Die Werkstätten des verrückten Professors befinden sich in Finnland, einem Fleckchen Erde, in dem die Winter noch dunkler und kälter sind als bei uns. Zum Ausgleich geht im Sommer die Sonne nicht unter und die Biergärten können rund um die Uhr geöffnet bleiben. Apropos Bier: Alkoholische Getränke sind dort zu jeder Jahreszeit ein gutes Stück teuerer als bei uns, was wiederum durch höhere Löhne ausgeglichen wird. Und schon sind wir beim Thema: Da die Firma Mad Professor ihre Pedale in Finnland herstellt, treffen natürlich auch alle diese Bedingungen auf sie zu und das mag ein Grund sein, warum die – offen gesagt – wahnsinnig guten Bodentreter so teuer sind. Oder es ist ganz einfach so, wie es der Kölner schon immer gewusst hat: „Wat nix kost, is nix.“
Qualität hat nun mal ihren Preis. Und dass der Sweet Honey Overdrive qualitativ einiges zu bieten hat, das kann ich euch getrost schon vorab versichern.
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Details
Aufbau und Konzept Alle Pedale von Mad Professor befinden sich in einem Gehäuse mit MXR-Maßen. Sie sind also sehr klein und nehmen auf dem Pedalboard nicht viel Platz ein. Dort spielt nämlich die Größe von Bodentretern eine wichtige Rolle, und mit großen Pedalen stößt man sehr schnell an seine Grenzen. Hier gibt’s also Entwarnung, kleiner geht’s kaum noch und drei Regler reichen auch. Im Grunde genommen kennt jeder Gitarrist den typischen Aufbau eines klassischen Verzerrerpedals. Der Drive-Regler steuert den Verzerrungsgrad. Mit ihm stößt man jedoch nur in gemäßigte Zonen vor und gestandene Metallarbeiter werden hier nur milde lächeln. Der Volume-Regler steuert die Ausgangslautstärke, und mit ihm kann man den Eingang des Gitarrenverstärkers bei Bedarf weiter kitzeln, um der Pedal- auch noch Ampzerre hinzuzufügen. Ein drittes Poti ist für die Klangregelung zuständig. Wer also mit einem Tube Screamer klarkommt, wird auch mit dem Sweet Honey Drive keine Probleme haben.
Ein Unterschied zu den meisten Verzerrern ist jedoch der Klangregler, der hier auf den Namen Focus hört. Er steuert nicht nur den Obertonbereich des Pedals, sondern auch dessen gesamtes dynamische Verhalten. Selbst in der Vollgasstellung des Focusreglers werden die Bässe nicht herausgefiltert, sondern nur obere Mitten zugefügt. Die Ein- und Ausgänge befinden sich seitlich, ebenso wie der Anschluss für das handelsübliche 9-Volt-Netzteil.
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Praxis
Die Stärken des Pedals liegen nicht bei fetten, singenden LA-Solosound, sondern in einem rundum gelungenen Overdrivesegment, das irgendwo zwischen AC/DC und Van Halen angesiedelt ist. Der erreichbare Zerrgrad ist also, im Vergleich zu modernen Über-Metalsounds nicht besonders hoch, lässt den Ton aber immer noch wunderbar singen. Mir kam sofort der gute alte JCM 800 in den Sinn, einer der besten Rockverstärker, die ich kenne. Auch hier ist die maximale Verzerrung nicht allzu hoch, aber sehr geerdet und fett. Ein Schönmacher ist unser Pedal allerdings nicht und man muss schon wissen, wie . Dreht man den Drive-Regler des Sweet Honey Overdrive komplett zurück, ist man in etwa auf demselben Niveau wie beim ausgeschalteten Pedal, wobei der Bassbereich nicht beschnitten wird.
Erwähnenswert ist hier übrigens, dass man es mit einer True Bypass-Schaltung zu tun hat. Wird das Pedal ausgeschaltet, bleibt der Sound absolut unbeeinflusst. Ab der 9-Uhr-Stellung erhält man einen schimmernden Cleanton, der seinesgleichen sucht. Der Ton wird leicht verdickt ohne einen bröseligen Unterton, den man ja von digitalen Möchtegern-AC 30-Kopien her kennt. Hier ist alles sehr homogen abgestimmt. Ebenfalls erstklassig reagiert das Pedal auf das Zurückdrehen des Lautstärkepotis der Gitarre bei voll aufgedrehtem Gainregler. Dieser Bodentreter ist ein wahres Blueswunder und mag sowohl Humbucker als auch Singlecoils. Der Sound ist sehr klar definiert und saftig und verfügt gleichzeitig über den nötigen Punch. Er klingt bereits in sich schlüssig, auch am cleanen Amp. Áuf der anderen Seite schadet ein gesättigter Röhrenamp nicht, sondern geht mit dem Sweet Honey Overdrive eine angenehme Symbiose ein. Bei meinem Test habe ich einen alten JMP 100 Watt Marshall benutzt. Dieser Amp hat kein Mastervolumen. Er zerrt nur widerwillig und unter Gewaltandrohung. Trotzdem hatte ich im Zusammenspiel mit dem Sweet Honey Overdrive ein wirklich authentisches Klangergebnis, das ich dem kleinen Treter erst einmal nicht zugetraut hätte. Für leichte Anrauung des Sounds oder eine Mediumzerre gibt es nicht viele Pedale, die hier mithalten können.
Und jetzt – quasi als Beweis für die hier gemachten Aussagen – vier extrem “süße” Audios:
Audio
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Gain 10 UhrMax. GainLeadwork Max. GainDynamik
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Der Sweet Honey Overdrive ist ein extrem anschlagsdynamisches Pedal. Der Verzerrungsgrad kann sehr gut durch die Anschlagsstärke und Ausgangsleistung des Pickups beeinflusst werden. Schlägt man hart an, zerrt es stärker und umgekehrt. Diese Eigenschaft haben nicht viele Bodentreter, die im Vergleich hierzu oft sehr komprimiert und klein klingen. Der Tonregler, der bei den meisten Pedalen nur halbherzig funktioniert, wurde hier komplett überarbeitet. Hier heißt er nun „Focus“ und kontrolliert sowohl den Obertonbereich als auch den Verzerrungsgrad, die Anschlagsdynamik und die generelle EQ-Einstellung. Der Sound wird beim Zurückdrehen also nicht muffig oder beim Aufdrehen harsch und schrill, er ist in jeder Einstellung brauchbar. Alle Produkte, die ich von Mad Professor bisher getestet habe, sind zwar nicht gerade „billig“, aber klanglich absolute Oberliga. Das ist auch beim Sweet Honey Overdrive nicht anders. Ein unbedingtes „Antest-Muss“ für Blueser und Rocker, die einen guten Ton zu schätzen wissen.
Das Teil gefällt mir auch sehr gut (abgesehen vom Preis). Die Dynamik ist für einen Diodenclipper wirklich sehr gut. Etwas mehr Gain hab ich bei einem Nachbau probiert. Sehr viel mehr ist nicht drin, denn da das Pedal ja viel mehr Bassanteil erhält, als zB ein TS808, matscht es dann schnell. Ich hab zusätzlich noch einen Voice-Regler eingebaut, wie beim Zendrive, das erhöht die Vielseitigkeit sehr deutlich. Bauteilkosten (bei gleicher Qualität wie das Original) übrigens bei etwa 20€ (für Großserienhersteller viel weniger...), maximal 2 Stunden Bauzeit. Da rechne jeder selbst nach, wie man auf 279€ kommt.
@ LinensuppeEntwicklung kostet auch Geld, und bis jetzt sind Overdrives mit sehr schnellem und dynamischen Attack eher selten bis kaum findbar. Die haben was besseres entwickelt, nahezu sonst macht es keiner, also kann die Preisschraube höher. So funktioniert das. Das die Teile allein günstig sind, weiß glaube ich jeder, der sich so ein Teil holt... Man weiß was man bekommt, entweder man bezahlt es oder man lässt es sein.
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Linsenpuppe sagt:
#1 - 13.10.2011 um 15:08 Uhr
Das Teil gefällt mir auch sehr gut (abgesehen vom Preis). Die Dynamik ist für einen Diodenclipper wirklich sehr gut. Etwas mehr Gain hab ich bei einem Nachbau probiert. Sehr viel mehr ist nicht drin, denn da das Pedal ja viel mehr Bassanteil erhält, als zB ein TS808, matscht es dann schnell. Ich hab zusätzlich noch einen Voice-Regler eingebaut, wie beim Zendrive, das erhöht die Vielseitigkeit sehr deutlich. Bauteilkosten (bei gleicher Qualität wie das Original) übrigens bei etwa 20€ (für Großserienhersteller viel weniger...), maximal 2 Stunden Bauzeit. Da rechne jeder selbst nach, wie man auf 279€ kommt.
Geeetarman sagt:
#2 - 25.05.2013 um 23:31 Uhr
@ LinensuppeEntwicklung kostet auch Geld, und bis jetzt sind Overdrives mit sehr schnellem und dynamischen Attack eher selten bis kaum findbar. Die haben was besseres entwickelt, nahezu sonst macht es keiner, also kann die Preisschraube höher. So funktioniert das. Das die Teile allein günstig sind, weiß glaube ich jeder, der sich so ein Teil holt... Man weiß was man bekommt, entweder man bezahlt es oder man lässt es sein.