Kaum ein Hersteller hat in den letzten Jahren ein derartiges Tempo vorgelegt wie die südkoreanische Company Sire. Seit dem Debüt der Marcus-Miller-Reihe im Jahr 2017 rollt die Firma eine Modellneuheit nach der anderen aus – und zwar in einer Schlagzahl, bei der nicht wenige andere Hersteller ins Schwitzen kommen dürfte. Vom klassischen Jazz- und Preci-Modell über Shortscale- und Semiakustik-Bässe bis hin zu ausgewachsenen 5- und 6-Saitern ist inzwischen alles im Programm, was die Bassgemeinde begehrt. Genau hier setzt auch unser heutiger Testkandidat an: Der Sire Marcus Miller F10 6-String NT, erstmals auf der NAMM Show 2024 präsentiert, markiert derzeit die Speerspitze im Portfolio der Koreaner. Beim Sire Marcus Miller F10-6 NT haben wir es mit einem Singlecut-Sechssaiter zu tun, der nicht nur optisch mit einer edlen Decke punktet, sondern auch technisch einiges auffährt: durchgehender Hals, zwei kraftvolle Humbucker und die extrem flexible Marcus Heritage-3-Elektronik, um nur einige Features zu nennen. Trotz dieses Highend-Pakets bleibt Sire jedoch nach wie vor seiner Linie treu und positioniert das Instrument preislich ausgesprochen konkurrenzfähig.

Erster Eindruck
Der Sire Marcus Miller F10-6 NT markiert aktuell die Spitze im Sire-Programm – sowohl preislich als auch in Sachen Ausstattung. Entsprechend bringt der Sechssaiter echte Boutique-Bass-Features mit und macht auch optisch einiges her.
Zum Lieferumfang gehört ein robuster Koffer, der nicht nur sicheren Schutz bietet, sondern auch Platz für Zubehör bereithält. Schon die Grundkonstruktion signalisiert, dass Sire hier in der Oberliga mitspielen will: Der F10 ist als Singlecut-Bass mit einem fünfteilig durchgehenden Hals konzipiert und trägt eine auffällig gemaserte Poplar-Burl-Decke, die dem Instrument einen edlen Look verpasst.
Ein Singlecut-Design zu entwickeln, ist bekanntlich immer eine Gratwanderung: Durch die geschlossene obere Korpusform können gerade großformatige Sechssaiter schnell wuchtig oder gar plump wirken. Der Sire Marcus Miller F10-6 NT erfindet die Kategorie zwar nicht neu und gehört sicher nicht zu den filigransten Vertretern seiner Zunft, präsentiert sich in meine Augen aber insgesamt stimmig – ein harmonisches, ausgewogenes Design, das durchaus Gefallen finden dürfte.
Premium-Holzauswahl
Laut Sire werden für die F10-Bässe nur Premium-Hölzer verwendet, was sich nicht nur auf die Optik, sondern im besten Fall natürlich auch auf das Schwingungsverhalten und damit auf den Sound auswirken sollte. Für die angeleimten Korpusflügel des Sire Marcus Miller F10-6 NT kommt Sumpfesche zum Einsatz. Die massive Decke besteht – wie bereits erwähnt – aus wild gemaserter Pappel.
Das Herzstück des Sechsaiters ist der durchgehende Hals, der sich aus insgesamt fünf Teilen zusammensetzt: Drei breite Streifen Ahorn wurden mit zwei etwas schmaleren Mahagonistreifen zu einer stabilen Konstruktion verleimt. Sire verwenden für ihr High-End-Modell also durchaus traditionell bewährte Holzsorten, was sich auch am Griffbrett zeigt: Hier kommt Palisander zum Einsatz, das für einen warmen und runden Soundcharakter geschätzt wird.
Im Griffbrett finden sich 24 Edelstahlbünde; zur Orientierung gibt es rechteckige Inlays mit abgerundeten Ecken aus Perlumtt/Abalone. Ein Detail, das man leicht übersehen könnte, in der Praxis aber durchaus etwas ausmacht: Wie bei allen neueren Sire-Bässen sind auch beim F10 die Griffbrettkanten sanft verrundet – ein Feature, das die Haptik spürbar verbessert und den Bass vom ersten Anfassen an komfortabel wirken lässt.
Versiegelt ist die Holzkonstruktion mit einem transparenten Mattlack, der sich angenehm seidig anfühlt und die natürliche Maserung schön zur Geltung bringt. Wie bei dieser Art Finish üblich, verändert sich die Oberfläche mit der Zeit: Durch Handschweiß und Spielabrieb wird sie nach und nach glänzender, sodass sich sowohl Haptik als auch Optik im Laufe der Nutzung leicht wandeln.
Hardware
Die moderne Kopflatte ist leicht abgewinkelt und trägt für den amtlichen Edelbass-Look – passend zum Korpus – ein Furnier aus Maserpappel. Neben dem dezenten Sire-Logo finden wir hier den Zugang zum Halsspannstab sowie sechs gekapselte schwarze Mechaniken. Sire verspricht auch bzgl. der Hardware hohe Premiumqualität, und in der Tat laufen die Tuner absolut butterweich und hochpräzise – hier gibt es rein gar nichts zu bemängeln!
Gleiches gilt für die Brücke: Die sogenannte „New Marcus Heavymass Custom Bridge“ wurde für die kostspieligeren Sire-Modelle entwickelt und punktet mit enormer Stabilität. Die Reiter sind sehr massiv und können seitlich nicht verrutschen, außerdem bietet sie eine „String Through Body Option“ – die Saiten können also durch den Korpus aufgezogen werden.
Die Strings liegen auf kleinen Metallpfosten, die seitlich zur Anpassung der Saitenabstände etwas verschoben werden können. Ab Werk kommt der F10-6 NT mit 18 mm Stringspacing, was ich bei einem Sechssaiter als sehr angenehm empfinde. Ein Quick-Release-Feature zum schnellen Saitenwechsel fehlt zwar, ansonsten erfüllt der Steg jedoch alle Ansprüche an eine moderne Konstruktion. Und auch bei den Saiten zeigt sich Sire spendabel: Ab Werk sind hochwertige DR Dragon Skin+ DBQ6-30 aufgezogen – beschichtete Nickelsaiten, die für lange Haltbarkeit sorgen sollten.
Elektronik
Die Elektronikausstattung ist den Sire-Kennern unter euch bereits von den höherpreisigen Modellen der Sire M-Serie bekannt. Zum Einsatz kommen zwei sogenannte Marcus Miller Pure-Humbucker, deren Spulen mit kleinen Schaltern im Cockpit des Basses parallel, seriell oder in den Singlecoil-Betrieb geschaltet werden können. Schon allein dadurch eröffnet sich eine erstaunlich breite Klangpalette.
Weitergeleitet wird das Signal an den Marcus Heritage-3 Preamp, der neben Lautstärke- und Balance-Regler eine 3-Band-Klangregelung mit durchstimmbaren Mitten (200 Hz bis 1 kHz) bietet. Zusätzlich steht eine Tonblende zur Verfügung, die sowohl im aktiven als auch im passiven Betrieb arbeitet. Um all diese Funktionen unterzubringen, verwendet Sire zwei Doppelpotis: Die Tonblende sitzt im unteren Ring des Volume-Reglers, die Mittenfrequenzwahl im unteren Ring des Mitten-Potis.
Versorgt wird der Preamp mithilfe von zwei 9-Volt-Batterien, die in einem separaten Fach auf der Rückseite untergebracht sind. Sollte der Saft einmal ausgehen, lässt sich der Bass aber auch passiv betreiben – dann steht zur Klangformung allerdings nur noch die Tonblende zur Verfügung.