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Waldorf vcf1 Test

Praxis

Am besten verfolgen wir den Signalweg von vorn und beschreiben die Möglichkeiten dabei. Im vcf1 stehen zwei Audioeingänge mit eigenen Eingangsreglern zur Verfügung. Der Eingangsregler fungiert dabei nicht nur als “Abschwächer”, sondern kann das Signal auch bis zu 15 db nach oben verstärken und in die Verzerrung treiben. Danach kann das Signal im Distortionbereich geclippt werden. Die Distortion reagiert dabei allerdings nur auf das Signal von Input 1 und bietet einen eigenen Regler sowie einen eigenen Ausgang. Der Ausgang gibt allerdings nur das durch den Eingangspegel verzerrte Signal ohne Filterung aus.
Nun stellt sich die Frage:  Wieso hat das Modul überhaupt zwei Eingänge? Die Antwort auf diese Frage ist: Auch ein Minimoog besitzt einen Mixer vor dem Filter, der das Signal schon vor dem Filter sättigt. Gerade dieser Aufbau bietet flexible Möglichkeiten für Feedbacks. Hier wird das Signal, das schon einmal durch den Filter, danach durch einen Verstärker geroutet wurde, einfach wieder in den zweiten Eingang eingeschleift. Plötzlich steht ein ungeheuer “heißer” Sound zur Hand, der mit dem einer E-Gitarre mithalten kann. Dieser vom Minimoog bekannte Trick wird übrigens heute beim Sub37 schon von vorne herein mit bedacht und auch den aktuellen Korg Odysseys, liegt für diesen Zweck ein Kabel bei. Es ist also auf jeden Fall etwas, was man unbedingt ausprobieren sollte.
Nachdem alleine eingangsseitig viel geboten wird, folgt im Anschluss das 12db Filter mit seinen separaten Ausgängen für Lowpass, Highpass und Bandpass. Alle drei Filtervarianten sind resonanzfähig bis hin zur Eigenresonanz. Die setzt übrigens schon sehr früh ein. Kaum steht der Regler auf “halb zwei”, beginnt sie zu agieren, und der Frequenzbereich der Eigenresonanz ist ausgesprochen groß. 
Die beiden CV-Eingänge sind nicht nur jeweils separat regelbar, sondern bieten auch mehr als nur eine Verdoppelung des ersten Eingangs. Beide CV- Eingänge verfügen nämlich auch über eine unterschiedliche Empfindlichkeit und so reagiert der erste Eingang auch tatsächlich sehr empfindlich. Zum Testen der Möglichkeiten verwende ich gerne ein Modul eines kleinen holländischen Herstellers, welches aus drei Metallfedern und einem Piezomikrofon besteht. Dieses Modul kann man als Klangerzeuger verwenden, indem man die Metallfedern anzupft und dadurch eine bipolar ausschwingende Kontrollspannung erhält. Mit dieser Kontrollspannung kann man dann z. B. die Tonhöhe von Oszillatoren „federn“ lassen. Die meisten Module reagieren dabei nur auf die ersten zwei Sekunden der ausschwingenden Feder. Das vcf1 zeigt hier eine Reaktion, die bis zu fünf Sekunden lang andauert, was natürlich für erheblich mehr Spaß sorgt.

Fotostrecke: 5 Bilder Sicht auf den vcf1 von oben, schräg links.
Eine weitere Besonderheit der CV-Eingänge betrifft die Regelung der beiden CV-Eingänge: Der erste Eingang bietet ein Potentiometer, das von Minimum bis Maximum reicht. Beim zweiten Eingang dagegen, hat man die Wahl, ob das Signal entweder positiv oder negativ interpretiert werden soll. Das ist dann sinnvoll, wenn man beispielsweise nur eine positive Hüllkurve zur Hand hat, das Filter aber mit einer Negativen ansteuern möchte. Abgesehen davon, verarbeiten beide Eingänge natürlich auch negative Signale.
Die Stärke der Resonanz wird durch das Resonanzpotentiometer bestimmt, deren Umfang von Waldorf wirklich sehr großzügig bemessen wurde. Neben dem Resonanzpotentiometer ist auch hier ein regelbarer Steuereingang vorhanden. Leider gibt es hier eine Einschränkung: Eingangssignal und Resonanz können nicht separat voneinander geregelt. Das hat zur Folge, dass das Resonanzpotentiometer die Resonanz selbst, ohne anliegendes Signal steuert, bei anliegendem Signal aber nur noch zur Steuerung des Eingangssignals verwendet werden kann.
Nachdem das Eingangssignal jetzt schon zwei Mal verzerrt und danach gefiltert wurde, bietet das vcf1 Filtermodul schließlich noch einen weiteren, fünften Ausgang, der einem bereits gefilterten Signal erneut hohe Frequenzen hinzufügen kann.
Hier sprechen wir von der Overdrive-Stufe, die dem Filter nachgeschaltet ist. Wie erwähnt, gibt es ohnehin schon drei separate Ausgänge für Lowpass, Highpass und Bandpass, jetzt kann man jedoch noch einen weiteren Ausgang mit Overdrive hinzu schalten. Auch das Overdrive hat sein eigenes Potentiometer, was das vcf1 auf die stattliche Anzahl von insgesamt fünf Eingängen, fünf Ausgängen, acht Potentiometern und einem Kippschalter bringt.
Klanglich dürfte inzwischen klar sein, dass ein Filtermodul, das von vorne herein drei Verzerrerstufen bietet, seine Berufung weniger in bauchig-warmen Klängen sucht. Die “drahtigen” Sounds sind seine Domäne.
Trotz seiner “nur” 12 db liefert das vcf1 hier richtig Potenzial. Bei Klängen mit viel Bass, wenig Mitten und einigen definierten Höhen, kann man mit dem Bandpassfilter bis zu sechs völlig unterschiedliche Klangqualitäten heraus kitzeln. Tiefpass- und Hochpassfilter arbeiten zunächst mal so, wie sie sollen. Durch die sehr schnell einsetzende Eigenresonanz des Filters sind “Obertonfahrten” eher von der anderen Sorte, als bei auf Wohlklang setzenden Filtern. Aber das ist in diesem Fall auch nicht so Ausschlag gebend. Im Gegensatz zu den vielen „von Moog inspirierten“ Filtern, bietet Waldorf hier einen drahtigen, zupackenden und – sofern man die Verzerrungen verwendet – ungemein Klang verfremdenden Filter, der in der Lage ist, aus jedem Audiomaterial etwas ganz anderes zu zaubern. Dabei muss man natürlich aufpassen, die Signalanteile der drei gebotenen Verzerrer dosiert einzusetzen, denn sonst wird es klanglich undefiniert.
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Buck Rogers sagt:

#1 - 14.08.2021 um 08:55 Uhr

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Zitat: "welches aus drei Metallfedern und einem Piezomikrofon besteht..."Bitte etwas präziser wenn es geht. :) Über welchen Hersteller und über welches Modul/Gerät schreibst du hier so geheimnisvoll? Um Aufklärung wird gebeten. Danke!

    Profilbild von sebber

    sebber sagt:

    #1.1 - 17.08.2021 um 07:33 Uhr

    0

    Buck, das ist dieses Teil hier: https://www.modulargrid.net.... Bei Error Instruments im Suchfeld nach "spring" suchen, nicht nach "Kalimba" (die gibt's auch, ist aber was anderes).

    Antwort auf #1 von Buck Rogers

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