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Auflegen wie Egyptian Lover

Egyptian Lover (alias Greg Broussard) ist Musikproduzent, DJ, Rapper und Label-Inhaber aus Los Angeles, USA. Er ist ein Pioneer und eine gefeierte Ikone des Westcoast Hip-Hops und der Electrofunk-Szene und hat sich über die Jahre auf unzähligen Tonträgern und sogar auf der Filmleinwand verewigt. Dieser Mann ist wirklich eine Ausnahmeerscheinung, seit den 80er Jahren aktiv und nach wie vor erfolgreich im sich ständig wandelnden Musikgeschäft.

Egyptian Lover (Foto: David Zylberman/used by Permission)
Egyptian Lover (Foto: David Zylberman/used by Permission)


Eines seiner Markenzeichen sind seine basslastigen Uptempo-Beats auf Grundlage des legendären Roland TR-808 Drumcomputers, welche auch auf seinem aktuellen Album namens „1985“ omnipräsent sind.
Im Bonedo Vintage-Specialwurde er zusammen mit seinem DJ-Kollegen und N.W.A. Gründungsmitglied Arabian Prince bereits gefeaturet, nun geht es aber einzig und allein um „the one and only“ DJ Egyptian Lover, denn von ihm gibt es ohne Zweifel eine Menge zu lernen.

Biografie

Egyptian Lover ist ein echtes Original und hat einen spannenden Werdegang vorzuweisen. Bonedo-Autor DJ Rick Ski führte für diesen Artikel zwei Telefoninterviews (2015 & 2019) mit dem Musiker, aus dem die im Text verwendeten Zitate stammen.
Am 31. August 1963 wurde Greg Broussard alias Egyptian Lover in South Central, Los Angeles, im Bundesstaat Kalifornien geboren. Dort verbrachte er seine Kindheit und Jugendzeit: „Zur Musik brachten mich die Songs im Radio und die älteren Jungs in der Nachbarschaft, die in ihren VW Käfern laut ihre Lieblingslieder gehört haben. Ich wollte so sein wie sie.“
Aber auch im eigenen Haushalt gab es wichtige Inspirationen: „Mein jüngerer Bruder spielte Saxofon in einer Band. Er kann Noten lesen und schreiben. Ich selber habe das nie gelernt, ich arbeite rein nach meinem Gehör“, so Egypt zu seinen Anfängen. In seiner Jugendzeit begann er DJ-Mixtapes aufzunehmen und diese an seiner High School zu verkaufen. „Das waren reine Pause-Button-Tapes, weil ich 1979 nur einen Plattenspieler hatte. Ich wiederholte die Intros und Breakdowns der Songs und editierte sie.“
Sein großer Durchbruch kam, als er bei der damals in LA sehr populären DJ-Crew „Uncle Jamms Army“ angeheuert wurde. „Das habe ich meinem Kumpel „Snake Puppy“ (LA Dream Team) zu verdanken. Als wir einmal zufällig den Chef von Uncle Jamms Army, nämlich Rodger Clayton, in einem Einkaufszentrum trafen, sagte Puppy zu ihm: Ihr wollt einen richtig guten DJ? Mein Kumpel Egyptian Lover ist der Beste! Rodger kannte mich als Gast von seinen Partys, aber nicht als DJ.“
Clayton nahm ihn unter seine Fittiche und von da an ging alles Schlag auf Schlag für den jungen Greg Broussard. „Ich produzierte dann für ihn einen Radio-Werbespot für einen DJ-Contest, an dem ich auch selber teilnahm.“ Egyptian Lover war der haushohe Gewinner des Wettbewerbes. „Die anderen hatten gar keine Chance. Die Leute hörten auf zu tanzen, um erstaunt mein DJing zu beobachten“, so Egypt. Denn niemand an der Westküste hatte bis dahin einen echten Quickmix- und Scratch-DJ gesehen. Das war 1982. Danach war er ein fester Teil der Uncle Jamms Army DJ-Crew.

Fotostrecke: 2 Bilder Egyptian Lover war Teil von Uncle Jamms Army, der erfolgreichsten DJ-Crew in Los Angeles der 80er Jahre (Foto: Egyptian Lover/used by permission)

Uncle Jamms Army war für damalige Verhältnisse eher kommerziell ausgerichtet, wohingegen es aber auch eine junge Underground Hip-Hop-Szene in LA gab. Und auch dort hatte der „ägyptische Liebhaber“ seine „Scratch-Finger“ im Spiel.
„Zum Radio Club bin ich gekommen, weil ich von einem neuen DJ namens Afrika Islam aus New York hörte, der sehr gut sein sollte und dort auflegte. Ice T war ein gemeinsamer Freund, der uns bekannt machte. Wir sprachen miteinander und ich zeigte ihm meine DJ-Skills. Und das nächste Mal, als ich im Radio auflegte, brachte ich dann meine Roland TR-808 mit. Den Club-Betreibern gefiel, was ich machte und ich wurde eingeladen, an einer Dokumentation namens „Breakin & Enterin“ mitzuarbeiten.“
Während dieses Films sammelte Greg Broussard seinen ersten Erfahrungen in einem professionellen Tonstudio: „Der Breakin & Enterin Soundtrack war meine erste professionelle Studioerfahrung. Außer mir selbst waren noch Chris „DJ The Glove“ Taylor und ein Session-Keyboard-Spieler beteiligt. Wir haben alle Songs des Albums in nur einer Session aufgenommen.“

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Party und Studioworks

Während die Arbeit im Radio-Club für ihn mehr ein „Hobby“ war, betrachtete er seine Gigs für Uncle Jamms Army damals als seinen eigentlichen Job: „Nichts an einer Uncle Jamms Army Party war normal (lacht). Wir spielten die neusten Platten wie Planet Rock, Songs von Planet Patrol, Twilight 22 und so weiter. Wir veranstalten Partys für 1000, dann 2000 und 3000 Leute und steigerten uns immer weiter, bis wir ganze 10000 Leute in die LA Sports Arena lockten. Das schafften wir sogar dreimal.“
„Wir hatten nur DJs als Headliner. Rapper wie Run DMC und Kurtis Blow spielten bei uns lediglich im Vorprogramm“, so Greg Broussard über seine Zeit bei der bekannten DJ-Crew. Statt wie seine Kollegen auf einen Vertrag mit einer Plattenfirma zu hoffen, gründete er bereits zu Beginn seiner Produzentenkarriere sein eigenes Label. Zu seinen Beweggründen sagt er folgendes: „Ich kannte damals eine Handvoll Leute, die Platten veröffentlichen und die liefen im Radio rauf und runter, aber all diese Leute waren pleite. Ich wollte nicht, dass mir das auch passiert, daher gründete ich 1984 mein eigenes Label Egyptian Empire.“
Nach der von ihm produzierten Single „Dail A Freak“ (1983), die noch unter Uncle Jamms Army auf deren Label „Freak Beat Records“ erschienen, war „Egypt, Egypt“ 1984 seine erste Single als Solokünstler Egyptian Lover. Der Song wurde in den USA schnell ein großer Hit und ermöglichte es Greg Broussard, seine noch im selben Jahr erschienene Debüt-LP „On the Nile“ auf seinem eignen Label „Egyptian Empire“ zu veröffentlichen. Die Geschäfte liefen hervorragend, sodass er bald nicht nur seine eigenen Alben wie die Longplayer „One Track Mind“ (1986) oder den 1990er „Get into it“, sondern auch Scheiben befreundeter Künstler wie „Rodney O & Joe Cooley“ oder „Jamie Jupitor“ herausbrachte.

Egyptian Lovers erste Single von 1984 hat sich mittlerweile über vier Millionen mal verkauft. (Foto: Freak Beat Records/Egyptian Empire)
Egyptian Lovers erste Single von 1984 hat sich mittlerweile über vier Millionen mal verkauft. (Foto: Freak Beat Records/Egyptian Empire)

Da sich die Musik von Egyptian Lover schon immer sehr am Club-Einsatz orientierte, waren die wichtigsten Veröffentlichungen seine (Maxi) Singles. Sei es der Uptempo-Kracher „The Lover“ aus dem Jahr 1986, das genial-minimalistische „And My Beat goes Boom“ aus dem Jahr 1985 oder sein 86er Funk-Hit im Prince-Stil „Freak-A-Holic“.
In seiner langen Karriere veröffentlichte Greg Broussard, mal abgesehen von Remix-Aufträgen und der Produktion anderer Künstler, bisher acht Solo-Alben und unzählige Singles. Obwohl sich der Westcoast Hip-Hop-Sound durch Gruppen wie N.W.A. und Künstler wie Ice T Ende der 80er Jahre vom Uptempo-Electrofunk hin zum langsameren Gangsta-Rap wandelte, blieb Egyptian Lover seiner Linie treu und versuchte nie, sich den aktuellen Strömungen anzupassen. Dank seines guten Geschäftssinns, seines Durchhaltevermögens und seines Indepentent-Status als Künstler, ist er beinahe der einzige Electrofunk-Artist der Westcoast, der sich bis in die heutige Zeit mit seinem Sound behaupten kann.

Egyptian Lover mit den deutschen Hip-Hop-Pionieren LSD. (Foto: Detlef Rick)
Egyptian Lover mit den deutschen Hip-Hop-Pionieren LSD. (Foto: Detlef Rick)

Status quo Greg Broussard spielt fast das gesamte Jahr über internationale Shows in Clubs und auf Festivalbühnen. Zum Teil wird er dabei von seinem langjährigen Freund und Hypeman Jamie Jupitor unterstützt. Aber auch mit Mik Lezan aka Arabian Prince ist er immer wieder mal unterwegs. Seine Touren organisiert er selbst und ist somit auch sein eigner Booking-Agent. Zur Promotion seiner Touren und Projekte nutzt er beispielsweise seine Internetplattformen auf Twitter, Instagram, YouTube und Facebook.
Weder sein Label noch er als Künstler verfügen über eine eigene Homepage, dennoch scheint die aktuelle Web-Präsenz sehr gut für Egyptian Lover zu funktionieren: „Das Internet ist großartig für mich als Indepentent-Künstler. Die jüngeren Leute haben so die Chance, meine Musik hören zu können oder sie zu entdecken. Viele kommen zu meinen Gigs, weil sie andere Shows auf YouTube gesehen haben“, so der Meister zum Thema World Wide Web. Wenn er nicht gerade auf dem Globus unterwegs ist, dann arbeitet er in den Studios seiner Heimatstadt Los Angeles an neuer Musik.

Egyptian Lover nutzt zum recorden und mischen seiner Tracks Top-Notch Tonstudios mit hochwertiger, analoger Technik (Foto: David Zylberman/used by Permission)
Egyptian Lover nutzt zum recorden und mischen seiner Tracks Top-Notch Tonstudios mit hochwertiger, analoger Technik (Foto: David Zylberman/used by Permission)

DJ Ranking und Stil

Mit Siegen bei irgendwelchen DJ-Wettbewerben oder sonstigen Auszeichnungen für erfolgreiche „Plattenreiter“ kann Greg Broussard nicht dienen. Im Interview erklärte er mir den Grund: „Als ich begann, gab es noch keine DJ-Competitions und Dinge wie Scratch-Mixing waren noch brandneu. Es gab Grandmaster Flash mit seiner Adventures-Maxi und Jam Master Jay, der ein wenig scratchte. Aber dass war es auch schon fast.“
Seine bisher erfolgreichste Platte ist nach eigener Angabe seine erste Single als Solokünstler, nämlich „Egypt, Egypt“ von 1984: „Die Single hat Gold-Status und verkauft sich bis heute gut. Vielleicht vier oder fünf Millionen Stück“, so Egypt. Sein Credo als DJ lautet: „What is a DJ if he can’t scratch?“ Ein Satz, der auch gleichzeitig der Titel seines gleichnamigen Songsvon 1984 ist.
Das passt wie die Faust aufs Auge, wenn man bedenkt, dass Greg Broussard in Sachen DJing ein Oldschool-Purist ist. Er tut genau das, was er bereits zu Beginn der 80er Jahre getan hat. Mithilfe zweier Plattenspieler und eines DJ-Mixers mischt er ausschließlich Vinyl-Scheiben. Laptop, DVS-System, MIDI-Controller? Fehlanzeige! Typisch für seinen Produktionsstil sind harte Uptempo-Drumbeats und sehr minimalistische Synth-Basslines. Ebenfalls mit analogen Synthesizern kreiert Greg Broussard gerne Filmmusik-artige Melodien. Sein Markenzeichen ist allerdings das typische Egyptian Lover Atmen/Stöhnen und in den Texten geht es oft um Frauen und Sex.
Aber auch ein „Old School Artist“ wie Egypt entwickelt sich weiter und so geht es thematisch in den beiden Songs „Problem of the World“ und „The World keeps turning“ u.a. um den weltweiten Klimawandel. „Es ist okay Party zu machen, aber ab und an muss man den jüngeren Leuten vermitteln, dass man sich auch mit wichtigeren Themen beschäftigten muss, damit die Welt eine bessere wird und erhalten bleibt“, so Egyptian Lover dazu.

Typisch für den Produktions-Stil von Egyptian Lover sind die harte Drumcomputer Beats (Foto: David Zylberman/used by Permission)
Typisch für den Produktions-Stil von Egyptian Lover sind die harte Drumcomputer Beats (Foto: David Zylberman/used by Permission)

Aktuelle Veröffentlichungen

Sein aktuelles Album „1985“ erschien am 7. Dezember 2018 auf Egyptian Empire und beinhaltet dreizehn brandneue Electrofunk-Songs. Die LP ist auf Doppelvinyl, CD und sogar auf Kassette (!) erhältlich. Als digitalen Download bekommt man das Album auf seiner Bandcamp-Page, sowie den allseits bekannten Anbietern wie iTunes und Amazon, etc. Und natürlich ist seine Musik auch auf zahlreichen Streamingportalen, wie Spotify, oder Tidal, etc. präsent. Genau wie das Vorgängeralbum, ist auch sein aktuelles Werk „1985“ trotz vergleichsweise kurzer Produktionszeit kein Schnellschuss.

Für die Produktion seines aktuellen Albums „1985“ hat Egyptian Lover im Gegensatz zum Vorgänger lediglich acht Monate, anstelle von fast zehn Jahren benötigt! (Abb: Egyptian-Lover/used by Permission)
Für die Produktion seines aktuellen Albums „1985“ hat Egyptian Lover im Gegensatz zum Vorgänger lediglich acht Monate, anstelle von fast zehn Jahren benötigt! (Abb: Egyptian-Lover/used by Permission)

„Im Gegensatz zur Vorgänger-LP, für die ich fast zehn Jahre gebraucht habe, haben wir mein aktuelles Album 1985 in nur acht Monaten produziert. Dies war u.a. möglich, weil wir auf Songs zugreifen konnten, welche eigentlich für die vorherige LP gedacht waren. Diese haben wir natürlich entsprechend aktualisiert und überarbeitet“, so Greg. Wie gewohnt liefert Egypt auch bei seiner aktuellen Veröffentlichung feinsten 80er Jahre Electrofunk-Sound in Perfektion.
Dennoch lässt sich Egyptian Lover nicht auf nur auf einen Stil festnageln, was er u.a. durch sein sehr gelungenes Cover des 85er Wham Songs „Everything she wants“ beweist. Und auch bezüglich seiner Featuregäste ist „The Lover“ neue Wege gegangen. So waren neben seinen alten Weggefährten „Cozmo-D“ und „Lady-E“ von der legendären Band „Newcleus“, diesmal u.a. auch die beiden deutschen Künstler „Zarcon“ und „Funkmaster Ozone“ am Album beteiligt.

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Für seine aktuelle Single-Auskopplung „Beyond the Galaxy“ seines „1985“ Albums, arbeitete Greg mit der Turntablism-Legende DJ Q-Bert zusammen. Egyptian Lovers Kommentar dazu: „Wir hatten zusammen einen Auftritt und dort hatte Q-Bert spontan zu meinem Drumcomputer-Beats gescratcht. Das Publikum war begeistert. Das hatte einen Menge Spaß gemacht und so ist die Idee einer Zusammenarbeitet entstanden.“

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Praxis

Einflüsse

Als Einflüsse nennt er Künstler wie Kraftwerk und Prince, Gary Numan, Juan Atkins von Cybrotron und New Wave Bands wie Devo: „Aber natürlich haben auch Funkbands auf mich einen großen Einfluss, beispielsweise Parliament/Funkadelic und ganz besonders die Gruppe Ebonee Webb“, so Egypt über seine musikalischen Vorbilder. Seine eigene Philosophie ist gleichzeitig ein Ratschlag an aufstrebende Nachwuchsmusiker. „Es ist egal, was du an Technik zur Verfügung hast. Hol das Maximale aus der Technik und deinem Talent raus und präsentiere dich den Leuten. Warte nicht. Selbst wenn du nur Fruity Loops oder ein paar Smartphone-Apps hast. Arbeite damit und hole alle raus. Erklimme die nächste Stufe und die wird dann auch besseres Equipment bringen.“
Bei der Frage, mit welchen Künstlern er am liebsten zusammengearbeitet hat, muss Egypt nicht lange überlegen. „Definitiv meine Homies Rodney O & Joe Cooley. Wir hatten im Studio immer eine Menge Spaß.“ Seinen DJ-Stil bezeichnet Egypt selbst als „Tape-Edit-Style“, was bedeutet, dass er die Technik der schnellen Wiederholung einzelner Songphrasen per Kassetten auf die Arbeit mit zwei Plattenspielern überträgt. Egyptian Lovers Mix-technische Alleinstellungsmerkmale als DJ sind das tempogenaue, manuelle rückwärts Abspielen und Mixen (Motor off) von Schallplatten in Kombination mit seinen Crossfader-Delay-Backspins (dreifache Wiederholung einzelner Songabschnitte). Aber auch reguläre Crossfader-Delays (Phrasenwiederholung durch zwei identische, zeitlich versetzt abgespielte Platten) setzt er in seinen DJ-Sets äußerst gerne ein.

Egyptian Lovers Mix-technisches Alleinstellungsmerkmal als DJ ist u.a. das rückwärts Abspielen und Mixen von Schallplatten (Foto: Detlef Rick)
Egyptian Lovers Mix-technisches Alleinstellungsmerkmal als DJ ist u.a. das rückwärts Abspielen und Mixen von Schallplatten (Foto: Detlef Rick)

Zukunftsmusik

Egyptian Lover hat bereits drei neue Singles in Arbeit. Die dafür geplanten Titel sind „Everything she want`s“ (Wham Cover), „The World keeps turning“ (feat. Newcleus) sowie eine weitere Single mit dem Titel „Let`s Freak“ auf der B-Seite. Dieses Lied ist ein Vorausschau auf das kommende Album des Electrofunk-Großmeisters.
„Mein nächster Longplayer wird in logischer Abfolge 1986 heißen und somit die Album-Triologie vollenden.“, so Egypt im Telefoninterview. „Wir haben bereits zwei Electrofunk-Songs der kommenden LP vollendet. Allerdings werde ich dem nächsten Album mehr in die Funkrichtung im Prince-Stil gehen. In der Art, wie ich das 1986 bereits auf meiner Single Freakaholic getan hatte. Geplant ist die LP für den Sommer 2020“, so Egyptian-Lover. Die echten Fans wird`s sicher freuen.

In the Mix …

Egyptian Lovers DJ-Set, das ich für diesen Artikel analysieren werde, ist seine Boiler Room LA Performance aus dem Jahr 2014. Diese Darbietung eignet sich perfekt dazu, seinen DJ-Stil zu erklären. Let’s go!

  • 00:07 Kraftwerk „Numbers“, 1981
  • 02:47 Afrika Bamaataa & Soul Sonic Force „Planet Rock“, 1982
  • 10:03 Twillight 22 „Electric Kingdom“, 1984
  • 13:58 Grandmaster Flash & The Furious Five „Scropio“, 1982
  • 17:11 Grandmaster Flash & The Furious Five „The Message II (Survival)“, 1982
  • 19:22 Reggie Griffin & Technofunk „Mirda Rock“, 1982 22:55 Kraftwerk „Tour de France“, 1983
  • 25:10 Egyptian Lover „Dance“, 1985
  • 27:18 Kraftwerk „The Telephone Call“, 1986
  • 29:42 Uncle Jamms Army „Dail a Freak“, 1983 (Start Live-Set/Ende Intro DJ-Set)
Bei jedem Live Gig von Egyptian Lover kommt eine original Roland TR-808 zum Einsatz. (Foto: Detlef Rick)
Bei jedem Live Gig von Egyptian Lover kommt eine original Roland TR-808 zum Einsatz. (Foto: Detlef Rick)

Dramaturgisch betrachtet

Auf sehr geschickte Weise erzeugt Egypt eine geheimnisvolle und fast mystisch Stimmung, indem er das Outro des Songs „Numbers“ von Kraftwerk durch Rückwärtsabspielen zur Einleitung seines Sets umfunktioniert. Einen ersten Spannungsimpuls kreiert er anschließend durch seinen Übergang auf die Orchester-Hits des „Planet Rock“ Intros. Die Aktivitätsrate bei seinen Sets ist generell sehr hoch, denn mindestens alle dreißig Sekunden führt Egypt eine seiner vielen Mixing- oder Scratching-Aktionen aus. Das sichert ihm während seiner gesamten DJ-Performance die volle Aufmerksamkeit des Publikums.
Für einen ersten Höhepunkt und Aha-Effekt sorgt er bei 08:39, indem er eine Planet-Rock-Version rückwärts spielt und diese mit der vorwärts gespielten Nummer zusammenmischt. Er schafft es, diesen Klimax sogar noch zu steigern, indem er den nächsten Song von Twillight 22 „Electric Kingdom“ taktgenau in die rückwärts gespielte Planet-Rock-Scheibe mixt. Im gesamten Set sind gezielt eingesetzte Backspins, Rhythm-Scratches, Crossfader-Delay-Backspins und dergleichen zu hören, um die Grundspannung der Musik aufrechtzuerhalten.
Trotz seines Synthesizer-lastigen Electrofunk-Sounds klingt die Twillght 22 dank der entspannten Rap-Vocals relativ warm und organisch. Doch bevor die Musik für die Zuhörer zu gemütlich wird, legt Egypt den Schalter um und wechselt per Crossfader-Hardcut auf das durch seine Vocoder-Vocals etwas düster und kühl wirkende „Scorpio“ von Grandmaster Flash & The Furious Five. Die durch den Song erzielte etwas „sterile“ Atmosphäre lockern Jamie Jupitor und Egyptian Lover bei 16:14 mit einer Mitmach-Tanzeinlage überraschend auf und erzeugen damit einen vorübergehenden Stimmungshöhepunkt.
Bei 17:11 wechselt er geschickt zum Song „The Message II“, das auf dem gleichen Beat wie „Scorpio“ basiert, aber durch die Rap-Vocals einen frischen „Flavor“ in den Mix bringt. Aber da es im Text von „The Message II“ bekanntermaßen um die harte Realität auf der Straße geht, sollte man dieses Lied in einem Partyset nicht zu lange abspielen. Das weiß auch Greg Broussard und bevor die fröhliche Stimmung des Publikums umschlägt, leitet er bei 19:22 zu „Mirda Rock“ über. Dieser Song löst die zuvor gezielt erzeugte Anspannung mittels Novelty-artiger Vocal-Passagen und einer verspielten Funk-Instrumentierung auf.
Um die musikalischen Gehörgänge seines Publikums im Anschluss wieder zu „reinigen“, mischt Greg Broussard bei 22:55 das minimalistischere „Tour de France“ von Kraftwerk hinein. Der Wechsel auf das Intro seinen eigenen Songs „Dance“ weckt bei 25:59 die Neugier des Publikums auf die bald folgende Live-Performance. Gleichzeitig animiert der Lover sein Publikum durch die Wiederholung der Phrase „Dance little Girl“ zum Tanzen. Die Überleitung zum Song „Telephone Call“ von Kraftwerk bei 27:18 kreiert einen Aufmerksamkeits- und Spannungs-Boost. Denn ab 29:04 wird das Kraftwerk-Lied durch gezielte Rhythm-Scratches mit dem ersten Song seiner Live-Performance „Dail a Freak“ thematisch verbunden. In beiden Liedern geht es schließlich ums Telefonieren und in beiden Songs sind typische Telefongeräusche zu hören. Damit schafft er es, sich die nötige Aufmerksamkeit des Publikums zu sichern und bei 29:42 nahtlos in seine Live-Performance überzugehen. Mix-Analyse PDF

Resümee

Von Egyptian Lover kann man lernen, wie man sich auch noch nach über 30 Jahren im Musikgeschäft behaupten kann. Wie er das macht? Trotz vieler Höhen und Tiefen verlor er nie sein Durchhaltevermögen und blieb seiner Linie immer treu. Auch schnelllebige Trends beeindruckten ihn nie. Greg Broussard konzentriert sich stattdessen eher darauf, seine Skillz zu optimieren und in seinem Segment der Beste zu sein. Hinzu kommt sein guter Geschäftssinn. So setzt er gezielt und erfolgreich auf Selbstvermarktung ohne Mittelsmänner und mithilfe des Internets. Und da er seine Fans genau kennt, weiß er auch bestens, was diese von ihm erwarten. Egyptian Lover bedient seinen Markt sehr gezielt und macht auf diese Weise nicht nur seine treue Fangemeinde, die seine Shows besuchen und seine Tonträger kaufen, glücklich. Lang lebe der „Electro-Pharao“!

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