Reloop RMX-90 DVS Test

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Mit dem RMX-90 DVS nimmt Reloop ein Mischpult für Serato ins Produktportfolio auf, das sich selbst als „High Performance Club Mixer“ definiert. Der Hersteller setzt auf eine digitale 24 Bit Architektur für Flexibilität und individuelle Anpassungsmöglichkeiten und verpasst dem Gerät ein 8/8-Audiointerface, das ab Werk für Serato DVS zertifiziert ist. Ebenso an Bord: zwei Beatcounter, eine Effektsektion und ein dreifacher USB-Hub. Eine Ausstattung, die sich sehen lassen kann und auch der Lieferumfang fällt mit den erforderlichen Software-Lizenzen und Timecode-Vinyl stattlich aus. Die seitlichen Schriftzüge „Premiere Line“ machen deutlich, wo Reloop den Mixer sieht. Nämlich bei DJs, die einen gewissen Qualitätsanspruch an ihr Equipment stellen und die einhergehende Investitionsbereitschaft, in Zahlen 999 Euro, nicht scheuen. Wie viel Premium steckt im RMX-90 DVS?

Auspacken und ansehen

Schon beim Auspacken des neuen Reloop-Flaggschiffes stellt sich ein Aha-Effekt ein, denn der robuste Clubmixer mit dem schwarz lackierten, soliden Metallgehäuse samt blauen Akzenten weiß optisch und bezüglich seiner Verarbeitungsqualität zu gefallen. Er legt ein stattliches Gewicht von 7 kg an den Tag, scharfe Kanten sind nicht zu fürchten, die Kunststofffüße wurden fest verschraubt, ebenso wie die vorderen und hinteren Anschlussbuchsen. Selbst die vorderseitige 3,5-Millimeter-Buchse sitzt bombig.
Oben dann im typischen Reloop-Design anzutreffen: griffige Flachbahnregler und Potis, deren Kappen (austauschbar gegen bunte Chroma oder Reloop Caps) auf teilweise (siehe Foto) verschraubten Metallachsen sitzen. Die Hi-EQ- und Low-EQ-Stifte sind ohne Schraubarretierung dadurch geringfügig wackeliger.

Front und Backpanel

Das hintere Anschlussfeld punktet mit 20 vergoldeten Cinch-Buchsen, davon 16 zum Anschluss externer Zuspieler. Etwas mager ist die Ausstattung mit Phono-Kanälen, zwei an der Zahl, geraten, die den Kanälen 2 und 3 zugeordnet sind. Für jeden Channel gibt es eine Faderstart-Buchse, die Funktion wird (genau wie der Crossfader-Start) via Tasten-Duo in der Effektsektion aktiviert.
Zur Verbindung mit der Beschallungsanlage lassen Master (XLR, Cinch), Booth (Klinke) nichts zu wünschen übrig. Ein Record Out ist ebenso anwesend. Neben der (einen) USB-Schnittstelle für den PC – warum nicht gleich Dual-USB für zwei Notebooks? – ist der Dreifach-Hub für Controller, Wechseldatenträger und dergleichen zu begrüßen. Mit seiner Hilfe erspare ich mir den externen Hub am Macbook, was ein Sonderlob verdient. Das integrierte Audiointerface arbeitet mit 24 Bit und 48 kHz.

Fotostrecke: 5 Bilder Das Frontpanel mit Kopfhörer- und Mikrofonbuchse.

Mixer

Das Input-Routing sieht folgende Optionen vor:

  • Kanal 1: CD – USB 1&2/DVS3 – Line
  • Kanal 2: CD – USB 3&4/DVS1 – Phono
  • Kanal 3: CD – USB 5&6/DVS2 – Phono
  • Kanal 4: CD – USB 7&8/DVS4 – Line

Jeder Channel-Strip ist vorhörbar und startet mit dem Gain-Regler, gefolgt vom Dreiband-EQ, der als Isolator oder Classic operieren kann. Bei einer maximalen Anhebung der einzelnen Frequenzbänder um 9 dB stellt er im ersten Fall folglich Full-Kill zur Verfügung, im zweiten Modus ist dann bei 26 dB Absenkung Schluss. Der Wahlschalter sitzt gut zugänglich rechts unten neben der Effektsektion.
Es folgt das bipolare Hochpass/Tiefpassfilter, das durch simples Drehen statt einer Taste aktiviert wird, woraufhin eine grüne LED leuchtet. Das Filter klingt ordentlich, mir fehlt hier allerdings ein Resonanz-Regler, der rechts oder links außen sicher noch Platz gefunden hätte, denn die Einstellung via Setup-Menü ist suboptimal, zumal der Wert nicht im laufenden Betrieb erreichbar ist.
Das Linefader-Bataillon ist wie der Crossfader hinsichtlich der Flankensteilheit regulierbar. Das verbaute Crossfader-Modell darf gegen einen Innofader ausgetauscht werden. Reverse-Funktionen sucht man vergeblich.

Fotostrecke: 2 Bilder Reloop RMX-90 DVS: Ein Clubmixer, wie er im Buche steht.

Konfiguration

Was wäre ein Digitalmixer ohne mannigfaltige Konfigurationsmöglichkeiten durch ein Setup-Menü. Hier lassen sich zahlreiche nützliche Einstellungen vornehmen, darunter eine Monoschaltung für den Master, die bereits angesprochene Filterresonanz, ebenso EQ-Grenzfrequenzen für Low und High. Es gibt einen Master-Limiter (0 dB, -3 dB, -6 dB & -12 db), um sich einigermaßen vor zu lauten DJs respektive Ordnungshütern zu schützen, wo es nötig sein könnte. Via Audiointerface-Routing lassen sich die Signale des Mischpultes zum Computer konfigurieren. Weitere Optionen sind unter anderem Mike to Booth, MIDI On/Off oder der MIDI-Kanal für Steuerbefehle der Bedienelemente.
Ein Highlight: Auch das Ausspielen eines separaten Booth-Signals ist möglich. So kann beispielsweise lediglich Cue in die Booth geschickt werden oder ein Player an einem nicht benötigten Mischpultkanal oder AUX in eine zweite Zone ausgegeben werden (Stichwort Wedding und Working DJS). Hier wäre es natürlich klasse gewesen, gäbe es noch einen USB-Aux 9/10 für iTunes und Co, den man in einen separaten Bereich schicken könnte.

Praxis

Der Mixer ist mit den CD-Playern und Turntables verkabelt und ich bringe ohne Musikeinspielung nach und nach die Fader und Volume-Regler auf Anschlag, dann den Master (der Regler spricht zu Beginn etwas stark an, wie ich finde). Das Rauschen hält sich hier absolut in Grenzen. Auch sind keine digitalen Störgeräusche (Stichwort „Grillenzirpen“) zu vernehmen. Die Phono-Preamps machen ihre Sache gut und klingen rauscharm und detailliert.
Beim Mixen hat man mit den sanft gleitenden langen Fadern und den EQs das Klanggeschehen gut im Griff und das pro Kanal getrennt regelbare Filter lädt zum Filtermixen ein. Aber es gibt ja noch ein paar weitere Sound Shaping Tools …

Fotostrecke: 4 Bilder Der RMX-90 DVS im Test – dahinter Reloops Neon-Controller, der allerlei Serato Kommandos übernimmt.
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Kombi-Filter LowQ, MidQ, HiQ, Phonosignal

Effektsektion

Möchte man seine Tracks mit Effekten befeuern, stellt die rechte Flanke allerhand nützliche Komponenten bereit. Selektiert wird das Effektprogramm, abzulesen am Display, mittels Encoder statt Positionsschalter. Die Zuweisung kann auf den Master, die Einzelkanäle, die Crossfader-Seiten und das Mikrofon erfolgen. Mittels Drehgeber wird das Timing festgelegt (manuell, automatisch, Tap). Level/Depth regelt das Mischungsverhältnis oder einen anderen Parameter wie Pitch-Wert oder Bit-Auflösung. Bei Noise darf on-top der LFO getunt werden. Einige Soundbeispiele dazu nachstehend.
Zwei Beat-Tasten (beim RMX-80 gab es hier feste Größen von ¼ bis 4 und eine TAP-Taste) bestimmen in Abhängigkeit vom gewählten Effekt beispielsweise Loop-Längen, LFO-Taktungen etc. Was mir gut gefällt: Die Effektsektion lässt sich vorhören, bevor sie aufs Publikum abgefeuert wird. Prima auch, wenn man mit den Reloop-Effekten nicht vertraut ist oder erstmalig auf den RMX-90 trifft. Russisches Roulette fällt hier also weg.

Audio Samples
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Effekt-Beispiele Teil 1 Effekt-Beispiele Teil 2 Effekt-Beispiele Teil 3

RMX-90 und Serato DVS

Die Vollversion von Serato DJ erlaubt das Auflegen mit bis zu vier digitalen Decks und 8 Sample-Slots, die sich auf den Master oder die Einzelkanäle des RMX-90 DVS schicken lassen. Zu beachten ist hier: Die Kanalbezeichnung weicht von der DVS-Bezeichnung ab.
Zur Steuerung der Software-Decks liegen zwei Timecode-Vinyls bei. Nach Aktivieren des DVS-Plug-ins in den Preferences erscheint das Trägersignal im Konfigurationspanel, wo ihr es gegebenenfalls feintunen könnt. Sollen mehr als zwei Decks gesteuert werden, benötigt ihr entweder

  • zwei weitere Turntables mit Line-Ausgang und die erforderlichen Timecodes
  • zwei DJ-Mediaplayer mit HID oder zeitcodierten CDs im Bauch, das Serato Control CD-Signal kann auf der Homepage heruntergeladen werden
  • einen MIDI-Controller zum Bedienen der übrigen Decks
  • die Bereitwilligkeit, mit der Maus oder Tastatur zu arbeiten

Serato DJ bietet eine USB-Recording-Funktion, für die müsst ihr allerdings ein Software-Deck opfern. Außerdem gibt es zahlreiche Kreativwerkzeuge und Effekte. Sollen Videodateien gemixt und ausgegeben werden, bedarf es des zusätzlichen Video-Plug-ins (rund 100 Euro). Auch das Effektrepertoire kann kostenpflichtig erweitert werden. Ferner ist es selbstverständlich möglich, die Software über nativ unterstützte Controller wie Reloops Neon zu befehligen oder einen anderen MIDI-Controller über das GUI anzulernen.
Wer ein iOS-Device besitzt, darf auch Seratos Remote App verwenden, ein praktisches Zusatztool, wenn ihr mich fragt. Damit ließe sich unter anderem auch der Slicer „freischalten“. In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch auf unsere Serato Workshop-Serie hinweisen, die einige Erklärungen, Tipps und Tricks zur Software bereithält.
Die beigelegten Serato Timecodes sind im One-Minute-Split Verfahren gefertigt. Eine Scrollzone gibt es nicht, Seite A hat 10 Splits (10 min. Laufzeit, 33 rpm), Seite B kommt auf 15 Unterteilungen. Die Software-Decks gehorchen den Timecodes gefühlt in Echtzeit und Bewegungen werden akkurat umgesetzt. Da gibt es nichts zu meckern. Auch Tempoänderungen der Decks folgen auf den Fuß, was uns zum nächsten Punkt auf der Tagesordnung führt:

Beatcounter

Zwei Beatcounter zeigen beim RMX-90 DVS das Tempo an. Der erste ermittelt die Geschwindigkeit des ausgewählten Cue-Kanals, der Channel/FX-Beatcounter 2 kennt zwei Verfahrenswege. Entweder manuell durch viermaliges Tappen im Takt oder durch zwei Sekunden Drücken und Halten des Tap-Tasters (auto), woraufhin das Tempo aus dem via FX-Channel-Schalter selektierten Kanal extrahiert wird. Der Beatcounter gibt Geschwindigkeiten unterhalb von 80 BPM mit doppeltem Wert aus (also 75 bpm = 150 bpm) – alles über 160 hingegen wird halbiert. Der ausgelesene Wert bildet die Basis für die tempobasierten Effekte.
Im Test stellte sich heraus, dass der Beatcounter seine Informationen aus den Serato Decks unverzüglich erhält, also auch wenn der Track noch nicht läuft und gerade mal ins Deck geladen ist. Das gilt sowohl für den Cue-Kanal wie auch für den Master. Dieser allerdings nimmt wohl immer das letzte Glied in der Kette (Deck 4), und nicht den Wert, der tatsächlich aus den zu hörenden Decks ermittelt werden müsste. Ganz anders, wenn man mit Traktor oder Mixvibes arbeitet. Hier war das jeweilige (!) BPM-Display minutenlang am Blinken, ohne dass ein Wert ausgegeben wurde. Was die Treffsicherheit bei Schallplatten angeht, so zeigte sich der Beatcounter als ziemlich wankelmütig.

Fotostrecke: 3 Bilder Serato DJ funktioniert Plug’n’Play

Aux-Eingang

Der vorderseitige Aux-Input ist ein praktisches Feature, möchte man „auf die Schnelle“ einen mitgebrachten Zuspieler wie Sampler oder Smartphone einschleifen. Die nachgelagerte Klangregelung nimmt man hier gern mit, allerdings läuft der Aux-Kanal grundsätzlich nur alternativ zum Mikrofon – das wäre auch anders möglich gewesen. Monotone Schamanengesänge auf die „einge-auxte“ Trommelmaschine muss man sich folglich von der Backe putzen, aber schnell ein Set vom iPhone einstarten, derweil man den Rechner bootet, Timecodes auspackt oder sich sonst wie für die Mixsession präpariert, ist natürlich auch ein nicht zu unterschätzender Nutzwert. Und klar kann hier auch „mir-nix-dir-nix“ ein Tablet als Sample/Loopschleuder angeschlossen werden und im Idealfall mit Serato via Ableton Link im Takt schwingen.
Im Praxischeck stellte sich heraus, dass man mit einem AUX-Boost von 9 dB genug Reserven hat. Richtig gelesen: Schwachbrüstige Endgeräte wie iPhone/iPad-Signale lassen sich via Mischpult Utility-Modus in 3-dB-Schritten von 0-12 dB anheben. Eigentlich wäre es doch prima, wenn man Aux und Mike simultan nutzen könnte und nicht nur alternativ.

Was noch?

Vor dem Schluss möchte ich noch folgendes loswerden: Es würde mich ehrlich gesagt ein wenig wundern, wenn mit dem RMX-90 DVS bei Reloop das Ende der Fahnenstange erreicht wäre. Zweifelsohne stellt Reloops neuer Flottenkapitän einen großen Schritt im Mixer-Lineup der Münsteraner dar, die nun endlich einen vollwertigen DVS Serato Clubmixer im Programm haben. Die „ausgewiesene Premium Line“ – ein Zertifikat, das passt.
Mit 999 Euro ist der Testkandidat doppelt so teuer wie der Reloop RMX-60, liegt außerdem über dem Preis eines Serato DVS-kompatiblen Allen&Heath Xone:43C oder Mixars Duo, die für rund 750 Euro Ladenpreis den Besitzer wechseln, aber deutlich unter dem, was ein DJM-900NXS2 (2.249 Euro) oder Xone:PX5 (1.399 Euro) aktuell kosten (Stand: April 2017).
Im Vergleich zur Luxusklasse der Konkurrenten fehlen dem RMX-90 noch ein paar Ingredienzien, um mit der Creme de la Creme mitzuhalten, darunter Effekt Send/Returns, MIDI-I/OS und – sollte Reloop seine CD-Player dem allgemeinen Trend nach Vollfarbdisplays und Lan-Sync nachkommen – Netzwerkfähigkeit oder vielleicht auch ein paar MIDI-Controller, wie sie Mixars Duo zu bieten hat.
Dass dann mehr Kohle fällig ist, dürfte klar sein und auch dem direkten Vergleich zu den Topmodellen der Konkurrenz muss das dann standhalten können. Ein steiniger Pfad, den nun auch Denon DJ mit der „Prime-Serie“ betreten hat. Doch bis dahin dürfte noch etwas Wasser den Rhein runter rauschen und der RMX-90 DVS – der Name ist Programm – definitiv seine Käufer finden.

Fazit

Reloop legt mit dem RMX-90 DVS einen gut ausgestatteten Clubmixer hin, der preislich attraktiv ist und mit Fug und Recht das Prädikat „Premium Line“ beansprucht. Das Pult kann in Sachen Performance, Verarbeitung und Sound den gestellten Erwartungen gerecht werden. Das Reloop Flaggschiff ist für Serato DJ DVS zertifiziert. Vier DVS-Kanäle, ein USB-Audiointerface und -Hub, 12 Effekte und eine digitale Systemarchitektur mit zahlreichen Einstelloptionen bilden ein reichhaltiges Feature-Angebot. An einigen Stellen sehe ich noch Luft nach oben, beispielsweise beim Beatcounter oder der Effektabteilung und hätte mir hier und da noch ein Sahnehäubchen gewünscht, daher reicht es nicht für die vollen 5 Bewertungssterne. In Anbetracht des Gebotenen ist das Preis-Leistungs-Verhältnis aber gesund und der RMX-90 DVS eine Empfehlung für Serato DJs.

Unser Fazit:
4 / 5
Pro
  • Solide Verarbeitung
  • Performance und Klang
  • Effekte vorhörbar
  • Serato DVS-zertifiziert
  • Umfangreicher Setup-Modus
  • Dreifacher USB-Hub
  • Individuelles Routing für Booth-Out
  • Informative Displays
  • Preis-Leistungs-Verhältnis
Contra
  • Keine Send/Returns und MIDI-I/Os
  • Beatcounter außerhalb Seratos nicht optimal
  • Mike und Aux nicht simultan nutzbar
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