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Kurzweil Forte SE Test

Mit dem Forte SE Stagepiano präsentiert Kurzweil den aktuell kleinsten Vertreter der Forte-Reihe. Wie das größere Forte möchte das Forte SE mit einer ausgewachsenen gewichteten Tastatur und einer breiten Palette von Sounds punkten. In der Preisklasse um 2400 Euro konkurriert das Forte SE mit etablierten Größen wie dem Nord Electro 5HP, dem Kawai MP11 oder dem Roland RD-800. Es stellt sich die Frage, ob Kurzweils Neuling in diesem dicht besiedelten und hochwertig besetzten Marktsegment wohl ein Ausrufezeichen setzen kann.

Das Kurzweil Forte SE Stagepiano ist der kleine Bruder des Forte.
Das Kurzweil Forte SE kann die Erwartungen an ein 2500-Euro-Stagepiano nicht erfüllen.


Die Firma Kurzweil hat zweifellos einen klingenden Namen, was unter anderem daher rühren mag, dass kein geringerer als Stevie Wonder einer ihrer Gründungsväter ist. Die Verdienste des Herstellers um die Sampling-Technik sind unbestritten, liegen nun aber auch schon eine ganze Weile zurück. In meiner persönlichen Wahrnehmung – die natürlich keinen Anspruch auf statistische Richtigkeit erhebt – gab es immer jene, die auf Kurzweil geschworen haben, jedoch waren sie zumindest hier in Europa stets klar in der Minderheit gegenüber denen, die, zumindest vor dem großen Siegeszug von Clavia, den Instrumenten von Roland und Yamaha den Vorzug gaben. Aber ich weiß noch, dass ich immer mal wieder neugierig wurde darauf, was an diesem Kurzweil-Sound so besonders sei.

Details

Konzept

Mit dem Forte SE bietet Kurzweil ein Instrument an, das dem Äußeren nach, nicht zuletzt durch seine gewichtete 88er-Tastatur, vor allem als Stagepiano konzipiert ist, sich aber wie viele der Konkurrenten allgemeingültiger versteht und so etwas wie den Platz des Arbeitspferdes auf der Bühne einnehmen möchte. Denn es liefert alle, wie man so schön sagt, Brot-und-Butter-Sounds: akustische Pianos, E-Pianos, Orgeln, Leads, Pads, Strings, Blasinstrumente, Drumsounds. Fast schon möchte man es als Workstation bezeichnen, denn mit dem neuesten System-Update (das leider noch nicht recht dokumentiert ist) erweitert Kurzweil die Fähigkeiten des Forte SE sogar um einen 16-Spur-MIDI-Sequenzer. Wenn man sich das Forte SE anschaut und ein paar der mehr oder minder peppigen Texte auf der Kurzweil-Seite gelesen hat, muss man sich beim Erkunden dieses Instrumentes auf nur wenige Überraschungen gefasst machen. Das vielleicht Frischeste und Erstaunlichste finde ich eigentlich das Äußere des Forte SE, welches mit seinen metallroten (oder rosa?), schmalen Seitenteilen und der kühn im Seitenprofil überstehenden Tastatur ganz flott daherkommt. Der Rest des Designs kratzt dann zugegebenermaßen hart an der Grenze zu einem biederen 80er-Jahre-Chic entlang, weiß aber doch irgendwie zu gefallen.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Kurzweil Forte SE ist ein Stagepiano, das die gesamte Soundpalette abdeckt.

Struktur und Bedienoberfläche

Bei der Funktionalität bleiben hingegen die Momente rar, die einem ein Uh oder Ah entlocken könnten. Wie zu erwarten, lässt sich das Forte in einem Modus für einzelne Programme und einem Multi-Mode betreiben. Für beide Spezies stehen reichlich Speicherplätze zur Verfügung, nicht weniger als jeweils 2048, wobei sich diese hälftig in Factory-Plätze und User-Speicherplätze aufteilen. Bei den Presets war Kurzweil allerdings recht geizig; lediglich 256 darf man nach dem Einschalten willkommen heißen. Die Anwahl der Programme kann ganz normal über Zahlentasten erfolgen, voreingestellt ist aber eine Methodik, nach der man zunächst eine von 16 Kategorien (Piano, E-Piano, Orgel etc.) auswählt und danach einen von 16 Speicherplätzen in dieser Kategorie. Netterweise besitzt jede Kategorie einen wählbaren Favoriten, so dass man gleich bei seinem Lieblingssound der jeweiligen Untergruppe landet. Ebenfalls handlich sind acht Buttons für Favoriten, über die man seine liebsten Programme oder Multis sehr schnell abrufen kann. Im Multimode werden mehrere Programme in einer größeren Struktur zusammengefasst. Dabei lassen sich diese in bis zu acht Zonen gelayert oder gesplittet spielen. Natürlich bietet es sich bei einem Gerät dieser Art an, entsprechende Masterkeyboardfunktionen zu implementieren, was im Falle der Multis zum Beispiel dadurch geschieht, dass jede Zone auch über MIDI ein externes Gerät ansteuern und diesem sogar Bank- und Program-Change-Befehle schicken kann.

Fotostrecke: 5 Bilder Links findet man Pitch- und Modulationsräder, Master Volume und einen Master EQ.

Einen nicht geringen Platz auf dem Panel nehmen neun Schieberegler ein, welche je nach Modus unterschiedliche Funktionen innehaben, im übrigen aber auch frei zugewiesen werden können. Qualitativ fühlen sie sich leider weniger hochwertig an als die übrigen Bedienelemente. Für gewöhnlich sind die Fader so konfiguriert, dass sie einige grundlegende Kontrollaufgaben erfüllen, wie Attack und Release der Amp-Hüllkurve (also Anschlag und Ausklang des Sounds) zu regeln, die Intensität von Delay und Reverb einzustellen oder auch andere Effekte zu beinflussen, z. B. die Tremolo-Geschwindigkeit bei einem Wurlitzer-Sound, die Stärke des Wahwah und ähnliches. Bei einem Multi werden in der Regel die Lautstärken der einzelnen Zonen über zumindest vier der Fader eingestellt. Bei Orgelsounds hingegen übernehmen die Regler selbstverständlich die Rolle der Drawbars.
Oberhalb der Fader befinden sich zudem neun Taster, die ebenfalls Funktionen je nach Kontext erfüllen, welche meist logisch verbunden sind mit der Aufgabe des jeweiligen Faders. Das heißt: Regelt Fader A die Lautstärke einer Zone in einem Multi, so kann über den zugehörigen Button die Zone ganz aus- oder eingeschaltet werden. Lässt sich über Fader I die Lautstärke des Reverbs regulieren, schaltet wieder der darüberliegende Button den Effekt ein und aus. Die Spielhilfen sind mit Pitchbend- und Modulationsrad im normalen Rahmen vertreten.
Etwas weniger als normal ist leider das recht klein geratene Display, welches uns das – wie wir sehen werden – recht komplexe Innenleben des Forte SE mit der Rafinesse einer 90er-Jahre-Workstation präsentiert. Wie häufig anzutreffen, wird das Display von einigen Soft- und Navigationsbuttons umkränzt, welche durch die Menüs und deren Reiter führen. Einzig auffallend in diesem Kontext ist das sehr große, stolze Datenrad – genannt Alpha Wheel – rechts des Displays. Auch einen Master-EQ findet man nicht immer. Beim Forte SE ist er mit zwei Shelving-EQs für Höhen und Bässe sowie über ein weites Spektrum durchstimmbaren Mitten versehen. Zudem lässt er sich per Button ein- und ausschalten – standardmäßig ist er eingeschaltet, was ich mir umgekehrt gewünscht hätte.

Fotostrecke: 4 Bilder Die Rückansicht des Kurzweil Forte SE

Anschlüsse

Bevor wir uns die Freude gönnen, wenigstens über zwei Dinge unsere Überraschung zum Ausdruck zu bringen, widmen wir uns mit den Anschlüssen noch einmal dem Tagesgeschäft. Auf der Rückseite des Forte befinden sich: ein Kopfhörerausgang (ich kann mir nicht helfen, die machen einfach auf der Vorderseite mehr Sinn), ein Stereoausgang mit zwei 6,3mm-Klinken, ein Audio-In als 3,5mm-Stereoklinke, drei Buchsen für Pedale, MIDI IN und OUT sowie zwei USB-Ports. Bei letzteren dient einer zum Anschluss einer Festplatte oder eines USB-Sticks, während der andere die Verbindung zu einem Computer oder Tablet herstellt. USB-Audio ist leider nicht an Bord, und auch die (eigentlich dringend nötige) Editor-Software ist noch nicht erhältlich. Bei MIDI fehlt mir für ein Gerät dieser Klasse definitiv eine THRU-Buchse. Bei den Pedalen stehen zwei Anschlüsse für Switch-Schalter (z.B. Sustainpedal) und einer für ein CC-Pedal bereit. Deren Funktion kann generell eingestellt werden sowie auf Ebene der Programme oder Multis noch mal individuell programmiert sein. Mit dem kleinen Audio-In lässt sich zum Beispiel ein MP3-Player oder ein zweites Keyboard anschließen (für letzteres wären zwei Eingänge mit großer Klinke natürlich besser gewesen). Seit dem neuesten Update kann man – eine überraschende Option – das externe Audio-Signal sogar durch die internen Effektketten schicken. Eine kleine Kritik: Auch wenn das sicher kein Dealbreaker ist, hätte ich doch bei einem solchen Keyboard mindestens einen weiteren Stereoausgang als Alternative zum Mainout erwartet. Löblich ist hingegen die universelle Kaltgerätebuchse zur Stromversorgung, die Eingangsspannungen von 100-240 Volt akzeptiert und damit die Welttournee-Kompatibilität sicherstellt.

Arpeggiator und Stepsequencer

Nun also zwei nicht so alltägliche Features: Überrascht war ich, dass das Kurzweil Forte SE einen Arpeggiator an Bord hat, der zudem weit über die übliche Funktionalität hinausgeht, indem er sich in den Bereich eines Stepsequencers vorwagt. Bereits als reinrassiger Arpeggiator verfügt er nicht nur über alle üblichen Einstellmöglichkeiten, sondern weist etliche Besonderheiten auf, wie zum Beispiel einige ausgefuchste Modi für Latch (Halten), die Option, dass die Töne innerhalb des Arpeggios nicht nur oktaviert, sondern auch in anderen Intervallen transponiert werden können, und sogar Patterns für Velocity, so dass das Arpeggio nicht nur mit statischer Dynamik, sondern durch die Anschlagsstärke rhythmisiert abgespielt wird. Wie in mehreren Bereichen des Forte-Betriebssystems, bietet auch der Arpeggiator eigene Presets, in denen sogar eigene Kreationen gespeichert werden können. Im Stepsequencer-Modus schließlich offeriert der Arpeggiator eine variable Zahl an Steps, für die jeweils eine Tonhöhe, die Anschlagsstärke, die Dauer und ein Notenwert festgelegt werden können. Die einstellbaren Parameter wirken unter musikalischen Gesichtspunkten etwas kurios: Es lassen sich insgesamt bis zu 47 (!) Steps erstellen (eine Zahl, die uns in der westlichen Musik eher selten begegnet), und die Notenwerte gehorchen stumpf den Regeln der Bruchrechnung, so dass sich problemlos 1/7- und 1/15-Notenwerte einstellen lassen. Naja, Menschen mit Hang zum Experiment wird es freuen.

Das Kurzweil Forte SE hat einen ausgewachsenen Arpeggiator und Stepsequencer an Bord.
Das Kurzweil Forte SE hat einen ausgewachsenen Arpeggiator und Stepsequencer an Bord.

Editierbarkeit

Weiterhin ist man nach der Lektüre des englischsprachigen, hochkomplizierten und nur mittelmäßig gut strukturierten Manuals überrascht, in welcher Tiefe sich die Sounds des Forte SE manipulieren und programmieren lassen. Hinter der Edit-Taste tut sich ein ganzes Reich an Menüs und Untermenüs auf, das einen bis in die kleinsten Details eines Klanges führt. Dabei unterscheidet Kurzweil zwischen Sounds auf Basis der V.A.S.T.-Technolgie, welche aus bis zu 32 Layern bestehen, die wiederum entweder eine Keymap mit Samples liefern oder die digitale Repräsentation einer Oszillator-Architektur, und Programmen, welche KB3 verwenden, eine virtuelle Rekonstruktion einer Hammond-Orgel. Welche Möglichkeiten sich hier im einzelnen auftun, entzieht sich einer einigermaßen kompakten Beschreibung. Ich denke, man kann verkürzend sagen, dass sich von einem selbsterstellten Sample-Layer-Sound bis hin zum eigenhändig zusammengeschraubten Digital-Analogen vieles, wenn nicht alles realisieren lässt. Welche Ergebnisse diese Optionen liefern und wie handlich sich diese erreichen lassen, steht freilich auf einem anderen Blatt.
Wer das Tor ins Innere durch den Edit-Button durchschreitet, trifft auch in irgendeinem Reiter auf die vom Forte SE angebotenen Effekte, von denen sich pro Programm oder Multi reichlich viele einbinden lassen und dies sowohl als Insert- wie als Aux-Effekte, gleichermaßen auf Programm-Ebene oder sogar pro Layer. Der Umfang des Effektportfolios erinnert dabei eher an die Ausstattung einer DAW als an die eines Stagepianos, so dass man auch Kompressoren oder Gates nicht vergeblich sucht.

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Praxis

Klang

Fangen wir mit dem Entscheidenden an: Für meine Begriffe klingt das Kurzweil Forte SE nicht so gut, wie man es heute von einem Instrument dieses Kalibers erwartet, und zwar im Grunde in allen Soundkategorien. Obwohl sie von Kurzweil in der Werbung besonders hervorgehoben werden, wirken die so wichtigen Piano-Sounds pappig und unorganisch, deutlich ist die mit nur acht Stufen zu geringe Dynamikauflösung spür- und hörbar, und außerdem stellt sich ein ganz merkwürdiger kompressionsähnlicher Effekt ein: Bei weichem Anschlag ist der Sound bei einigen Programmen ziemlich schön und voll, schlägt man jedoch stärker an, wird der Klang kaum lauter, er dünnt sich lediglich aus. Gepaart mit der sprunghaften Dynamik ergeben sich dadurch seltsam unkontrollierbare, ziemlich unlebendige – und natürlich wenig authentische – Pianosounds. Hier merkt man deutlich, dass das Forte SE als kleiner Spross der Forte-Familie mit 2GB Samplespeicher weit schlechter ausgestattet als der große Bruder mit 16GB.

Audio Samples
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Piano 1 Piano 2 Piano 3

Bei den E-Pianos bessert sich die Laune kaum. Die Rhodes-Sounds, welche den meisten Firmen inzwischen doch ganz gut gelingen, sind unter Zuhilfenahme von reichlich Effekten in Ordnung, ohne aber wirklich zu überzeugen. Seit langem wundere ich mich über die – vielleicht einzige – Achillesferse des Nord Stage, nämlich den schwächelnden Wurlitzer-Sound. Nachdem man Kurzweils Interpretation gehört hat, weiß man allerdings, dass es auch schlimmer geht. Wie im Klangbeispiel zu hören, hat, wie ich finde, dieser Klang mit einem echten Wurlitzer nicht viel zu tun.

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Rhodes Wurlitzer

Den Orgelsounds hat Kurzweil nach eigenem Bekunden viel Sorgfalt gewidmet. Gleich eine eigene Soundengine (KB3) fährt man auf und belegt etliche Bedienelemente, wie Schieberegler oder Buttons, eigens mit dezidierten Funktionen, welche greifen, sobald ein KB3-Sound angewählt ist. Das Ergebnis kann dennoch nicht überzeugen. Die Hammond-Sounds sind matschig und unelegant und die Leslie-Simulation klingt wie ein muffiger, bollernder Auto-Pan. Stolz verweist man darauf, dass sich die Orgel-Sounds aus Samples und virtuellen Oszillatoren zusammensetzen. So tauscht man bei den Oszillatoren die Sinus-Schwingungsform gegen Sägezahn, um vermeintlich bei Farfisa und Vox zu landen. Das Ergebnis kann mit der Konkurrenz nicht wirklich mithalten, wovon man sich in den Klangbeispielen, glaube ich, schnell überzeugen kann.

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Dist B3 Hammond B3 Perc Organ Doors

Die Drum- und Percussionsets sind noch das Einzige, bei dem ein wenig Freude aufkommt, auch wenn es sich naturgemäß nur um gute Standardware handelt (mehr kann man von einem solchen Allrounder ja auch nicht erwarten). Die Synthsounds, ob nun Leads oder Pads, entziehen sich jedoch jeder Beschreibung und haben mit dem, was sie teilweise kühn in den Programmnamen andeuten (“Prophet”, “Juno”), so viel zu tun wie eine iPhone-App mit einem Konzertflügel. Und so geht es weiter: Die Akustikgitarren klingen kaum besser als die Exemplare, welche einst meinen JV-880 bevölkerten, die Streichersounds lassen jeden Hauch von Natürlichkeit vermissen, und von den Bläsern, zugegebenermaßen immer eine Problemkategorie, möchte ich gar nicht erst anfangen. Da ist man schon ratlos, wenn man sich durch die karge Auswahl an Presets geklickt hat. Natürlich hat es Hardware heutzutage nicht leicht, gegen die Phalanx an spezialisierten Plug-Ins zu behaupten. Das Soundniveau insgesamt ist hoch und damit die Ansprüche des Benutzers. Aber Kurzweil – ausgerechnet jene Firma, die einst für besonders authentische Sample-Sounds berühmt war – springt hier für meine Begriffe sträflich weit unter der Latte hindurch.

Audio Samples
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Filter Lead Lead 2 Pad 1 Pad 2 Akkordeon

Tastatur

Die italienisch-stämmige Tastatur (Fatar TP/100LR) ist zweifellos qualitativ hochwertig und erfreut sich bei vielen Kollegen großer Beliebtheit, vor allem wegen ihres vergleichsweise geringen Gewichts. Mir persönlich ist sie im Allgemeinen doch ein gutes Stück zu schwergängig, sogar bei den Pianosounds, obwohl ich eigentlich ein Freund des satten Anschlags bin. Das ist aber naturgemäß ein sehr subjektives Empfinden und nicht wenige werden hier zu einer anderen Einschätzung kommen. Für Synth-Sounds und ähnliches vermittelt die gewichtete Tastatur aber natürlich ein eher unpassendes Spielgefühl. Da zudem der Druckpunkt erst ungefähr in der Mitte des Anschlagsweges liegt, hatte ich bei vielen Programmen das Gefühl, mit deutlicher Latenz zu spielen, was ich sehr ungünstig finde. 

Die Tastatur ist eine alte Bekannte (Fatar TP/100LR).
Die Tastatur ist eine alte Bekannte (Fatar TP/100LR).

Bedienung

Die Komplexität des Forte SE und damit den Umfang der Manipulationsmöglichkeiten habe ich ja schon angesprochen. Auch wenn man sich über ein großes Maß an Optionen gemeinhin nicht beschwert, bringt dieses zwangsläufig auch Probleme mit sich, zuallerst bei der Frage, ob der Hersteller eine gut beherrschbare Struktur gefunden hat und ob Bedienelemente zur Verfügung stehen, über die man diese auch leicht steuern kann. Für mich gibt es hier eigentlich nur zwei Wege: Entweder man setzt wie Clavia auf den schnellen Zugriff mit Hilfe vieler Bedienelemente (so dass dem Display weniger Bedeutung zukommt), oder man arbeitet wie Korg beim Kronos mit einem großen Touchdisplay. Kurzweil hat leider weder den einen noch den anderen Weg gewählt. Es gibt nur bescheiden viele Bedienelemente, die zudem praktisch immer mehrfach belegt sind und darüber hinaus oft frei programmierbar und damit quasi unkalkulierbar in ihrer Wirkung bleiben. Damit ist das Forte SE aber automatisch ausgelegt auf eine Bedienung über Display und entsprechende Menüs. Hierfür jedoch ist das Display einfach bei weitem nicht leistungsfähig genug, so dass man in langen Zahlenkolonnen, aufgeteilt in kryptisch bezeichnete Reiter versucht, dem Ganzen einen Sinn abzuringen. Eine intuitive Bedienung ist da praktisch ausgeschlossen. Wer käme darauf, den neuen MIDI-Sequencer im “Global”-Menü unter dem Reiter “Song” zu suchen?
Selbst wichtigste Funktionen treiben ein munteres Versteckspiel mit dem Benutzer. So ist doch für ein Instrument, das primär für den Live-Einsatz konzipiert ist, total entscheidend, dass man möglichst leicht ein Tempo einstellen kann, zu dem sich Dinge wie Delays oder auch der Arpeggiator synchronisieren. Da ist ein Taster, mit dem man dieses tappen kann, eigentlich Pflicht. Beim Forte SE muss man erst zwei Navigationsknöpfe gleichzeitig drücken, um dann über den Softbutton unter dem Display tappen zu können. Natürlich hat man auch hier wieder Optionen – was man Kurzweil im allgemeinen positiv anrechnen kann – und darf die Tap-Funktion auch auf einen mehr oder minder beliebigen Taster programmieren. Aber das ist doch für eine so zentrale Funktion keine sinnvolle Lösung, ganz zu schweigen davon, dass man dadurch wieder einen der ja nicht gerade üppig vorhandenen Buttons opfern muss.

Fotostrecke: 2 Bilder Die Menü-Bedienung auf dem kleinen Display wirkt veraltet und wenig komfortabel.

Ich oute mich hier gerne als einer jener wenigen Verrückten, die ganz freudig Bedienungsanleitungen lesen. Im Falle des Alesis Andromeda zum Beispiel habe ich mich durch hunderte Seiten gepflügt, noch bevor ich meinen ersten Sound programmiert habe. Aber die Anleitung des Forte SE hat mich absolut an meine Grenzen geführt, und ich musste mehrere Leseanläufe nehmen, um nicht zu verzweifeln. Beispiel gefällig? “To hear equal parts wet signal and dry signal […] on the main audio output, set the main Insert effect to 0 None and the Insert Output to Main, and set the Aux 1 effect to your desired effect and the Aux 1 Output to Main. Then, set the Aux1 Send to 0dB. If you want only wet signal on the main audio output, set the main Insert Output to Sec. – keep in mind that by this method, the dry signal is sent to the auxiliary outputs.” Hier ist gar nicht mehr differenzierbar, ob nun die Beschreibung oder das Beschriebene wirr ist. Jedenfalls finde ich diese Passage sehr bezeichnend bei einer Funktion, die womöglich bei einem anderen Gerät mit Hilfe eines einzigen Drehreglers gelöst und mit einem Satz beschrieben ist.
Mit diesem Szenario vor Augen kann man sich nun mal ausmalen, welche Freude es macht, tief in die Programmierung des Forte SE abzutauchen und in der V.A.S.T.-Engine einen eigenen Multi-Layer-Samplesound zu bauen oder gar eine Art analogen Schaltkreis zu nutzen. Bei Letzterem landet man unweigerlich bei der Auswahl einer Grundstruktur aus verschiedenen Blöcken, die wiederum Elemente der Klangerzeugung, wie Oszillatoren oder Filter, enthalten. Leider aber kann man nicht etwa frei Elemente hintereinanderreihen, sondern ist auf vorgefertigte Strukturen angewiesen, sogenannte Algorithmen, denen aber erst mal nicht anzusehen ist, was sie überhaupt enthalten. So kann nicht jeder Algorithmus jede Schwingungsform erzeugen, und es bleibt zunächst völlig unklar, welche weiteren Elemente, wie eben ein Filter etc., dem Oszillator im Flussdiagramm folgen. Hochgradig verwirrend. Und dann ist es leider auch so, dass die zugrundeliegende Architektur der Keymaps auch für diese Synthsounds besteht, obwohl sie hier eigentlich (fast) keine Funktion erfüllt. Damit hört sich die Programmierung eines einfachen Sounds mit Pulsbreitenmodulation im Manual so an: “Select the Program 1023 Editor Template, and press the Edit button. Go to the KEYMAP page and set Keymap to 999 Silence. Next, go to the AMPENV page, and set the mode to User, set Att1 time to .002, Rel1 time to .260, and Dec1 time to 30.0 and 0% (this gives you basic control of attack, decay and release envelopes with sliders C, D and E). Press the ALG soft button and select Algorithm 8. Select the leftmost empty function block and use the alpha wheel to scroll to the PWM oscillator.” Na dann: fröhliches Programmieren! Wer es schafft, hier noch ein Bandpassfilter hinter den Oszillator zu setzen, gewinnt eine Reise ins Kurzweil-Stammwerk.
Man muss Kurzweil wirklich zugute halten, dass beim Forte SE versucht wurde, dem Musiker ein Maximum an Features und Funktionalität zu liefern. Allerdings fällt das Ergebnis dieses Bemühens in meinen Augen insgesamt ziemlich unbefriedigend aus. Denn weder liefert das Forte SE konkurrenzfähige Sounds, noch lässt es sich auf eine einigermaßen handliche, live-taugliche Weise bedienen. Und da das Forte SE zudem mit einem Straßenpreis von fast 2.500 Euro nicht gerade im Billig-Segment unterwegs ist, würde es mich sehr wundern, wenn dieses Instrument zu etwas anderem würde als zu einem veritablen Flopp.

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Fazit

Das Kurzweil Forte SE weckt mit seinem ganz gelungenen, schnittigen Design Hoffnungen, die es aber mit seiner Performance auf ganzer Linie enttäuscht. Mit gnädiger Ausnahme der Drums- und Percussionsounds fallen eigentlich alle Klangkategorien als unterdurchschnittlich auf, vor allem im Vergleich zur starken Konkurrenz in dieser Preisklasse. Besonders die etwas pappigen Pianos und die weit von ihren Vorbildern entfernten Orgel- und Synthsounds enttäuschen. Die ziemlich komplizierte Architektur und das viel zu kleine Display führen zudem dazu, dass man die wirklich umfangreichen Möglichkeiten des Instruments kaum nutzen mag, da beinahe jeder Handgriff unweigerlich in kryptischen Untermenüs endet. Da hilft auch die hochwertige – wenn auch sehr schwergängige – Tastatur wenig, um einen insgesamt schwachen Eindruck zu lindern. Da zudem der Preis des Forte SE keinesfalls im Bereich des Schnäppchens liegt, hat dieses Instrument nur wenige Kaufargumente auf seiner Seite.

Unser Fazit:
2,5 / 5
Pro
  • ordentliches Design
  • solide Verarbeitung
  • gute (aber schwergängige) Tastatur
  • hochkomplexe (Programmier-) Möglichkeiten
  • umfangreiche Effektsektion
  • Arpeggiator / Stepsequencer
Contra
  • unterdurchschnittlicher Gesamtsound
  • zu wenige Dynamikstufen
  • zu kleines Display
  • komplizierte, unintuitive Bedienung
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
  • komplizierte, wenig anregende Bedienungsanleitung
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Kurzweil Forte SE Test
Für 1.759,00€ bei
Das Kurzweil Forte SE kann die Erwartungen an ein 2500-Euro-Stagepiano nicht erfüllen.
Das Kurzweil Forte SE kann die Erwartungen an ein 2500-Euro-Stagepiano nicht erfüllen.
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Profilbild von duplobaustein

duplobaustein sagt:

#1 - 21.07.2016 um 07:45 Uhr

0

Sorry, aber der "Test" ist eine Frechheit, geschrieben von einem Nord Fanboy. Praktisch nur subjektives. Einem voll modularen Synthesizer wird seine Funktionalität vorgeworfen, wobei das Verstehen des Handbuches ein offenbar zu großes Problem darstellt. Ich bekomme übrigens eine Reise ins Kurzweil Stammwerk geschenkt, programmiere ich doch, so wie seit Jahren tausende andere User auf der Welt, meine Sounds mit VAST.Bleib lieber bei deinem Nord, wo man sich dann zwischen fest vorgegeben Splitpunkten entscheiden muss. Ich glaube, das ist eher dein Ding und überfordert dich nicht.

    Profilbild von Tobias Philippen

    Tobias Philippen sagt:

    #1.1 - 21.07.2016 um 16:19 Uhr

    0

    Ich freue mich darüber, wenn über Tests lebhaft diskutiert wird. Man kann ja immer unterschiedlicher Meinung sein, und natürlich kann auch ein Tester mal etwas falsch sehen oder bewerten. Allerdings diskreditiert man sich durch persönliche Beleidigungen ("Fanboy", zu dumm, das Manual zu verstehen etc.) automatisch selbst.
    Ich habe Aspekte des Forte SE kritisiert, mich aber immer bemüht, meine Kritik nachvollziehbar zu machen. Deshalb habe ich beschrieben, wie Sounds programmiert werden, habe Auszüge aus dem Manual zitiert und z. B. beim Pianosound sehr detailliert beschrieben, warum er mir nicht gefällt. Die Poster hier liefern leider keine faktischen Argumente, sondern das, was sie mir vorwerfen: reine Subjektivität. Daß eine Passage wie die zum Programmieren mit V.A.S.T. womöglich schwer verständlich ist, kann jeder anhand des Textauszuges selber beurteilen. Daß eine nummerische Bezeichnung von Algorithmen es ziemlich schwer macht, zu begreifen, welche Elemente eine Schaltung enthält, ist doch erst mal nachvollziehbar. Daß Du die Programmierung mit V.A.S.T. seit Jahren beherrschst, ist leider kein Beweis dafür, daß sie gut ausgedacht und verständlich ist. Und dem neuen User, wie ich ja in dem Fall auch einer bin, nützt Deine Kenntnis leider auch nichts.

    Antwort auf #1 von duplobaustein

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    +1
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Umjereni sagt:

#2 - 21.07.2016 um 09:24 Uhr

0

Sicherlich hat der Kurzweil hier und dort seine Schwächen. Aber derart pingelig ein Instrument zu testen, das ist schon wirklich eine Sauerei. Überhaupt, einen NordStage mit einem "KurzweilStage" in Sachen Bedienung zu vergleichen führt in den klassischen "Äpfel mit Birnen" Vergleich, einen Basisfehler, welchen sich ein Tester in keiner Weise leisten dürfte, da das Bedienungskonzept wie auch die Möglichkeiten bei beiden Instrumenten grundverschieden sind. Stelle sich der Tester einen Kurzweil User vor, der den NordStage als unterdurchschnittlich abstempelt, da noch kleineres Display (!!!) und nur 6 Zonen mit festen (ach wie grausam) Splitzonen.

    Profilbild von duplobaustein

    duplobaustein sagt:

    #2.1 - 21.07.2016 um 09:39 Uhr

    0

    Lustigerweise wird beim Artis vom umfangreichen, hochwertigen Soundangebot geschwärmt. xDDie Soundbesipiele hier sind auch absolut Spitze, ich verstehe hier die Einschätzung überhaupt nicht. Klar, das ist subjektiv, aber als Tester sollte man darauf auch ab und zu mal hinweisen, das das die persönliche Meinung ist.Der Test stellt den Forte ja als absolut unbrauchbar dar. Handwerklich ein sehr, sehr schwacher Test.

    Antwort auf #2 von Umjereni

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    +2
    Profilbild von Tobias Philippen

    Tobias Philippen sagt:

    #2.2 - 21.07.2016 um 16:21 Uhr

    0

    Also, wenn ich mir ein Gerät für 2.500 EUR kaufen möchte, bin ich ganz froh, wenn sich jemand die Mühe macht, es sich bis ins Detail anzusehen. Was Du mit "Apfel und Birnen" meinst, weiß ich nicht. Ich habe den Kurzweil an seinem eigenen Designkonzept gemessen, das, wie ja zu lesen ist, gerade nicht mit dem eines Nord Stage zu vergleichen ist. Der Nord Stage braucht kein großes Display, der Kurzweil bräuchte es durchaus ...

    Antwort auf #2 von Umjereni

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musictm sagt:

#3 - 26.01.2017 um 21:00 Uhr

0

Kurzweil umgab immer der Nimbus besonderer Exklusivität - wahrscheinlich auch, weil die Geräte früher in der Preisklasse "unerschwinglich" zu finden waren. Ich habe in den letzten Jahren immer wieder Geräte von Kurzweil beim Händler oder auf der Musikmesse angetestet. Irgendwie fragte ich mich aber jedes Mal, was daran so besonders ist. Klanglich haben mich die Keyboards nie umgehauen. Gerade die Pianos enttäuschten mich, obwohl ich immer dachte, dass die Geräte gerade in deren Reproduktion so gut wären. Der Test spiegelt daher genau diesen Eindruck wieder. Im Übrigen finde ich es sehr erfrischend, dass ein Test auch mal kritisch ausfällt - in den letzten Jahren hatte ich immer den Eindruck, dass sich die Printmedien immer in einer ausgesprochene Lobhudelei ergehen und nur noch minimale Dinge kritisiert werden. Warum das so ist, ist klar (man will den Firmen halt nicht auf die Füße treten). Von daher hoffe ich, dass es öfter einfach mal eine kritische Meinung gibt. Auch wenn diese manchem Leser nicht gefällt - persönliche Attacken gegen den Autor sollte es dennoch nicht geben! Man kann auch einfach mal auf der sachlichen Ebene bleiben!

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Mike sagt:

#4 - 27.08.2021 um 14:27 Uhr

0

Kritik ist beim Forte an so gut wie KEINER Stelle angebracht. Die
Maschine ist ausgereift, klangtechnisch unübertroffen und selbst aktuellen
Modellen anderer Hersteller weit voraus. Der Autor dieses Artikels hatte
entweder keinen Bock, liebt den Verriss oder hat NULL Ahnung!

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