Nur wenige andere Marken stehen derart für professionelle Bassverstärkung wie die von Alex Aguilar und Dave Boonshoft in New York gegründete und ansässige Company Aguilar. Ursprünglich begann alles mit einem einzigen Custom Order Preamp – ganz ohne Gedanken an eine Serienproduktion. Mittlerweile jedoch bietet Aguilar ein wahres Rundum-Sorglos-Paket für Bassisten an – von Pickups über Effekte oder Kabel bis hin zu Bassverstärkern und -boxen. Im Laufe der Jahre gab es spannende Entwicklungen, Besitzerwechsel, legendäre Produkte und unzählige hochrangige Endorser. Auf all dies wollen wir heute anlässlich des 30-jährigen Geburtstags der Company im Jahr 2025 zurückblicken und natürlich auch in die Zukunft schauen. Happy Birthday, Aguilar!

Aguilar: Das legendäre Trio
Ach, wie gerne hätte ich einmal in der New Yorker Musikszene der 80er-Jahre Mäuschen gespielt. Man hat den Eindruck, dass aus einem relativ kleinen Personenkreis vieles entstand, was sich in der heutigen Bass-Landschaft als feste Größe etabliert ist. Bei Aguilar trifft dies definitiv zu, denn für den Beginn der heute legendären Company war ein weiterer großer Name entscheidend: Roger Sadowsky. Wie klein die Welt doch ist!
Session Bassist Dave Boonshoft brachte in den späten 80er-Jahren seine Instrumente zum Service in Rogers Werkstatt. Dieser arbeitete gerade mit einem gewissen Alex Aguilar an einer eigenen Onboard-Elektronik, die später zu dem legendären Sadowsky-Preamp werden sollte. Dave Boonshoft selbst teste bei diversen Gigs Prototypen davon und gab sein Feedback. Um die Dinge zu vereinfachen, brachte Roger dann Dave und Alex direkt zusammen. So lernten sich die beiden kennen, was aber zunächst keine weiteren Folgen hatte.
Doch während seiner Arbeit in den Studios und auf den Bühnen in und um New York war Dave mehr und mehr unzufrieden mit seinem Bass-Equipment. Er liebte den Sound von hochwertigem Studio-Equipment, wie Neve, Telefunken, etc. Diese Klangqualität konnte er jedoch zu keiner Zeit mit herkömmlichen Bassverstärkern erreichen.


In typischer amerikanischer Unternehmer-Manier dachte er sich: „Wenn es etwas nicht gibt, mache ich es eben selber!“ Alex Aguilar führte mittlerweile in New York eine Werkstatt für Musikelektronik. Da die beiden sich bereits kannten, entschloss sich Dave, Alex einen Besuch abzustatten.

Aguilar: Die Anfänge mit dem DB 680
Dave erzählte Alex von seiner Idee eines Röhren-Preamps, der perfekt auf die Übertragung von Bass und die Bedürfnisse von Bassisten zugeschnitten war. Alex entwarf daraufhin die Schaltung und baute für Dave den Preamp, den er sich erträumte. Beide waren mit dem Ergebnis sehr zufrieden – und das könnte eigentlich auch schon das Ende der Geschichte sein, denn der noch namenlose Preamp sollte ursprünglich ein Einzelstück bleiben.
Dave und Alex merkten jedoch schnell, dass ihnen hier ein ganz großer Wurf gelungen war. Auch die Reaktion aus der Szene zeigte, dass durchaus Bedarf für einen Preamp dieser Qualität bestand. Also gründeten Dave und Alex kurzerhand die Firma Aguilar Amplification.


Man baute zwei Preamps und stellte diese sogar auf der NAMM Show vor. Getauft wurde der Preamp auf „Aguilar DB 680“. „DB“ sind natürlich die Initialen von Dave Boonshoft, und die Zahl 680 lehnt sich an den berühmten Fairchild 670 Kompressor an. Es dauerte nicht lange, bis sich der Aguilar DB 680 einen hervorragenden Ruf in der Szene erarbeitete.

Aguilar: Expansion
„Auf einem Bein steht man schlecht“, heißt es beim Schnäpse trinken. Ähnliches gilt für Bassverstärker: Viele von uns möchten gerne, dass ihre Kette aus Verstärker und Box von ein und demselben Hersteller stammt.
In den 90er-Jahren war noch viel häufiger die Kombination aus Vorstufe, Endstufe und Box beliebt. Der nächste logische Schritt war also, die Endstufe DB 728 zu bauen, welche den DB 680-Preamp verstärken sollte. Außerdem machte man sich Gedanken um eine eigene Boxenlinie, um wirklich als ernsthafte Company für Bass-Equipment wahrgenommen zu werden.




Mit dem Aguilar DB 359 folgten danach ein kompakter 200 Watt starker Vollröhrenamp sowie die GS-Boxenreihe. Ein letzter Meilenstein in der Ära großer und schwerer Bassamps war der Aguilar DB 750, bei dem man zum ersten Mal auf eine Transistor-Endstufe setzte. Dieser Verstärker genoss einen hervorragenden Ruf. Sein Nachfolger, der Aguilar DB 751, ist heute vereinzelt noch erhältlich.

Aguilar: Transformation in die Welt von Class-D
Im Jahr 2004 verließ Alex Aguilar die Firma und Dave Boonshoft übernahm seine Anteile. Mittlerweile war der Markt in großer Bewegung, neue Player wie Markbass tauchten in der Szene auf. Natürlich erkannte auch Dave den Wandel hin zu besonders kompaktem und leichtem Bass-Equipment.
Der erste Schritt in die neue Richtung war 2004 der Aguilar AG 500 Bassverstärker. Er kombinierte ein herkömmliches Netzteil inklusive Ringkerntrafo mit einer Endstufe auf Basis von Pulsweitenmodulation (Class-D). Ich kann mich noch gut erinnern, dass ich den Aguilar AG 500 nach dem ersten Test direkt vom Fleck weg kaufte.
Trotz deutlicher Reduzierung des Gewichts war jedoch schnell klar, dass man im Vergleich zu den Mitbewerbern noch einen weiteren Schritt wagen musste. Die Konsequenz war der Umstieg auf leichte Schaltnetzteile, welche erstmalig in den neuen Tonehammer-Amps zum Einsatz kamen. Diese Verstärker entwickelten sich zum absoluten Renner und gehören bis heute in ihrer aktuellen zweiten Version weltweit mit Abstand zu den beliebtesten Class-D-Amps.
Die Aguilar DB-Boxen lieferten einen etwas wärmeren Vintage-Sound und Look. Doch es fehlte über lange Zeit noch eine Modellreihe mit Leichtgewicht-Cabinets. Immer wieder wurden auf Messen Modelle vorgestellt, die Einführung in den Markt zog sich aber. Letztendlich gelang es Aguilar aber doch, auf Lautsprecher mit Neodym-Magneten und Gehäuse in Leichtbauweise umzustellen. Diese Boxen sind in verschiedenen Lautsprecher-Konfigurationen unter dem Namen „SL“ (Super Light) erhältlich. Damit war die Transformation in das neue Zeitalter von leichtem und kompakten Bass-Equipment erfolgreich vollzogen!



Aguilar: Entwicklung zum Vollsortiment
Ganz nebenbei hat sich das Portfolio im Laufe der Jahre immer wieder erweitert. Den Anfang machten diverse Onboard-Aktivelektroniken (OBP 1,2 und 3), mit denen sich Alex Aguilar aufgrund seiner Zusammenarbeit mit Roger Sadowsky bestens auskannte.
Dann folgte 2008 der Tonehammer Preamp in Pedalformat. Er bildete den Startschuss einer ganzen Reihe an Effekten – aktuell sind es 13 Pedale unterschiedlichster Art. Und um noch früher in der Signalkette den edlen Aguilar-Sound zu etablieren, stieg man erfolgreich in die Produktion von Pickups ein.









Aguilar: Unter dem Dach von KORG
2021 verkaufte Dave Boonshoft Aguilar Amplification an KORG. Dies hatte mit Aguilar Musical Instruments, LLC auch einen neuen Namen zufolge. Das Personal, also die Expertise, sowie der Produktionsstandort in New York wurden übernommen. Mit dem globalen Vertriebsnetz und der Finanzkraft von KORG ergeben sich für einen Hersteller von Bass-Equipment ganz neue Möglichkeiten.
Die ersten Früchte dieser neuen Partnerschaft sah man schon bald anhand der Neuauflage der AG-Verstärker (nun mit Schaltnetzteil), neuer Tonehammer-Amps und neuer Preamp-Pedale. Sämtliche Produkte stellen sich mit ihren Features den modernen Anforderungen von In Ear Gigs und Recording Sessions. Die New Yorker scheinen für die Zukunft bestens gerüstet zu sein!

Aguilar: Artists
Aguilars hervorragender Ruf machte natürlich neugierig, und im Lauf der Jahrzehnte kam es zu zahlreichen Kooperationen mit namhaften Bassisten. Hier ist eine stark verkürzte Liste mit den klangvollsten Namen: Nathan East, Gary Willis, John Patitucci, Paul Turner, Rhonda Smith, Chris Chaney, Will Lee, Thundercat, Damian Erskine, Adam Nitti, Jamaaladeen Tacuma, Felix Pastorius, George Porter Jr., Wojtek Pilichowski, UMBO, Gerald Veasley, Freddie Washington, Alex Webster und viel, viele mehr.

Aguilar: Zukunft
Mit Blick auf die Zukunft bleibt Aguilars Vision klar – weiterhin möchte man Tools entwickeln, die Musikern in einer sich schnell entwickelnden Welt dienen. Performance- und Recording-Umgebungen verändern sich schneller als jemals zuvor, und die Firma hat ein Auge darauf, wie sich diese Verschiebungen auf Musiker und ihre Arbeitsweisen auswirken. Klanglich möchte man weiterhin den begehrten Aguilar-Sound liefern, der die Company von Beginn an definiert hat – und diese Identität in neue Kontexte tragen.
Während die Grenzen zwischen Bühne und Studio weiter verschwimmen, erforscht die Company derzeit Designs, die beiden Umgebungen gleichermaßen dienen. Die aktualisierten Tonehammer- und AG-Verstärker und -Pedale in der V2-Version (die zum Beispiel Onboard-Impulsantworten besitzen) markieren den Beginn dieser Entwicklung.
Auch das Erbe der DB-Verstärkerlinie hat man nicht vergessen. Derzeit investiert man unter anderem in die Zukunft dieser Linie mit aufregenden Updates und Erweiterungen – wir dürfen also gespannt sein!
Nicht zuletzt schaut man sich den heimischen Arbeitsplatz und den Übungsraum von Bassisten genau an und realisiert Entwicklungen für diesen Bereich. Der Amplug Tone Hammer war hier nur der Anfang und brachte den Aguilar-Sound in ein sehr erschwingliches, tragbares Format.
Noch einmal herzlichen Glückwunsch zum Jubiläum und alles Gute für die Zukunft, Aguilar!
Thomas Meinlschmidt
