Home-Pianos gibt es wie Sand am Meer. Während der Markt für akustische Klaviere und Flügel immer weiter schrumpft, wächst auf der anderen Seite kontinuierlich die Menge der Digitalpianos, die in den Wohnzimmern der Republik eine neue Heimat findet. Wer je Klavierunterricht hatte, der kennt die Bedenken eines jeden Klavierlehrers, wenn es um die elektronische Verwandtschaft des „echten“ Instrumentes geht. Trotzdem wenden sich immer mehr musikbegeisterte Mehrparteienhaus-Bewohner dem digitalen Ersatz zu, sei es aus Rücksicht auf die Nachbarn oder auf die Nerven der nicht-klavierspielenden Familienmitglieder.
Um etwas Licht in das Dickicht der zahllosen Modelle zu bringen, hat bonedo fünf Pianos der 1000-Euro-Klasse und drei Exemplare der 3000-Euro-Liga in ihrer jeweiligen Gruppe verglichen. Es handelt sich dabei ausschließlich um digitale Upright-Pianos, also Modelle, die im Gegensatz zu Tischinstrumenten wie ein klassisches Klavier auf eigenen Beinen stehen. Instrumente dieser Gattung verfügen in der Regel auch über ein eingebautes Verstärkersystem. Was die Preise anbelangt, haben wir uns an den durchschnittlichen Ladenpreisen und nicht an den unverbindlichen Preisempfehlungen der Hersteller orientiert. Denn zu groß fallen dabei die Unterschiede zwischen beiden Zahlen aus. Bei den fünf Instrumenten der folgenden 1000 Euro Klasse liegen sie zwischen knapp fünf bis hin zu mehr als 16 Prozent.
A childs yellow beach bucket and spades. Focus is on the bucket of sand and spades. A couple of the shells and beach is oof range.
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Die 1000-Euro-Klasse
Diesen attraktiven Markt der Digitalpianos haben die großen Hersteller weitgehend unter sich aufgeteilt. Die Protagonisten heißen hier Roland und Yamaha, dicht gefolgt von Kawai, Korg und Casio.
In der Klasse um 1000 Euro treten an:
Yamaha CLP320, Straßenpreis ca. 1150 Euro (UVP 1369) Roland RP201, ca. 1200 Euro (UVP 1429) Casio Celviano AP220 für ca. 1050 Euro (UVP 1099) Kawai CA18, ca. 1600 Euro (UVP 1690) Korg LP350, ca. 1000 Euro (UVP 1189)
Zunächst muss man feststellen, dass alle Modelle eines gemeinsam haben: Die eingebauten Verstärkeranlagen sind durchweg von guter Qualität. Die Lautsprecher sind so in das Gehäuse integriert, dass der Sound indirekt abgestrahlt wird, die Klangquelle also nicht genau zu orten ist. Das kommt einem echten Instrument näher als zwei Lautsprecher, die direkt von der Front abstrahlen. Alle Kandidaten haben ausreichend Leistung, um auch die Probe mit dem Kirchenchor ohne externen Verstärker zu bestehen. Eine weitere Gemeinsamkeit aller Modelle betrifft die Klaviatur. Alle Tastaturen verfügen über graduierte Hammermechaniken, das heißt, die hohen Töne lassen sich etwas leichter spielen als die Bässe, so wie es auch bei einem echten Flügel der Fall ist.
Allerdings ist es schon bei den Anschlüssen vorbei mit der Harmonie: Schlusslicht ist hier das Kawai, das außer über zwei Kopfhörerbuchsen gar keinen Kontakt zur Außenwelt sucht. Weder Line-Out noch MIDI findet man hier. Das ist schon recht dünn, auch in dieser Preisklasse.
Auch beim Casio ist MIDI kein Thema, dafür aber USB, über das sich das AP220 sehr einfach per Plug & Play an einen Computer anschließen lässt. Im Test funktionierte das auch völlig problemlos, der Computer erkannte das Instrument sofort. Allerdings gibt es auch hier nur Kopfhörerbuchsen, keinen Line-Out. Leider produzierten die Kopfhörerausgänge unseres Testgerätes leichte digitale Störgeräusche, die im Audiobeispiel hörbar sind. Ob dieses Problem die ganze Serie betrifft oder nur unser Testexemplar betroffen war, lässt sich mangels Zweitgerät leider nicht feststellen.
Das Yamaha besitzt zwar MIDI, dafür aber keinen Line-Out, stattdessen zwei Kopfhörerbuchsen.
Das Korg LP350 bietet MIDI in/out und auch Line-Out, allerdings nur per Stereo-Miniklinke. Immerhin besser als nichts!
Vorbildlich dagegen das Roland RP201: Hier findet man MIDI in/out, Line-Out und auch Line-In (zum Anschluss eines Audio-Player), und dies alles sogar mit „großen“ Klinkenbuchsen! Kaum zu glauben … Tastaturen Die Tastaturen spielen sich alle sehr ordentlich, wobei hier das Casio etwas hinter den anderen zurückbleibt. Seine Tasten wackeln ein wenig hin- und her und machen in ihrem glänzenden Plastikoutfit auch optisch keinen besonders edlen Eindruck. Allerdings lässt es sich durchweg gut spielen und auch der Anschlag ist nicht zu leicht.
Die Tastatur des Yamaha ist durchschnittlich gut, der Anschlag auch hier mittelschwer.
Die Tastaturen der Roland-, Korg- und Kawai-Digitalpianos sind von deutlich besserer Qualität.
Die Pianos von Roland und Korg spielen sich relativ leicht und komfortabel und sie fühlen sich edel an. Dynamische Spielweise wird hier präzise umgesetzt und perlende Läufe kommen wie von selbst (na gut, ein kleines bisschen Üben vorausgesetzt). Die einzige Holztastatur findet sich im Kawai, und das erklärt auch den relativ hohen Preis dieses Pianos. Sie ist etwas schwerer zu spielen als die anderen und verlangt dem Pianisten etwas mehr Kraft ab. Zum Üben ist eine solche Tastatur aber sicher die beste Wahl.
Sounds
Alle Kandidaten bieten nicht nur akustische Klaviersounds, sondern auch diverse andere, mehr oder weniger nützliche Klangbeigaben, wobei natürlich das Hauptgewicht auf der möglichst naturgetreuen Wiedergabe von Piano- und Flügelklängen liegt. Eines vorweg: Schade, dass kein einziges Gerät ein authentisches Fender Rhodes Piano reproduzieren kann. Die E-Piano Sounds in den getesteten Instrumenten schwanken zwischen Fantasie-E-Piano, FM-Piano und Fender-Rhodes-Samples, die durch Speicherplatz-Sparmaßnahmen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt worden sind.
Den besten E-Piano-Sound bietet das Roland, das immerhin ein Rhodes-Sample mit vier Dynamikstufen enthält. Das Yamaha bietet ein FM-Piano mit zwei Dynamikstufen und einem krassen Sprung zwischen beiden, dazu ein sehr künstlich klingendes Rhodes. Das Korg hat ein etwas merkwürdig klingendes Drei-Layer-Rhodes und ein wenig einladendes Wurlitzer. Und auch die E-Piano-Sounds des Kawai haben recht wenig mit den Vorbildern zu tun.
Aber zurück zum eigentlichen Thema: Denn zum Glück geht es bei unseren Testkandidaten nicht um E-Pianos oder die anderen Zugaben, die man ihnen mit auf den Weg gegeben hat, sondern ums akustische Klavier. Und das können die Jungs allesamt ganz gut.
Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, und die uralte Frage, welche Digitalpianos denn nun besser klingen, die von Roland oder die von Yamaha, versuche ich einmal so zu beantworten:
Das Yamaha klingt schön klar und brillant und setzt sich super in einer Band durch, während das Roland dumpf und mumpfig klingt. Oder: Das Roland klingt warm, hat schöne tiefe Mitten und Akkorde klingen voll und weich, während das Yamaha schon bei leisem Anschlag schrill ist und mit härterem Spiel immer aufdringlicher wird.
Alles klar? So einfach ist es also nicht, und zuguterletzt entscheidet immer der persönliche Geschmack. Deshalb sollte sich bei diesem Test jeder anhand der Soundbeispiele sein eigenes Bild machen. Auch als Tester kann man seine persönlichen Vorlieben nicht an der Garderobe abgeben, und neben der Beurteilung ganz objektiver technischer oder ausstattungsmäßiger Vor- oder Nachteile eines Instrumentes steht in der Hauptsache natürlich der Klang zur Beurteilung an. Und der wiederum fällt zu einem großen Teil unter die Rubrik Geschmack.
Ein Wort noch zur Bedienung dieser Pianos: Offenbar herrscht bei den Herstellern der neue Trend, immer weniger Knöpfe in die Geräte zu bauen (wohl aus Kostengründen), sodass man bestimmte Funktionen nur noch durch Drücken von Tasten auf der Klaviatur steuern kann. Dies ist zum einen störend, da man sein Spiel unterbrechen muss, um z.B. einen Sound umzuschalten. Zumal diese Funktionen ohne Bedienungsanleitung meist nicht zu finden sind.
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Das Roland RP 201 bringt den erwarteten warmen Sound, entfaltet aber bei etwas härterem Anschlag auch seine Höhen. Was die Ausstattung anbelangt, findet man bei ihm trotz des günstigen Preises keine offensichtlichen Sparzwang-Maßnahmen. Sound, Tastatur, Bedienung und Anschlüsse sind so, wie man es von teureren Instrumenten her kennt und erwartet. Für alle Funktionen sind eigene Bedienelemente vorhanden, sodass es sich auch ohne Blick in die Bedienungsanleitung erschließt.
Der Sound des Yamaha CLP 320 verändert sich je nach Anschlag nicht besonders stark, und schon das Pianissimo klingt eher höhenbetont und hat wenig Fülle, aber für Pop und Rock hat der helle Yamaha-Sound unbestritten seine Vorzüge. Allerdings werden hier die Effekte über besagte Tastaturbefehle gesteuert.
Das Korg LP350 klingt ebenfalls sehr weich und warm. Insgesamt kann es mit seinem gewissen eigenen Charme gefallen. Es überzeugte optisch und klanglich, beansprucht wenig Platz und bietet außerdem bei günstigem Preis eine hervorragende Tastatur. Einzig ein paar Noten sind aufgefallen, die nicht hundertprozentig gestimmt sind, was aber nicht weiter störend ins Gewicht fällt.
Beim Casio Celviano AP220 gibt es einen deutlich hörbaren Sprung zwischen den (nur) zwei Dynamiklayern. Solche Sprünge zwischen einzelnen Layern hört man beim Roland-, dem Korg- und dem Yamaha-Piano nicht. Auch das Kawai CA18 ist frei davon, denn hier scheint es nur einen (!) Layer zu geben, zumindest verändert sich der Sound mit festerem Anschlag kaum, außer dass er lauter wird. Aber trotzdem klingt er schön, und dank der guten Tastatur macht das Spielen auf dem Spaß. Die ist zweifellos die beste im Testfeld und empfiehlt sich auch für ambitionierte Pianisten. Leider vermisst man viele technische Details, und sogar die Metronomgeschwindigkeit muss per Tastaturbefehl eingestellt werden.
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Die 3000-Euro-Klasse
Kommen wir nun zu den Schwergewichten der 3000-Euro-Klasse. Auch hier gilt, wie schon bei den Vorgängern, dass wir uns nach dem durchschnittlichen Ladenpreis und nicht nach der unverbindlichen Herstellervorgabe gerichtet haben.
In den Ring steigen:
Roland HP307 ca. 2800 Euro (UVP 3329 Euro) Yamaha CLP S306 ca. 2900 Euro (UVP 3213 Euro) Kawai CA93 ca. 3000 Euro (UVP 3190 Euro)
Hier gilt im Vergleich zur Billig-Liga: Für mehr Geld gibt es auch mehr. Das zeigt sich schon daran, dass in dieser Kategorie alle mit ordentlichen Anschlüssen ausgestattet sind:
Das Kawai CA93 hat MIDI, USB, Line-In mit Lautstärkepoti und Line-Out (Klinke). Das Yamaha bietet das alles ebenfalls und sogar eine LAN-Buchse, über die man zum Beispiel Übungsstücke aus dem Internet laden kann. Keinen Line-Out gibt es beim Roland HP307, aber Line-In, MIDI und USB.
Im Gegensatz zu den preiswerteren Pianos verfügen alle drei Modelle über ausreichend Bedienelemente, sodass keine Tasten der Klaviatur gedrückt werden müssen, um bestimmte Parameter einzustellen.
Der Preisunterschied spiegelt sich auch bei den Tastaturen wider.
Die Tastatur des Kawai CA93 ist aus Holz und wirklich Spitzenklasse. Sie spielt sich noch etwas schwerer als die des kleinen Bruders. Ebenfalls aus Holz ist die PHAIII Klaviatur des Roland, die auch zur absoluten Spitzenklasse in der Digitalpianoszene gehört. Die Oberfläche ist nicht glatt, sondern aus Elfenbeinimitat mit leichten Einkerbungen, was sich als rutschfest und feuchtigkeitsabsorbierend erweist und schick aussieht. Es ist übrigens dieselbe wie im V-Piano und in den großen Roland Digitalflügeln RG-1 und RG-3. Beim Yamaha ist zwar kein Holz im Spiel, aber auch diese Tastatur spielt sich sehr gut.
Sounds
Das Kawai CA93 bietet 80 Sounds, wobei das E-Piano auch hier wenig überzeugt, aber der Klaviersound ist super und ändert sich stufenlos mit dem Anschlag. Anders als beim kleinen Bruder kann man dabei im Pianissimo schöne warme Mitten herauskitzeln. Es gibt auch Möglichkeiten, den Pianosound dem individuellen Geschmack anzupassen, entweder mit einem Equalizer oder dem „Virtual Technician“, der die Hammerhärte und damit die Brillanz des Klanges ändern kann. Besonderes Schmankerl des CA93 ist ein Resonanzboden aus Holz, der den Klang aus den hochwertigen Lautsprechern sehr schön in alle Richtungen transportiert.
Keinen Resonanzboden, dafür aber noch mehr Einstellmöglichkeiten bietet das Roland HP307. Hier gibt es sehr viele Parameter wie Deckelöffnung, Anteil der Hammergeräusche, Dämpfergeräusche, Saitenresonanzen und einiges mehr. Hier kann sich jeder seinen individuellen Lieblingssound zusammenstellen. Zwar nicht so ausgefuchst wie im V-Piano, aber diese Einstellmöglichkeiten sind wirklich sehr wertvoll. Der Grundsound des Roland ist spitze, mit stufenloser Dynamik von weich und warm bis hin zu hell und klar. Darüber hinaus bietet das HP307 noch 337 andere Sounds im GM2-Standard in guter Qualität. Auch der Fender Rhodes Sound klingt ordentlich, wenn auch nicht wirklich authentisch.
Das Yamaha CLP S 306 bietet selbstverständlich den typischen brillanten Yamaha-Sound, es kann aber auch mellow klingen, wenn man es entsprechend einstellt. Es hat zwar nur drei Velocity-Layer, aber die Übergänge zwischen den Dynamikbereichen sind gut kaschiert und fallen nicht auf. Es gibt außer Klavier eins und zwei noch 12 weitere Sounds, darunter schöne Kirchenorgeln und Cembali und ein Vier-Layer-Rhodes-Sample, das recht brauchbar ist.
Je höher der Preis und je besser die Ausstattung, desto schwerer fällt die Entscheidung über den zukünftigen Mitbewohner und desto eher entscheiden Details und Nuancen über die Anschaffung. Deshalb sollte in dieser Kategorie vor allem anhand der Audiofiles, aber auch einiger anderer Faktoren jeder selbst beurteilen, welchen der drei Kandidaten er auf sein ganz persönliches Siegertreppchen heben möchte.
Alle drei überzeugen im Gegensatz zu den günstigeren Geschwistern durch gehobene Ausstattung, die von Instrument zu Instrument variiert und je nach Verwendungszweck mehr oder weniger sinnvoll erscheint. So mag ein LAN-Anschluss, wie ihn das Yamaha aufweisen kann, für den interessant sein, der sich vorwiegend im Internet orientiert, für alle anderen sollten MIDI- und USB-Optionen ausreichen.
Und auch wenn der Klang der drei sich zum Teil deutlich unterscheidet und wohl als wichtigster Faktor in die Entscheidung einfließt, sollte ein ganz wichtiges weiteres Element nicht vernachlässigt werden: die Tastatur. Hier punkten alle drei Instrumente deutlich gegenüber der preiswerteren Klasse, aber auch die Unterschiede zwischen ihnen sind nicht unerheblich. Hier heißt es sorgsam abwägen, denn auf Dauer bestimmt die richtige Tastaturwahl auch den Spaßfaktor. Ist für den einen die etwas schwerere Klaviatur des Kawai CA93 gerade richtig, bevorzugt der andere vielleicht die leichtgängigere Kunststoffvariante des Yamaha CLP S 306 oder die ebenfalls sehr gute des Roland HP 307 aus Holz. Denn was nützt der beste Klaviersound, wenn die Lust aufs Spielen ganz schnell verfliegt, weil man mit den Tasten nicht zurechtkommt.
Wer sein neues Digitalpiano also nicht nur als zusätzliches attraktives Möbelstück in sein Wohnzimmer stellen möchte, für den gilt immer noch die alte Weisheit: Drum prüfe, wer sich ewig bindet …
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