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Cre8audio Capt’n Big-O und Mr Phil Ter Test

Ende 2019 startete das US-Unternehmen Cre8audio seine Eurorack-Reise mit dem Niftycase und zwei Modulen, dem Digitaloszillator Chipz und dem CV-Sequenzer Cellz. Nun gibt es zwei weitere Module, diesmal analoge. Zusammen mit dem Synthesizer-Experten Pittsburgh Modular wurden der vielseitige Oszillator Capt’n Big-O und Mr. Phil Ter, ein Filter mit integriertem VCA und Hüllkurvengenerator, entwickelt. Beide Geräte sind ab sofort erhältlich – und wir konnten sie bereits testen.

Cre8audio Capt’n Big-O [links] und Mr Phil Ter [rechts]. (Foto: Cre8audio)
Die beiden Cre8audio Module Capt’n Big-O und Mr Phil Ter bieten viel Analog-Sound für akzeptables Geld und können sich in jedem Eurorack sehen lassen.

Details

Zu Beginn direkt eine Anmerkung zum Preis: Nach wie vor ist Cre8audio ein Hersteller bezahlbarer Einsteigermodule. Die beiden neuen Module für das Eurorack sind trotz der analogen Schaltkreise vergleichsweise günstig: Capt’n Big-O und Mr. Phil Ter schlagen mit UVPs von knapp 200 Euro bzw. 150 Euro zu Buche, der Straßenpreis dürfte etwas darunter liegen. Sie sind vielleicht nicht so günstig wie Doepfer-Produkte, bieten dafür aber einen breiteren Funktionsumfang. Das kann die Anschaffung so manch anderer Module überflüssig machen. Doch natürlich müssen dann der Sound und die Bedienbarkeit umso mehr stimmen. Damit gehen wir direkt ins Eingemachte: Was können Capt’n Big-O und Mr. Phil Ter? Beginnen wir mit dem Oszillator.

Capt’n Big-O, das Oszillator-Modul: Volle Fahrt voraus

Capt’n Big-O’s Panel mit dem großen Kapitänskopf im Hintergrund ist mit 14 HP recht breit und zeigt sich mit vielen Ein- und Ausgängen sowie neun Drehgebern für Parameter-Einstellungen. Wieso so viele? Weil der Oszillator nicht nur analoge Wellenformen generiert, sondern zusätzlich noch über einen integrierten Wavefolder und eine Drive-Sektion verfügt. Beide Abteilungen bieten dezidierte Eingänge, können also jegliche Wellenform verarbeiten, nicht nur die intern verschaltete Sinuswelle im Falle des Wavefolders oder die Dreieckswelle beim Drive.

Capt’n Big-O ist ein analoger Eurorack-Oszillator mit Wavefolder und Drive. (Foto: Cre8audio)
Capt’n Big-O ist ein analoger Eurorack-Oszillator mit Wavefolder und Drive. (Foto: Cre8audio)

PWM, FM, Sync und mehr

Neben diesen beiden klassischen Wellenformen gibt es noch die anderen üblichen Verdächtigen, nämlich Sägezahn- und Pulswelle – Letztere mit modulierbarer PWM („width“). Die 1V/OCT-Informationen von Sequenzern gehen in den etwas eigenwillig benannten „tune“-Eingang. Ansonsten kann Capt’n Big-O noch zu anderen Oszillatoren gesynct werden und bietet lineare sowie exponentielle FM-Eingänge. Was im Vergleich zu anderen Geräten in der Preisklasse fehlt, sind ein Oktavschalter und ein Suboszillator. Auch können die Wellenformen nicht direkt am Gerät invertiert werden, was manchmal sehr nützlich sein kann. 

Audio Samples
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Capt’n Big-O: Pulswellenmodulation Capt’n Big-O: Lineare FM Capt’n Big-O: Exponentielle FM

Die beiden FM-Eingänge können, wie auch der erwähnte Wavefolder und der Drive, via CV-Eingängen mit zugehörigen Abschwächern moduliert werden. Fold und Drive agieren beide übrigens als Quasi-VCA, sie lassen den Klang verstummen, wenn die beiden Potis gegen den Uhrzeigersinn gedreht werden.

Mr Phil Ter, das Filter-Modul: Mehr als nur Lowpass

Weiter geht es mit dem Filter-Modul Mr Phil Ter. Wie im Fall des Oszillators sind auch hier alle Patchpunkte oben und die Bedienelemente unten auf dem Panel angebracht. Das erleichtert den Zugang auf die Drehgeber, kann aber zu Fragen hinsichtlich des Patchens führen. Denn die drei Funktionselemente – resonanter, selbstoszillierender Tiefpassfilter im Moog-Stil, VCA und ASR-Hüllkurve – sind nicht verschaltet. Diese müssen noch mit kurzen Patchkabeln verbunden werden, damit sie interagieren. 

Mr Phil Ter ist ein Tiefpassfilter im Moog-Stil und ein VCA mit Hüllkurve. (Foto: Cre8audio)
Mr Phil Ter ist ein Tiefpassfilter im Moog-Stil und ein VCA mit Hüllkurve. (Foto: Cre8audio)

Drei separate Schaltkreise

Dann kann das Eingangssignal oben links in den Filter geschickt werden, von da aus in den VCA eine Reihe darunter und dieser dann mit der Hüllkurve moduliert werden. Die drei Elemente nicht intern zu verschalten war eine bewusste Entscheidung der Designer von Cre8audio bzw. Pittsburgh Modular, damit alle drei Funktionen unabhängig voneinander genutzt werden können. Das leuchtet allerdings auch nach Aufklärung durch den Hersteller nicht ganz ein – könnten der Filter und der VCA doch theoretisch intern verschaltet sein und eine Patchverbindung von außen eine solche Verbindung bei Bedarf trennen. Im jetzigen Zustand muss immer eine Patchverbindung zusätzlich eingerichtet werden, was das Spielen der Module verkomplizieren kann.

Audio Samples
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Mr Phil Ter: Sweep mit LFO Mr Phil Ter: Sweep durch VCA Mr Phil Ter: Amplitudenmodulation des VCAs Mr Phil Ter: Selbstoszillation

Beenden wir den Panel-Rundgang: Der Cutoff des Filters hat einen CV-Eingang für die Hüllkurve – leider keinen zweiten für LFOs oder Ähnliches – und die Hüllkurve zwei Ausgänge (schnell und langsam), wodurch die Amplitude und der Cutoff moduliert werden können. Die Hüllkurve wird mithilfe von LEDs visualisiert, was beim Patchen sehr hilfreich ist. Allerdings fehlen sowohl beim VCA und beim Cutoff Abschwächer, diese müssen durch andere Module bereitgestellt werden.

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Praxis

Capt’n Big-O und Mr Phil Ter im Einsatz

Was bei beiden Geräten, vor allem bei Capt’n Big-O, von Anfang an begeistert ist der analoge Sound. Man hört es wieder einmal: Analoge Schaltungen im Eurorack können richtig fett und rund klingen. Die Sinus- und Dreieckswellen des Oszillators eignen sich perfekt für Bass-Sounds, obwohl ein Sub-Oszillator fehlt, und Sägezahn und Puls setzen sich immer durch. Werden sie über den Drive-Eingang angedickt, sind die Wellen logischerweise noch einen Tick saturierter und erhalten ein bisschen mehr Punch.

Mit nur zwei Modulen steht eine vollanaloge Synthesizer-Stimme bereit. (Foto: Lukas Hermann)
Mit nur zwei Modulen steht eine vollanaloge Synthesizer-Stimme bereit. (Foto: Lukas Hermann)

Eben jener Drive, wie auch der Fold, sorgten bei den ersten Patches kurz für Stirnrunzeln. Denn beide Schaltkreise sind leiser als die Kernsounds, ebenfalls eine bewusste Entscheidung der Macher. Wer von den Fold- und Drive-Ausgängen eine Eastcoast-Verzerrung oder einen ordentlichen Overdrive erwartet, fragt sich also erst einmal, warum zu Beginn der Wumms fehlt. Wird der Drive höher als zwölf Uhr eingestellt, kommt er zu sich, so, wie es auch bei anderen Modulen dieser Art der Fall ist. Sobald das klar ist, kann damit sehr kreativ und vor allem dynamisch gearbeitet werden, etwa mit Modulationssequenzen, aber zu Beginn verwundert es doch ein wenig.

Mr. Phil Ter kann kalibriert werden

Ähnlich verwunderte Gesichtszüge zauberte das Filter-Modul Mr Phil Ter ins Gesicht. Das Testgerät war derart kalibriert, dass der Cutoff-Regler erst ab einer Einstellung bei zwölf Uhr wirklich griff, was seinen Spielraum einschränkte. Auf Basis einer Anleitung des Herstellers kann man dem durch eine Kalibrierung von Mr. Phil Ter beikommen: Mehrere Drehschrauben auf der Rückseite bieten die Möglichkeit, den Schaltkreis anzupassen, inklusive der tonalen Breite der selbstoszillierenden Resonanz, die eine saubere Sinuswelle zum Vorschein bringt.

Mittels vier Drehschrauben auf der Rückseite des Moduls kann der Filter-Sound angepasst werden. (Foto: Lukas Hermann)
Mittels vier Drehschrauben auf der Rückseite des Moduls kann der Filter-Sound angepasst werden. (Foto: Lukas Hermann)

Der Filter ist natürlich für eine Kombination mit den anderen beiden Funktionen gedacht, der Hüllkurve und dem VCA. Erstere bietet mit den erwähnten zwei Ausgabearten (langsam und schnell) die eigentlich nützliche Option, mit zwei unterschiedlichen Signalen die Amplitude des VCAs und den Filter-Cutoff zu modulieren. Allerdings ist in vielen Einsatzsituationen der Spielraum gering. Die hochwertigen und griffigen Potis erlauben zwar eine feine Regelung, aber weiche und dennoch schnelle Attacks sind trotzdem nicht wirklich drin. Das Modulationssignal ist ganz gegen den Uhrzeigersinn erst sehr spitz, wird dann aber schlagartig deutlich langsamer. Außerdem läuft der VCA hin und wieder etwas aus dem Ruder und weist selbst bei niedrigen Einstellungen ein leichtes Grundsummen auf, weshalb es sich empfiehlt, zwischen ASR-Ausgang und Amplitude-Eingang noch einen externen Abschwächer zwischenzuschalten, um die Lautstärke zumindest etwas besser im Griff zu haben. 

Klassischer Moog-Sound mit Resonanz

Klanglich zeigt sich Mr Phil Ter in klassischer Moog-Charakteristik. Verzichtet man auf Resonanz sind die Sweeps butterweich, mit ihr hingegen klassisch aggressiv. Wie es sich für Ladder-Filter im Moog-Stil gehört, sackt der Bass in letzterem Fall (sehr) schnell ab, doch das kann in der Modulkombination problemlos kompensiert werden: Einfach den Drive am Capt’n Big-O aufdrehen, bevor die Wellen in den Filter gehen und der Sound ist wieder voll da. Seine Obertöne klingen dann besonders hell über den neu gewonnenen Bassfrequenzen.

Alle Audio-Beispiel zu Capt’n Big-O und Mr Phil Ter im Überblick

Audio Samples
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Sequenz: Capt’n Big-O und Mr. Phil Ter Capt’n Big-O: Fold und Drive Capt’n Big-O: Pulswellenmodulation Capt’n Big-O: Lineare FM Capt’n Big-O: Exponentielle FM Mr Phil Ter: Sweep mit LFO Mr Phil Ter: Sweep durch VCA Mr Phil Ter: Amplitudenmodulation des VCAs Mr Phil Ter: Selbstoszillation

Weitere Eindrücke von den Einsatzmöglichkeiten der Module zeigt das nachfolgende Video. Hier demonstrieren wir zunächst die unterschiedlichen Wellenformen von Capt’n Big-O sowie seine Fold- und Drive-Funktionen. Es folgen diverse Filter-Sweeps mit oder ohne Resonanz und eine Sequenz, bei der die Hüllkurve von Mr. Phil Ter sowohl den integrierten VCA als auch den Cutoff moduliert. Am Schluss wird dann mit dem Make Noise Mimeophon noch kurz ein Effekt hinzugefügt.

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Fazit

Cre8audio hat zusammen mit Pittsburgh Modular zwei ambitionierte Module mit vielen Fähigkeiten gebaut. Sind erste Kennenlernprobleme überwunden, zeigt sich die Kraft vor allem von Capt’n Big O. Der Oszillator klingt rund, bietet einen breiten Tonumfang sowie viele nützliche Funktionen. Sein Wavefolder ist dynamisch und mithilfe des Drive können Sounds angedickt werden, wobei zugleich hohe Frequenzen auf eine angenehme Weise betont werden. Wer sowohl einen Oszillator als auch einen Wavefolder sucht, spart mit dem Capt’n Big-O viel Geld und bekommt einiges geboten. Wenn nur ein schmaler VCO gebraucht wird, der vielleicht noch über einen Oktavschalter verfügt, gibt es im Programm von Dopefer und auch Behringer hingegen besser geeignete Module zu teils geringeren Preisen.
Und nicht nur Capt’n Big-O, auch Mr. Phil Ter bietet einen vollen, analogen Sound, der Spaß macht. Er kommt mit seinem Sound an Moog-Filter heran, ist aber keine reine Kopie, sondern macht sein eigenes Ding. Wird die Filter-Ausgabe durch den integrierten VCA mit der moduleigenen Hüllkurve geschickt, kann der Klang leider nicht immer perfekt geformt werden und es stört ein Summen im Hintergrund. Außerdem erschließt sich die Verschaltung der drei Elemente des Moduls nicht direkt auf Anhieb. Dennoch: Einsteigersysteme erhalten mit den beiden Modulen einen flexiblen Kern, für den im Vergleich mit vielen anderen Produktion auf dem Markt wenig Geld ausgegeben werden muss. Nach der Anschaffung fehlen eigentlich nur noch ein Sequenzer sowie LFOs bzw. Effekte für einen kompletten modularen Synthesizer mit analoger Klangerzeugung. Das ist im Eurorack-Bereich in dieser Preisklasse nicht selbstverständlich, schon deshalb sollte man sich die beiden Cre8audio-Module einmal näher ansehen.

Unser Fazit:
4,5 / 5
Pro
  • Guter Analog-Sound für kleine(re)s Geld
  • Vielseitige Einsatzmöglichkeiten von Oszillator und Filter
  • Wavefolder und Drive bei Capt’n Big-O
  • Mr Phil Ter mit kompaktem Panel trotz vieler Features
Contra
  • Kein Oktavschalter und Suboszillator bei Capt’n Big-O
  • Etwas umständliches Patchen bei Mr Phil Ter
  • VCA von Mr. Phil Ter summt im Hintergrund
  • [Aufgrund der Contra-Punkte erhält Mr. Phil Ter eine Bewertung von 4 Sternen]
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Cre8audio Capt’n Big-O und Mr Phil Ter Test
Die beiden Cre8audio Module Capt’n Big-O und Mr Phil Ter bieten viel Analog-Sound für akzeptables Geld und können sich in jedem Eurorack sehen lassen.
Die beiden Cre8audio Module Capt’n Big-O und Mr Phil Ter bieten viel Analog-Sound für akzeptables Geld und können sich in jedem Eurorack sehen lassen.
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