Pioneer DJ rekordbox 6 Test

Pioneer hat die DJ-Booth mit rekordbox erobert. Seit der Veröffentlichung der kostenlosen Vorbereitungssoftware und der Kompatibilität mit dem CDJ-2000 Nexus-Player war es DJs möglich, ohne eigene Abspielgeräte DJ-Sets vorzubereiten, auf einem USB-Stick zu speichern und anschließend in einem Club professionell zu spielen, wo laut Tech-Rider die teure Pioneer-Hardware stehen musste. Es war der Moment, wo nach langen Jahren der DJ-Booth-Konfusion wieder ein Standard Einzug hielt. Einfach, weil es funktionierte.

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Pioneer rollte nach und nach Features und Hardware aus, die rekordbox auch als DJ-Software in die Nähe von Native Instruments Traktor rückte. Nun läutet der Hersteller mit rekordbox 6 eine neue Zeitenwende ein: Cloud-Sync mit Dropbox, Streaming von Beatport Link und Soundcloud Go+, Integration von Inflyte Promos, eine passgenau dazugefügte iOS-App und viele kleine Verbesserungen. Aber: Jetzt kosten die coolen Extras Geld – jeden Monat.
Was bedeutet das für den Workflow, den Tausende DJs rund um die Welt Wochenende für Wochenende gewohnt waren?

Details

Bislang war rekordbox eine entweder kostenlose Vorbereitungssoftware für den Einsatz mit kompatiblen CDJs oder als kostenpflichtige Variante rekordbox dj eine Software, die den Platzhirschen Traktor und Serato fast ebenbürtig wurde. Nun wird vieles anders, denn ab Version 6 ist rekordbox eine Abonnement-Software, für die es drei Pläne gibt:
„Free“ kostet nichts und macht auch in etwa das, was man schon von der bisherigen kostenlosen Preparation-Software gewohnt war und mehr.
„Core“ bietet einige Features zum Auflegen mit rekordbox als DJ-Software.
„Creative“ ist die große Abo-Variante und lockt mit revolutionären Funktionen wie Cloud-Synchronisation, Unterstützung von vier Geräten inklusive Cloud-Sync mit der neuen kostenlosen rekordbox iOS App, Integration von Streaming-Diensten (derzeit Soundcloud Go+ und Beatport Link) sowie von Promo-Pools (derzeit nur Inflyte).
Wichtig: Obwohl Rekordbox 6 auf den ersten Blick wie der Vorgänger rekordbox 5 aussieht, ist es eine neue Software. Eine bereits installierte Version 5 wird nicht überschrieben und kann auch nach wie vor genutzt werden. Beide Apps können auf dem gleichen Computer installiert, aber nicht gleichzeitig geöffnet sein.

rekordbox 6 im gewohnten Look: Export Mode-Wellenform im Dark Mode
rekordbox 6 im gewohnten Look: Export Mode-Wellenform im Dark Mode

Neuer Look: Light-Mode und die Dreiband-Wellenform

Ein paar optische Änderungen gibt es allerdings schon. Die augenscheinlichste ist antizyklisch: Gerade haben wir uns alle an den Dark-Mode auf unseren Handys gewöhnt, da kommt Pioneer mit dem Light-Mode. Aber es macht ja Sinn. So schön eine dunkle Oberfläche im Club ist, wenn wir Musik auf dem Sonnendeck ordnen oder mit dem Laptop auf einem Daytime-Event spielen, ist ein heller Desktop sehr viel besser lesbar.
In den Präferenzen wird zwischen beiden Modi umgeschaltet. Mittlerweile habe ich mich an den klinisch-kalten Light-Mode gewöhnt, würde mir aber eine nutzerdefinierbare Zwischenlösung wünschen. Oder verschiedene wählbare Skins à la Ableton Live …

rekordbox 6 im neuen Look: Export Mode mit der neuen Dreibandwellenform im neuen Light-Mode
rekordbox 6 im neuen Look: Export Mode mit der neuen Dreibandwellenform im neuen Light-Mode

Auch die neue Dreiband-Wellenform wird in den Einstellungen angewählt und visualisiert die Frequenzen der Audiodatei. Die Bässe sind blau, die Mitten orangefarben und die Höhen strahlen in Weiß. Ich finde diese Art der Darstellung gut, schlüssig und auch für die Konkurrenz nacheifernswert. Nach wie vor stehen aber für Traditionalisten auch die Darstellungen „blau“ und „RGB“ aus den früheren rekordbox-Versionen optional zur Verfügung. Die Dreibandwellenform wird noch nicht auf den aktuellen Playern dargestellt. Auf zukünftigen dann aber schon.

Das Austesten von Mixes über zwei Decks ist auch im Export-Mode nach wie vor möglich
Das Austesten von Mixes über zwei Decks ist auch im Export-Mode nach wie vor möglich

Auto Relocate

In den erweiterten Einstellungen findet sich diese weitere wichtige Neuigkeit. Wer hat nicht schon mal versehentlich einen Album- oder Folder-Namen verändert und das entsprechende Stück danach nicht mehr in der DJ-Software gefunden? Mit Auto-Relocate-Files können alle Files automatisch gesucht werden.

Auto Relocate Tracks ist ein neue Funktion in rekordbox 6 und heißt auf Deutsch schlicht „Fehlende Tracks verwalten“
Auto Relocate Tracks ist ein neue Funktion in rekordbox 6 und heißt auf Deutsch schlicht „Fehlende Tracks verwalten“

Performance-Mode

Im Performance-Mode werden bis zu vier Decks in der Software angezeigt, die mit qualifizierter Hardware auch im Free-Abo als vollwertige DJ-Software bedient werden können. Auch ohne Lizenz oder Unlock-Hardware ist Performance-Mode jetzt frei nutzbar. Wird rekordbox mit externer Soundkarte betrieben, stehen manche Mischpultfeatures wie EQ und Crossfader nicht auf der GUI zur Verfügung und werden grau dargestellt. Merkwürdigerweise ist ein kleiner Plastik-Controller wie der WeGO4 qualifiziert, die Industry-Standard-Player und -Mixer wie CDJ-2000NXS2, DJM-900NXS und DJM-S9 aber nicht.
Für HID-fähige Player benötigt DJ das kostenpflichtige Core-Abo. Für Performance-Effekte wie den Sampler, den Sequencer oder die RMX-Effekte ist sogar das teurere Creative-Abo notwendig.
Das braucht man auch für den Zugriff auf die beiden Streaming-Dienste Soundcloud Go+ und Beatport Link. Wer die noch nicht hat, bekommt bei beiden ein kostenloses 30-tägiges Testabo angeboten. Das lohnt sich aber tatsächlich nur für DJs, die rekordbox als DJ-Software im Performance-Mode nutzen, denn die Soundcloud Go+- und Beatport Link-Tracks lassen sich zwar in den Performance-Playlisten integrieren, aber nicht auf einen USB-Stick exportieren.

Performance-Mode ist auch in der Free-Version von rekordbox eingeschränkt verfügbar, ergibt aber zur Playlisten-Vorbereitung weniger Sinn als zwei Decks im Export-Mode
Performance-Mode ist auch in der Free-Version von rekordbox eingeschränkt verfügbar, ergibt aber zur Playlisten-Vorbereitung weniger Sinn als zwei Decks im Export-Mode

Ableton Link

Frei dagegen ist ein weiteres kleines neues Feature mit großer Wirkung: Synchronisation mit dem Ableton Link-Protokoll. Pioneer bessert nach, was NI Traktor schon hat und das funktioniert natürlich nur Software-seitig. Aber wer weiß, vielleicht kommt ja auch demnächst ein Hardware-Player mit Ableton Link. Und das wäre dann ein echter Knüller.

Endlich gibt es auch Ableton Link in rekordbox, auch in der kostenlosen Version
Endlich gibt es auch Ableton Link in rekordbox, auch in der kostenlosen Version

Promo-Pool

Anders als die Streaming-Dienste stehen Tracks aus einem Promo-Pool sofort zum Download und damit auch zum Mitnehmen per USB-Stick zur Verfügung. Inflyte ist bisher der einzige rekordbox Partner, aber auch einer der renommiertesten Pools. Diese Services kosten auch kein Geld, allerdings muss man auf der Promoliste von Musiklabels sein, die ihre Neuveröffentlichungen über Inflyte an DJs verschicken. Gut hingegen: Der Zugriff auf Inflyte-Promos funktioniert auch aus dem Free-Plan.

Ein Superfeature von rekordbox 6 ist die gelungene Integration des beliebten Promo-Pools Inflyte. Ob weitere folgen werden?
Ein Superfeature von rekordbox 6 ist die gelungene Integration des beliebten Promo-Pools Inflyte. Ob weitere folgen werden?

Lighting Mode und Lyrics

Der Lighting-Mode ist die dritte Seite neben Export-Mode und Performance-Mode für DMX-Lichtsteuerung direkt aus der DJ-Software in Verbindung mit der Pioneer RB-DMX1-Hardware.
Auch diese ist im Free-Plan verfügbar, allerdings eingeschränkt und mit Wasserzeichen versehen. Die beim RB-DMX1 mitgelieferte rekordbox DJ-Lizenz ist für rb6 leider nicht mehr gültig.
Die Texte eines Liedes können im Performance-Mode angezeigt werden, wenn diese verfügbar sind. Dazu muss rb6 zuvor erst mal einige Fonts herunterladen und das kann dauern. Ebenfalls tauchte bei mir während der Analyse der Tracks sehr häufig die Fehlermeldung „Abruf der Lyrics fehlgeschlagen“ auf. Die Lyric-Funktion kann man aber in den Einstellungen abschalten.

Im „Lighting-Modus“ fungiert rekordbox 6 als VJ-Software mit DMX-Steuerung
Im „Lighting-Modus“ fungiert rekordbox 6 als VJ-Software mit DMX-Steuerung

Cloud-Synchronisierung und Dropbox

Das eigentliche revolutionäre Hauptfeature von rekordbox 6 ist allerdings die Cloud-Synchronisierungsfunktion via Dropbox. Alle Tracks mit allen Metadaten auf allen Geräten können in die Cloud verlagert und von dort von einem anderen Gerät wie z. B. dem neuen rekordbox iOS3 abgerufen und bearbeitet werden.
Cloud Sync funktioniert nur mit dem Creative-Plan und zurzeit nur mit Dropbox. Die Tracks werden in einem eigenen Dropbox-Folder abgelegt, die Metadaten auf einem Pioneer-Server und DJ hat von bis zu vier Geräten Zugriff darauf. Allerdings reichen die kostenlosen 2 GB bei Dropbox kaum für eine rekordbox Sammlung aus und so wird man wohl oder übel auch einen Abo-Plan bei Dropbox erwerben müssen, wenn man dieses Feature richtig nutzen will.

Für den Cloud-Sync wandern die Musicfiles in die eigene Dropbox, wo eine Folder-Struktur aufgebaut wird, die am Ende wohl nur rekordbox selbst durchschaut
Für den Cloud-Sync wandern die Musicfiles in die eigene Dropbox, wo eine Folder-Struktur aufgebaut wird, die am Ende wohl nur rekordbox selbst durchschaut

iOS Mobile-Sync

Die rekordbox iOS App wurde auf Version 3 upgedatet und spielt jetzt endlich auch einen wichtigen Part im rekordbox Biotop. Denn das Cloud-Sync-Feature bindet auch die iPhone App mehr denn je in den Workflow ein. Titel können nun unterwegs auf dem iPhone bearbeitet, mit Markern versehen und in Playlisten organisiert werden, die dann wieder in rekordbox 6 zur Verfügung stehen. Auch direktes Abspielen von rekordbox iOS3 auf einem CDJ ist möglich. iPhone Nutzer sind hier vorne, denn leider gibt es derzeit noch keine Android App.

rekordbox iOS3 Impressionen: links zwei Decks zum Ausprobieren von Mixes, in der Mitte das gleiche Szenario, aber mit nur einem Startbutton für beide Tracks, rechts dann die Hotcue-Seite
rekordbox iOS3 Impressionen: links zwei Decks zum Ausprobieren von Mixes, in der Mitte das gleiche Szenario, aber mit nur einem Startbutton für beide Tracks, rechts dann die Hotcue-Seite

Was kostet das?

Die guten Nachrichten zuerst: Das Vorbereiten von USB-Sticks via Playlists ist nach wie vor kostenlos. Alles andere kostet Geld. Es gibt drei Modelle mit unterschiedlichen Leistungsmerkmalen:

Free

Ohne Abo ist umsonst und macht alles, was man vom kostenlosen rekordbox 5 auch gewohnt war: DJ-Sets mit Playlisten, Cue-Points und Loops vorbereiten und per Export-Modus auf den USB-Stick synchronisieren. Die Library-Synchronisation mit dem iPhone funktioniert auch ohne Abo, allerdings dann nicht via Cloud, sondern nur, wenn beide Geräte im selben WLAN-Netzwerk sind.
Der Performance-Modus ist ebenso nutzbar, aber nur mit dem Laptop selbst. Tiefergehende Performance-Mode-Features wie die EQs sind grau gefärbt und sind im Free-Modus nur mit qualifizierter Pioneer-Hardware nutzbar. Dazu zählen derzeit der brandneue DJM-V10, die Controller DDJ-1000/800/400/200, DDJ-RZX/RZ/RX/RR/RB/WeGO4, DDJ-XP1/XP2, XDJ-XZ/RX2/RR und die Mixer DJM-750MK2/450/250MK2 sowie das INTERFACE 2.
Alle diese Geräte dienen als Unlock-Dongles für den erweiterten Performance-Modus in „Free“. Wer sowieso eines der oben genannten Pioneer-Geräte besitzt oder mit der Anschaffung liebäugelt, kann sich also „Core“ schlichtweg sparen und die entsprechenden Funktionen mit der Hardware „unlocken“. Noch nicht enthalten sind allerdings die RMX-Effekte, der Sampler und der Sequencer.

Core

Interessanterweise sind die größeren Mixer, CDJs und XDJs in der Liste qualifizierter Hardware nicht enthalten. Wer rekordbox mit HID-fähigen Playern wie dem CDJ-2000 Nexus nutzt, benötigt „Core“. Dieses „kleine Abo“ kostet 9,99 Euro pro Monat und macht die oben genannten Performance-Funktionen auch für HID- und DVS-Steuerung verfügbar. Core unterstützt zwei Geräte, sodass man beispielsweise zwei Computer mit rekordbox 6 bestücken kann und von beiden aus Zugriff zur selben Library hat. Werden Cue-Punkte gesetzt, Beatgrids verändert oder Playlisten auf dem einen Gerät erstellt, werden diese automatisch auf den anderen ebenfalls geändert – wenn beide Gerät Internetzugang haben.

Creative

Das „große Abo“ kostet 14,99 Euro pro Monat und bietet als einzige Variante alle coolen neuen Features. Zusätzlich zu den „Core“-Features sind das: Cloud Library Sync, Lyrics, Videofunktion, Sequencer und RMX-Effekte und Unterstützung für bis zu vier Geräte.
Für Core und Creative gibt es bis zum 13. Juli vergünstigte Konditionen: Core für 6,99 Euro pro Monat und Creative für 9,99 Euro. Anders als bei manchen Telefonverträgen gilt der reduzierte Preis nicht nur für eine bestimmte Zeit, sondern solange, bis das Abo gekündigt wird. Für beide Angebote gibt es eine 30-tägige kostenlose Probezeit.

Die Bezahlpläne von rekordbox 6 im Überblick.
Die Bezahlpläne von rekordbox 6 im Überblick.

Systemvoraussetzungen

Rekordbox 6 erwartet mindestens Windows 10, 8.1, 7 (64 Bit, neuestes Service Pack) oder macOS ab 10.13 High Sierra in der aktuellen Version. Ich habe rb6 auf meinem DJ-MacBook Pro mit macOS 10.12 Sierra zum Laufen gebracht, wenn auch nicht optimal.

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