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Tape Loops bauen im Detail erklärt Workshop

Tape Loops sind für das Musikmachen im Lo-Fi-Bereich brandaktuell. Wir beschreiben detailliert, wie man sich die Magnetbandschleifen selbst herstellt.

Tape Loops bauen im Detail Workshop (Foto: Sascha Bachmann)

Neben vielen anderen Themen im schon länger währenden Retro-Trend erlebt auch ein Medium ein Revival, das bereits vor vielen Jahrzehnten in der Musikproduktion eingesetzt wurde: Der Tape Loop. Musiker wie Delia Derbyshire, The Beatles und William Basinski, verwenden ihn als Instrument. Der Tape Loop ist Musik zum Anfassen und bietet neben der digitalen Musikproduktion eine haptische Erfahrung. Verwendet wird er, um Klangkollagen herzustellen oder um wiederholende rhythmische Muster wiederzugeben. Der Ursprung geht auf die Phase der Music Concrete mit ihrem Begründer Pierre Schaeffer zurück. Mit der Einführung digitaler Techniken verschwand der Tape Loop fast ganz von der Bildfläche. Aber mit dem Aufkommen von Lo-Fi-Musik hält der Tape Loop mit seiner rauen Klangästhetik seit geraumer Zeit wieder Einzug in die Köpfe kreativer Musiker. In diesem Workshop beschreibe ich detailliert, wie man sich eigene Tape Loops mit einfachen Mitteln selbst herstellt.

Inhalte
  1. Quick Facts: Tape Loop
  2. Tipp für den Einsteiger
  3. Tape Loop Audiobeispiele
  4. Ideale Basis: Die Kompakt-Kassette
  5. Benötigte Werkzeuge
  6. Acht Schritte zum Bauen des eigenen Tape Loops
  7. Schritt 1: Öffnen der Kassette
  8. Schritt 2: Lösen des Magnetbandes von der Spule
  9. Schritt 3: Ermittlung der Tape Loop Länge
  10. Schritt 4: Vorbereitung des Schneidens
  11. Schritt 5: Schneiden des Tapes
  12. Schritt 6: Zusammenkleben des Tapes
  13. Schritt 7: Zusammensetzen der Kassette
  14. Video: Acht Schritte zum Bauen des eigenen Tape Loops
  15. Zum Schluss

Tape Loops mit einfachen Mitteln selbst herstellen. (Foto: Sascha Bachmann)

Quick Facts: Tape Loop

Was ist ein Tape Loop?

In der Geschichte der elektronischen Musik sind Tape Loops Magnetbandschleifen, die man verwendet, um sich wiederholende rhythmische Musikmuster oder dichte Klangschichten zu erzeugen, wenn sie auf einem Tonbandgerät abgespielt werden. Entstanden in den 1940er Jahren, mit der Arbeit von Pierre Schaeffer und der Phase der Music Concrete, wurden Tape Loops verwendet, um musikalische Phrasen, Rhythmen, Texturen und Klangfarben abzuspielen. Digitaltechnik und die Verlagerung von klanggestalterischen Arbeiten auf den Computer verdrängten Tape Loops, die jedoch mit Aufkommen des Retro-Trends und analoger Klangerzeugungsverfahren wieder voll im Trend liegen.

Tipp für den Einsteiger

Woran sollte man beim Tape Loop bauen denken?
Fingerfertigkeit und Geduld sind Voraussetzungen für diesen Workshop. Es hat mich selbst einige Zeit gekostet, um herauszufinden, wie man am besten vorgeht. Und auch wenn dieser Artikel nur ein Einstieg in das Thema der Tape Loops ist, empfehle ich Interessierten, mit Tonbandgeräten (1/4” Bandbreite) einzusteigen. Denn im Gegensatz zur Kassette (1/8“ Bandbreite) gibt es dort kein Gehäuse und auch die Breite des Tapes erleichtert dem Anfänger die Arbeit. Da nicht viele auf ein Tonbandgerät zurückgreifen können und der alte Kassetten-Player greifbarer erscheint, beschreibt dieser Workshop die Herstellung eines Tape Loops anhand einer klassischen Kompakt-Kassette.

Die klassische Compact-Kassette, das populäre Aufzeichnungsmedium von Musik aus einer anderen Ära, in ihrem Aufbau: (Foto: Sascha Bachmann)

Tape Loop Audiobeispiele

Wie klingen Tape Loops?
Um sich ein Bild davon zu machen, wie man Tape Loops klanglich einsetzen kann, haben wir die folgenden Audios vorbereitet, welche den besonderen Sound der in Schleife laufenden Aufnahmen eindrucksvoll präsentieren.

Audio Samples
0:00
Volca Keys Loop (auf Fostex X-18 arrangierter 4-Track Synthesizer Loop) Abstrakter Beat (rhythmische Collage aus akustischen und synthetischen Drums) Piano-Loop (verlangsamte Piano-Aufnahme)

Ideale Basis: Die Kompakt-Kassette

Welche Kassetten eignen sich am besten, um einen Tape Loop herzustellen?
Es existieren viele verschiedene Techniken einen Tape Loop zu bauen. In diesem Workshop stelle ich meine persönliche “Guerilla Technik” vor, welche es erlaubt jede “schraubbare” Kassette für die Modifikation zu verwenden und zu loopen und empfehle bewusst “schraubbare” Kassetten zu verwenden, da geklebte Kassetten beim Öffnen leicht kaputtgehen können. Von der Musikindustrie bereits bespielte Kassetten (MC = Music Cassette) haben im Vergleich zu handelsüblichen Leer-Kassette (60/90 min) meist variabele Spielzeiten, was den Durchmesser der Spulen innerhalb der Kassette definiert. Mit der Technik, die ich heute vorstellen möchte, kann man unabhängig vom Spulendurchmesser jede Kassette loopen. Der Loop läuft dabei um beide Rollen und in seinem typischen Weg innerhalb der Kassette. Daraus ergibt sich eine Tape Loop Länge mit einer Spieldauer von ca. 5 – 6 Sekunden. 

Schraubbare Kassetten (siehe Markierungen) erleichtern die Arbeit beim Herstellen von Tape Loops ungemein. (Foto: Sascha Bachmann)

Benötigte Werkzeuge

Damit möglichst effektiv vorgegangen werden kann, empfehle ich folgende Werkzeuge:

  • Schraubendreher Set (Kreuz- und Schlitzschrauben werden am häufigsten verwendet)
  • Splicing Tape 
  • Pinzette
  • Originale Musik-Kassette „MC“ (im Handel käufliche und bespielte Kassette)
  • Splicing Block (zum genauen Arretieren)
  • Unterlage/Cutting Set (zum Schonen des Arbeitstisches)
  • Rasierklinge (zum Schneiden)
  • Leeres DIN-A4 Blatt Papier (zur Abnahme der Tape Loop Länge)
  • Fineliner Stift, wasserfest (für Markierungen auf dem Tape) 
  • Guten Kassetten-Player (z. B. Marantz CP 230, etc.)

Kompakt hat man es mit der Hobby Box von BASF. Diese besteht aus Rasierklinge, Splicing Tape sowie einem Splicing Block. Die Box ist entweder für 1/8” oder 1/4” Bandbreite ausgelegt und eine sehr große Hilfe. Die Hobby Box von BASF ist gelegentlich auf ebay zu finden, weshalb man nach ihr suchen muss.

Alle benötigten Werkzeuge. (Foto: Sascha Bachmann)

Acht Schritte zum Bauen des eigenen Tape Loops

Schritt 1: Öffnen der Kassette

Im ersten Schritt muss die Kassette komplett zurückgespult werden, danach schraubt man sie auf. Vorsichtig wird die obere Gehäuseschale hochgehoben. Wenn jetzt einige Teile herausfallen ist das kein Problem, diese können später wieder leicht hineingelegt werden. In der Kassette befindet sich oft eine sehr dünne Plastikfolie. Diese muss entfernt werden, da sie zu Störungen beim Abspielen führen kann. 

Schritt 2: Lösen des Magnetbandes von der Spule

Die Leerspule wird aus der Kassette genommen und die Bandbefestigung seitlich herausgeschoben. Dabei löst sich das Band von der Spule. Für die Längenermittlung unseres individuellen Loops wird ein gerader Schnitt am Ende des Bandes gemacht. Beide Bandspulen werden zurück in die Kassette gelegt.

Das Magnetband wird von der Spule gelöst. (Foto: Sascha Bachmann)

Schritt 3: Ermittlung der Tape Loop Länge

Der Bandanfang wird jetzt in seinem dafür vorgesehenen Weg und um die Leerspule in die untere Gehäuseschale eingefädelt. Wenn der Bandanfang wieder die volle Bandspule auf 12 Uhr erreicht, wird mit dem Fineliner diese Stelle markiert. Hier kann etwas Spiel von 1 bis 3 mm gelassen werden, damit der Loop später locker läuft. Mit diesem Vorgang wurde die individuelle Tape Loop Länge ermittelt. Jetzt wird die volle Bandspule herausgenommen, um den Bandanfang und die Markierung auf das DIN-A4 Blatt zu übertragen. Diese “Lehre” kann immer wieder verwendet werden, um für diese Kassette neue Loops herzustellen.

Markieren des Bandanfangs mit dem wasserfesten Fineliner. (Foto: Sascha Bachmann)

Schritt 4: Vorbereitung des Schneidens

Nun wird der Bandvorlauf bis zum Magnetband entfernt. Bei allen weiteren Schritten sollte man auf Vorder- und Rückseite des Bands achten. Am besten markiert man mit dem Fineliner die Rückseite, damit keine Spuren auf der Vorderseite sind. Es ist nur die Vorderseite bespielbar, die Rückseite ist es nicht. Auch das Klebeband muss auf der Rückseite angebracht werden. Befindet es sich auf der Vorderseite, entsteht immer eine Klangpause im Loop, was es zu vermeiden gilt. Das Band wird jetzt an die Lehre angelegt, um die ermittelte Länge zu übernehmen. Mit der Rasierklinge muss dazu ein gerader Schnitt an der Markierung gemacht werden. Um zu verhindern, dass sich nach dem Schneiden die volle Bandspule ausrollt, wird das aufgerollte Band mittels eines Klebestreifens an der Bandspule befestigt.

Schneiden des Bandes an der Markierung. (Foto: Sascha Bachmann)

Schritt 5: Schneiden des Tapes

Zum sauberen Schneiden des Tapes kommt der Splicing-Block ins Spiel. Die meisten Blocks bieten eine gerade und eine schräge Schnittführung. Für einen möglichst geschmeidigen Übergang ist die schräge Variante zu empfehlen. Das Tape wird mit der Rückseite nach oben unter der Klammer justiert. Mit 1 bis 2 mm Spiel liegt das Bandende über der Schnittführung. Es empfiehlt sich hier das Bandende mit einem Schraubendreher zu spannen. Mit leichtem Druck wird die Rasierklinge in der Schnittführung hin und her geschoben, bis ein sauberer Schnitt gemacht ist. Zum Schneiden der Gegenseite des Tapes wird es in die gegenüberliegende Klammer des Blocks justiert und der Schneidevorgang wiederholt. Dabei wird die erste Schnittseite in der Klammer des Blocks gelassen.

Der Splicing-Block garantiert ein sauberes Schneiden des Bandes für die weitere Verarbeitung. (Foto: Sascha Bachmann)

Schritt 6: Zusammenkleben des Tapes

Beide Seiten sollten jetzt perfekt aneinander liegen. Ist dies nicht der Fall, muss so korrigiert werden, dass die Bandenden “Stoß an Stoß” liegen. Für das Zusammenkleben des Loops wird ein Stück Splicing-Tape mit einer Länge von 4 bis 5 mm benötigt. Dieses Stück wird mit Überlappung erst auf das eine Bandende und dann auf die andere Seite innerhalb der Bandführung geklebt.

Die beiden Bandenden müssen zum Kleben “Stoß an Stoß” liegen. (Foto: Sascha Bachmann)

Schritt 7: Zusammensetzen der Kassette

Vorsichtig wird der Loop in die untere Gehäuseschale eingefädelt. Das Splicing Tape muss sich auf der Innenseite des Loops befinden. Der Loop sollte über beide Spulen locker in der Kassette laufen. Ist er zu straff, muss er ausgebessert werden (siehe Punkt 08. Ausbesserungen vornehmen). Alle weiteren Kleinteile werden wieder an ihren Platz innerhalb der Kassette positioniert, um die obere Gehäuseschale behutsam aufzusetzen und die Kassette zusammenpressen. Dabei muss der Loop innerhalb der Kassette bleiben. Lässt sich der Loop nach dem Zusammenführen mit dem Finger etwas anschieben, wird er auch im Player laufen. Für einen ersten Testlauf und etwaige Nachbesserungen wird nur die mittlere Schraube zum Befestigen der Gehäuseschalen eingeschraubt. Läuft der Loop, werden auch die restlichen Schrauben wieder eingesetzt.

Der fertige Tape Loop mit eingefädeltem Band. (Foto: Sascha Bachmann)

Schritt 8: Nachbesserungen vornehmen

Es gibt einige Fallen, in die man beim ‘Tapeloopen’ tappen kann, deshalb habe ich die häufigsten Fehlerquellen in dieser Liste zusammengefasst.

  • Loop klemmt in der Kassette: Einfach Schrauben lösen und den Verlauf des Loops nachjustieren bis er sich frei bewegen kann.
  • Loop ist zu straff: Der Loop braucht etwas Spiel da der Abspielkopf des Players beim Abspielen in die Kassette gedrückt wird. Die Kassette muss dazu wieder geöffnet werden, um doppelte Teile wie Führungsrädchen oder gar die Leerspule zu entnehmen. 
  • Loop ist zu locker: Benutze innerhalb der Kassette einen anderen Bandweg. Bei den meisten Gehäuseschalen gibt es kleine Plastikachsen auf 12 und 6 Uhr. Auch neben den beiden unteren Führungsrädchen befinden sich meistens zusätzliche Plastikachsen. Diese beiden Optionen können genutzt werden, um einen Bandweg zu verlängern.
  • Loop muss eingespielt werden: Wenn der Klebestreifen richtig sitzt und nichts ab oder übersteht kann es trotzdem vorkommen, das ein Loop im Player nicht richtig läuft. Ein frisch gebauter Tape Loop muss unter Umständen “eingespielt” werden. Dazu empfiehlt es sich einen Referenz-Player mit einem starken Motor zu verwenden. Dort muss der Loop mindestens 5 min pro Seite durchlaufen. Danach hat sich der Loop an seine neue Funktion gewöhnt. Meine Referenz ist ein Sony Tape Deck TC-KE 240.
  • Bandüberstand am Übergang: Wenn seitlich des Bandverlaufs etwas Band oder Splicing Tape übersteht, kann dies zu unruhigem abspielen oder gar stoppen des Loops führen. Also gilt es diesen vorsichtig mit einer Schere zu entfernen. 

Video: Acht Schritte zum Bauen des eigenen Tape Loops

Das folgende Video zeigt alle acht beschriebenen Schritte zum Herstellen eines eigenen Tape Loops

Die deutsche Übersetzung der im Video gezeigten acht Schritte zum Herstellen eines Tapeloops inkl. Timeline:

Pos.VorgangZeit
1.Öffnen der Kassette00:06
2.Lösen des Magnetbandes00:16
3.Ermittlung der Tape Loop Länge00:23
4.Vorbereitung des Schneidens00:57
5.Schneiden01:36
6.Zusammenkleben02:43
7.Zusammenbau der Kassette03:26
8.Nachbesserungen04:56
Loop klemmt in der Kassette5:00
Loop ist zu straff05:24
Loop ist zu locker05:52
Loop muss eingespielt werden06:10
Bandüberstand am Übergang korrigieren06:31

Zum Schluss

Einen Tape Loop zu bauen ist viel Bastelei; ich jedoch empfinde den kompletten Workflow als eine Art meditativer Entspannung. So dreht sich auch die Musik, welche ich damit produziere hauptsächlich um das Thema Ambient. Ist es erst einmal geschafft einen Loop zu bauen, kann man sich danach voll in den Recording Prozess stürzen. Der Tape Loop bietet vielseitige Möglichkeiten in den Bereichen Sounddesign und Musikerstellung. Für diejenigen, die nach einem speziellen, eigenen Sound suchen, kann es eine Tür in eine völlig neue Klangwelt öffnen. Wer das Basteln vermeiden möchte, kann sich Tape Loops einfach bestellen, mit denen man sofort loslegen kann.

Einen umfangreichen wie detaillierten Tape Loop Kurs von Sascha Bachmann bietet die Plattform RAMP ACADEMY, welche sich auf Unterricht und Mentoring für viele Bereiche der Musikproduktion spezialisiert hat.

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