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ARP 2600 M Test

Im September 2021 feierte der ikonische ARP 2600 seinen 50. Geburtstag. Im Jahr 1971 ging die erste Version des von Alan R. Pearlman entworfenen Mono-Synths in Produktion. Bis in die späten 1970er hinein wurden mehrere Iterationen gebaut, dann wurde er eingestellt. ARP als Hersteller konnte mit neuen Produkten nur bedingt an den Erfolg des heute legendären 2600 anknüpfen und ging 1981 in Insolvenz.

Arp 2600 M Test
Der semi-modulare Arp 2600 M überzeugt durch Klang, authentisches Äußeres und seine Ausstattung.


Im Zeitalter des Retro-Booms hat Korg nicht nur die Reinkarnation einer eigenen Legende, den MS-20 mini geschaffen, sondern involviert sich auch in Neuauflagen von ARP-Synthesizern wie den ARP Odyssey, der 2015 auf den Markt kam und den 2020 vorgestellten ARP 2600 FS – eine limitierte Fullsize-Version des klassischen 2600 mit Keyboard und passendem Transport-/Flightcase für den man knapp 4.000 € hinlegen musste. Nun folgt der ARP 2600 M zum Jubiläum, eine kompakte Version des großen Über-Synths. Ebenfalls mit Transportcase und mitgeliefertem Controller-Keyboard, aber um einiges günstiger als der 2600 FS, was den Behringer 2600-Nachbau im eigenen Rackdesign jedoch wie ein Schnäppchen aussehen lässt. Wir haben uns den 2600 M einmal genau angesehen.

Details

Erscheinung

Der auf vier Standfüßen im Metallgehäuse verbaute ARP 2600 M ist mit seinem schlichten Design optisch ein klassischer Fall von „Understatement“. Ganz im Sinne des Erfinders Pearlman ergänzt hier die Form die Funktion und nicht umgekehrt. Das gilt zusätzlich im Vergleich zur Größe des Vorgängers: Die geschrumpfte Version entspricht ca. 60% des in Originalgröße gebauten ARP 2600 FS (nur 520 mm breit, 311 mm hoch und 129 mm tief) und passt selbst im ansprechenden Transportkoffer mit Orange-farbigem Griff in mehr Kofferräume als der Fullsize-ARP.

Fotostrecke: 5 Bilder Der ARP 2600 M kommt mit einem passenden USB-Controller von Korg …

Das Synthesizer-Gehäuse verfügt über USB-Ports und MIDI, eine sinnvolle Ergänzung der Ist-Zeit. Korg liefert den 2600 M daher auch mit deren hauseigenen MicroKey2-37 USB/MIDI Keyboard Controller aus. Der bietet 37 angenehm spielbare Mini-Tasten und sein Pitchwheel ist intern mit der Tonhöhe der Oszillatoren verdrahtet.

Fotostrecke: 2 Bilder Der Microkey-Controller verfügt über 37 Mini-Tasten …

Die MIDI-Integration ist ein Statement hinsichtlich des Einsatzes: Dieser Synth will in modernen Szenarien genutzt werden und ist kein Museumsstück. Praktisch ist auch, dass alle Buchsen des ARP 2600 M 3,5 mm-Miniklinken sind, was ihn kompatibel mit Eurorack-Modulen, insbesondere –Sequenzern macht. Wenn irgendwo ein Korg SQ-1, ein SQ-64 oder ein ähnliches Pendant greifbar sein sollte – einfach verkabeln und los geht’s. Dazu aber später mehr.

Die Klangerzeugung

Im Vergleich zum Original – und die unterschiedlichen Versionen berücksichtigend – liefert der Bereich der Klangsynthese drei analoge VCOs, ein Filter (jetzt umschaltbar mit den Filtertypen 4012 und 4072), zwei Hüllkurven und einen integrierten echten Federhall, Merkmale, die das klassische Design des Originals beschreiben. Hinzu gesellen sich Rauschen, Ringmodulation und Sample & Hold für ein komplexeres Sounddesign. Ein eigenständiger LFO ist nicht an Bord, dafür können jedoch die Oszillatoren mit einem Schalter neben ihren vier FM-Modulationsfadern in solche verwandelt werden. Dann wird allerdings einer tonal „geopfert“.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Frontpanel des ARP 2600 M mit klassischem Aufdruck.

Abgerundet wird das Ganze mit einem Input plus Envelope Follower, einer Multiple-Sektion und einem „Voltage Processor“ zum kreativen Verarbeiten von Steuerspannungen. Letzterer erlaubt das Invertieren von Spannungen und das Erstellen von Glides bzw. Slews. Das fertige Signal verlässt auf mehreren Wegen den Synthesizer: Vorne aus zwei Lautsprechern (wie im klassischen ARP Design) mit eigener Pegelsteuerung, einem Kopfhörerausgang und Miniklinken-Outs. An der Seite finden sich zwei 6,3 mm-Klinkenausgänge für Mixer und Interfaces. Das Mastersignal kann noch mit dem eingebauten Federhall verschönt und mit einem „Pan“-Regler frei auf den linken oder rechten Ausgang verteilt werden. 

Fotostrecke: 4 Bilder Zum Modulieren: Sample & Hold und CV-Verarbeitung.

Übrigens: Die einzige visuelle Status-Anzeige des ARP 2600 M ist rot und über dem „On“-Schalter. Sie leuchtet, wenn das Gerät eingeschaltet ist. Ansonsten zeigt sich alles Schwarz, Grau und Silber. Understatement eben. 

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Praxis

Inbetriebnahme

Großartig am ARP 2600 war schon immer, dass er schnell und sehr kreativ gespielt werden kann. Das ist auch beim neuen M-Modell nicht anders: Einfach an den Strom anschließen, MIDI-Controller einstöpseln und losspielen. Nun, vielleicht nicht direkt los, denn für einen typischen Mono-Synthsound muss der semi-modulare Synthesizer erst „korrekt“ eingestellt sein. Entspannt für Einsteiger ist, dass das komplett ohne Patchkabel geht und die mitgelieferte Anleitung einem hilft: Sie zeigt auf einer Seite visuell eine Basiseinstellung für das Gerät an. Die besteht aus einem Oszillator, der von der ADSR-Hüllkurve gesteuert durch den Filter und dann den VCA geht. Der klassischste Mono-Patch überhaupt, um ‚from scratch‘ zu beginnen.

Audio Samples
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ARP 2600 M: Basic-Sound ARP 2600 M: Bassline

Fett „out of the box“

Weil es sich beim dabei genutzten Oszillator um den mächtigsten der drei VCOs, nämlich den zweiten, handelt, macht der ARP 2600 M direkt richtig Freude. Der fette Sound des Originals ist besonders über externe Studiomonitore voll da und macht sich sogar durch die beiden integrierten Lautsprecher nicht schlecht. Die Hände gehen nach wenigen Noten dann intuitiv zur Filtersektion: Hier können die drei Oszillatoren, das Rauschen und der Ringmodulations-Schaltkreis mit fünf vertikalen Fadern gemischt und dann oben gefiltert werden. 

Zwei Filter zum Preis von einem

Wie schon der große 2600 FS ist auch der kompaktere 2600 M mit zwei Filtertypen (Typ 4012 und Typ 4072) aus der ARP-Geschichte ausgestattet, die mit dem „Type“-Switch angewählt werden. Sie bieten ein leicht unterschiedliches Resonanzverhalten, das wir hier mit einem Sägezahn-VCO für einen klanglichen Vergleich aufgenommen haben:

Audio Samples
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ARP 2600 M: Tiefpassfilter 1 Sweep ARP 2600 M: Tiefpassfilter 2 Sweep

Typisch ARP-Filter! Man muss sich daran gewöhnen, dass bereits mit einem Fünftel der möglichen Resonanz jeglicher Bass futsch ist. Aber dafür ist im „Max“-Bereich des Faders unendlich viel mehr drin. Von R2D2 bis hin zu fetten Kickdrums schafft man durch mutiges (Ver-) Stimmen der Oszillatoren und einer feinen Positionierung der Resonanz alles mit wenigen Handgriffen.

Die vielen Fader des ARP 2600 M laden zu Experimenten ein – etwa mit der Filterresonanz oder Frequenzmodulation.
Die vielen Fader des ARP 2600 M laden zu Experimenten ein – etwa mit der Filterresonanz oder Frequenzmodulation.

An diesem Punkt können und sollten dann erste Patch-Experimente starten. Das Filter hat zwei fest verdrahtete Modulationsquellen mit Eingangsabschwächern: Die ADSR-Hüllkurve und den VCO2 als Sinuswelle. Wird Letzterer zugleich als Klangquelle genutzt, ist logischerweise keine langsame Modulation drin. Die kann dann aber von einem anderen Oszillator oder dem Sample & Hold kommen. Als weitere Option steht auch noch das Modwheel des mitgelieferten Microkey2-37 Controllers zur Verfügung, sofern er angeschlossen ist. Dessen MIDI-Nachrichten werden vom ARP 2600 M in CV umgewandelt und kommen links unten bei „Mod CV“ raus. Einfach ein Kabel von dort ins gewünschte Ziel und fertig.

Flexibel mit dem Eurorack verwenden

Weitere Patch-Möglichkeiten werden durch die Kopplung des Synthesizers mit externem Equipment wie dem Eurorack oder kompatiblen Geräten möglich. Als ein spannender Partner erwies sich in unserem Test das Make Noise 0-CTRL mit seinen drei parallel verfügbaren Sequenzerspannungen. Sollen zwei Oszillatoren gespielt werden, kann dessen Pitch-Signal mit dem Mult links am ARP bequem verdoppelt werden. Am besten eignen sich für solche Situationen die ersten beiden VCOs, denn sie können leicht gegenseitig ihre Frequenz modulieren. Werden die entsprechenden Fader hochgezogen, wird es wunderbar kreischend und experimenteller – so wie hier:

Audio Samples
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ARP 2600 M: FM-Sequenz ARP 2600 M: Sawtooth-Melodie ARP 2600 M: FX mit Hall ARP 2600 M: S&H Sequenz

Die weiteren Sequenzerspannungen modulierten dabei etwa das Filter oder ebenfalls die Frequenz von Oszillatoren, wodurch elegante Verschiebungen im Timbre möglich werden. Gepaart mit der Resonanz sind dann sehr moderne, mehrschichtige Sounds drin.
Natürlich bleibt der ARP 2600 M letztendlich ein Synthesizer aus den 1970er Jahren mit einem sehr spezifischen Design. Es gibt etwa keine frei zuweisbaren Hüllkurven und kein Waveshaping, abgesehen von einer (herausragend klingenden!) Pulsbreitenmodulation. Auch einen Filter-Drive vermisst man hin und wieder, um Sounds noch ein wenig anzudicken – hier darf man tatsächlich die technische Entstehungszeit des Synthesizers nicht vergessen und den Anspruch, das Instrument so gut wie möglich auf Basis der originalen Schaltpläne zu replizieren.

Der ARP 2600 M als analoges Effektgerät

Ein ikonisches Feature des Synthesizers lässt sich auch heute im Bereich der Musikproduktion sinnvoll nutzen: Der integrierte Preamp. Über den kann man – wie einst Pete Townshend von The Who – Audiosignale externer Instrumente in das Filter und den VCA des ARPs schicken.  

Über den Preamp des ARP 2600 M lassen sich externe Instrumente einschleifen.
Über den Preamp des ARP 2600 M lassen sich externe Instrumente einschleifen.

Mit etwas Experimentierfreudigkeit entstehen so tolle Verzerrungen für E-Gitarren oder analoge Phasing-Effekte für Synths. Gerade in Kombination mit dem sehr dynamischen Envelope Follower kriegt man interessante Sounds für moderne Produktionen hin. So klingt das Ganze zum Beispiel mit einer Nik Huber Krautster II (Gitarre), fast voll aufgedrehtem Preamp-Gain und leichter Filtermodulation durch einen LFO:

Audio Samples
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ARP 2600 M: Gitarre in den ARP-Preamp

Ein Vorteil gerade bei der Ideenfindung für neue Songs, das Ausprobieren von Patches oder die Vorbereitung von Performances sind die integrierten Lautsprecher, mit welchen auch das Original ausgestattet war. Sie klingen auch im „Mini-ARP“ sehr gut und sind ordentlich laut. Bei manchen Patches sollte man jedoch eher den Kopfhörerausgang nutzen – bis man sie dann perfektioniert hat.

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Fazit Korg Arp 2600 M Test

Wer sich schon immer einen echten ARP 2600 gewünscht hat, erhält mit dem semi-modularen ARP 2600 M ein kompakteres Quasi-Original zu einem besseren Preis als alles, was auf dem Vintage-Markt für ein Modell aus den 1970ern aufgerufen wird. Und man bekommt ein Gerät, das in den entscheidenden Punkten moderner Standards angepasst wurde: Es kann mit MIDI angesteuert werden, arbeitet flexibel mit Eurorack-Modulen für kreatives Patching zusammen – und ist deutlich portabler, wenn Transport eine Rolle spielt. Zugegeben, der dazugehörige Transportkoffer ist nicht gerade zierlich, aber in diesen passen neben dem Instrument auch bequem ein MIDI-Controller, Kabel und Zubehör. Den ARP-Sound mitzunehmen war noch nie so einfach.
Liebhabern des Originals wird schon optisch die Erscheinung eines Synthesizers geboten, der bereits Geschichte geschrieben hat. Aufgrund des miniaturisierten Originaldesigns sind die Bedienelemente zwar geschrumpft, was der Handhabung und dem entstehenden Sound jedoch keinen Abbruch tut. Der ARP 2600 M klingt so, wie man es von ihm erwartet: Fette monophone oder auch mal duophone Bässe, zwitschernde Resonanz-Patches und experimentelle Soundeffekte klingen so edel wie eh und je. Schön ist, dass beide Filtertypen aus den unterschiedlichen Versionen des Originals umschaltbar am Klanggeschehen beteiligt sein können. Praktisch sind die gut klingenden eingebauten Lautsprecher für das Spielen ohne Kopfhörer und die Verwendung von 3,5 mm Buchsen auf dem Bedienpanel, was eine problemlose Verbindung mit dem Eurorack unterstützt.
Alles in allem ein gelungenes Paket, wenngleich auch etwa dreimal so teuer wie der im Markt befindliche Behringer 2600, der sich selbst optisch am Original orientiert, allerdings in einer Desktop/Rack-Version gefertigt wird. Hier sollte jeder für sich entscheiden, wie viel er ausgeben möchte und kann. War der originalgroße und in seiner Auflage limitierte ARP 2600 FS bereits kurz nach seinem Erscheinen ausverkauft, zeigt sich der preisgünstigere ARP 2600 M als echte Option für alle diejenigen, die nach einem klassischen Synthesizer im Originaldesign und ‚Made in Japan‘ suchen. Klanglich, und den Aspekt der Originalität betreffend erhält der ARP 2600 M fünf Sterne, allerdings einen halben Stern Abzug für den geforderten Preis.

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Korg ARP 2600 M Sound Demo von Limbic Bits
Der semi-modulare Arp 2600 M überzeugt durch Klang, authentisches Äußeres und seine Ausstattung.
Der semi-modulare Arp 2600 M überzeugt durch Klang, authentisches Äußeres und seine Ausstattung.
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