Den Anfang unserer neuen Workshop-Serie machen die Black Eyed Peas, die sich mit ihrem aktuellen Album “The E.N.D. (The Energy never dies)” weltweit mal wieder weit oben in den Charts festgesetzt haben. Viel Spaß!
“The E.N.D.” ist das fünfte Album der Black Eyed Peas und das dritte, dem ein weltweiter Charterfolg gelingt. Maßgeblich an der Entstehung beteiligt war der französische House-DJ David Guetta, woran schon deutlich wird, dass sich die Band mit diesem Album ein weiteres Stück von ihren Hip-Hop-Wurzeln entfernt. Die Platte ist ein wilder Stilmix aus Hip Hop, Elektro, Funk und Dance, und scheint damit den Nerv der Zeit getroffen zu haben. Die dritte Singleauskopplung “Meet Me Halfway” wurde hierzulande zum Nummer-Eins-Hit. Der Song ist ein eher klassischer Dance- oder Disco-Titel, dessen straighter und trotzdem lockerer Four-on-the-floor-Beat in vielen Clubs die Tanzflächen gefüllt haben dürfte. Wir schauen uns diesen Beat genauer an und untersuchen auch einige der übrigen Bausteine des Tracks.
Auf geht’s!
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Groove
Der Beat des Songs ist recht einfach aufgebaut und ändert sich auch im Songverlauf nicht entscheidend. Fills gibt es kaum. Interessant wird er erst durch die Schichtung von Sounds und durch minimale Timingschwankungen, die ihm ein leicht federndes Feeling verleihen. Wir beginnen zunächst mit einer dumpfen, tiefen Kickdrum, die auf jedem Viertel spielt. Sie ist bereits im Intro zu hören. Ich habe eine klassische 909-ähnliche Dance-Bassdrum als Ausgangsmaterial genommen, die mir aber unbearbeitet viel zu knallig klang. Deshalb wird sie durch einen Verzerrer leicht verfremdet und außerdem noch mit einem EQ und dem Waves Renaissance Bass-Plugin im Frequenzspektrum bearbeitet. Die hochfrequenten Anteile nehmen wir fast völlig heraus. Außerdem senken wir im Bereich von 200-300Hz etwas ab, damit sie sich später nicht mit den anderen Elementen um diesen immer dröhnverdächtigen Frequenzbereich streitet. Im Soundbeispiel hört ihr diese Bassdrum zunächst unbearbeitet, und dann das Ergebnis der Bearbeitung.
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Deep Kick
Die zweite Bassdrum, die auf den Zählzeiten 1 und 3 spielt, klingt völlig anders. Hierbei haben wir es eher mit einer akustischen Variante zu tun, die für einen saftig schmatzenden “Kick”-Sound zuständig ist. Meine Roh-Bassdrum stammt aus dem Stylus RMX von Spectrasonics. Die Samples aus diesem Software-Instrument zeichnen sich durchweg durch einen ausgesprochen druckvollen, manchmal schon etwas zu fetten Grundsound aus. Daher brauchen wir diese Kick auch gar nicht weiter zu komprimieren. Wir nehmen lediglich mit einem EQ alles Störende heraus (auch den schmatzenden Sound, den wir möchten, müssen wir in diesem Fall noch etwas zurückfahren). Wichtig ist in erster Linie, dass sich die beiden Kickdrums wie eine natürliche Einheit verhalten – ein vorsichtiges Ausbalancieren der Frequenzspektren ist also unumgänglich.
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Kick 2
Die Snaredrum führt in dem Hit der Black Eyed Peas ein bisschen ein Schattendasein, das Ohr nimmt hauptsächlich die recht laut gemischten Claps wahr. Trotzdem können wir auf eine Snare nicht verzichten. Statt im Rampenlicht zu stehen, verrichtet sie unauffällig ihren Dienst und sorgt dafür, dass der Druck im unteren Frequenzbereich nicht abfällt, wenn die zweite Bassdrum auf 2 und 4 pausiert. Dafür brauchen wir eine tiefe Snare, die wir ebenfalls vom Stylus RMX geliefert bekommen. Dieser drehen wir bei 150Hz soviel “Bauch” rein, dass sie für sich genommen total ätzend klingt.
Leise genug auf die tiefe Kick gesetzt, ist das jedoch genau das, was wir brauchen. In den Frequenzbereichen darunter und darüber schaffen wir etwas Platz für die anderen Elemente des Beats und betonen mit einem Kompressor noch ein wenig den Attack. Nun kommt es entscheidend auf die richtige Lautstärke der Snare an. Wenn sie zu laut ist und sich über ihre Aufgabe hinaus, für etwas “Punch” zu sorgen, zu stark bemerkbar macht, zerfällt der Beat in seine Einzelteile.
Wie bereits erwähnt, stehlen die recht lauten Claps der Snare ein bisschen die Show. Auf 2 und 4, gemeinsam mit der Snare, kommt ein scharfer, durchdringender Clap-Sound zum Einsatz, den ich aus zwei Komponenten zusammengesetzt habe. Ein knalliger und ein etwas leiserer, dumpferer Clap ergänzen sich hervorragend. Dazu kommt noch ein Finger-Snap. Besonders wichtig ist hier, dass die Claps erstens untereinander etwas im Timing “schwimmen” und zweitens nie genau auf der Snare liegen, sondern meist etwas später kommen. In diesem Fall ist es eindeutig von Vorteil, die Finger von der Quantisierungsfunktion des Sequenzers zu lassen. Mit leichten Ungenauigkeiten gibt man dem Beat eine gewisse Lebendigkeit und verhindert, dass er zum statischen Techno-Stampfer verkommt.
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Claps
Durch leichte Timingschwankungen der Claps wird der Beat lebendiger.
Hinzu kommt ein mit viel Hall versehener zweiter Clap, der als Fill und Variation des Grooves dient.
Die Hi-Hats verhalten sich eher unauffällig. Zwei verschiedene Sounds sorgen für Schub, ohne sich dabei groß in den Vordergrund zu spielen. Der erste, etwas tiefere und fettere Sound betont die Viertel. Dazwischen amüsiert sich eine leise, dünne Achtel-Hihat, die wir natürlich ebenfalls nicht quantisieren!
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Hi-Hats
Zusammengenommen ergeben diese Einzelkomponenten dann so etwas:
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Beat-Aufbau
Die Kicks und die Snare durchlaufen noch gemeinsam einen leichten Kompressor, bevor sie sich mit den übrigen Elementen vereinen. Das macht den Sound kompakter und “klebt” die tragenden Teile des Beats zusammen.
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SONG
Intro und Strophen Das Arrangement des Songs ist außerhalb der Refrains extrem sparsam. Nicht einmal einen Bass gibt es in den Strophen. Die Black Eyed Peas beschränken sich auf den Beat und eine Synth-Streicherfläche. Hierfür nehmen wir ein Preset aus dem Logic-Sampler EXS24, das wir bei 300Hz etwas “entschärfen”. Außerdem modulieren wir etwas am Lowpass-Filter herum, damit es nicht allzu langweilig wird. Fertig ist der Sound für das Intro und die Strophen.
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Pad Wet
Darüber breiten die Black Eyed Peas ihre Rap-Vocals aus, die auch in diesem Song vom reichlichen Einsatz der wieder in Mode gekommenen Effekte Autotune, Vocoder und Pitch Shifting geprägt sind. Auf die Feinheiten dieser Art der Vokalproduktion, die sich durch das gesamte Album zieht, werden wir sicher in einer der nächsten Folgen näher eingehen.
Refrains Interessanter wird es im Refrain. Hier setzt ein Bass-Riff ein, das sich aus mindestens drei Komponenten bildet. Man nehme:
a) einen tiefen, druckvollen Sub-Bass-Sound – bei mir aus dem Spectrasonics Trilian
b) einen typischen “Eurodance”-Synth-Leadsound. Diese Art von Sound aus den frühen 90ern ist ja seit ein paar Jahren wieder schwer en vogue. Meiner stammt aus dem Access Virus TI, einem Hardware-Synth, der sich mittels des dazugehörigen Plugins nahtlos in den Mixer des Sequenzersintegrieren lässt.
c) und schließlich eine angezerrte E-Gitarre.
Diese drei Sounds spielen alle dasselbe Riff, wobei die Gitarre und der Synth eine Oktave über dem Bass liegen. Damit es im Spektrum nicht eng wird, befreien wir den Synth von fast allen Frequenzen unterhalb von 1kHz – er ist eher für die brizzeligen Höhen zuständig. Dem Synth und der Gitarre habe ich zudem ein kleines Delay spendiert.
Auch zum Beat kommt im Refrain noch ein Element hinzu: Ein Tom-Groove, der den Rhythmus des Bass-Riffs umspielt. Hier habe ich mich des Software-Instruments “Addictive Drums” von XLN Audio bedient. Im Bild sieht man auch die MIDI-Darstellung des schnell auf der Tastatur gespielten Loops, der selbstverständlich ebenfalls nicht quantisiert wird.
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Toms
Die übrigen Elemente im Refrain sind eine zweite Gitarre, die schnelle 16tel-Akkorde in einer hohen Lage schrammelt, sowie ein Paukenwirbel, der zur Überleitung dient. Diesen habe ich aus der Vienna Symphonic Library, wobei ich dem Sound mit einem EQ noch ein bisschen die Schärfe in den oberen Mitten genommen habe.
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Timpani
In der zweiten Hälfte des Refrains, die eher ein “Tag-On” zum Mitsingen ist, benötigen wir zu guter Letzt noch einen klassischen Synth-String-Sound nach Solina-Art. Dieser unterstützt in diesen Passagen die Gesangsmelodie und macht sich relativ laut im Arrangement breit.
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Strings
Jetzt haben wir alle Bausteine beisammen, um den Welthit der Black Eyed Peas in seinen Grundzügen nachbauen zu können. Setzt man die Einzelteile zusammen, kommt das dabei heraus:
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All
Natürlich geht der Song noch weiter, und es kommen auch noch ein paar Elemente und Variationen hinzu, aber das würde an dieser Stelle den Rahmen sprengen. Bis hierhin haben wir jetzt jedenfalls das passende Werkzeug parat.
Damit kommen wir zum Ende der ersten Folge unseres neuen Workshops. Ich hoffe, dass es interessant und vielleicht sogar ein bisschen aufschlussreich war. In der nächsten Ausgabe widmen wir uns wieder einem aktuellen Top-Hit und versuchen, uns die Produktions-Tricks der Profis abzuschauen.
Bis zum nächsten Mal!
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