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Das machen Profis beim Gitarrespielen anders als Anfänger und Amateure

Es gibt nur wenige Disziplinen und Berufssparten, die so viele und teilweise nahtlose Übergänge und Überschneidungen zwischen Anfängern und Fortgeschrittenen, Amateuren und Profis kennen wie die Musik. Wer sich für das Fliegen von Flugzeugen oder eine Operation am offenen Herzen interessiert, wird schwerlich ohne fundamentale Ausbildung und die dazugehörigen Abschlüsse seinem Hobby oder Beruf nachgehen können. Seinem künstlerischen Drang zu folgen und damit sogar Geld zu verdienen, steht jedoch jedem frei, was in einem freien Land bitte auch so bleiben sollte. Und dennoch gibt es einige Unterschiede vor allem in der Geisteshaltung von Amateuren und Profis, die auch durch Erfahrung gewachsen sind.

(Bild: © Shutterstock / PrinceOfLove)
(Bild: © Shutterstock / PrinceOfLove)
Inhalte
  1. Amateure können auf Motivation und Eingebung warten, Profis nicht
  2. Amateure können sich länger mit einer Performance beschäftigen
  3. Laien legen häufiger Wert auf Meinungen, Profis interessiert die Wahrheit
  4. Amateure erleben Lampenfieber anders als Profis
  5. Laien denken in Zielkategorien, Profis in Prozessen


Da die Übergänge fließend sind und es ganz fantastische Amateure, aber auch durchschnittliche Profis gibt, möchte ich eher zwischen Experten und Nicht-Experten unterscheiden. Denn auch ein Nicht-Profi, also jemand, der nicht unbedingt seinen Lebensunterhalt mit Musik verdient, kann durchaus das “Mindset” eines Profis besitzen. Sinn dieses Artikels soll es demnach nicht sein, einen Graben zwischen Hobbymusikern und Profis zu ziehen, sondern das Verständnis für die unterschiedlichen Lebenssituationen herauszustellen und zu zeigen, wie man sich als Amateur eine professionelle Haltung zulegen kann, die eventuell die weitere Karriere bereichert.

Quickfacts

  • Wer Musik als Hobby macht, kann das Instrument dann in die Hand nehmen, wenn es die Muse will. Ein Profi muss seinen Lebensunterhalt mit Musik verdienen und Techniken entwickeln, auch ohne Motivation und Inspiration zu funktionieren.
  • Profis müssen sich meist mit diversen musikalischen Projekten gleichzeitig beschäftigen und können sich nicht, wie es oft bei Laien der Fall ist, nur auf ein einziges Event fokussieren.
  • Profis arbeiten permanent an ihrer Weiterentwicklung und weil sie häufiger Kritik und Lob ausgesetzt sind, lernen sie, damit anders umzugehen als Amateure, die dem normalerweise einen höheren Stellenwert beimessen.
  • Auch Profis haben Lampenfieber, allerdings liegt der Zeitpunkt der maximalen Aufregung bei ihnen so weit vor dem Auftritt, dass sie die Performance in den meisten Fällen nicht behindert.
  • Für die meisten Profis ist Musik als “Work-in-Progress” zu verstehen. Das Hinarbeiten auf Ziele begreifen sie eher als Zwischenstation auf einem nie endenden Weg.

1. Amateure können auf Motivation und Eingebung warten, Profis nicht

Amateure müssen prinzipiell nur dann Gitarre spielen, an sich arbeiten oder üben, wenn sie sich dazu motiviert fühlen. Sie haben häufig das Privileg, auf die Inspiration oder den nötigen Funken Spaß warten zu können, und wenn er sich einstellt, das Instrument in die Hand zu nehmen und auf ihre Ziele hinzuarbeiten. Das geht auch in Ordnung, denn schließlich reicht das Wort Amateur auf den französischen “Liebhaber” zurück, das einen Menschen beschreibt, der sich aus reiner Lust und Leidenschaft mit einer Sache beschäftigt. Diesen Luxus können sich Berufsmusiker nicht erlauben und so kommt es seltener vor, dass Profis sich von ihren Gefühlen diktieren lassen, wann sie üben oder sich mit einem Projekt beschäftigen. Häufig erstellen sie Zeitpläne und Routinen, an die sie sich halten, koste es, was es wolle. Das beinhaltet Strategien, um auch an uninspirierten Tagen wenigstens 90 % der Leistung abrufen zu können, denn jeder Auftritt kann zu einem essenziellen Berufsereignis werden, das Konsequenzen für nachfolgende Tätigkeiten hat. Als Profi lernt man auch, mit dem Druck und der Erwartungshaltung des Auftraggebers umzugehen
Vom englischen Schriftsteller William Somerset Maugham stammt angeblich in diesem Zusammenhang das ironische Zitat: “Ich schreibe nur, wenn die Inspiration zuschlägt. Glücklicherweise ist das jeden Morgen um Punkt neun”.

2. Amateure können sich länger mit einer Performance beschäftigen

Amateure müssen sich häufig nur auf musikalische Inselereignisse fokussieren, wie z. B. den einen Auftritt am Wochenende, wohingegen Profis oft mehrere “Baustellen” gleichzeitig bedienen müssen.
Aus diesem Grund sind Zuhörer nicht selten stärker vom Laienmusiker beeindruckt, der seit zehn Jahren die gleichen Songs unverändert spielt. Der Unterschied zum Profi, der vielleicht erst fünf Minuten vor dem Gig das Leadsheet bekommen hat, erschließt sich deshalb verständlicherweise nicht unbedingt. Vom Profi wird zu Recht erwartet, dass er auf einem höheren Niveau spielt, exzellent vorbereitet ist und eine astreine Vorstellung hinlegt, egal, wie widrig die Umstände auch sind.
Natürlich kann man anders performen, wenn man seine komplette Energie auf ein einzelnes Event konzentriert und nicht fünf bis sieben Tage pro Woche einigermaßen konsistent operabel sein und acht Gigs im Monat spielen muss, ohne dabei auszubrennen.

3. Laien legen häufiger Wert auf Meinungen, Profis interessiert die Wahrheit

Ein Wesensmerkmal, das Profis in verschiedenen Berufssparten von Amateuren unterscheidet, ist der Umgang mit Kritik oder Lob.
Hobby-Musiker sehen negatives Feedback oder Verbesserungsvorschläge oft als Kritik an ihrer Person, während beispielsweise überschwängliches Lob nach einem Konzert zu einem Selbstbewusstsein beitragen kann, das nicht unbedingt immer gerechtfertigt ist.
Vor allem Anfänger geben bedauerlicherweise häufig auf, wenn sie mit Widrigkeiten und anspruchsvolleren Herausforderungen konfrontiert werden. Ihnen fehlt in der Regel die Erfahrung und/oder die Reife zu erkennen, dass man solche Probleme aus eigener Kraft lösen kann. Sie versuchen, Fehler um jeden Preis zu vermeiden, weil sie Kritik fürchten und sich zu sehr darum sorgen, was Außenstehende über sie denken.
Profis haben diese Bedenken zwar auch, wissen jedoch, dass sie Schwachstellen haben und suchen die ernsthafte Kritik. Das bedeutet aber auch, dass sie nicht ernstzunehmende Kritik genau wie unsachgemäße Komplimente nicht verinnerlichen. Wer erkennt, wo seine Schwachstellen liegen, den hält unberechtigtes Lob nicht davon ab, daran zu arbeiten. Will man weiterkommen, muss man verstehen, dass Scheitern ein unvermeidlicher und notwendiger Teil der persönlichen Entwicklung ist. Im Idealfall gehen Profis mit Versagen und Kritik um wie ein Wissenschaftler, der seine widerlegte These verwerfen muss und genau dadurch der Wahrheit wieder einen Schritt näher kommt.
Darum werden Profis, die leidenschaftlich an ihrem Handwerk interessiert sind, immer darum bemüht sein, dieses zu verbessern, denn sonst stagnieren sie. Häufig geht damit eine dauerhafte Suche nach Ressourcen wie Büchern, Videos, CDs und Lehrern einher, die ihnen dabei hilft, neue Wege zu gehen. Für Experten ist das Mindset eine Mischung aus Selbstvertrauen, aber auch dem Wissen, dass “gut genug” eben nie gut genug sein kann.

4. Amateure erleben Lampenfieber anders als Profis

Studien über Lampenfieber oder generelle Aufregung vor einem Event haben gezeigt, dass Profis und Amateure nahezu gleichermaßen davon betroffen sind, der Zeitpunkt der höchsten Nervosität sich jedoch verschiebt.
So haben Untersuchungen bei Fallschirmspringern zutage gefördert, dass das Aufregungsmaximum bei Profis einige Tage vor dem Sprung ist, kurz davor aber abflacht, sodass die Ausführung relativ entspannt vonstattengehen kann. Bei Amateuren verhält es sich genau umgekehrt: Die Zeit weit vor dem Ereignis wird als unaufgeregt wahrgenommen, aber im Augenblick vor dem Sprung erreicht die Aufregung das Maximum.
Das heißt, auch Profis sind nervös und aufgeregt, ja manchmal sogar ängstlich, werden davon jedoch in ihrer Performance zum überwiegenden Teil nicht so stark behindert wie Laien, da sie das Lampenfieber “vorverlegt” haben. Vielmehr stellt sich in den meisten Fällen ein positiver Adrenalinschub ein, der sogar leistungssteigernd sein kann.

5. Laien denken in Zielkategorien, Profis in Prozessen

Laien sehen oft nur die isolierte Leistung und das direkte Ergebnis. Profis hingegen konzentrieren sich darauf, Gewohnheiten zu entwickeln, um einen nicht endenden Prozess und Weg zu beschreiten, auf dem die einzelnen Ziele eher als Nebenprodukt und Stationen zu sehen sind. Der Profi versteht, dass eine Leistung lediglich ein Hinweis darauf ist, wie stark man sich verbessert hat und dass ein kontinuierliches Wachstum erstrebenswerter ist als ein einmalig erreichtes Ziel.
Analogien kann man aus dem Sport ziehen: Ein getroffenes Fußballtor ist toll, die Frage lautet aber: Kann ich den Ball in der gleichen Situation bei zehn Versuchen auch alle zehnmal ins Tor schießen? Was muss ich tun, um den Ball in einer leicht veränderten Situation ebenfalls zehnmal ins Tor zu bringen?
Um im Fußballbild zu bleiben, bietet sich auch das wunderschöne Sepp-Herberger-Zitat an, das man auf die Expertise in jeder Disziplin anwenden kann: “Nach dem Spiel ist vor dem Spiel”.

Unser Inhalt wurde übrigens auch in einem YouTube-Interview der SUPERGAIN Guitar Academy mit dem Autor besprochen:

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Robert sagt:

#1 - 07.12.2023 um 17:04 Uhr

0

Amateure haben ein Marshall auf 10 gedreht

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