pianos aus den 1980er Jahren (Roland RD-1000 und MKS-20) hat es einen eher drahtigen, bissigen und vor allem obertonreichen Basisklang.

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Alesis Prestige „Bright“

Das Cembalo des Alesis Prestige ist für historische Musik weniger interessant als für Popmusik-Arrangements. Es klingt angenehm rund und lässt sich gut spielen.

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04_Alesis_Prestige_Harpsichord.wav

Das erste E-Piano des Alesis Prestige orientiert sich klanglich an einem Fender Rhodes Mark 1. Prinzipiell ist es gut einsetzbar, aber mangels Effekten wie Chorus und Phaser sind die beliebten schwebenden Begleitakkorde kaum zu ermöglichen.

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Alesis Prestige „Mark1“

Als nächstes E-Piano steht ein Suitcase-Modell auf dem Plan. Es klingt glockiger und transparenter als die erste Variante, auf Tremolo- und Panning-Effekte muss man leider verzichten, weshalb auch dieser E-Piano-Sound nicht besonders lebendig wirkt.

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Alesis Prestige „Suitcase“

Das im Country, Pop und Soul populäre Wurlitzer-Piano ist beim Alesis Prestige ziemlich gut getroffen. Dessen „hölzerner“ Basisklang wird gut transportiert und es macht Spaß dieses E-Piano dynamisch zu spielen.

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Alesis Prestige „Wurlitzer“

Wie schon erwartet, findet sich auch ein E-Piano, das auf klassischer FM-Synthese beruht. Der im Alesis Prestige realisierte Sound ist zwar klanglich nicht ganz so brillant und detailliert wie das Pendant aus dem berühmten Yamaha DX7, lässt sich aber gut verwenden, so auch in Kombination mit einem akustischen Piano.

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Alesis Prestige „FM Piano“

Die erste Orgel im Angebot, die „Jazz Organ“ zeigt sich perkussiv und statisch zugleich, wodurch sie nicht allein für jazzige Passagen, sondern vor allem auch für House, Dance Pop geeignet ist.

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Alesis Prestige „Jazz Organ“

Rotzig oder röhrend ist die „Rock Organ“ des Alesis Prestige nicht, es mangelt ihr primär an der nötigen Verzerrung. Jedoch lässt sich der Klang für prägnante Soli oder Akkorde gut einsetzen. Der „Rock Organ“ fehlt wie auch der „Jazz Organ“, der typische „Leslie-Effekt“, welcher den Sound zum Leben animiert.

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Alesis Prestige „Rock Organ“

Auch bietet das Alesis Prestige eine Kirchenorgel, deren klangliches Ergebnis sich nicht besonders überzeugend zeigt, zumindest in der ersten Variation.

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Alesis Prestige „Church 1“

Gelungener ist „Church 1“, die zweite Kirchenorgel, die an die Orgel einer Kapelle erinnert und passabel klingt.

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Alesis Prestige „Church 2“

Von schnellen Passagen bis zu langen Flächen universell verwendbar mit einem warmen Sound: Das Streicher-Preset bereichert den Sound-Fundus des Alesis Prestige, auch im Hinblick auf die Split- und Layer-Möglichkeiten.

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Alesis Prestige „Strings“

Der Kontrabass ist wegen der kurzen Attackphase insgesamt sehr perkussiv geraten. Für die typischen schnellen Walking-Bass-Linien funktioniert er aber passabel.

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Alesis Prestige „Upright Bass“

Der „Poly Synth“ des Alesis Prestige gefällt durch ein leicht schmatzendes Resonanzfilter mit kürzerem Decay und eignet sich besonders für Rock/Pop sowie für Funk und Soul.

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Alesis Prestige „Poly Synth”

Der letzte Sound des Alesis Prestige ist ein „Synth Bass“, allerdings fehlt es ihm an Druck und Tiefe, womit er sich eher fürs polyfone Spiel als Variante eines „Poly Synth“ eignet.

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Alesis Prestige „Synth Bass”

Alles in allem ist es ein vielseitiges Aufgebot an Klängen, das qualitativ etwa im Durchschnitt liegt, wenn man alle vergleichbaren Digitalpianos berücksichtigt. Das etwas größere Modell, Alesis Prestige Artist, bietet 14 weitere Sounds.

Welches Spielgefühl kommt auf?

Der Wohlfühl-Faktor stimmt beim Alesis Prestige. Insbesondere die akustischen Klaviere sind gut über die Tastatur spielbar, deren Dynamikansprache individuell eingestellt werden kann. Im Bereich der Dynamikumsetzung stört es nur ein wenig, dass selbst Orgeln sehr empfindlich auf die Anschlagsdynamik reagieren. Das Lautsprecher-System arbeitet ordentlich, auch wenn man sich bei einer Leistung von 2 x 25 Watt noch etwas mehr Power erhofft, für die meisten Situationen wird die Gesamtlautstärke ausreichen. Wer das Piano in einer Band einsetzen möchte, wird sowieso einen separaten Verstärker einsetzen und dafür den Stereo-Ausgang nutzen, der übrigens nicht den allerstärksten Pegel bringt. Die klangliche Qualität der internen Hall-Effekte trübt ein wenig den Gesamteindruck, lässt sich aber verkraften, wenn man den Einsatzbereich des Pianos und den geforderten Preis im Auge behält. Es ist aber ein Leichtes, die Effektsektion komplett abzuschalten. Das dem Alesis Prestige beigelegte Sustain-Pedal ist recht einfach gehalten und nicht fixierbar, was das Ganze zu einer rutschigen Angelegenheit beim Spielen werden lässt, wenn der Untergrund glatt ist. Allerdings lässt sich hier alternativ noch eine breitere 3er-Pedaleinheit anschließen, die allerdings optional erhältlich ist.

Unterstützung beim Üben und Lernen

Das Alesis Prestige verfügt über ein Metronom. Lautstärke, Tempo und Taktart lassen sich per Key Function einstellen. Zudem können Stücke, Tonleitern oder andere Passagen im User-Song-Modus aufgenommen werden, was gut zur Selbstkontrolle beim Üben ist. Wer zusammen mit einem Klavierlehrer spielt, profitiert vom Lektions-Modus des Alesis Prestige: Die 88 Tasten werden hierbei in zwei gleiche Zonen unterteilt, was an quasi zwei identische Klaviere erinnert, die gleichzeitig zur Verfügung stehen.

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Fazit

Für kleinere Gigs, Wohnzimmerkonzerte oder Übungsstunden ist das Alesis Prestige eine gute Wahl. Hervorzuheben sind die Layer/Split-Möglichkeiten, die sich aber mangels Speicherplätzen bei Live-Einsätzen nicht so praktisch handhaben lassen. Hier ist das mit einem mit einem OLED-Display ausgestattete größere Modell – Alesis Prestige Artist – schon die etwas bessere Lösung. Klanglich gehen die Piano-Sounds – gemessen an der Preisklasse –  in Ordnung, die zusätzlichen Klangfarben sind jedoch eher als alternative Zugabe zu verstehen, die sich gerade im Layer-/Split-Betrieb praktikabel verwenden lassen. Die Tastatur als wichtigster Dynamik-Umsetzer spielt sich für ein Instrument dieser Preisklasse gut, wobei hier immer Luft nach oben ist. Das integrierte Lautsprechersystem mit seinen 2 x 25 Watt zeigt sich für den Einsatz im Wohnzimmer leistungsmäßig ausreichend, für den Bühneneinsatz sollte man allerdings auf eine externe Anlage ausweichen, wofür das Alesis Prestige zwei Line-Outs im 6,3 mm Klinkenformat bietet. Gerade im Preisbereich des Alesis Prestige bietet der Markt ein großes Angebot an günstigen Digitalpianos, die sich mit recht ähnlichen Ausstattungsmerkmalen präsentieren. Hier heißt es Ausprobieren und das richtige Piano für sich finden. Alles in allem ist das Alesis Prestige ein simples wie gutes Digitalpiano, das man sich ruhigen Gewissens einmal näher ansehen sollte. Wer noch etwas über 100 € drauflegt, erhält mit dem Alesis Prestige Artist noch weitere Sounds und eine höhere Polyfonie.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Guter Gesamtklang
  • Gut spielbare Tastatur
  • Layer/Split-Kreationen möglich
  • Einfache Bedienung
  • Stereo Line-Ausgänge im Klinkenformat
  • Kompakt und leicht
  • Gutes Preis-/Leistungsverhältnis
Contra
  • Klavierklang im Diskant teilweise schrill
  • Einige alternative Sounds nicht auf Niveau der Pianos
Artikelbild
Alesis Prestige Test
Für 429,00€ bei
Das Alesis Prestige Digitalpiano tummelt sich im Bereich der kostengünstigen Digitalpianos und zeigt sich als gute Wahl für denjenigen, der mit dem Klavierspiel beginnen möchte.
Das Alesis Prestige Digitalpiano tummelt sich im Bereich der kostengünstigen Digitalpianos und zeigt sich als gute Wahl für denjenigen, der mit dem Klavierspiel beginnen möchte.

(Die genannten Preis sind Straßenpreise, Stand: 31.05.2021)

Kommentieren
Profilbild von Alex S

Alex S sagt:

#1 - 30.06.2021 um 07:17 Uhr

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Ausführlicher, informativer Test, aber: "sehr abgeschrägten Bedienpanel ist es leider kaum möglich, ein
Smartphone, Tablet-PC oder andere Gegenstände sicher auf der oberen
Seite des Digitalpianos zu parken" Ich stelle mein iPad einfach auf den Notenständer und kann dessen Display so am besten einsehen & bedienen - wieso flach auf dem Piano ablegen???

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